Bundesarbeitsgericht
BGB § 613a; ZPO § 256; BErzGG § 15
1. Die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub schließt das rechtliche Interesse des Arbeitnehmers daran, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde, nicht aus.
2. Ob bei Schließung und Neueröffnung von Einzelhandelsgeschäften die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt wird, hängt von einer Gesamtwürdigung aller Umstände ab. Im Vordergrund steht dabei der Erhalt der regelmäßig durch Geschäftslage, Warensortiment und Betriebsform geprägten Kundenbeziehungen (im Anschluss an Senatsurt. v. 18. 5. 1995 – 8 AZR 741/94, EzA BGB § 613a Nr. 139 und Senatsurt. v. 22. 5. 1997 – 8 AZR 101/96, BAGE 86, 20 = ZIP 1997, 1555, dazu EWiR 1997, 835 (Blomeyer)).

BAG, Urteil vom 2. 12. 1999 – 8 AZR 796/98; LAG Düsseldorf (lexetius.com/1999,1168)

[1] Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Klägerin wurde am 1. Juni 1992 von der S. Elektrohandels GmbH (Firma S.) als Verkäuferin eingestellt. Sie arbeitete zuletzt in deren Filiale in M., L. -Straße.
[2] Nach der Geburt eines Kindes am 22. August 1996 hatte sie Erziehungsurlaub bis zum 21. August 1999.
[3] Mit Schreiben vom 15. November 1996 teilte die Firma S. der Klägerin Folgendes mit: "Wir möchten Dich hiermit darüber informieren, dass die S. -Filiale in M. zum 28. 2. 97 geschlossen wird. Davon ist auch Dein Arbeitsverhältnis betroffen. Wir können Dir nach Ende Deines Erziehungsurlaubes einen Arbeitsplatz dort nicht mehr zur Verfügung stellen. Bis dahin bleibt Dein Arbeitsverhältnis bei S. jedoch auf jeden Fall bestehen. Anfang März 97 wird in M. eine neue Sch. -Filiale eröffnet. Wir haben allen Mitarbeitern der Filiale M. in dieser Sch. -Filiale einen gleichwertigen Arbeitsplatz angeboten, wobei Betriebszugehörigkeitszeiten nicht angerechnet werden. Fast alle Mitarbeiter haben dieses Angebot angenommen. Wir bieten auch Dir nach Ablauf Deines Erziehungsurlaubs zum 22. 8. 99 dort einen gleichwertigen Arbeitsplatz an. …"
[4] Die Klägerin nahm dieses Angebot nicht an. Im April 1997 erbat sie vergeblich eine Bestätigung, dass ihr Arbeitsverhältnis auf die Sch. -GmbH (Beklagte) übergegangen sei.
[5] Beide Unternehmen gehören zum K. -Konzern und beschäftigen sich im Wesentlichen mit dem Handel von Elektroartikeln aller Art.
[6] Mit der im September 1997 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, mit der Schließung der Filiale L. -Straße und der gleichzeitigen Neueröffnung der Filiale N. sei ein Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgt. Die Firma S. und die Beklagte, beide mit Sitz in H., besäßen eine identische Geschäftsführung. Die Verwaltung erfolge im Wesentlichen durch dasselbe Personal. Beide Unternehmen führten überwiegend dasselbe Sortiment, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung. Der arbeitstechnische Zweck des Betriebes in M. sei derselbe geblieben. Zudem seien nahezu alle Arbeitnehmer der Firma S. einschließlich des Filialleiters von der Beklagten übernommen worden und dort in gleicher oder entsprechender Funktion tätig. Insofern sei die gesamte Struktur weiter geführt und wegen der größeren Verkaufsfläche lediglich um einige Mitarbeiter angereichert worden. Warenlieferungen für die Beklagte wickele die Firma S. ab, die im Übrigen bereits vor der Neueröffnung der Filiale der Beklagten deren Logo verwandt habe. Schließlich seien die Waren der Firma S. von der Beklagten in die neue Filiale übernommen worden. Vor dem Umzug sei das Personal angewiesen worden, die Kunden auf die Weiterführung der Geschäfte am neuen Ort hinzuweisen.
[7] Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juni 1992 bestehe.
[8] Die Beklagte hat vorgetragen, sie und die Firma S. verfolgten jeweils verschiedene Geschäftszwecke. Sie habe eine andere Unternehmenskonzeption und eine völlig andere Warenpräsentation, die sich mit dem Schlagwort "Erlebniskauf" definieren lasse. Sie führe auch nur in geringem Maße das gleiche Sortiment wie die Firma S. und bewege sich mit ihrem Angebot im höherwertigen Bereich der Angebotspalette, verkaufe vor allem Produkte aus der Unterhaltungselektronik. Die neue Filiale sei mit eigener Ware ausgestattet worden, eine Übernahme von Warenbeständen habe nicht stattgefunden.
[9] Der Lagerspeditionsvertrag beziehe sich nur auf die sog. weiße Ware und betreffe allenfalls 15 % des gesamten Warensortiments. Auslieferungen durch die Firma S. würden nur auf Wunsch vorgenommen. Die Filiale der Firma S. sei erst am 8. März 1997 geschlossen worden, nach Eröffnung der eigenen Filiale am 3. März 1997. 14 der 24 Mitarbeiter stammten aus der alten S. Filiale, vier von diesen hätten ihre Tätigkeit bereits vor dem 1. März 1997 aufgenommen.
[10] Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage mangels eines Feststellungsinteresses der Klägerin als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
[11] Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[12] I. Der Feststellungsantrag ist im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
[13] 1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Nach der Klagebegründung begehrt die Klägerin die Feststellung, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des mit der Firma S. geschlossenen Arbeitsvertrags. Zur Begründung beruft sie sich auf einen Betriebsübergang mit der Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB unter Erhalt der Dauer der Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Juni 1992. Die Dauer des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist jedoch kein selbstständiges Element des Klageantrags.
[14] 2. Der Feststellungsantrag bezog sich von Anfang an auf das Bestehen eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses (Arbeitsverhältnisses) gem. § 256 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin musste hierbei nicht den genauen Zeitpunkt des Eintritts der Beklagten in das Arbeitsverhältnis bezeichnen.
[15] 3. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
[16] a) Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der Revisionsverhandlung (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 256 Rz. 20, Vorbem. § 253 Rz. 11, § 561 Rz. 9; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 256 Rz. 7 c; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 256 Rz. 21 ff.; MünchKomm-Lüke, ZPO, § 256 Rz. 35). Nach dem Ende des Erziehungsurlaubs der Klägerin im August 1999 (§ 15 Abs. 1 BErzGG) kann das Feststellungsinteresse nicht mehr zweifelhaft sein. Schon deswegen hat die Klageabweisung als unzulässig keinen Bestand.
[17] b) Auch während des Erziehungsurlaubs war der Klage entgegen den Vorinstanzen ein Feststellungsinteresse nicht abzusprechen. Ein solches besteht, wenn dem Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte das Recht der Klägerin ernstlich bestreitet, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. Thomas/Putzo, aaO, § 256 Rz. 13 ff.; Zöller/Greger, aaO, § 256 Rz. 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 256 Rz. 25 f., 31 ff., alle m. w. N.). Die Beklagte hat den Bestand eines Arbeitsverhältnisses stets bestritten und lediglich den Neuabschluss eines Arbeitsvertrags (mit zum Teil schlechteren Arbeitsbedingungen) angeboten. Das Feststellungsurteil ist demgegenüber geeignet, den Bestand des Arbeitsverhältnisses endgültig zu klären.
[18] Das vorübergehende Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten während des Erziehungsurlaubs vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Ein etwa bestehendes Arbeitsverhältnis der Klägerin zu der Beklagten ist durch deren Verhalten gleichwohl aktuell bedroht. Die Klägerin hat eine gegenwärtige Gefährdung von aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Rechtsansprüchen nicht darzulegen (vgl. nur BAG, 20. 7. 1994 – 5 AZR 169/93, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 26, zu III der Gründe). Das Feststellungsinteresse setzt keine derzeit bestehende Vergütungs- und Arbeitspflicht voraus. Vielmehr muss der Arbeitnehmer auch während des Erziehungsurlaubs wissen, zu wem das Arbeitsverhältnis besteht und bei wem die Beschäftigung nach Ablauf des Erziehungsurlaubs fortgesetzt werden kann. Das Wiederaufleben der Hauptpflichten kann in absehbarer, nicht allzu ferner Zeit erwartet werden. Der Klägerin ist nicht zuzumuten, das Ende des Erziehungsurlaubs abzuwarten, um erst dann in einem unter Umständen lang dauernden Rechtsstreit die Person des Arbeitgebers klären zu lassen.
[19] Ein solches Zuwarten könnte ferner mit Beweisverlusten verbunden sein und den Einwand prozessualer Verwirkung hervorrufen, den die Beklagte in den Vorinstanzen auch tatsächlich erhoben hat. Die bloße Möglichkeit von künftigen Veränderungen der Sachlage, zum Beispiel Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis zum Ende des Erziehungsurlaubs (§ 19 BErzGG) oder Neueröffnung einer Filiale durch die Firma S., spielt entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rolle.
[20] Zudem bestehen während des Erziehungsurlaubs vielfältige Nebenpflichten der Arbeitsvertragsparteien (vgl. nur Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl., § 102 B IV 1 = S. 906; Dömer, in: Erfurter Kommentar z. Arbeitsrecht, § 15 BErzGG Rz. 26 ff.). Unter bestimmten Voraussetzungen besteht ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erteilung der Zustimmung zu anderweitiger Erwerbstätigkeit nach § 15 Abs. 4 BErzGG (vgl, Senatsurt. v. 26. 6. 1997 – 8 AZR 506/95, BAGE 86, 155, 157 ff.). Schließlich kommt eine vorzeitige Beendigung des Erziehungsurlaubs mit Zustimmung des – auch hier ggf. neuen – Arbeitgebers (§ 16 Abs. 3 BErzGG) in Betracht. Das Feststellungsinteresse hängt entsprechend dem oben Ausgeführten nicht davon ab, dass bereits Streit über eine der genannten Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis besteht.
[21] Damit gilt für die auf Betriebsübergang gestützte Feststellungsklage gegenüber dem neuen Arbeitgeber nichts anderes als für die Feststellungsklage bei einer Kündigung. Kündigt der Arbeitgeber das ruhende Arbeitsverhältnis, ist das Feststellungsinteresse ebenso wenig zweifelhaft wie bei der Feststellungsklage gegenüber dem den Betriebsübergang leugnenden neuen Arbeitgeber.
[22] II. Der Senat kann über die Begründetheit der Klage nicht selbst gem. § 565 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden.
[23] 1. Eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts setzt voraus, dass die tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere entgegenstehende Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind. Daran fehlt es regelmäßig, wenn die Vorinstanz die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Das Revisionsgericht kann die vom Berufungsgericht als unzulässig abgewiesene Klage nur dann als unbegründet abweisen, wenn der Klagevortrag nach jeder Richtung unschlüssig und die Möglichkeit auszuschließen ist, dass der Kläger seinen Anspruch durch Einführung neuen Prozessstoffs noch schlüssig macht. Dasselbe gilt, wenn das Berufungsgericht die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und neuer Tatsachenvortrag nicht mehr zu erwarten ist. Doch kann das Revisionsgericht auf Hilfserwägungen zur Begründetheit nicht eingehen (vgl. BGH, 25. 11. 1966 – V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 283 ff.; BGH, 10. 10. 1991 – IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 438; BGH, 30. 4. 1993 – V ZR 234/91, BGHZ 122, 308, 316 = ZIP 1993, 1120, 1122 f., dazu EWiR 1993, 1187 (Heinrichs); BGH, 7. 7. 1993 – VIII ZR 103/92, ZIP 1993, 1495, 1496 = NJW 1993, 2684, 2685, dazu EWiR 1993, 1035 (Gottwald); Thomas/Putzo, aaO, § 565 Rz. 13 f.; Zöller/Gummer, aaO, § 565 Rz. 11; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 565 Rz. 11; MünchKomm-Walchshöfer, ZPO, § 565 Rz. 23, alle m. w. N.).
[24] 2. Diese Voraussetzungen für eine abschließende Entscheidung liegen nicht vor. Das Sachverhältnis im Sinne von § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist nicht hinreichend festgestellt, die Frage des Betriebsübergangs nicht zur Endentscheidung reif.
[25] a) Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt ein Betriebsübergang gem. § 613a BGB die Bewahrung der Identität der betreffenden Einheit voraus. Der Begriff "Einheit" bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Er darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Ihre Identität ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl. nur Senatsurt. v. 13. 11. 1997 – 8 AZR 375/96, BAGE 87, 120, 127 = ZIP 1998, 344, 346, dazu EWiR 1998, 397 (Hennige); Senatsurt. v. 11. 12. 1997 – 8 AZR 426/94, BAGE 87, 296, 299 = ZIP 1998, 663, 664 f., dazu EWiR 1998, 687 (Joost), jeweils m. w. N.). Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung im Betrieb einstellen, der neue Inhaber sie im Wesentlichen unverändert fortführen. Einer besonderen Übertragung der Leitungsmacht bedarf es daneben nicht (vgl. nur Senatsurt. v. 12. 11. 1998 – 8 AZR 282/97, ZIP 1999, 589 = AP BGB § 613a Nr. 186, zu B I 1 der Gründe, dazu EWiR 1999, 993 (Joost); Senatsurt. v. 18. 3. 1999 – 8 AZR 159/98, ZIP 1999, 1318 = AP BGB § 613a Nr. 189, zu II 1 der Gründe, dazu EWiR 1999, 783 (Künzl), beide zur Veröffentlichung vorgesehen auch in der Amtl. Sammlung).
[26] b) Ob die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt worden ist, hängt auch bei einem Einzelhandelsgeschäft von einer Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller bezeichneten Umstände ab. Im Vordergrund stehen die materiellen, immateriellen und personellen Mittel sowie die organisatorischen Konzepte, die dem Zweck des Einzelhandelsgeschäfts in besonderer Weise dienen und für seine Fortführung von wesentlicher Bedeutung sind. Dieser Zweck besteht in dem Verkauf bestimmter Waren an einen mehr oder weniger bestimmten Kundenkreis. Lieferanten- und Kundenbeziehungen machen danach das Substrat und den spezifischen Charakter des Einzelhandelsbetriebs aus.
[27] Für die Aufrechterhaltung der Kundenbeziehungen sind in erster Linie maßgebend das Warensortiment und die Betriebsform; deren im Wesentlichen unveränderte Beibehaltung ist regelmäßig Voraussetzung, um einen Erhalt der wirtschaftlichen Einheit annehmen zu können. Der Übernahme der Räumlichkeiten oder der Fortführung der Geschäfte in unmittelbarer Nähe kommt daneben je nach der Betriebsform und der Art der verkauften Ware erhebliche Bedeutung zu. Eine Weiterführung derselben organisatorischen Einheit an ganz anderer Stelle liegt, abgesehen von Spezialgeschäften und am Ort konkurrenzlosen Betrieben, häufig fern, weil der Kunde an die Lage des Geschäfts gewöhnt ist. Geringere Bedeutung kommt meist dem Erwerb von Warenbeständen zu, denn die Fortführung des Betriebs hängt hiervon nicht ab und wird hierdurch nicht ermöglicht. Entsprechendes kann für den Eintritt in Lieferantenbeziehungen gelten, wenn diese allgemein offen stehen und nicht ganz spezielle Markenware verkauft wird. Auch kann das im Wesentlichen gleiche Warensortiment oftmals von verschiedenen Lieferanten bezogen werden. Die Übernahme der Ladeneinrichtung ist kaum wesentlich.
[28] Danach gelten die in der früheren Rechtsprechung zum Betriebsübergang bei einem Einzelhandelsgeschäft herausgestellten Gesichtspunkte (vgl. BAG, 30. 10. 1986 – 2 AZR 696/85, BAGE 53, 267, 273 ff. = ZIP 1987, 734, 735 ff., dazu EWiR 1987, 563 (Seiter); BAG, 26. 2. 1987 – 2 AZR 321/86, ZIP 1987, 1072 = AP BGB § 613a Nr. 63, zu B II 4 b, c der Gründe, dazu EWiR 1987, 873 (Seiter); BAG, 10. 6. 1988 – 2 AZR 801/87, ZIP 1988, 1272 = AP BGB § 613a Nr. 82, zu II 1 b der Gründe, dazu EWiR 1988, 1179 (Hess); BAG, 18. 5. 1995 – 8 AZR 741/94, EzA BGB § 613a Nr. 139, zu B II b, 2 der Gründe) auch nach der neuen Begriffsbestimmung des Betriebsübergangs aufgrund der oben zitierten geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
[29] Ein weiterer, auch bei einem Einzelhandelsgeschäft wichtiger Gesichtspunkt ist die Übernahme des Personals und dessen im Wesentlichen unveränderte Weiterbeschäftigung. Hierin kann die Übernahme einer bestehenden Organisation liegen. Nutzt der neue Betreiber eines Geschäfts die Fachkenntnisse der eingearbeiteten Mitarbeiter in der bisherigen Weise, so spricht das in Verbindung mit weiteren Umständen für einen Betriebsübergang. Die Bedeutung des Personals für den Betrieb und dessen Fortführung hängt dabei regelmäßig eng mit der jeweiligen Betriebsform zusammen (vgl. BAG, 22. 5. 1997 – 8 AZR 101/96, BAGE 86, 20, 28 ff. = ZIP 1997, 1555, 1558, dazu EWiR 1997, 835 (Blomeyer)).
[30] c) Das Landesarbeitsgericht muss unter Zugrundelegung dieser Kriterien die erforderlichen Tatsachen feststellen und die gebotene Gesamtabwägung vornehmen. Wesentliche Tatsachen zum Warensortiment und zur Betriebsform der beiden Filialen sind keineswegs unstreitig. Aufklärungsbedürftig kann weiter deren räumliche Entfernung und die jeweilige Organisation der Arbeitsabläufe werden.
[31] Unstreitig ist keine Unterbrechung der Geschäftstätigkeit eingetreten (vgl. BAGE 86, 20 = ZIP 1997, 1555 zu B II 2 a, b der Gründe); die Überschneidung der Verkaufstätigkeit von wenigen Tagen wäre unschädlich. Sofern weitgehend die gleiche Ware wie bisher verkauft wird, kommt es auf den mangelnden Eintritt in Lieferantenbeziehungen nicht an. Ist der Kundenkreis aufgrund Art und Lage beider Geschäfte nicht gleich geblieben, so kommt einer im Wesentlichen unveränderten Weiterbeschäftigung des Personals keine entscheidende Bedeutung mehr zu.
[32] Vollends unerheblich ist, dass alle Arbeitnehmer der Firma S. einschließlich der Klägerin zur Ausführung der bei der Beklagten anfallenden Arbeiten imstande sind (vgl. Senatsurt. v. 11. 9. 1997 – 8 AZR 555/95, BAGE 86, 271, 277 = ZIP 1998, 36, 38, dazu EWiR 1998, 163 (Junker/Schnelle)). Der Vortrag der Klägerin zu den entscheidungserheblichen Gesichtspunkten ist zwar teilweise unsubstanziiert, aber nicht von vornherein in jeder Hinsicht unschlüssig. Eine Substanziierung durch weiteren Tatsachenvortrag erscheint ebenso wenig ausgeschlossen wie die Beibringung zulässiger Beweismittel. Soweit das Berufungsgericht hilfsweise darauf hingewiesen hat, die Klage sei auch unbegründet, gelten diese Ausführungen als nicht geschrieben (vgl. nur BGH, v. 7. 6. 1990 – III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, 2126). Sie stellen keine Grundlage für eine Sachentscheidung des Senats dar.