Bundesgerichtshof zu Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer privaten Arbeitslosenversicherung

BGH, Mitteilung vom 24. 3. 1999 – 24/99 (lexetius.com/1999,2245)

[1] Der Bundesgerichtshof hatte über die Wirksamkeit einzelner Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer privaten Arbeitslosenversicherung zu entscheiden.
[2] Ein Versicherungsunternehmen bietet seit 1996 bundesweit eine private Versicherung zur Vorsorge bei Arbeitslosigkeit an. Der Versicherungsnehmer erhält bei Verdienstausfall infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit zum Arbeitslosengeld zusätzliche Leistungen. Eine Verbraucherschutzorganisation hat die Wirksamkeit einiger Klauseln aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Der Bundesgerichtshof hat folgende Klauseln für unwirksam erklärt: "§ 3. Begriff der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit. 1. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis aus Gründen, die nicht in der Person des Versicherungsnehmers liegen, wirksam gekündigt hat." und "Telefonische Information. Der Versicherungsnehmer ist bis auf Widerruf damit einverstanden, daß er künftig im Rahmen des Versicherungsverhältnisses sowie im Hinblick auf weitere Versicherungs- und Finanzdienstleistungen der Versicherungsgruppe auch telefonisch informiert und beraten wird."
[3] Diese Klausel befand sich in den "Erläuterungen" auf der Rückseite des Antragsformulars.
[4] Dagegen hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß folgende Klauseln wirksam sind: § 5. Beginn und Ende des Versicherungsschutzes; Wartezeit. 1. Der Versicherungsschutz tritt 24 Monate nach dem im Versicherungsantrag bezeichneten Beginn in Kraft (Wartezeit). … § 6. Leistung bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. 1. … 2. Die Versicherungsleistung darf zusammen mit dem Arbeitslosengeld 90 Prozent des aus dem Arbeitsverhältnis herrührenden monatlichen Nettoeinkommens nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 3 Monate vor Eintritt der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit. Setzt sich das Nettoeinkommen überwiegend aus Provisionseinkünften zusammen, ist das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate bei der Berechnung zugrunde zu legen. Sonderzahlungen wie Überstundenentgelt, Weihnachts- und Urlaubsgratifikationen oder Jubiläumszuwendungen finden keine Berücksichtigung. … § 11. Leistungsausschlüsse bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit. 1. … 2. Ferner ist die Leistung ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt hat. § 22. Willenserklärungen und Anzeigen. Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber der Volksfürsorge bedürfen der Schriftform. Zu ihrer Entgegennahme sind Versicherungsvermittler nicht bevollmächtigt.
[5] Die Klauseln wurden am Maßstab des § 9 des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geprüft. Nach dieser Vorschrift sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die den Vertragspartner – hier den Versicherungsnehmer – entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
[6] Die Klausel des § 3 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen benachteiligt den Versicherungsnehmer deshalb unangemessen, weil sie unklar und für ihn unverständlich formuliert ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dieser Regelung nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen genau er eine Leistung von dem privaten Versicherungsunternehmen erhält. Darin liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot.
[7] Mit der Klausel über die "Telefonische Information" will der Versicherer für sich und andere Unternehmen seiner Gruppe die Möglichkeit telefonischer Werbung beim Versicherungsnehmer eröffnen. Grundsätzlich ist schon nach der bisherigen Rechtsprechung eine telefonische Werbung nicht erlaubt, es sei denn, der Angerufene hat sein Einverständnis damit erklärt. Wie schon der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit seinem Urteil vom 16. März 1999 (XI ZR 76/98, vgl. die Pressemitteilung Nr. 20/1999 vom gleichen Tage) ausgesprochen hat, stellt Telefonwerbung eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre dar. Deshalb kann das notwendige Einverständnis nicht im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen hergestellt werden.
BGH, Urteil vom 24. 3. 1999 – IV ZR 90/98