Europäischer Gerichtshof
1. Artikel 3 der Richtlinie 64/427 des Rates vom 7. Juli 1964 ist dahin auszulegen, daß sich die Wendung "die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat … bei ununterbrochener ((mehr)) jähriger Tätigkeit" nur auf die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit während eines bestimmten Zeitraums bezieht, die allenfalls wegen (kurzer) Krankheit oder (üblicher) Urlaubszeiten unterbrochen worden sein darf; insbesondere hat dabei die Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausser Betracht zu bleiben, auch wenn die Unternehmenstätigkeit im Herkunftsland fortgeführt wird.
2. Die zuständige Stelle des Aufnahmelandes, bei der unter Vorlage einer von der zuständigen Stelle des Herkunftslandes gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie ausgestellten Bestätigung die Genehmigung zur Ausübung eines Berufs beantragt wird, ist nicht verpflichtet, die beantragte Genehmigung ohne weiteres zu erteilen, wenn die vorgelegte Bestätigung insofern eine offensichtliche Unrichtigkeit enthält, als sie bescheinigt, daß die unter die Richtlinie fallende Person im Herkunftsland eine Zeit der Berufstätigkeit zurückgelegt hat, obgleich feststeht, daß dieselbe Person während desselben Zeitraums im Gebiet des Aufnahmelandes Berufstätigkeiten ausgeuebt hat.
3. Das in Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie aufgestellte Erfordernis einer mindestens dreijährigen vorherigen Ausbildung, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufsinstitution als vollwertig anerkannt ist, ist dahin zu verstehen, daß diese Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat als dem absolviert worden sein kann, in dem die Tätigkeiten im Sinne dieser Vorschrift tatsächlich ausgeuebt worden sind. In diesem Fall ist unter "vorheriger Ausbildung" im Sinne dieser Vorschrift eine Ausbildung zu verstehen, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie absolviert worden ist, Zugang zu dem betreffenden Beruf gewährt.

EuGH, Urteil vom 27. 9. 1989 – C-130/88 (lexetius.com/1989,105)

[1] 1. Das College van Beröp voor het Bedrijfsleven hat mit Entscheidung vom 6. April 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Mai 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Artikel 3 und 4 der Richtlinie 64/427 des Rates über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der selbständigen Tätigkeiten der be – und verarbeitenden Gewerbe der CITI-Hauptgruppen 23 bis 40 (Industrie und Handwerk) (ABl. Nr. 117 vom 23. 7. 1964, S. 1863; im weiteren: die Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
[2] 2. Diese Fragen stellen sich im Rahmen einer von Herrn van de Bijl (im folgenden: der Kläger) erhobenen Klage gegen die Weigerung des Staatssecretaris van Economische Zaken (im weiteren: der Staatssecretaris), ihn in Anwendung der Richtlinie von dem Verbot zu befreien, ohne die Genehmigung der Bedrijfschap voor het Schildersbedrijf (Malerinnung) in den Niederlanden das Malergewerbe auszuüben.
[3] 3. In den Niederlanden gelten für die Ausübung dieses Gewerbes allgemeine Voraussetzungen hinsichtlich der Kreditwürdigkeit und der kaufmännischen Kenntnisse sowie spezifische Voraussetzungen hinsichtlich der fachlichen Fertigkeiten. Wer selbständig als Maler tätig sein will, bedarf hierfür der Genehmigung der Malerinnung, vorbehaltlich von Ausnahmen, die aufgrund von Gemeinschaftsrichtlinien bewilligt werden können.
[4] 4. Gemäß Artikel 3 der Richtlinie erkennt, wenn in einem Mitgliedstaat die Aufnahme einer der selbständigen Tätigkeiten der be – und verarbeitenden Gewerbe in Industrie und Handwerk oder die Ausübung dieser Tätigkeiten von dem Besitz allgemeiner, kaufmännischer oder fachlicher Kenntnisse und Fertigkeiten abhängig gemacht wird, der betreffende Mitgliedstaat als ausreichenden Nachweis für diese Kenntnisse und Fertigkeiten die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat insbesondere im folgenden Fall an: "… b) bei ununterbrochener dreijähriger Tätigkeit als Selbständiger oder als Betriebsleiter, wenn der Begünstigte für den betreffenden Beruf eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachweisen kann, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufsinstitution als vollwertig anerkannt ist; …"
[5] 5. Gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie erteilt das Aufnahmeland auf Antrag die Erlaubnis zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit, wenn die gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie durch die zuständige Stelle des Herkunftslandes nachgewiesene Tätigkeit mit den wesentlichen Punkten des vom Aufnahmeland mitgeteilten Berufsbildes übereinstimmt und etwaige sonstige, in den Vorschriften des Aufnahmelandes vorgesehene Bedingungen erfüllt sind.
[6] 6. Der Kläger, der niederländischer Staatsangehöriger ist, arbeitete bis August 1980 in den Niederlanden als unselbständiger Maler. Er erhielt dort im Juni 1976 ein Zeugnis als Malergesellenanwärter und im Oktober 1980 einen Gesellenbrief für das Malerhandwerk. Diese Zeugnisse werden in den Niederlanden nicht als Nachweis des Erwerbs der beruflichen Fertigkeiten anerkannt, die erforderlich sind, um dort eine selbständige Tätigkeit als Maler auszuüben.
[7] 7. Ab Oktober 1980 übte der Kläger im Vereinigten Königreich die Tätigkeit eines "painter and decorator" aus. Vom 29. Dezember 1981 bis zum 20. Februar 1982 sowie vom 1. März bis zum 2. September 1983 war er erneut als Arbeitnehmer in den Niederlanden beschäftigt. Im Juni 1984 bestanden die Einkünfte des Klägers aus einer nach den niederländischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Unterstützung für arbeitslose Arbeitnehmer.
[8] 8. Wie sich aus den Akten ergibt, wurde zwischen 1980 und 1984 im Vereinigten Königreich eine Gesellschaft, die den Namen den Klägers trug, gegründet und eingetragen; eine Zweigniederlassung dieser Gesellschaft wurde in ein Handelsregister in den Niederlanden eingetragen.
[9] 9. Der Kläger beantragte für diese Zweigniederlassung unter Berufung auf die im Hinblick auf das Bestehen der Richtlinie vorgesehene Ausnahme die Befreiung von dem Verbot, ohne Genehmigung der Malerinnung den Beruf eines selbständigen Malers auszuüben.
[10] 10. Zu diesem Zweck hatte der Kläger vom Department of Trade and Industry des Vereinigten Königreichs eine gemäß der Richtlinie erteilte Bestätigung erhalten, in der bescheinigt wurde, daß er dort während eines Zeitraums von insgesamt vier Jahren und fünf Monaten als selbständiger Maler tätig gewesen sei, daß er in den Niederlanden eine vorherige Ausbildung erhalten habe, die von einer zuständigen Berufsinstitution des Vereinigten Königreichs als mit ihren Kriterien übereinstimmend anerkannt worden sei, und daß er somit die in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfülle. Diese Bestätigung gründete sich darauf, daß der Kläger seit Oktober 1980 die Firma C. C. van de Bijl (UK) Ltd geleitet und zuvor, nach einem Zeitraum von fünf Jahren und elf Monaten, die genannten niederländischen Zeugnisse erhalten hatte.
[11] 11. Der Staatssecretaris wies den Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme mit der Begründung zurück, die Bestätigung sei nicht ausreichend, weil der Kläger während des Zeitraums seiner Tätigkeit im Vereinigten Königreich auch in den Niederlanden gearbeitet und die von den britischen Behörden anerkannte Ausbildung in den Niederlanden erhalten habe, wo sie jedoch nicht als für die selbständige Ausübung der fraglichen Tätigkeit ausreichend anerkannt sei.
[12] 12. Das mit der Klage befasste College van Beröp voor het Bedrijfsleven ist der Auffassung, der Rechtsstreit betreffe die Frage, ob der Kläger die in der Richtlinie niedergelegten Voraussetzungen hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung seiner Berufstätigkeit und seiner vorherigen Ausbildung erfülle. Es hat demgemäß das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof eine Vorabentscheidung über folgende Fragen erlassen hat:
[13] "1) Muß bei richtiger Auslegung der Richtlinie 64/427/EWG, insbesondere des Artikels 4 Absatz 3, die Behörde des Aufnahmelandes, wenn die Erlaubnis zur Aufnahme der Gewerbeausübung in ihrem Land unter Vorlage einer Bestätigung im Sinne von Absatz 2 beantragt wird, diese Aufnahme ohne weiteres gestatten, selbst wenn diese Bestätigung nachweisbare Unrichtigkeiten oder Irrtümer enthält?
[14] 2) Ist das in Artikel 3 Buchstaben b und d der Richtlinie 64/427/EWG aufgestellte Erfordernis einer mindestens dreijährigen vorherigen Ausbildung, 'die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufsinstitution als vollwertig anerkannt ist', so zu verstehen, daß die Ausbildung auch in einem anderen Land stattgefunden haben kann, das heisst in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem tatsächlich Tätigkeiten im Sinne dieser Bestimmung ausgeuebt worden sind?
[15] 3) Wenn die vorstehende Frage bejaht wird, ist dann unter 'vorheriger Ausbildung' eine Ausbildung zu verstehen, die nach der Ansicht der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die genannten tatsächlichen Tätigkeiten ausgeuebt worden sind, dort als vollwertig für die Gewerbeausübung gilt?
[16] 4) Ist Artikel 3 der Richtlinie 64/427/EWG so auszulegen, daß für eine 'tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat … bei ununterbrochener ((mehr)) jähriger Tätigkeit' nur ein allenfalls wegen (kurzer) Krankheit und (üblicher) Urlaubszeiten unterbrochener Zeitraum in Frage kommt und daß davon bei länger dauernden Unterbrechungen, insbesondere wenn anderswo eine Tätigkeit ausgeuebt wird, auch dann keine Rede mehr sein kann, wenn das Unternehmen im Herkunftsland nicht aufgegeben worden ist?"
[17] 13. Wegen weiterer Einzelheiten des rechtlichen Rahmens, des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.
[18] 14. Einleitend ist festzustellen, daß durch die Richtlinie sichergestellt worden soll, daß die Mitgliedstaaten für die Zeit bis zur Koordinierung der nationalen Rechts – und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung dieser Tätigkeiten und die gegenseitige Anerkennung der Befähigungsnachweise Übergangsmaßnahmen erlassen, die unter anderem darin bestehen, daß die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit im Herkunftsland während mindestens drei Jahren sowie eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung als ausreichend angesehen werden, um diese Berufstätigkeit in denjenigen Aufnahmeländern aufnehmen zu können, in denen eine Regelung für die betreffende Tätigkeit besteht.
Zu den Fragen, die sich auf die tatsächliche Dauer der Berufserfahrung im Herkunftsland beziehen
[19] 15. Zunächst sind die vierte und die erste Frage zu untersuchen, da sie beide die tatsächliche Dauer der Berufserfahrung des Betroffenen im Herkunftsland betreffen.
[20] 16. Die vierte Frage, die zweckmässigerweise zuerst zu prüfen ist, geht im wesentlichen dahin, ob die in Artikel 3 der Richtlinie enthaltene Wendung "die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat … bei ununterbrochener ((mehr)) jähriger Tätigkeit …" einen Zeitraum bezeichnet, der nur wegen kurzer Krankheit oder üblichen Urlaubs unterbrochen worden sein darf, und ob dabei die Ausübung von Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat ausser Betracht zu bleiben hat, auch wenn die Unternehmenstätigkeit im Herkunftsland fortgeführt wird.
[21] 17. Die genannte Wendung enthält eine der Voraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat, in dem eine Regelung für die betreffende Tätigkeit besteht, deren Ausübung in einem anderen Mitgliedstaat anerkennen muß; sie ermöglicht es so, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit hinsichtlich der von der Richtlinie betroffenen Tätigkeiten zu verwirklichen. Um eine einheitliche Anwendung der Richtlinie sicherzustellen, ist es somit angemessen, diese Formulierung auf Gemeinschaftsebene auszulegen.
[22] 18. Aus Zweck und Aufbau der Richtlinie und aus dem Wortlaut des genannten Artikels 3 selbst ergibt sich, daß die Anerkennung der Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem Mitgliedstaat durch einen anderen Mitgliedstaat, in dem eine Regelung für diese Tätigkeit besteht, nach der Richtlinie davon abhängen soll, ob es sich dabei um eine wirkliche und tatsächliche Ausübung handelt, die während einer Reihe von unmittelbar aufeinanderfolgenden Jahren erfolgt, das heisst ohne andere Unterbrechungen als diejenigen, die sich aus den Ereignissen des täglichen Lebens ergeben.
[23] 19. Demgemäß ist zu antworten, daß Artikel 3 der Richtlinie dahin auszulegen ist, daß sich die Wendung "die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat … bei ununterbrochener ((mehr)) jähriger Tätigkeit" nur auf die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit während eines bestimmten Zeitraums bezieht, die allenfalls wegen (kurzer) Krankheit oder (üblicher) Urlaubszeiten unterbrochen worden sein darf, und daß dabei insbesondere die Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausser Betracht zu bleiben hat, auch wenn die Unternehmenstätigkeit im Herkunftsland fortgeführt wird.
[24] 20. Weiterhin ist gemäß der ersten Frage des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob das Aufnahmeland, wenn eine Genehmigung, dort einen Beruf ausüben zu dürfen, unter Vorlage einer vom Herkunftsland gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie ausgestellten Bestätigung beantragt wird, an diese Bestätigung gebunden und zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet ist, obwohl die Bestätigung offensichtliche Unrichtigkeiten oder Irrtümer hinsichtlich der tatsächlichen Dauer der im Herkunftsland ausgeuebten Berufstätigkeit enthält.
[25] 21. Die vom Herkunftsland, abstellend auf das vorher vom Aufnahmeland mitgeteilte Berufsbild, erteilte Bestätigung ist das Dokument, durch das die tatsächliche Niederlassungs – und Dienstleistungsfreiheit in denjenigen Mitgliedstaaten verwirklicht werden kann, die bestimmte Anforderungen an die Qualifikation stellen.
[26] 22. Das Aufnahmeland, das solche Anforderungen stellt, ist daher grundsätzlich an die Feststellungen gebunden, die in der vom Herkunftsland ausgestellten Bestätigung enthalten sind, da dieser sonst ihre praktische Wirksamkeit genommen würde.
[27] 23. Insbesondere kann das betreffende Aufnahmeland die Richtigkeit der Angaben der zuständigen Stelle des Herkunftslandes über die Tätigkeiten, die der Betroffene dort ausgeuebt hat, oder über deren Dauer nicht in Frage stellen.
[28] 24. Wenn objektive Umstände dem Aufnahmeland Grund zu der Annahme geben, daß die vorgelegte Bestätigung offensichtliche Unrichtigkeiten enthält, steht es ihm frei, das Herkunftsland um zusätzliche Auskünfte zu ersuchen.
[29] 25. Steht jedoch fest, daß eine Person, die unter die Richtlinie fällt, in dem Zeitraum der Berufstätigkeit, den sie nach der Bestätigung im Herkunftsland zurückgelegt hat, eine Versicherungs – oder Beschäftigungszeit im Aufnahmeland selbst zurückgelegt hat, so ist das Aufnahmeland hinsichtlich der Dauer der Berufstätigkeit im Herkunftsland nicht an die Bestätigung der zuständigen Stelle dieses Landes gebunden.
[30] 26. In einem solchen Fall kann das Aufnahmeland nämlich nicht verpflichtet sein, Vorgänge ausser acht zu lassen, die sich in seinem eigenen Hoheitsgebiet zugetragen haben und die unmittelbar die Frage betreffen, ob der Betroffene in der fraglichen Zeit wirklich und tatsächlich im Herkunftsland eine Berufstätigkeit ausgeuebt hat. Ausserdem kann man dem Aufnahmeland nicht das Recht absprechen, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, daß die Niederlassungs – und die Dienstleistungsfreiheit, deren Verwirklichung die Richtlinie gewährleisten will, von den Betroffenen dazu benutzt werden, sich den für die Staatsangehörigen dieses Landes geltenden Berufsregelungen zu entziehen (siehe die Urteile vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74, van Binsbergen, Slg. 1974, 1299, und vom 7. Februar 1979 in der Rechtssache 115/78, Knoors, Slg. 1979, 399).
[31] 27. Demgemäß ist zu antworten, daß die zuständige Stelle des Aufnahmelandes, bei der unter Vorlage einer von der zuständigen Stelle des Herkunftslandes gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie ausgestellten Bestätigung die Genehmigung zur Ausübung eines Berufs beantragt wird, nicht verpflichtet ist, die beantragte Genehmigung ohne weiteres zu erteilen, wenn die vorgelegte Bestätigung insofern eine offensichtliche Unrichtigkeit enthält, als sie bescheinigt, daß die unter die Richtlinie fallende Person im Herkunftsland eine Zeit der Berufstätigkeit zurückgelegt hat, obgleich feststeht, daß dieselbe Person während desselben Zeitraums im Gebiet des Aufnahmelandes Berufstätigkeiten ausgeuebt hat.
Zu den Fragen hinsichtlich der vorherigen Ausbildung des Begünstigten
[32] 28. Die zweite und die dritte Frage, die zweckmässigerweise zusammen zu prüfen sind, gehen im wesentlichen dahin, ob das in Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie für die Anerkennung aufgestellte Erfordernis einer mindestens dreijährigen vorherigen Ausbildung dahin zu verstehen ist, daß diese Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat als dem absolviert worden sein kann, in dem die Tätigkeiten tatsächlich ausgeuebt worden sind, und ob es gegebenenfalls erforderlich ist, daß die Ausbildung in dem Mitgliedstaat, in dem sie absolviert worden ist, Zugang zu dem betreffenden Beruf gewährt, oder ob es ausreicht, daß diese Ausbildung nach Auffassung der Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Berufstätigkeit tatsächlich ausgeuebt worden ist, dort den Zugang zu dem betreffenden Beruf eröffnet.
[33] 29. Zum einen ergibt sich aus dem Zweck der Richtlinie, daß man den Begriff der vorherigen Ausbildung im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b der Richtlinie nicht auf die Ausbildung beschränken kann, die im Mitgliedstaat der Ausübung der Berufstätigkeit absolviert worden ist.
[34] 30. Zum anderen folgt aus der Systematik der Richtlinie, daß die nach dieser Vorschrift erforderliche dreijährige vorherige Ausbildung von einem Aufnahmeland, in dem eine Regelung für die betreffende Tätigkeit besteht, nur dann anerkannt werden kann, wenn sie zuvor gerade von dem Staat anerkannt worden ist, in dem sie erfolgt ist.
[35] 31. Nur dieser Staat kann nämlich die Angemessenheit der Ausbildung für die fragliche Tätigkeit beurteilen und demgemäß, gegebenenfalls unter Einschaltung einer zuständigen Berufsinstitution, entscheiden, ob das bei ihrem Abschluß erteilte Zeugnis anerkannt werden kann.
[36] 32. Demgemäß ist zu antworten, daß das in Artikel 3 Buchstabe b aufgestellte Erfordernis einer mindestens dreijährigen vorherigen Ausbildung, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufsinstitution als vollwertig anerkannt ist, dahin zu verstehen ist, daß diese Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat als dem absolviert worden sein kann, in dem die Tätigkeiten im Sinne dieser Vorschrift tatsächlich ausgeuebt worden sind. In diesem Fall ist unter "vorheriger Ausbildung" im Sinne dieser Vorschrift eine Ausbildung zu verstehen, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie absolviert worden ist, Zugang zu dem betreffenden Beruf gewährt.
Kosten
[37] 33. Die Auslagen der Regierung des Königreichs der Niederlande, des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.