Imagewerbung der Togalwerke erlaubt

BGH, Mitteilung vom 16. 5. 1997 – 32/97 (lexetius.com/1997,491)

[1] Der für Wettbewerbssachen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (OLG München) keinen Anlaß gesehen, eine Aufsehen erregende Werbekampagne des Hauses Togal aus dem Jahr 1993 als wettbewerbswidrig i. S. des § 1 UWG zu verbieten.
[2] Das pharmazeutische Unternehmen hatte in einer Serie von vier in einem Nachrichtenmagazin veröffentlichten Anzeigen pflichtvergessenes und verschwenderisches Verhalten von Politikern, Abgeordneten und hohen Staatsdienern angeprangert. Es verglich dabei deren Verhalten u. a. mit den Anforderungen, die es an seine Mitarbeiter zu stellen pflegt.
[3] Der Senat führt aus, es könne kein Zweifel daran bestehen, daß das Unternehmen die in weiten Kreisen der Bevölkerung vorhandenen Vorurteile gegenüber staatlichen Organen auch zu eigenen Werbezwecken einsetze und sich selbst als vorbildliches Unternehmen darstelle. Die Einschätzung einer Imagewerbung dieser Art als stillos oder als geschmacklos reicht nach Auffassung des Senats indessen nicht aus, um die Veröffentlichung der Anzeigenkampagne wegen Verstoßes gegen die guten Sitten im Wettbewerb zu verbieten. Der Senat betont in diesem Zusammenhang das Recht auf freie Meinungsäußerung, das auch dem Träger eines Wirtschaftsunternehmens zukomme. Die Meinungsfreiheit könne zwar durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb eingeschränkt werden, jedoch nicht über das durch das Grundrecht der Äußerungsfreiheit selbst bedingte Maß hinaus. Danach sei insbesondere eine Geschmackszensur dem Wettbewerbsrecht fremd. Im Unterschied zu den Benetton-Fällen, in denen der Senat eine Werbekampagne eines Textilunternehmens mit Bildern über das Elend der Welt als eine unzulässige gefühlsbetonte Werbung beurteilt hatte, fehle es bei der Togal-Werbung mit "Stammtischparolen" an einem tiefgehenden emotionalen Appell an die Verbraucher, der zu kommerziellen Zwecken ausgenutzt werde.
[4] Soweit in einer der Anzeigen auch auf das Schmerzmittel aus dem Hause Togal Bezug genommen wurde, hat der Senat das Werbeverbot wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens bestätigt.
BGH, Urteil vom 15. 5. 1997 – I ZR 10/95