Bundesverwaltungsgericht
Demokratisches Prinzip; Geltendmachung von Ersatzansprüchen; Zeitpunkt der Beteiligung des Personalrats.
HmbPersVG § 79 Abs. 2, § 81 Abs. 6, § 86 Abs. 1 Nr. 18; BAT § 70
1. Der Personalrat hat gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG ("Geltendmachung von Ersatzansprüchen") mitzubestimmen, wenn die Dienststelle dem Beschäftigten kundtun will, dass sie einen bestimmten Anspruch gegen ihn für gegeben hält; auf eine Zahlungsaufforderung kommt es nicht an.
2. Der Beschluss der Einigungsstelle gilt im Fall der Mitbestimmung des Personalrats bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen in entsprechender Anwendung des § 81 Abs. 6 HmbPersVG als Empfehlung.

BVerwG, Beschluss vom 24. 4. 2002 – 6 P 4.01; OVG Hamburg (lexetius.com/2002,2111)

[1] In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die Anhörung vom 24. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundes- verwaltungsgericht Dr. Hahn, Dr. Gerhardt, Dr. Graulich und Vormeier beschlossen:
[2] Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts – 2. Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz – vom 11. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
[3] Gründe: I. Der Rechtsvorgänger des Beteiligten richtete an fünf Beschäftigte des Universitäts-Krankenhauses E. unter dem 26. November 1998 Schreiben, mit denen er vorsorglich zur Wahrung der Frist gemäß § 70 BAT Schadensersatzansprüche in bestimmter Höhe geltend machte, den nach dem Stand der Ermittlungen zugrunde liegenden Sachverhalt darstellte und darauf hinwies, dass sich der Schadensersatzanspruch dem Grund als auch der Höhe nach noch ändern könne; den Beschäftigten wurde Gelegenheit gegeben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Antragsteller war zuvor nicht beteiligt worden. Der Rechtsvorgänger des Beteiligten vertrat die Auffassung, der Vorgang unterfalle nicht dem Mitbestimmungstatbestand des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG.
[4] Das Verwaltungsgericht hat den auf Feststellung einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers gerichteten Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat der Beschwerde entsprochen und antragsgemäß entschieden. Zur Begründung hat es ausgeführt (vgl. im Einzelnen PersR 2002, 76): Die Schreiben vom 26. November 1998 stellten nicht bloß einen Hinweis auf mögliche Schadensersatzansprüche dar, sondern seien so zu verstehen, dass der Beteiligte von den Adressaten Schadensersatz in der bezifferten Höhe fordere und durchzusetzen gewillt sei, wenn sich nicht neue Umstände ergäben. Der Beteiligte habe die Anforderungen des § 70 BAT erfüllen wollen und auch erfüllt. Schadensersatzansprüche gemäß § 70 BAT geltend zu machen, bedürfe gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG der Mitbestimmung. Dies folge vor allem aus dem Zweck dieses Tatbestandes sowie des § 70 BAT. Es gehe nicht um eine unverbindliche Rechtswahrungsanzeige, sondern um die baldige Klärung eines Anspruchs. Habe sich die Dienststelle entschlossen, gegen einen bestimmten Bediensteten, gleichgültig in welcher Form, vorzugehen, sei das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten.
[5] Der Beteiligte trägt zur Begründung der Rechtsbeschwerde vor: Der Begriff des Geltendmachens in § 70 BAT sei mit dem in § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG nicht identisch. Anders als bei jenem Begriff komme es bei diesem auf die endgültige Absicht der Dienststelle an, an die betroffenen Mitarbeiter zur Durchsetzung einer Forderung heranzutreten. Eine rein vorsorgliche Beteiligung sehe das Gesetz nicht vor. Der Zweck des Mitbestimmungstatbestandes könne solange erreicht werden, bis sich ein Schuldner unmittelbar zur Zahlung aufgefordert fühlen dürfe. Das Mitbestimmungsrecht greife erst bei definitiver Zahlungsaufforderung. Eine solche liege hier nicht vor.
[6] Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und weist darauf hin, dass die tarifvertragliche und die personalvertretungsrechtliche Regelung übereinstimmen müssten, wenn sachwidrige Ergebnisse vermieden werden sollten.
[7] II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung von Normen des Personalvertretungsrechts (§ 100 Abs. 2 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes – HmbPersVG – vom 16. Januar 1979, HmbGVBl S. 17, in der Fassung des Gesetzes vom 12. September 2001, HmbGVBl S. 375, i. V. m. § 93 Abs. 1 ArbGG). Der Beteiligte hat das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG verletzt, indem er mit Schreiben vom 26. November 1998 ohne dessen Zustimmung Schadensersatzansprüche gegenüber bestimmten Bediensteten geltend gemacht hat.
[8] 1. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG hat der Personalrat außer bei einer Regelung durch Rechtsvorschriften oder einer allgemeinen Regelung der obersten Dienstbehörde – beides liegt hier nicht vor – bei der "Geltendmachung von Ersatzansprüchen" mitzubestimmen. Der Mitbestimmungstatbestand ist erfüllt, wenn die Dienststelle dem Beschäftigten kundtun will, dass sie einen bestimmten Ersatzanspruch gegen ihn für gegeben hält. Auf eine Zahlungsaufforderung kommt es ebenso wenig an wie etwa auf eine ausdrückliche Erklärung der Absicht, den Anspruch, wenn erforderlich, durch Bescheid oder Klage durchzusetzen.
[9] a) Darauf deutet bereits der Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes hin. Der Begriff der Geltendmachung ist – anders als etwa der Begriff des zugrunde liegenden Anspruchs als des Rechts, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB) – nicht gesetzlich definiert und wird in der Gesetzessprache auch nicht einheitlich verwendet (vgl. etwa § 209 Abs. 2 Nr. 1 a, § 288 Abs. 2 BGB a. F.; §§ 40, 44 InsO). Von der Geltendmachung eines Anspruchs wird gemeinhin gesprochen, wenn sich jemand einem anderen gegenüber ernstlich eines Anspruchs gegen ihn berühmt. Die Forderung der Leistung als dem Verlangen nach Erbringung der Leistung ist danach ein Unterfall der Geltendmachung, ohne notwendig mit diesem Begriff verbunden zu sein.
[10] Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 70 Abs. 1 BAT, nach dessen geltender Fassung Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist, weist ebenfalls in die Richtung, dass der Begriff des Geltendmachens nicht eng zu verstehen ist. An die Geltendmachung im Sinne von § 70 BAT sind danach grundsätzlich keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt jeder ernstliche Hinweis auf den Anspruch. Ausreichend ist, wenn der Gläubiger seine Forderung so deutlich bezeichnet, dass der Schuldner erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll. Der Schuldner muss in die Lage versetzt werden, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie er seine Verteidigung einrichten will, ob er die Forderung ganz oder teilweise anerkennen oder ob er sie bestreiten soll (vgl. zusammenfassend BAG, Urteil vom 11. Februar 1988 – 6 AZR 631/85 – m. w. N.). Es kann auf sich beruhen, ob und ggf. inwieweit das Bundesarbeitsgericht in dem vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Urteil vom 5. April 1995 – 5 AZR 961/93 – (AP Nr. 130 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) von seiner zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung abgerückt ist (vgl. auch BAG, Urteil vom 29. Juni 2000 – 6 AZR 50/99 – AP Nr. 11 zu § 37 BAT Bl. 392 R). Für die Auslegung des Mitbestimmungstatbestands des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG, der keinen unmittelbaren rechtlichen Bezug zu tarifvertraglichen Ausschlussfristen aufweist, genügt die Feststellung, dass zum Begriff des Geltendmachens eines Anspruchs auch nach dem Verständnis im Tarifvertragsrecht nicht notwendig eine Leistungsaufforderung gehört.
[11] b) Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestands sprechen dafür, dass der Personalrat beteiligt wird, sobald die Dienststelle beabsichtigt, dem Beschäftigten mitzuteilen, dass nach ihrer Einschätzung auf der Grundlage der vorliegenden Ermittlungen ein Ersatzanspruch besteht. Der Senat hat im Beschluss vom 19. Dezember 1990 – BVerwG 6 P 24.88 – (Buchholz 251. 2 § 86 BlnPersVG Nr. 1) zum gleich lautenden Mitbestimmungstatbestand in Berlin ausgeführt:
[12] "Für diese Auslegung sprechen insbesondere Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes. Mit ihm soll auf die Gleichbehandlung der Beschäftigten hingewirkt und die Berücksichtigung sozialer Belange wie die Vermittlung des Falles aus der Sicht der übrigen Beschäftigten ermöglicht werden (…). Die Beteiligung der Personalvertretungen ist insbesondere in den Fällen angezeigt, in denen Ersatzansprüche für Schäden aus schadensgeneigter Tätigkeit geltend gemacht werden. Hier kann der Personalrat durch die Einführung zusätzlicher Informationen über die konkreten Arbeitsbedingungen und das Maß der Arbeitsbelastung zu einer tatsächlich und rechtlich möglicherweise anderen Beurteilung der Sachlage beitragen. Diese Form der Mitbestimmung kann vielfach sowohl in der Phase der Prüfung, ob der Ersatzanspruch besteht, als auch bei der Entscheidung, ob dieser gegen den Beschäftigten durchgesetzt werden soll, nur dadurch verwirklicht werden, dass auch eine rechtliche Prüfung angestellt wird, insbesondere, ob der Schaden fahrlässig oder grob fahrlässig verursacht worden ist. Andernfalls würde die Mitbestimmung meist ins Leere laufen, weil die Verschuldensfrage in der Regel zwischen den Beteiligten am meisten umstritten ist. Es kann auch zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, ob einem Beschäftigten wegen der Art der von ihm zu erledigenden Arbeit der Vorwurf der groben oder nur der leichten Fahrlässigkeit gemacht wird. Der Personalrat kann hier darauf dringen, dass der Dienstherr im Interesse der Gleichbehandlung auch andere Fälle berücksichtigt, in denen von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen abgesehen wurde."
[13] Auf der Grundlage dieser Zweckerwägungen hat der Senat im Beschluss vom 19. Dezember 1990 die Unterrichtung eines Bediensteten durch den Dienstherrn, dieser beabsichtige, ihn wegen näher bezeichneter Kosten in bestimmter Höhe in Anspruch zu nehmen, als Geltendmachung von Ersatzansprüchen angesehen.
[14] Das vorliegende Verfahren hat keine Hinweise darauf erbracht, dass § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG eine andere Zielrichtung haben könnte. Der Personalrat ist zum genannten Zeitpunkt zu beteiligen, damit er den Ersatzanspruch in angemessener Weise rechtlich überprüfen, anspruchserhebliche Umstände vorbringen und auf die Gleichbehandlung der Beschäftigten hinwirken kann. Zudem dient eine frühzeitige Mitbestimmung dem Wohl der Beschäftigten und der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben (§ 2 Abs. 1 HmbPersVG), weil sie eine unnötige Beunruhigung der Betroffenen vermeiden und einer Verhärtung der Auseinandersetzung vorbeugen kann.
[15] Die Einwendungen des Beteiligten überzeugen nicht. Er trägt zunächst vor, den genannten Zwecken des Mitbestimmungstatbestandes werde durch eine Beteiligung zu dem Zeitpunkt genügt, zu dem sich der Beschäftigte unmittelbar zur Zahlung aufgefordert fühlen dürfe; der Mitbestimmungstatbestand drohe erst dann leer zu laufen, wenn der Beschäftigte einer Zahlungsaufforderung nachkomme. Dieser Erwägung vermag der beschließende Senat bereits im Ansatz nicht zu folgen. Mitbestimmungstatbestände sind nicht so auszulegen, dass ihr Zweck gerade noch gewahrt wird. Das Hamburgische Personalvertretungsgesetz folgt vielmehr dem Grundsatz einer vertrauensvollen Zusammenarbeit der Personalvertretung und der Dienststelle zum Wohl der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben (§ 2 Abs. 1 HmbPersVG). Zu diesem Zweck ist der Personalrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 78 Abs. 2 HmbPersVG). § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG konkretisiert, wie dargelegt, diese Grundsätze für einen bestimmten Bereich. Es stünde mit ihnen nicht im Einklang, den Mitbestimmungstatbestand dahin auszulegen, dass dem Personalrat eine effektive Einflussnahme genommen und die Mitbestimmung auf eine im praktischen Ergebnis lediglich formale Beteiligung reduziert würde.
[16] Die weitere Erwägung des Beteiligten, die Mitbestimmung sei vor einer Zahlungsaufforderung verfrüht und könne deshalb etwa bei der Erlangung weiterer Informationen durch den Dienstherrn leer laufen, überzeugt ebenfalls nicht. Zum einen grenzt das Gesetz den Mitbestimmungstatbestand über den Begriff der "beabsichtigten Maßnahme" gegenüber Vorbereitungshandlungen ab (§ 79 Abs. 2 Satz 1 HmbPersVG). Solange der Dienstherr noch mit der Sachaufklärung und sonstigen Ermittlungen befasst ist, liegen lediglich vorbereitende Maßnahmen vor. Mitbestimmungspflichtig wird der Vorgang mit der Absicht, an den Bediensteten heranzutreten, um den dem Grunde nach und jedenfalls größenordnungsmäßig fixierten Anspruch "geltend zu machen". Im Fall einer verfrühten Beteiligung wird das Mitbestimmungsrecht nicht "verbraucht". Zum andern kommt, was hier allerdings keiner Entscheidung bedarf, in Betracht, dass der Personalrat bei wesentlichen Änderungen der Sach- oder Erkenntnislage in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch erneut zu beteiligen ist.
[17] c) Soweit sich die Verfahrensbeteiligten näher dazu geäußert haben, wie sich der Mitbestimmungstatbestand des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG zum Anspruchsausschluss gemäß § 70 BAT verhält, besteht kein Anlass, darauf einzugehen. Die Ansicht des Antragstellers, der Gesetzgeber habe bei der Formulierung des Mitbestimmungstatbestandes die tarifvertragliche Ausschlussregelung vor Augen gehabt, lässt sich nicht belegen (vgl. BüDrucks VII/2366 S. 9). Ein solcher Beleg ist zur zweckentsprechenden Auslegung der Vorschrift, die auch für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis gilt, weder ausreichend noch erforderlich. Die Verfahrensbeteiligten haben nicht aufgezeigt, dass die dargelegte Auslegung des Personalvertretungsrechts zu Problemen bei der Anwendung des § 70 BAT führt, die Anlass geben könnte, sie zu überdenken. Im Gegenteil wird durch ein grundsätzlich übereinstimmendes Verständnis des Begriffs des Geltendmachens in beiden Rechtsgebieten eine Rechtsvereinfachung bewirkt.
[18] d) Der Rechtsvorgänger des Beteiligten hat mit den Schreiben vom 26. November 1998 gegenüber den betroffenen Angestellten im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG Ersatzansprüche geltend gemacht. In diesen Schreiben sind der maßgebliche Sachverhalt und die seinerzeit bekannte Anspruchshöhe genau bezeichnet. Der Umstand, dass der Anspruch vorsorglich zur Fristwahrung nach § 70 BAT geltend gemacht wurde, ist ebenso unmaßgeblich wie der Hinweis auf die Vorläufigkeit des Ermittlungsergebnisses und die Einräumung der Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Das Fehlen einer Zahlungsaufforderung ist nach dem Gesagten unschädlich. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG ist dadurch verletzt worden, dass die Schreiben vom 26. November 1998 ohne seine Zustimmung ergangen sind.
[19] 2. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Hamburgische Personalvertretungsgesetz für den Fall, dass der Personalrat die gemäß § 79 Abs. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG erforderliche Zustimmung nicht erteilt, keine ausdrückliche Regelung enthält, die den Anforderungen des demokratischen Prinzips im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – (BVerfGE 93, 37) entspricht. Vielmehr ergibt eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes, dass der Beschluss der Einigungsstelle wie in § 81 Abs. 6 HmbPersVG als Empfehlung gilt.
[20] Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen (vgl. § 76 Abs. 2 Nr. 9 BPersVG) zählt nach der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Einteilung der Mitbestimmungstatbestände zu den innerdienstlichen Maßnahmen, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berühren (Gruppe c). Bei diesen Maßnahmen ist der Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung nicht einschränkbar, sodass die Entscheidung der Einigungsstelle nur den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde haben darf (vgl. BVerfGE 93, 37, 72 f.; dazu sowie insbesondere zur "Gruppenzugehörigkeit" zuletzt Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2001 – BVerwG 6 P 12.00ZfPR 2002, 67). Der Beschluss der Einigungsstelle ersetzt aber gemäß § 81 Abs. 5 HmbPersVG grundsätzlich die Einigung, hat also verbindlichen Charakter. Anderes gilt kraft der ausdrücklichen Regelung des § 81 Abs. 6 Satz 1 HmbPersVG nur in den personellen Angelegenheiten der Beamten und für die in § 89 Abs. 1 Satz 2 HmbPersVG aufgezählten organisatorischen Maßnahmen. In diesen Fällen hat der Beschluss der Einigungsstelle empfehlenden Charakter, wobei offen bleiben kann, welche Bedeutung dem Verfahren nach § 81 Abs. 6 Satz 2 HmbPersVG und der endgültigen Entscheidung der dort genannten obersten Organe zukommt. Der Gesetzestext entspricht für den in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestand mithin nicht den Anforderungen an die demokratische Legitimation der letztentscheidenden Stelle.
[21] Das Hamburgische Personalvertretungsgesetz kann aber – anders als die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. Mai 1995 für verfassungswidrig erklärten Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein (vgl. BVerfGE 93, 37, 79 f.) – nach seiner Entstehungsgeschichte und Systematik verfassungskonform ausgelegt und angewendet werden. § 81 Abs. 6 HmbPersVG ist entsprechend anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung den Anforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 1959 – 2 BvF 2/58 – (BVerfGE 9, 268) und dem Entwurf des späteren § 104 Satz 3 BPersVG entsprechen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich das Bestreben entnehmen, den empfehlenden Charakter des Beschlusses der Einigungsstelle und damit das Letztentscheidungsrecht der Dienststellen auf die verfassungsrechtlich gebotenen Fälle zu beschränken (vgl. BüDrucks VII/2366 S. 4, 7 ff.; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 1. Juni 2001 – 1 Bs 114/01 – SPE 500 Nr. 55 S. 61). § 81 Abs. 6 Satz 1 HmbPersVG ist demgemäß auf diejenigen Entscheidungen und Maßnahmen erstreckt worden, die nach damaliger verfassungsrechtlicher Beurteilung der Regierungsverantwortung nicht entzogen werden durften. Durch den erwähnten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 (a. a. O.) sind die verfassungsrechtlichen Maßstäbe weiter entwickelt worden. Dies hat zur Folge, dass das Gesetz für Tatbestände wie den in Rede stehenden, die nach dem Gesetzestext der vollen Mitbestimmung unterliegen, verfassungsrechtlich aber nur einer eingeschränkten Mitbestimmung zugänglich sind, keine Vorkehrungen zur Sicherung des Letztentscheidungsrechts der Dienststellen trifft. Das ursprünglich vollständige Gesetzeswerk weist auf Grund der rechtlichen Entwicklung nunmehr eine planwidrige Lücke auf (zu einer derartigen Möglichkeit vgl. BVerfGE 82, 6, 12). Diese Lücke ist dadurch zu schließen, dass § 81 Abs. 6 HmbPersVG über seinen Wortlaut hinaus angewendet wird. Der Gesetzgeber hat das Letztentscheidungsrecht der Dienststellen durch diese Bestimmung ausgestaltet. Nach dem Gesagten gebietet der Wille des Gesetzgebers, sie anzuwenden, wenn das Verfassungsrecht ein derartiges Letztentscheidungsrecht fordert. Insbesondere besteht kein Grund für die Annahme, dass der Gesetzgeber eher die Unwirksamkeit von Mitbestimmungstatbeständen, hier des § 86 Abs. 1 Nr. 18 HmbPersVG, hinnehmen und damit den Personalvertretungen wichtige Beteiligungsmöglichkeiten nehmen würde, als den Katalog mitbestimmungspflichtiger Maßnahmen unverändert und lediglich mit der Maßgabe beizubehalten, dass der Beschluss der Einigungsstelle als Empfehlung gilt.