Europäischer Gerichtshof
1. Artikel 1 Absatz 1, Artikel 2 und Artikel 5 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind in bezug auf die Bestimmung der Berechtigten und die Mindestfrist für die Anzeige des Rücktritts unbedingt und hinreichend genau.
2. Wenn die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erlassen worden sind, kann der Verbraucher ein Widerrufsrecht gegenüber dem Gewerbetreibenden, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, nicht auf die Richtlinie selbst stützen und vor einem nationalen Gericht geltend machen. Das nationale Gericht hat jedoch, wenn es vor oder nach der Richtlinie erlassene nationale Rechtsvorschriften anwendet, deren Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten.

EuGH, Urteil vom 14. 7. 1994 – C-91/92 (lexetius.com/1994,191)

[1] 1. Der Giudice conciliatore Florenz (Italien) hat mit Beschluß vom 24. Januar 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage erstens nach der Auslegung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31; nachstehend: Richtlinie über ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge) und zweitens nach der Möglichkeit, sich in einem Rechtsstreit zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher auf diese Richtlinie zu berufen, zur Vorabentscheidung vorgelegt.
[2] 2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Paola Faccini Dori, wohnhaft in Monza, Italien, (im folgenden: Klägerin) und der Recreb Srl (im folgenden: Beklagte).
[3] 3. Aus dem Vorlagebeschluß geht hervor, daß die Interdiffusion Srl am 19. Januar 1989, ohne daß die Kägerin zuvor an sie herangetreten war, im Hauptbahnhof von Mailand, d. h. ausserhalb ihrer Geschäftsräume, einen Vertrag über einen Englischkurs im Fernunterricht mit ihr abschloß.
[4] 4. Einige Tage später teilte die Klägerin dieser Firma mit eingeschriebenem Brief vom 23. Januar 1989 mit, daß sie ihre Bestellung widerrufe. Die Firma Interdiffusion antwortete ihr am 3. Juni 1989, daß sie ihre Forderung an die Beklagte abgetreten habe. Am 24. Juni 1989 bestätigte die Klägerin der Beklagten schriftlich, daß sie ihre Annahmeerklärung widerrufen habe; sie berief sich dabei insbesondere auf das Widerrufsrecht nach der Richtlinie über ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge.
[5] 5. Mit dieser Richtlinie sollen ihren Begründungserwägungen zufolge der Verbraucherschutz verbessert und die zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zum Verbraucherschutz bestehenden Unterschiede abgeschafft werden, die sich auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken können. In ihrer vierten Begründungserwägung heisst es, daß bei ausserhalb der Geschäftsräume geschlossenen Verträgen die Initiative zu den Vertragsverhandlungen normalerweise vom Gewerbetreibenden ausgehe und daß der Verbraucher darauf nicht vorbereitet sei und so häufig überrascht werde. Er habe häufig keine Möglichkeit, Qualität und Preis des Angebots mit anderen Angeboten zu vergleichen. Derselben Begründungserwägung zufolge gibt es dieses Überraschungsmoment nicht nur bei Haustürgeschäften, sondern auch bei anderen Verträgen, die auf Initiative des Gewerbetreibenden ausserhalb seiner Geschäftsräume abgeschlossen würden. Mit der Richtlinie soll daher nach ihrer fünften Begründungserwägung dem Verbraucher das Recht eingeräumt werden, innerhalb von mindestens sieben Tagen vom Vertrag zurückzutreten, um ihm die Möglichkeit zu geben, die Verpflichtungen aus dem Vertrag zu überdenken.
[6] 6. Am 30. Juni 1989 beantragte die Beklagte bei dem Giudice conciliatore Florenz (Italien), der Klägerin aufzugeben, den vereinbarten Betrag zuzueglich Zinsen und Kosten an sie zu zahlen.
[7] 7. Mit Mahnbescheid vom 20. November 1989 forderte der Giudice conciliatore Florenz die Klägerin zur Zahlung dieser Beträge auf. Diese legte gegen den Mahnbescheid beim selben Gericht Widerspruch ein. Sie machte erneut geltend, daß sie von dem Vertrag entsprechend den Voraussetzungen der Richtlinie zurückgetreten sei.
[8] 8. Es ist jedoch unstreitig, daß Italien zu dieser Zeit keine Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie getroffen hatte, obwohl die Umsetzungsfrist am 23. Dezember 1987 abgelaufen war. Italien setzte die Richtlinie nämlich erst durch das Decreto legislativo Nr. 50 vom 15. Januar 1992 (GURI, Supplemento ordinario Nr. 27 vom 3. Februar 1992, S. 24) um, das am 3. März 1992 in Kraft trat.
[9] 9. Für das vorlegende Gericht stellt sich die Frage, ob es die Bestimmungen der Richtlinie trotz fehlender Umsetzung durch Italien zur Zeit des Sachverhalts anwenden könne.
[10] 10. Es hat daher dem Gerichtshof folgende Vorabentscheidungsfrage vorgelegt:
[11] Ist die Richtlinie 85/577/EWG vom 20. Dezember 1985 als hinreichend genau und detailliert anzusehen? Wenn ja, konnte sie in der Zeit zwischen dem Ablauf der 24-Monatsfrist, die den Mitgliedstaaten gesetzt worden war, um ihr nachzukommen, und dem Tag, an dem der italienische Staat ihr nachgekommen ist, Wirkungen im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem italienischen Staat und im Verhältnis der Bürger untereinander entfalten?
[12] 11. Die Richtlinie über ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gibt den Mitgliedstaaten auf, bestimmte Vorschriften zur Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern zu erlassen. Angesichts der Art des Rechtsstreits, in dem sich ein Verbraucher und ein Gewerbetreibender gegenüberstehen, wirft die Frage des vorlegenden Gerichts zwei Probleme auf, die getrennt zu prüfen sind. Zum einen geht es darum, ob die Bestimmungen der Richtlinie, die das Widerrufsrecht betreffen, unbedingt und hinreichend genau sind. Zum anderen geht es um die Möglichkeit, sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürgern auf eine Richtlinie zu berufen, die den Mitgliedstaaten gerade den Erlaß bestimmter Vorschriften zur Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern aufgibt und die nicht umgesetzt worden ist.
Zu der Frage, ob die Richtlinienbestimmungen über das Widerrufsrecht unbedingt und hinreichend genau sind
[13] 12. Nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 gilt die Richtlinie für Verträge, die zwischen einem Gewerbetreibenden, der Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, und einem Verbraucher während eines vom Gewerbetreibenden ausserhalb von dessen Geschäftsräumen organisierten Ausflugs oder anläßlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher in seiner Wohnung oder an seinem Arbeitsplatz, sofern der Besuch nicht auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers erfolgt, geschlossen werden.
[14] 13. Nach Artikel 2 der Richtlinie bedeutet "Verbraucher" eine natürliche Person, die bei den von dieser Richtlinie erfassten Geschäften zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und "Gewerbetreibender" eine natürliche oder juristische Person, die beim Abschluß des betreffenden Geschäfts im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.
[15] 14. Diese Bestimmungen sind so genau, daß das nationale Gericht erkennen kann, wer aufgrund der Verpflichtungen Berechtigter und wer Verpflichteter ist. Insoweit ist keine besondere Durchführungsmaßnahme erforderlich. Das nationale Gericht kann sich darauf beschränken, nachzuprüfen, ob der Vertrag unter den in der Richtlinie beschriebenen Umständen abgeschlossen worden und ob er zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher im Sinne der Richtlinie zustande gekommen ist.
[16] 15. Zum Schutz des Verbrauchers, der einen Vertrag unter solchen Umständen geschlossen hat, bestimmt Artikel 4 der Richtlinie, daß der Gewerbetreibende den Verbraucher schriftlich über sein Widerrufsrecht zu belehren und dabei den Namen und die Anschrift einer Person anzugeben hat, der gegenüber das Widerrufsrecht ausgeuebt werden kann. Im Fall von Artikel 1 Absatz 1 ist diese Belehrung dem Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auszuhändigen. Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, daß ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften geeignete Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers vorsehen, wenn die fragliche Belehrung nicht erfolgt.
[17] 16. Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie schreibt ferner vor, daß der Verbraucher das Recht haben muß, von der eingegangenen Verpflichtung zurückzutreten, indem er dies innerhalb von mindestens sieben Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem ihn der Gewerbetreibende entsprechend dem Verfahren und unter Beachtung der Bedingungen, die im einzelstaatlichen Recht festgelegt sind, über seine Rechte belehrt hat, anzeigt. Nach Absatz 2 bewirkt diese Rücktrittsanzeige, daß der Verbraucher aus allen aus dem Vertrag erwachsenden Verpflichtungen entlassen ist.
[18] 17. Zwar lassen die Artikel 4 und 5 den Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum für den Verbraucherschutz im Falle unterbliebener Belehrung durch den Gewerbetreibenden und zur Festlegung der Frist und des Verfahrens für den Widerruf. Dies nimmt jedoch den Richtlinienbestimmungen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nichts von ihrer Genauigkeit und Unbedingtheit. Denn dieser Gestaltungsspielraum schließt nicht die Möglichkeit aus, Mindestrechte zu bestimmen. Insoweit ergibt sich aus Artikel 5, daß die Frist, innerhalb deren der Rücktritt anzuzeigen ist, mindestens sieben Tage ab dem Zeitpunkt betragen muß, zu dem der Verbraucher vom Gewerbetreibenden die geforderte Belehrung erhalten hat. Es ist also möglich, den Mindestschutz zu bestimmen, der auf jeden Fall eingeführt werden muß.
[19] 18. Was das erste mit der Vorlagefrage aufgeworfene Problem angeht, ist dem vorlegenden Gericht daher zu antworten, daß Artikel 1 Absatz 1, Artikel 2 und Artikel 5 der Richtlinie in bezug auf die Bestimmung der Berechtigten und die Mindestfrist für die Anzeige des Rücktritts unbedingt und hinreichend genau sind.
Zu der Möglichkeit, sich in einem Rechtsstreit zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden auf die Richtlinienbestimmungen über das Widerrufsrecht zu berufen
[20] 19. Bei dem zweiten vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Problem geht es genauer um die Frage, ob der Verbraucher, wenn innerhalb der vorgesehenen Frist keine Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie erlassen worden sind, ein Widerrufsrecht gegenüber dem Gewerbetreibenden, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, auf die Richtlinie selbst stützen und vor einem nationalen Gericht geltend machen kann.
[21] 20. Wie der Gerichtshof seit dem Urteil vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 152/84 (Marshall, Slg. 1986, 723, Randnr. 48) in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Bürger begründen, so daß ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist.
[22] 21. Das vorlegende Gericht hat darauf hingewiesen, daß die Beschränkung der Wirkungen unbedingter und hinreichend genauer, aber nicht umgesetzter Richtlinien auf die Beziehungen zwischen staatlichen Einrichtungen und Bürgern dazu führen würde, daß ein normativer Akt diese Eigenschaft nur im Verhältnis zwischen bestimmten Rechtssubjekten hätte; in der italienischen Rechtsordnung wie in der Rechtsordnung jedes auf dem Grundsatz der Gesetzlichkeit beruhenden modernen Staates sei der Staat jedoch ein Rechtssubjekt wie jedes andere. Wenn eine Berufung auf die Richtlinie nur gegenüber dem Staat möglich wäre, so käme dies einer Sanktion für den Nichterlaß der gesetzgeberischen Umsetzungsmaßnahmen gleich, so als handelte es sich um eine rein privatrechtliche Beziehung.
[23] 22. Insoweit genügt der Hinweis, daß, wie sich aus dem Urteil vom 26. Februar 1986 (Marshall, a. a. O., Randnrn. 48 f.) ergibt, die Rechtsprechung zu der Möglichkeit, sich gegenüber staatlichen Einrichtungen auf die Richtlinien zu berufen, darauf beruht, daß die Richtlinie nach Artikel 189 "für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist" – und nur für diesen – verbindlich ist. Mit dieser Rechtsprechung soll verhindert werden, daß "der Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen kann".
[24] 23. Es wäre nämlich nicht hinnehmbar, daß der Staat, dem der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erlaß bestimmter Vorschriften vorschreibt, mit denen seine Beziehungen – oder die Beziehungen staatlicher Einrichtungen – zu den Bürgern geregelt und diesen bestimmte Rechte gewährt werden sollen, sich auf die Nichterfüllung seiner Verpflichtungen berufen könnte, um den Bürgern diese Rechte zu versagen. So hat der Gerichtshof die Möglichkeit bejaht, sich gegenüber dem Staat (oder staatlichen Einrichtungen) auf einige Bestimmungen der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge (vgl. Urteil vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 103/88, Fratelli Costanzo, Slg. 1989, 1839) und der Richtlinien über die Harmonisierung der Mehrwertsteuer (vgl. Urteil vom 19. Januar 1982 in der Rechtssache 8/81, Becker, Slg. 1982, 53) zu berufen.
[25] 24. Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf den Bereich der Beziehungen zwischen den Bürgern hieße, der Gemeinschaft die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Bürger Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlaß von Verordnungen zugewiesen ist.
[26] 25. Folglich kann der Verbraucher, wenn die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erlassen worden sind, ein Widerrufsrecht gegenüber dem Gewerbetreibenden, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, nicht auf die Richtlinie selbst stützen und vor einem nationalen Gericht geltend machen.
[27] 26. Zudem ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 10. April 1984 in der Rechtssache 14/83 (Von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891, Randnr. 26) die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 EWG-Vertrag, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten obliegen, und zwar im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten. Wie sich aus den Urteilen des Gerichtshofes vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-106/89 (Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Randnr. 8) und vom 16. Dezember 1993 in der Rechtssache C-334/92 (Wagner Miret, Slg. 1993, I-6911, Randnr. 20) ergibt, muß ein nationales Gericht, soweit es bei der Anwendung des nationalen Rechts – gleich, ob es sich um vor oder nach der Richtlinie erlassene Vorschriften handelt – dieses Recht auszulegen hat, seine Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Artikel 189 Absatz 3 EWG-Vertrag nachzukommen.
[28] 27. Für den Fall, daß das von der Richtlinie vorgeschriebene Ziel nicht im Wege der Auslegung erreicht werden kann, ist ausserdem darauf hinzuweisen, daß das Gemeinschaftsrecht gemäß dem Urteil vom 19. November 1991 in den verbundenen Rechtssachen C-6/90 und C-9/90 (Francovich u. a., Slg. 1991, I-5357, Randnr. 39) die Mitgliedstaaten zum Ersatz der den Bürgern durch die Nichtumsetzung einer Richtlinie verursachten Schäden verpflichtet, sofern drei Voraussetzungen vorliegen. Zunächst muß Ziel der Richtlinie die Verleihung von Rechten an Bürger sein. Sodann muß der Inhalt dieser Rechte auf der Grundlage der Richtlinie bestimmt werden können. Schließlich muß ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat auferlegte Verpflichtung und dem entstandenen Schaden bestehen.
[29] 28. Die Richtlinie über die ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge hat unbestreitbar die Verleihung von Rechten an Bürger zum Ziel, und ebenso sicher steht fest, daß der Mindestinhalt dieser Rechte allein auf der Grundlage der Richtlinie bestimmt werden kann (siehe Randnr. 17 dieses Urteils).
[30] 29. Läge also ein Schaden vor und wäre dieser Schaden durch den Verstoß gegen die dem Mitgliedstaat auferlegte Verpflichtung verursacht worden, so hätte das vorlegende Gericht den Anspruch der geschädigten Verbraucher auf Schadensersatz im Rahmen des nationalen Haftungsrechts sicherzustellen.
[31] 30. Was das zweite vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Problem angeht, ist demgemäß zu antworten, daß der Verbraucher, wenn die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erlassen worden sind, ein Widerrufsrecht gegenüber dem Gewerbetreibenden, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, nicht auf die Richtlinie selbst stützen und vor einem nationalen Gericht geltend machen kann. Das nationale Gericht hat jedoch, wenn es vor oder nach der Richtlinie erlassene nationale Rechtsvorschriften anwendet, deren Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten.
Kosten
[32] 31. Die Auslagen der dänischen, der deutschen, der griechischen, der französischen, der italienischen und der niederländischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.