"Motorisierter Krankenfahrstuhl" für jedermann fahrerlaubnisfrei

BVerwG, Mitteilung vom 31. 1. 2002 – 3/02 (lexetius.com/2002,438)

[1] Das fahrerlaubnisfreie Führen eines einsitzigen Kraftfahrzeuges mit einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h, das in der Fahrerlaubnisverordnung als "motorisierter Krankenfahrstuhl" bezeichnet wird, ist auf öffentlichen Straßen nicht auf körperlich gebrechliche oder behinderte Personen beschränkt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute entschieden.
[2] In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall begehrte der Kläger die Feststellung, dass er zum Führen seines einsitzigen Kraftfahrzeugs des Modells "Agora 160" auf öffentlichen Straßen auch ohne Vorliegen körperlicher Gebrechen oder Behinderungen keiner Fahrerlaubnis bedürfe. Seine Klage blieb vor dem Verwaltungs- und dem Berufungsgericht erfolglos. Auf seine Revision hob das Bundesverwaltungsgericht die vorinstanzlichen Entscheidungen auf und gab der Klage statt: Die Fahrerlaubnisverordnung mache das fahrerlaubnisfreie Führen eines sog. motorisierten Krankenfahrstuhls nicht vom Vorliegen einer körperlichen Gebrechlichkeit oder Behinderung abhängig. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift und werde bestätigt dadurch, dass der Verordnungsgeber an anderer Stelle ausdrücklich auf die Benutzung durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen abstelle. Zwar unterfielen der Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Fahrerlaubnispflicht nur solche Kraftfahrzeuge, die nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmt seien. Doch werde nach dem Willen des Verordnungsgebers dieser Bestimmung genügt, wenn ein zur Beförderung dieser Personen geeignetes Kraftfahrzeug auf Dauer den Anforderungen entspreche, die er durch die Einsitzigkeit sowie die Gewichts- und Geschwindigkeitsbegrenzung normiert habe. Das Kraftfahrzeug des Klägers erfülle unstreitig diese Anforderungen.
BVerwG, Urteil vom 31. 1. 2002 – 3 C 39.01