Bundesfinanzhof
EStG § 33
Schadensersatzzahlungen können dann zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG sein, wenn der Steuerpflichtige bei der Schädigung nicht vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt hat.

BFH, Urteil vom 3. 6. 1982 – VI R 41/79; FG München (lexetius.com/1982,99)

[1] Tatbestand: Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) fuhr im Jahre 1970 zusammen mit einem Freund und einer Bekannten in deren PKW nach Spanien. Die drei Personen traten die Rückreise am 3. Juli um 6. 30 Uhr morgens in B an. Gegen 23. 00 Uhr erreichten sie G, wo sie ursprünglich übernachten wollten. Nachdem sie dort zwei Stunden lang erfolglos nach einem Quartier gesucht hatten, erklärte die Halterin des PKW, sie wolle sofort nach Hause fahren. Der Kläger widersetzte sich diesem Ansinnen zunächst mit dem Hinweis, er sei übermüdet und könne nicht mehr fahren. Als die Bekannte jedoch drohte, sie werde allein ohne ihre Begleiter weiterfahren, willigte der Kläger schließlich ein. Bei der Abfahrt gegen 3. 00 Uhr morgens (am 4. Juli) übernahm zunächst die Halterin des PKW das Steuer, wechselte sich aber nach einer Fahrzeit von ca. 1 Stunde mit dem Kläger ab. Dieser fuhr noch etwa 1 1/2 Stunden, bis er am Steuer einschlief und dabei den PKW gegen eine Straßenleuchte lenkte. Bei dem Unfall wurde die Halterin des PKW schwer verletzt.
[2] Im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens verpflichtete sich der Kläger durch Vergleich, den Schaden seiner Bekannten anteilig zu ersetzen. Die Mitverschuldensanteile wurden für den Kläger auf 2/3, für die Halterin des PKW auf 1/3 festgesetzt. Aufgrund einer gleichlautenden Einigung leistete der Kläger im Streitjahr 1973 Zahlungen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, an die Deutsche Angestellten-Krankenkasse und an die Arbeitgeberin der Verletzten. Außerdem bezahlte er Rechtsanwaltskosten.
[3] Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA -) erkannte die Schadensersatzleistungen beim Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Streitjahr nicht als außergewöhnliche Belastung an.
[4] Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Bei der Beurteilung der Zwangsläufigkeit der Entstehung einer Schadensersatzpflicht könnten die für die Verursachung des schädigenden Ereignisses maßgebenden Gründe nicht unberücksichtigt bleiben. Habe sich ein Steuerpflichtiger freiwillig in eine Lage begeben, aus der ihm später rechtliche Verpflichtungen entstünden, sei die Zwangsläufigkeit im allgemeinen zu verneinen. Allerdings könne nicht jedes selbst gesetzte Risiko der Annahme der Zwangsläufigkeit darauf beruhender Zahlungen entgegenstehen. Angesichts der Gefährlichkeit und Kompliziertheit des heutigen Straßenverkehrs komme eine teilweise Überwälzung von Unfallfolgen auf die Allgemeinheit nur dann nicht in Betracht, wenn der Verkehrsteilnehmer einen Verkehrsunfall vorsätzlich oder bewußt fahrlässig verursacht habe. Dieser Grundsatz gelte nicht nur für unfallbedingte Prozeßkosten, sondern auch für alle anderen Folgeschäden. Im Streitfall habe der Kläger zwar schuldhaft gehandelt, indem er sich ohne längere Schlafpause an das Steuer gesetzt habe. Er habe sich jedoch nicht grob fahrlässig verhalten, weil seine Entscheidungsfreiheit wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Er sei vor die Alternative gestellt gewesen, nachts um 1. 00 Uhr ohne Übernachtungsmöglichkeit in G zu bleiben und am nächsten Tag mit der Bahn heimzufahren oder dem Drängen der über den PKW verfügungsberechtigten Halterin nachzugeben. Zudem sei die Weiterfahrt nach einer zusätzlichen zweistündigen Pause angetreten worden. Schließlich habe der Kläger noch eine Stunde lang Gelegenheit gehabt, im Auto zu schlafen. Unter diesen Umständen sei es nicht als besonders verwerflich anzusehen, wenn der damals 22jährige Kläger bei Tagesanbruch nochmals das Steuer übernommen habe.
[5] Mit der Revision rügt das FA Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es trägt im wesentlichen vor: Das FG habe den Begriff der Zwangsläufigkeit und die Bedeutung des Verschuldens im Rahmen des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verkannt. "Zwangsläufig" im Sinne der Vorschrift bedeute, daß der Steuerpflichtige keine Möglichkeit habe, in den Kausalprozeß steuernd einzugreifen. Wer fahrlässig handele, also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht lasse (§ 276 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -), habe aber die Möglichkeit, den Kausalverlauf zu beeinflussen. Damit werde die Zwangsläufigkeit durch jede Art von Verschulden ausgeschlossen. Das FG habe nicht aufgeklärt, inwieweit die Entscheidungsfreiheit des Klägers im Augenblick der Ablösung der Halterin des PKW am Steuer eingeschränkt gewesen sei.
[6] Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, weil eine außergewöhnliche Belastung abzulehnen ist.
[7] 1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Im Streitfall ergab sich die Verpflichtung des Klägers zur Leistung unmittelbar aus dem Gesetz, weil er durch Vergleich das Bestehen gerichtlich geltend gemachter Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB anerkennen mußte. Doch ist dem FG darin beizutreten, daß die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen nicht schon immer dann gegeben ist, wenn diese auf einer gesetzlichen Zahlungsverpflichtung beruhen. Vielmehr ist bei der Beurteilung der Zwangsläufigkeit auf die Vorgänge zurückzugreifen, die die Verpflichtung ausgelöst haben (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH – vom 17. Oktober 1973 VI R 143/71, BFHE 111, 65, BStBl II 1974, 105; vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147). Daher ist im Grundsatz die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen durch entsprechendes Verhalten hätte entziehen können. Standen dem aber tatsächliche, rechtliche oder sittliche Gründe entgegen, ist im allgemeinen die Zwangsläufigkeit der auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Aufwendungen zu bejahen (vgl. für den Fall von Unterhaltszahlungen BFH-Urteile vom 7. Dezember 1962 VI 115/62 U, BFHE 76, 367, BStBl III 1963, 135; vom 12. Juli 1963 VI 282/62 U, BFHE 77, 319, BStBl III 1963, 437; vom 26. Mai 1971 VI R 271/68, BFHE 102, 389, BStBl II 1971, 628).
[8] Allerdings bedeutet dieser Grundsatz nicht, daß in jedem Fall, in dem ein schadenbegründendes Verhalten als vermeidbar zu beurteilen ist, den Schadensersatzzahlungen das Merkmal der Zwangsläufigkeit fehlt. Bereits in seinem Urteil vom 5. Juli 1963 VI 272/61 S (BFHE 77, 487, BStBl III 1963, 499) hat der Senat ausgesprochen, daß Kosten eines Schadensersatzprozesses dann eine außergewöhnliche Belastung darstellen können, wenn das schadenbegründende Ereignis durch eine kurze, auch bei gewissenhaften Menschen vorkommende Unachtsamkeit herbeigeführt wurde. Dagegen sei bei vorsätzlichem oder besonders leichtfertigem Verhalten die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen zu verneinen. Der Senat überträgt die Grundsätze dieses Urteils auf die Frage der Abziehbarkeit von Schadensersatzzahlungen als außergewöhnliche Belastung mit der Maßgabe, daß ein vorsätzliches oder leichtfertiges (grob fahrlässiges) Fehlverhalten den Aufwendungen das Merkmal der Zwangsläufigkeit nimmt. Dem liegt folgende Überlegung zugrunde:
[9] Die Vorschrift des § 33 EStG zeichnet sich durch ein Spannungsverhältnis zwischen dem ihr innewohnenden Sinn und Zweck und der Ausgestaltung ihrer Tatbestandselemente durch den Gesetzeswortlaut aus. Auf der einen Seite beruht die Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung auf Billigkeitserwägungen. Es sollen im steuerlichen Bereich unbillige Härten ausgeglichen werden, die mit der außergewöhnlichen Belastung verbunden sind (BFH-Urteil vom 23. September 1960 VI 90/60 S, BFHE 71, 637, BStBl III 1960, 488). Auf der anderen Seite liegt nach allgemeinem Sprachgebrauch Zwangsläufigkeit nur dann vor, wenn es sich um ein unabwendbares Ereignis handelt. Würde man den Wortlaut des Gesetzes in seiner Strenge zum Tragen kommen lassen, könnte die Vorschrift des § 33 EStG ihre ausgleichende Funktion oftmals nicht erfüllen. Wollte man dagegen das Schwergewicht auf das – stets nachgiebige – Billigkeitsdenken legen, würde umgekehrt der restriktive Wortlaut des Gesetzes an Bedeutung verlieren. Diese Zusammenhänge bedingen, daß die Vorschrift des § 33 EStG ihre Funktion nur erfüllen kann, wenn einerseits der Begriff "Zwangsläufigkeit" nicht stets in seiner am allgemeinen Sprachgebrauch orientierten Schärfe ausgelegt wird, wenn aber andererseits der Härteausgleich durch die Berücksichtigung eben dieses Begriffes auf Fälle beschränkt wird, in denen der Steuerpflichtige von einem Ereignis "getroffen" wurde.
[10] Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG Münster (Urteil vom 28. August 1975 VIII 473/75 L, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1976, 81) und des FG Köln (Urteil vom 17. Dezember 1980 I (XIII) 709/77 L, EFG 1981, 293), nach der jeder Grad von Verschulden den Aufwendungen das Merkmal der Zwangsläufigkeit nimmt. Diese Auffassung berücksichtigt den dem § 33 EStG innewohnenden Billigkeitsgedanken nicht hinreichend. Die moderne Industriegesellschaft bedient sich in immer stärkerem Maße komplizierter und damit gefährlicher Techniken. Menschliches Versagen, und sei es noch so gering, ist geeignet, Schadensfolgen auszulösen, die in keinem Verhältnis zu dem Maß des Versagens stehen können. Unbillige Härten, die schon in dem Mißverhältnis zwischen dem Maß des Versagens und dem Maß der möglichen Schadensfolgen liegen können, könnten deshalb nicht ausgeglichen werden, wollte man – in restriktiver Auslegung des § 33 EStG – bei menschlichem Versagen, also bei Vermeidbarkeit des Schadens, stets die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen verneinen. Die Auslegung des Begriffs der "Zwangsläufigkeit" bedarf deshalb im Bereich des Schadensersatzes im Zusammenhang mit Unfällen im modernen Verkehr einer Lockerung in dem Sinne, daß bestimmte Formen eines geringfügigen menschlichen Versagens mitumfaßt werden. Einfache Fahrlässigkeit im Sinne eines auch bei gewissenhaften Menschen vorkommenden, nicht ins Gewicht fallenden Außerachtlassens der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB) schließt daher die Annahme eines zwangsläufigen Ereignisses noch nicht aus.
[11] Nach Auffassung des Senats darf nicht – wie es das FG Köln im Urteil in EFG 1981, 293 tut – aus dem Ausgleichszweck der Schadensersatzpflicht gefolgert werden, daß der durch den Schadensersatz eintretende Nachteil in voller Höhe beim Schädiger zu verbleiben habe. Das Deliktsrecht des BGB zielt auf einen zivilrechtlichen Ausgleich zugunsten des Geschädigten ab. Ihm wohnt nicht der Zweck inne, den Schädiger durch Überbürdung der Schadensfolgen gleichsam zu bestrafen. Die Ausnahme, die das FG Münster im Urteil in EFG 1976, 82 für die Fälle zulassen will, daß das leicht fahrlässige Verhalten für den Steuerpflichtigen nahezu unvermeidbar ist, erscheint dem Senat als zu eng; darüber hinaus führt sie zu praktisch unüberwindbaren Abgrenzungsschwierigkeiten. Dem Senat erscheint es nämlich geboten, auch demjenigen den Härteausgleich des § 33 EStG zu gewähren, der in seinem Gesamtverhalten die Anforderungen der verkehrsgerechten Sorgfalt in Rechnung stellt und lediglich in dem entscheidenden Augenblick das Handeln nach anerkannten Regeln "vergißt". Hierher gehört etwa der Fall eines Bedienungsfehlers oder der Fall, daß der Steuerpflichtige, durch den äußeren Geschehensablauf überfordert, falsch reagiert. In solchen Fällen ist die Zwangsläufigkeit der mit dem schädigenden Ereignis verbundenen Aufwendungen deswegen nicht zu verneinen, weil der Steuerpflichtige trotz seines Bemühens um verkehrsgerechtes Verhalten letztlich an einer ihn überfordernden Situation gescheitert ist. Ob aber sein Verhalten in einem solchen Fall auch als nahezu unvermeidbar anzusehen wäre, erscheint ungewiß.
[12] Dagegen ist ein Härteausgleich nicht mehr angezeigt, wenn der Steuerpflichtige grob fahrlässig handelt. Das ist zu bejahen, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, z. B. wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, oder wenn das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 41. Auflage 1982, § 277 Anm. 2). Der Steuerpflichtige muß sich dann den Vorwurf gefallen lassen, für jedermann erkennbare Gefahrenquellen, sei es bewußt, sei es aus Sorglosigkeit mißachtet und damit vorhersehbar die Gefährlichkeit einer Situation noch erhöht zu haben. In einem solchen Fall erscheint es nicht als unbillige Härte, wenn der Steuerpflichtige die Schadensfolgen allein trägt. Eine teilweise Überwälzung derselben auf die Allgemeinheit widerspräche dem Sinn und Zweck des § 33 EStG.
[13] 2. Im Streitfall hat der Kläger den Unfall grob fahrlässig verursacht. Das FG hat ausgeführt, daß das Verhalten des Klägers im Einzelfall als grobe Fahrlässigkeit zu beurteilen sein könnte, daß im Streitfall jedoch eine solche Wertung wegen seiner fehlenden Entscheidungsfreiheit ausgeschlossen sei.
[14] Der Senat folgt der Würdigung des FG, daß die Handlungsweise des Klägers grundsätzlich den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit rechtfertigt. Als er in den Morgenstunden des 4. Juli noch einmal das Steuer des Unfallwagens übernahm, waren er und seine Begleiter bereits seit etwa 22 Stunden unterwegs. In diesem Zusammenhang hat das FG festgestellt, daß der Kläger keine längeren Schlafpausen eingelegt hatte. Dementsprechend fühlte er sich bereits vor der Weiterfahrt in G um 3. 00 Uhr morgens übermüdet und nicht mehr in der Lage zu fahren. Es lag somit nahe, daß die Weiterfahrt mit der Gefahr verbunden war, am Steuer einzuschlafen und einen Unfall zu verursachen. Diese Gefahr war für die Beteiligten auch erkennbar. Somit mußte es jedermann und auch dem Kläger einleuchten, daß er auf keinen Fall mehr das Steuer übernehmen durfte.
[15] Das FG hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit insoweit verkannt, als es den Vorwurf einer besonders schweren Sorgfaltsverletzung hier deshalb ausschließen will, weil der Kläger die erforderliche Entscheidungsfreiheit nicht gehabt habe. Dabei kann offenbleiben, ob das Fehlen der Entscheidungsfreiheit oder das Vorliegen des sog, entschuldigenden Notstandes (§ 35 n. F. des Strafgesetzbuches) im Rahmen des § 33 EStG das Merkmal der Zwangsläufigkeit des schädigenden Ereignisses unberührt läßt. Denn die Feststellungen des FG lassen nicht erkennen, daß die Entschlußfreiheit des Klägers aufgehoben oder derart eingeschränkt war, daß ihm kein Schuldvorwurf gemacht werden könnte. Fehlende oder in dem genannten Sinne eingeschränkte Entscheidungsfreiheit ist nach Auffassung des Senats nur gegeben, wenn sich feststellen läßt, daß dem Steuerpflichtigen überhaupt keine oder zumindest keine andere zumutbare Verhaltensalternative verblieben war. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Drohung der Halterin des PKW, auch ohne den Kläger sofort weiterzufahren, versetzte diesen nicht in den Zwang, eine Stunde nach Fortsetzung der Fahrt selbst das Steuer zu übernehmen. Vielmehr kamen für ihn andere Verhaltensmöglichkeiten in Betracht, wobei ihm – angesichts der Gefährlichkeit der Situation – auch Unbequemlichkeiten zuzumuten waren. So hätte er z. B. auf die nächste günstige Zugverbindung warten können oder, wenn er schon weiter im Wagen der Halterin mitfuhr, jedenfalls die erneute Übernahme des Steuers verweigern können und müssen.
[16] Hatte der Kläger danach entgegen der Annahme des FG doch die erforderliche Entscheidungsfreiheit, so kann er auch von dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht freigesprochen werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Kläger zur Zeit des Unfalls erst 22 Jahre alt war. Zwar erscheint es dem Senat als mit dem noch jugendlichen Alter des Klägers erklärbar und daher menschlich eher verständlich, daß der Kläger die mit seinem Handeln verbundenen Gefahren in Kauf genommen hat und nach der Drohung der Halterin des PKW den Weg des geringsten Widerstandes gegangen ist. Menschlich lediglich verstehbare Handlungsweisen ersparen dem Steuerpflichtigen den vorstehend dargelegten Schuldvorwurf jedoch nicht.