Akustische Überwachung in einem Vereinsbüro unzulässig

BGH, Mitteilung vom 21. 1. 1997 – 5/97 (lexetius.com/1997,504)

[1] Der Generalbundesanwalt hatte im Juli 1996 gegen zwei kurdische Angeschuldigte wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie wegen versuchter Anstiftung zur schweren Brandstiftung Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben. Das Oberlandesgericht lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ab. Die hiergegen vom Generalbundesanwalt eingelegte sofortige Beschwerde hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
[2] Ebenso wie das Oberlandesgericht Stuttgart hält der Bundesgerichtshof die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse aus einer Abhörmaßnahme unter Einsatz technischer Mittel ("Lauschangriff") für unverwertbar. Für die vom Generalbundesanwalt beantragte und vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordnete akustische Überwachung eines Büroraums des in Stuttgart gelegenen Vereinsheims des "Deutsch-Kurdischen Freundschaftsvereins", in dem die Angeschuldigten sich mit anderen getroffen haben, gibt es nach gegenwärtiger Gesetzeslage keine ausreichende Ermächtigung. Der im Jahre 1992 in die Strafprozeßordnung durch das Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OrgKG) neu eingeführte § 100c ermöglicht wegen des Schutzes der Wohnung nach dem Grundgesetz (Art. 13 GG) nicht den Einsatz technischer Mittel in einer Wohnung. Das folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, ergibt sich aber schon daraus, daß Art. 13 GG durch das OrgKG nicht eingeschränkt worden ist. Wie den Erörterungen im Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen ist, sollte über die Zulässigkeit des sog. großen Lauschangriffs gesondert entschieden werden.
[3] Der Wohnungsbegriff ist aus verfassungsrechtlicher Sicht weit auszulegen. Er erfaßt auch Geschäfts-, Betriebs- und Vereinsräume, soweit sie nach dem nach außen erkennbaren Willen des Nutzungsberechtigten nicht der Allgemeinheit zugänglich sein sollen. Im Sinne des Art. 13 GG war der abgehörte Büroraum nicht allgemein zugänglich.
BGH, Beschluss vom 15. 1. 1997 – StB 27/96