Bundesgerichtshof
UrhG § 31 Abs. 4
Die Videozweitauswertung von (Kino-) Spielfilmen war im Jahre 1968 eine noch nicht bekannte Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG.

BGH, Urteil vom 11. 10. 1990 – I ZR 59/89 – Videozweitauswertung; OLG München (lexetius.com/1990,187)

[1] Tatbestand: Die Kläger sind die unbekannten Erben des am 9. Oktober 1986 verstorbenen Filmregisseurs Dr. H. R. Dieser war – wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist – Regisseur des im Jahre 1968 von der Streithelferin (auf Seiten der Beklagten) produzierten Spielfilms "Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten". Die Beklagte wertet diesen Film aus, indem sie Videokassetten herstellt und vertreibt. Ihre Berechtigung dazu leitet sie aus einem Vertrag mit der Streithelferin ab.
[2] Die Kläger sehen in der Videoauswertung eine Verletzung des von ihnen als Erben in Anspruch genommenen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts und haben gegen die Beklagte Klage auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung erhoben.
[3] Die Kläger haben vorgebracht, Dr. R. sei als Urheber des Films anzusehen; er habe durch seine Regieleistung die individuelle Form des Films geprägt und die Tätigkeit aller Filmschaffenden zu einem sinnvollen Ganzen zusammengeführt. Die Streithelferin habe aufgrund von Verträgen mit Dr. R. keine Rechte zur Videoauswertung erwerben und daher auch nicht auf die Beklagte übertragen können, weil die Auswertung eines Kinofilms für Videozwecke zum Zeitpunkt der Filmproduktion im Jahre 1968 eine noch nicht bekannte Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG gewesen sei. Von einer Bekanntheit könne erst ab 1977 ausgegangen werden.
[4] Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, Dr. R. habe schon im Jahre 1965 mit der inzwischen in Konkurs gegangenen C. F. GmbH einen Grundvertrag geschlossen, wonach sämtliche damals bekannten und zukünftigen Nutzungsarten – was vor dem Inkrafttreten des UrhG (am 1. Januar 1966) noch zulässig gewesen sei – auf den Produzenten/Verleiher übergehen. Dieser Grundvertrag sei dann für die jeweiligen Produktionen, insbesondere auch für den streitgegenständlichen Film fortgeschrieben worden. Im übrigen sei den beteiligten Fachkreisen, zu denen Dr. R. gezählt habe, die Videoauswertung von Filmen spätestens seit Anfang 1968 als technisch durchführbare Möglichkeit bekannt gewesen.
[5] Die Streithelferin hat sich dem angeschlossen und ergänzend vorgebracht, Dr. R. sei nicht als Urheber des Films anzusehen; der Film sei nicht sein geistiges Konzept gewesen, auf die Auswahl der Hauptdarsteller P. B. und L. B. habe er keinen Einfluß gehabt. Sie hat weiter bestritten, daß überhaupt unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen ihr und Dr. R. bestanden hätten. Rechtliche Grundlage für die Herstellung des streitgegenständlichen Films sei eine Vorvereinbarung zwischen der Streithelferin und der C. F. GmbH vom 19. September 1967 gewesen, in der festgelegt worden sei, daß Dr. R. Regie führe. Dem sei dann der endgültige Vertrag vom 30. April/20. Mai 1968 gefolgt, der vorgesehen habe, daß Dr. R. dem Produzenten vom Verleiher für die Zeit ab 15. Mai 1968 bis zur Aufnahme der Nullkopie für eine Pauschalgage von 150. 000, – DM zur Verfügung gestellt werde. Dr. R. habe schon zuvor seit 1960 fest in den Diensten der C. F. GmbH gestanden. Der Dienstvertrag aus dem Jahre 1960 habe vorgesehen, daß Dr. R. für eine unbegrenzte Anzahl von Filmen gegen Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts von 7. 000, – DM als Regisseur zur Verfügung stehe. Dieser Dienstvertrag sei von Jahr zu Jahr verlängert worden, wobei sich die Gage im Laufe der Jahre erhöht habe. In diesen Verträgen sei auf die Tarifordnung für Filmschaffende Bezug genommen worden. Zum Zeitpunkt der Produktion des streitgegenständlichen Films habe der Tarifvertrag für Filmschaffende vom 1. März 1968 gegolten, der in § 3 Ziff. 1 die Übertragung aller urheberrechtlichen Nutzungsrechte auf den Produzenten vorsehe, einschließlich der "Verwertung durch andere zur Zeit bekannte Verfahren, gleichgültig ob sie bereits in Benutzung seien oder in Zukunft genutzt werden". Dr. R. habe in einem festen, weisungsgebundenen Anstellungsverhältnis bei der C. F. GmbH gestanden. Es habe sich um ein Dienstverhältnis im Sinne des § 43 UrhG gehandelt. Die Regelung des § 31 Abs. 4 UrhG gelte im Rahmen eines solchen Verhältnisses nicht.
[6] Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG München ZUM 1989, 146).
[7] Mit ihren Revisionen verfolgen die Beklagte und die Streithelferin ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
[8] Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe von der Streithelferin abgeleitete Rechte zur Videozweitauswertung nicht erwerben können; diese Rechte seien seinerzeit bei Dr. R. verblieben, weil die Videoauswertung zum Zeitpunkt der Produktion des streitgegenständlichen Films im Jahre 1968 noch keine bekannte Nutzungsart gewesen sei. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Selbst wenn der Tarifvertrag für Filmschaffende vom 1. März 1968 zwischen Dr. R. und der Streithelferin gegolten habe, lasse sich daraus die Einräumung des Rechts zur Videozweitauswertung nicht herleiten, weil eine solche Rechtseinräumung nach § 31 Abs. 4 UrhG unwirksam wäre. Die Zweitauswertung von Spielfilmen für Videozwecke sei als besondere Nutzungsart im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Aus dem Gutachten Prof. Dr. H. ergebe sich, daß diese Nutzungsart 1968 noch nicht bekannt gewesen sei. Die Massenvervielfältigung von Spielfilmen für Videozwecke, auf die es maßgebend ankomme, habe nicht vor 1977 eingesetzt. § 31 Abs. 4 UrhG werde auch nicht durch die Auslegungsregel des § 89 UrhG verdrängt. Eine von den §§ 31ff UrhG abweichende Regelung könne aber im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses im Sinne des § 43 UrhG vereinbart werden. Dies würde hier allerdings voraussetzen, daß Dr. R. nicht selbständiger Regisseur, sondern – wie die Beklagte und die Streithelferin vorbringen – Arbeitnehmer der C. F. GmbH bzw. der Streithelferin gewesen sei. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Die Annahme eines Arbeitsverhältnisses würde eine abhängige und weisungsgebundene Tätigkeit voraussetzen. Für eine persönliche Abhängigkeit Dr. R. gegenüber der C. F. GmbH oder der Streithelferin ließen sich – wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat – den vorgelegten Verträgen und dem sonstigen Vorbringen der Beklagten und der Streithelferin keine hinreichenden Anhaltspunkte entnehmen. Dabei könne offenbleiben, ob und welche vertraglichen Beziehungen zwischen Dr. R. und der Streithelferin einerseits und Dr. R. und der C. F. GmbH andererseits bestanden hätten.
[9] II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
[10] 1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO ohne jede Begründung unterstellt, daß Dr. R. ein Urheberrecht an dem streitgegenständlichen Film erworben habe, greift nicht durch. Denn für das Berufungsgericht war nicht ohne weiteres erkennbar, daß die Urheberschaft auch in der Berufungsinstanz noch angezweifelt werden sollte. In der Berufungsinstanz war unstreitig geworden, daß Dr. R. bei der Produktion des streitgegenständlichen Films als Regisseur mitgewirkt hatte. In der ersten Instanz war diese Frage zwischen den Parteien noch streitig. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme habe Dr. R. bei dem Film Regie geführt und in dieser Eigenschaft einen maßgeblichen Einfluß auf den Film genommen; er habe darüber hinaus sogar am Drehbuch mitgewirkt und im Rahmen des vorangegangenen Films "Der Schatz im Silbersee" die Auswahl der Hauptdarsteller mitbestimmt.
[11] Den Berufungsbegründungen läßt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, daß die Feststellung des Landgerichts, Dr. R. habe den Film in schöpferischer Weise (mit-) gestaltet, angegriffen werden sollte. Die Berufungsbegründung der Beklagten befaßt sich ausschließlich mit der Frage, ob § 31 Abs. 4 UrhG anwendbar und die Videozweitauswertung als eine im Jahre 1968 noch nicht bekannte Nutzungsart im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist. Entgegen der Annahme der Revision wird die Urheberschaft Dr. R. aber auch nicht in dem Schriftsatz der Streithelferin vom 5. September 1988 mit der erforderlichen Klarheit in Zweifel gezogen. Dort wird zwar ausgeführt, es werde weiterhin bestritten, daß Dr. R. als Regisseur das geistige Konzept des Films gestaltet und bei der Abfassung des Drehbuchs mitgewirkt habe; die Idee, Karl-May-Filme herzustellen, stamme ausschließlich von der C. F. GmbH; Dr. R. habe auch nichts mit der Auswahl der Hauptdarsteller P. B. und L. B. zu tun. Dieses Vorbringen steht jedoch im Zusammenhang mit den Ausführungen der Streithelferin, Dr. R. habe in einem festen Anstellungsverhältnis zur C. F. GmbH gestanden, und konnte auch lediglich als Begründung für die von der Streithelferin vertretene Ansicht verstanden werden, Dr. R. habe die Regietätigkeit im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses im Sinne des § 43 UrhG erbracht, auf das § 31 Abs. 4 UrhG nicht anwendbar sei. Selbst wenn die Streithelferin insoweit Bedenken gegen die Annahme der Urheberschaft Dr. R. vorbringen wollte, wären diese nicht begründet. Denn für die Frage der (Mit-) Urheberschaft eines Regisseurs an einem Film ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Idee von ihm stammt und ob er bei Abfassung des Drehbuchs und bei der Auswahl der Hauptdarsteller mitgewirkt hat. Der Regisseur hat vielmehr die Aufgabe, das dem Filmvorhaben zugrundeliegende geistige Konzept in die filmische Bildform umzusetzen (vgl. v. Hartlieb, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 2. Aufl., Kap. 49 Rdn. 3). Maßgebend ist dabei allein, ob er durch seine Regietätigkeit die Filmgestaltung in schöpferischer Weise (mit-) geprägt hat (vgl. BGHZ 90, 219, 224f – Filmregisseur). Da sich die Berufungsangriffe nicht konkret gegen die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts richten, war das Berufungsgericht nicht gehalten, dem von der Revision angeführten Vorbringen der Streithelferin näher nachzugehen. Das Berufungsgericht hatte um so weniger Veranlassung, daran zu zweifeln, daß Dr. R. eine umfassende Regietätigkeit entfaltet hatte, als dessen Gage für seine Regietätigkeit bei der Produktion des streitgegenständlichen Films im Jahre 1968 nach dem eigenen Vorbringen der Streithelferin 150. 000, – DM betrug. Es konnte unter diesen Umständen vom Regelfall ausgehen, in dem der Regisseur den entscheidenden Einfluß auf die schöpferische Gestaltung der technischen Realisierung des Stoffes nimmt und daher in erster Linie als Filmurheber anzusehen ist (h. M., vgl. Fromm/Nordemann/Hertin, UrhG, 7. Aufl., § 89 Rdn. 1; v. Gamm, UrhG, § 89 Rdn. 3; v. Hartlieb aaO, Kap. 49 Rdn. 3; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 2 Rdn. 121; E. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 201).
[12] 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Videoauswertung von (Kino-) Spielfilmen sei zum Zeitpunkt der Produktion des streitgegenständlichen Films im Jahre 1968 eine noch nicht bekannte Nutzungsart gewesen, so daß etwaige vertragliche Verpflichtungen Dr. R. zur Einräumung aller Nutzungsrechte einschließlich der auf unbekannte Nutzungsarten bezogenen gemäß § 31 Abs. 4 UrhG unwirksam seien.
[13] a) Mit dem Berufungsgericht kann offenbleiben, aufgrund welchen Vertrages Dr. R. als Regisseur bei der Produktion des streitgegenständlichen Films mitgewirkt hat. Nach dem Vorbringen der Beklagten war Grundlage für das Tätigwerden Dr. R. ein am 18. November 1965 geschlossener Grundvertrag zwischen Dr. R. und der C. F. GmbH, der dann für die jeweiligen Produktionen fortgeschrieben worden sei; nach dem Vorbringen der Streithelferin datiert der älteste auffindbare Anstellungsvertrag mit der C. F. GmbH vom 30. Januar 1960, der dann jeweils verlängert worden sei. Nach der von den Klägern bestrittenen Behauptung der Beklagten und der Streithelferin sei zunächst die Tarifordnung für Filmschaffende vom 19. August 1943 und ab 1968 der Tarifvertrag für Filmschaffende vom 1. März 1968 Bestandteil der jeweiligen Verträge geworden; in Ziff. 3 des Tarifvertrages ist vorgesehen, daß alle Nutzungsrechte am Film dem Filmhersteller zustehen, einschließlich "der Verwertung durch andere zur Zeit bekannte Verfahren, gleichgültig, ob sie bereits in Benutzung sind oder in Zukunft genutzt werden". In der Berufungsinstanz hat die Streithelferin ein Schreiben der C. F. GmbH vom 19. September 1967 an die Streithelferin vorgelegt, mit dem eine Vorvereinbarung über die Herstellung des streitgegenständlichen Films durch die Streithelferin gegen Übernahme einer Garantiesumme durch die C. F. GmbH als Filmverleiherin bestätigt wird; darin heißt es: "Es gilt als unerläßliche Vertragsbedingung, daß Herr Dr. R. Regie führt zu einer Gage von DM 150. 000, -". In dem endgültigen Vertrag vom 30. April/20. Mai 1968 lautet die entsprechende Vertragsklausel: "Die Regie übernimmt Herr Dr. R., der zu diesem Zweck dem Produzenten vom Verleiher für die Zeit vom 15. 5. 1968 … für eine Pauschale von 150. 000, – DM zur Verfügung gestellt wird …". Nach dem Vorbringen der Streithelferin sollen keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen Dr. R. und ihr bestanden haben.
[14] Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist vom Vorbringen der Beklagten und Streithelferin auszugehen, wonach sich der Umfang der Nutzungsrechtseinräumung durch Dr. R. nach dem Tarifvertrag für Filmschaffende vom 1. März 1968 bestimmt. Es ist weiter zu unterstellen, daß zwischen Dr. R. und der Streithelferin keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen bestanden haben. Die auf der Grundlage des Tarifvertrages erfolgte Nutzungsrechtseinräumung müßte in diesem Falle entweder unmittelbar gegenüber der C. F. GmbH erfolgt sein, die eine Weiterübertragung an die Streithelferin vorgenommen hat, oder – aufgrund einer gesonderten Verpflichtung Dr. R. gegenüber der C. F. GmbH – unmittelbar gegenüber der Streithelferin.
[15] b) Der Umfang der Nutzungsrechtseinräumung bestimmt sich in jedem Falle nach dem Urheberrechtsgesetz von 1965. Die Vertragsbeziehungen würden sich nur dann grundsätzlich nach altem Recht, von dessen Anwendbarkeit die Beklagte und die Streithelferin ausgehen, bestimmen, wenn Dr. R. einen Vertrag zur Herstellung des streitgegenständlichen Films schon vor Inkrafttreten des UrhG abgeschlossen hätte (vgl. § 132 UrhG). Nach dem Vorbringen der Parteien ist die Verpflichtung Dr. R. für den streitgegenständlichen Film jedoch erst 1967/68 erfolgt. Im übrigen wäre auch bei Altverträgen zu berücksichtigen, daß nach früherem Recht der Zweckübertragungsgedanke der Einräumung von Rechten an einer noch nicht bekannten Nutzungsart an sich regelmäßig entgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 15. 10. 1987 – I ZR 96/85, GRUR 1988, 296, 299 – GEMA-Vermutung IV).
[16] Im Streitfall ist danach grundsätzlich die Regelung des § 31 Abs. 4 UrhG anwendbar. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich vorliegend aus § 43 UrhG nichts anderes. Nach dieser Bestimmung sind die Vorschriften der §§ 31ff UrhG über Nutzungsrechte auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines solchen Vertragsverhältnisses zwischen Dr. R. und der C. F. GmbH bzw. der Streithelferin verneint. Ob die dagegen gerichteten Revisionsangriffe begründet sind, kann letztlich auf sich beruhen, wenn auch mit der Revision davon auszugehen ist, daß der Regisseurvertrag jedenfalls regelmäßig den Charakter eines Arbeits- oder Dienstvertrages (§§ 611 ff BGB) hat (vgl. näher v. Gamm, Grundlagen des Filmrechts, 1957, S. 43ff; auch Schricker/Rojahn, Urheberrecht, § 79 Rdn. 9; BAG Ufita Bd. 92, 1982, S. 242, 244ff; OLG München Ufita Bd. 44, 1965, S. 207, 208ff). Entgegen der Auffassung der Revision ist die Anwendung des § 31 Abs. 4 UrhG nicht nach dem Wesen des Filmregisseurvertrages gemäß § 43 UrhG ausgeschlossen.
[17] Die Regelung des § 31 Abs. 4 UrhG gehört zu den zwingenden Normen des Urheberrechtsgesetzes (BGH GRUR 1988, 296, 298 – GEMA-Vermutung IV). Sie wird grundsätzlich auch durch § 43 UrhG nicht außer Kraft gesetzt (vgl. v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 43 Rdn. 2). Wollte man sie bei jedem Arbeits- oder Dienstverhältnis generell vom Anwendungsbereich des § 43 UrhG ausnehmen, so wäre dies mit dem Schutzzweck des § 31 Abs. 4 UrhG nicht zu vereinbaren, der dem Urheber grundsätzlich die Entscheidung darüber vorbehalten will, ob und gegen welches Entgelt er auch mit der Nutzung für neu gefundene Nutzungsarten einverstanden ist (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. IV/270, S. 56; BGHZ 95, 274, 282f – GEMA-Vermutung I). Ob die Regelung im Einzelfall im Rahmen des konkreten Arbeits- oder Dienstverhältnisses vertraglich abbedungen werden kann (bejahend Schricker/Rojahn aaO, § 43 Rdn. 36 und 49; auch Begründung des Regierungsentwurfs zu § 43, BT-Drucks. IV/270, S. 62), kann hier offenbleiben. Denn die dem vorliegenden Filmregisseurvertrag zugrundeliegende Interessenlage rechtfertigt es nicht, Dr. R. den Schutz des § 31 Abs. 4 UrhG zu versagen. Er hat für seine Regietätigkeit bei der Herstellung des streitgegenständlichen Films einen festen Pauschalbetrag erhalten. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, daß bei der Bemessung der Vergütung – neben anderen Faktoren – u. a. auch die voraussichtlichen Erträge aus der öffentlichen Filmvorführung des als Kinospielfilm hergestellten Filmwerks eingeflossen sind. Es kann nicht unterstellt werden, daß die Kenntnis einer Nutzungsart, nämlich der Videozweitauswertung von Spielfilmen, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung der Auswertung im Wege öffentlicher Filmvorführung vergleichbar ist (vgl. BGHZ 95, 274, 283, 284 – GEMA-Vermutung I), ohne Einfluß auf die Höhe der Vergütung des Regisseurs geblieben wäre. Derartige Entwicklungen liegen nicht mehr im Rahmen der von der Revision angeführten normalen Risikoverteilung zwischen dem Filmhersteller und dem angestellten Regisseur.
[18] c) Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoß das Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 UrhG bejaht. Nach dieser Bestimmung sind die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten sowie Verpflichtungen hierzu unwirksam.
[19] Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, daß die – eine beliebig oft wiederholbare Nutzung im privaten Bereich ermöglichende – Videozweitauswertung von (Kino-) Spielfilmen gegenüber der herkömmlichen Auswertung im Wege der öffentlichen Filmvorführung als eine besondere Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG anzusehen ist, da es sich um eine technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwertungsform handelt (vgl. BGHZ 95, 274, 283f – GEMA-Vermutung I).
[20] Entgegen der Auffassung der Revision war diese Nutzungsart zu dem hier maßgebenden Zeitpunkt der Herstellung des Films im Jahre 1968 noch unbekannt. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die rechtlichen Voraussetzungen des Begriffs der Unbekanntheit im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG bzw. der Bekanntheit im Sinne des § 89 Abs. 1 UrhG verkannt, führt nicht zum Erfolg. Maßgebend ist, daß die Nutzungsart nicht nur mit ihren technischen Möglichkeiten bekannt ist, sondern auch als wirtschaftlich bedeutsam und verwertbar (vgl. BGHZ 95, 274, 284 – GEMA-Vermutung I; BGH GRUR 1988, 296, 298 – GEMA-Vermutung IV). Das schließt es allerdings nicht aus, daß die Parteien über eine zwar bekannte, aber wirtschaftlich zunächst völlig bedeutungslose Nutzungsart in zulässiger Weise ausdrückliche Vereinbarungen treffen können (vgl. v. Gamm, UrhG, § 31 Rdn. 15). Anders als die Revision meint, läßt sich daraus für den Streitfall aber nichts herleiten, da es hier an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung bezüglich des Rechts zur Videozweitauswertung fehlt.
[21] Bei der Beurteilung der Frage, ob die Videozweitauswertung im Jahre 1968 als wirtschaftlich eigenständige Verwertungsform unbekannt war, kann offenbleiben, ob mit der Revision auf die Sicht der konkret beteiligten Parteien, auf die des durchschnittlichen Urhebers (so der Sachverständige Prof. Dr. H.; Fromm/Nordemann/Hertin aaO, §§ 31, 32 Rdn. 8) oder auf eine rein objektive Sicht (so v. Gamm, UrhG, § 31 Rdn. 15) abzustellen ist. Denn die in Rede stehende Nutzungsart war seinerzeit, gleich welche Betrachtungsweise man zugrunde legt, nicht nur unbestimmt, sondern auch noch nicht bestimmbar (vgl. zur Bestimmbarkeit v. Gamm, UrhG § 31 Rdn. 15 m. w. N.).
[22] Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen war die Videozweitauswertung von (Kino-) Spielfilmen jedenfalls in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als ein der herkömmlichen Auswertung im Wege der öffentlichen Filmvorführung vergleichbares Geschäft im Jahre 1968 ganz allgemein noch nicht bekannt. Das Berufungsgericht hat sich auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. gestützt. Danach kamen die ersten Kassettengeräte in der Bundesrepublik überhaupt erst ab 1970 auf den Markt, und zwar zunächst nur für Zwecke der Aus- und Weiterbildung und noch nicht für Privathaushalte. Die audiovisuelle Zweitauswertung von Spielfilmen begann erst im Jahre 1977 als Massengeschäft. Diese Entwicklung zeichnete sich 1968 noch nicht ab, erste Prognosen wurden erst ab 1971 gestellt. Dementsprechend schwanken im Schrifttum die Angaben zur Bekanntheit der Nutzungsart zwischen 1970 und 1978 (vgl. Fromm/Nordemann/Hertin, §§ 31/32 Rdn. 8; Poll ZUM 1985, 248; Schricker aaO, §§ 31, 32 Rdn. 30 m. w. N.).
[23] Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft wesentliches Vorbringen der Beklagten und der Streithelferin unberücksichtigt gelassen, ist unbegründet. Sowohl der Sachverständige als auch das Berufungsgericht haben in ihre Feststellungen den unter Beweis gestellten Vortrag einbezogen, daß Videogeräte schon vor 1968 auf dem Markt gewesen seien. Allein die Vorbekanntheit von Videorekordern mit ihren technischen Nutzungsmöglichkeiten erlaubte noch keine sicheren Rückschlüsse auf das ab 1977 einsetzende und die Annahme einer wirtschaftlich selbständigen Verwertungsform erst rechtfertigende Massengeschäft. Es ist zudem naheliegend, daß die Beteiligten die Auswertung des Spielfilms für Videozwecke in die vertragliche Regelung ausdrücklich einbezogen hätten, wenn sie ihre mit der Auswertung durch öffentliche Filmvorführung vergleichbare wirtschaftliche Bedeutung seinerzeit bereits erkannt hätten.