Bundesgerichtshof
BGB §§ 1601, 1603 Abs. 1
a) Einem Unterhaltspflichtigen ist bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich zuzubilligen, etwa 5 % seines Bruttoeinkommens für eine – über die primäre Altersversicherung hinaus betriebene – zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen.
b) Zur Berücksichtigung der durch die gemeinsame Haushaltsführung von Ehegatten erfahrungsgemäß eintretenden Ersparnis.

BGH, Urteil vom 14. 1. 2004 – XII ZR 149/01; OLG Hamm (lexetius.com/2004,731)

[1] Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt:
[2] Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. April 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund vom 24. Oktober 2000 zurückgewiesen worden ist.
[3] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
[4] Tatbestand: Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch.
[5] Die 1911 geborene Mutter des Beklagten, die am 1. März 2001 verstorben ist, lebte seit dem 3. April 1996 in einem Seniorenheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihren Einkünften und den Leistungen der Pflegeversicherung nicht vollständig aufbringen konnte, gewährte ihr die Klägerin Sozialhilfe. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 17. April 1996 teilte sie dies dem Beklagten mit.
[6] Der verheiratete Beklagte erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit. Seine Ehefrau ist halbschichtig berufstätig. Die Eheleute hatten im Februar 1995 eine Eigentumswohnung erworben, die sie vermietet haben. Aus den Mieteinnahmen können die Aufwendungen zur Finanzierung der Wohnung sowie die sonstigen anfallenden Kosten nicht in vollem Umfang bestritten werden.
[7] Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Unterhaltsansprüche der Mutter für die Zeit von April 1999 bis Juni 2000 geltend. In dieser Zeit hat sie für die Mutter Sozialhilfeleistungen erbracht, die zwischen monatlich 572,42 DM und 903,86 DM liegen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei bis zu einem Betrag von monatlich 750 DM unterhaltspflichtig, so daß sich ein Gesamtbetrag von 10.711,04 DM errechne. Hierauf habe der Beklagte monatlich 361,02 DM gezahlt, weshalb noch 5.295,74 DM geschuldet würden.
[8] Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen, insbesondere des seiner Ehefrau geschuldeten Unterhalts, nicht zu weitergehenden Unterhaltsleistungen für seine Mutter verpflichtet zu sein.
[9] Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, an diese 840 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren, soweit diesem nicht bereits stattgegeben worden ist, weiter.
[10] Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
[11] 1. Rechtlich zutreffend ist das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2002, 123 ff. veröffentlicht ist, allerdings davon ausgegangen, daß der Beklagte seiner inzwischen verstorbenen Mutter nach den §§ 1601, 1602 BGB dem Grunde nach unterhaltspflichtig ist. Hierüber sowie über die Höhe des dem Klagebegehren zugrundegelegten Unterhaltsbedarfs besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
[12] 2. Das Berufungsgericht hat den Beklagten aber nur in eingeschränktem Umfang für leistungsfähig gehalten. Hierzu hat es ausgeführt: Auf seiten des Beklagten sei für das Jahr 1999 ein – um die gesetzlichen Abzüge einschließlich Kranken- und Pflegeversicherung, der vermögenswirksamen Leistungen sowie der Steuerberater- und Fahrtkosten bereinigtes – monatliches Nettoeinkommen von 4.686,24 DM zugrunde zu legen. Als weitere abzugsfähige Aufwendung sei die hinsichtlich der im Februar 1995 erworbenen Eigentumswohnung bestehende Unterdeckung anzusehen, auch wenn der Beklagte und seine Ehefrau diese Wohnung nicht selbst bewohnten. Denn der Erwerb stelle eine vertretbare wirtschaftliche Vorsorgemaßnahme dar, die getroffen worden sei, bevor die Mutter in das Seniorenheim eingezogen sei. Daß der Beklagte schon bei dem Erwerb der Eigentumswohnung damit habe rechnen müssen, die Mutter werde künftig der Heimpflege bedürfen, sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem Beklagten und seiner Ehefrau habe auch nicht zugemutet werden können, die Wohnung zu veräußern, da dies eine nicht hinzunehmende Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit bedeuten würde. Die geltend gemachte Unterdeckung von monatlich 514,81 DM, die rechnerisch zutreffend dargestellt und von der Klägerin nicht bestritten worden sei, sei deshalb jeweils zur Hälfte von dem Einkommen des Beklagten und demjenigen seiner Ehefrau in Abzug zu bringen. Das Einkommen des Beklagten belaufe sich danach auf monatlich 4.428,84 DM. Für seine Ehefrau sei im Jahre 1999 von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 1.198,93 DM auszugehen. Davon seien die anteiligen Aufwendungen für die Eigentumswohnung sowie (in diesem Jahr angefallene) Zahnarztkosten von monatlich 121,81 DM abzuziehen, so daß ein Betrag von monatlich 819,72 DM verbleibe. Im Jahr 2000 habe sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten auf monatlich 4.470,20 DM belaufen und dasjenige seiner Ehefrau auf 991,94 DM. Von seinem Einkommen habe der Beklagte vorrangig für den Unterhalt seiner nicht über ausreichende eigene Einkünfte verfügenden Ehefrau aufzukommen. Insoweit stelle sich die Frage, ob letzterer mit einem Mindestbetrag oder nach den konkreten Einkommensverhältnissen zu bemessen sei. Eine Lösung dieser Frage, die allen dogmatischen Bedenken gerecht werde, biete sich nicht an. Die in den Leitlinien der Oberlandesgerichte vorgeschlagene Handhabung mit Selbstbehaltsbedarfsgrenzen lasse sich jedenfalls dann am besten vertreten, wenn diese Grenzen in der Weise flexibel ausgestaltet würden, daß nur 50 % des den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen übersteigenden Betrages als Elternunterhalt geschuldet würden. Die dann über dem Selbstbehalt liegenden freien Mittel kämen beiden Ehegatten zugute und milderten so die Beeinträchtigung des unterhaltsrechtlichen Vorrangs des Ehegatten. Ob diesem entsprechend den Leitlinien nur ein Bedarf von mindestens 1.750 DM oder auch, wie dem Unterhaltspflichtigen selbst, ein solcher von 2.250 DM zuzubilligen sei, brauche im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. In den Fällen, in denen der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen eigene Einkünfte erziele, sei dessen Bedarf jedenfalls mit 2.250 DM zu bemessen. Andernfalls komme die Berufstätigkeit des Ehegatten dem – diesem gegenüber nicht unterhaltsberechtigten – Schwiegerelternteil zugute, weil sie den eigenen offenen Bedarf ermäßige und dadurch die für den Elternunterhalt einsetzbaren Mittel des Unterhaltspflichtigen erhöht würden. Ein solches Ergebnis sei nicht zu billigen. Deshalb sei sowohl dem Beklagten als auch seiner Ehefrau ein Bedarf von jeweils 2.250 DM zuzugestehen. Die Mittel, die dem Beklagten nach Bestreitung des – unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte – offenen Bedarfs der Ehefrau verblieben, könnten nur zur Hälfte für den Unterhalt der Mutter herangezogen werden. Auf dieser Grundlage errechne sich für April bis Dezember 1999 ein Unterhaltsanspruch der Mutter von monatlich 374,28 DM [4.428,84 DM – (2.250 DM – 819,72 DM) 1.430,28 DM = 2.998,56 DM – 2.250 DM = 748,56 DM: 2] und für Januar bis Juni 2000 ein solcher von monatlich 481,07 DM [4.470,20 DM – (2.250 DM – 991,94 DM) 1.258,06 DM = 3.212,14 DM – 2.250 DM = 962,14 DM: 2). Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen von monatlich 361,02 DM verbleibe ein geschuldeter Betrag von insgesamt rund 840 DM.
[13] Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
[14] 3. Die Ermittlung des der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legenden Einkommens des Beklagten begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken. Das gilt auch, soweit die nicht durch die Mieteinnahmen gedeckten Kosten der Eigentumswohnung anteilig als abzugsfähig anerkannt worden sind. Der Beklagte hat insoweit geltend gemacht, die Wohnung in erster Linie zum Zweck der Altersversorgung erworben zu haben. Zwar erfolgt die primäre Altersversorgung des Beklagten als nichtselbständig Erwerbstätigem durch die gesetzliche Rentenversicherung. Nachdem sich jedoch zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß die primäre Vorsorge in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversorgung ausreichen wird, sondern zusätzlich private Vorsorge zu treffen ist (vgl. Art. 6 des Altersvermögensgesetzes vom 26. Juni 2001, BGBl I 1310, 1335), darf einem Unterhaltspflichtigen diese Möglichkeit nicht mit dem Hinweis auf eine Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen genommen werden. Denn die eigene angemessene Altersvorsorge geht der Sorge für die Unterhaltsberechtigten grundsätzlich vor. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen – wie bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt – vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts gewährleistet wird (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2003 – XII ZR 123/00FamRZ 2003, 1179, 1182). Ihm ist deshalb die Möglichkeit zu eröffnen, geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, daß er nicht seinerseits im Alter seine Kinder auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen braucht. Vor diesem Hintergrund müssen auch der zusätzlichen Altersversorgung dienende Aufwendungen in einem angemessenen Umfang grundsätzlich als abzugsfähig anerkannt werden.
[15] Was die Höhe des entsprechenden Aufwands anbelangt, so läßt sich im voraus kaum abschätzen, welche Leistungen für eine im Alter angemessene Versorgung erforderlich sind. Deshalb muß auf die derzeitigen Verhältnisse abgestellt werden. Insofern liegt es mit Rücksicht auf den Umstand, daß die in den Unterhaltstabellen ausgewiesenen Mindestselbstbehaltssätze, die der Unterhaltsverpflichtete bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt verteidigen kann, die bei anderen Unterhaltsrechtsverhältnissen heranzuziehenden Sätze um 25 % übersteigen, nahe, auch einen um etwa 25 % über der gesetzlichen Altersversorgung liegenden Betrag als zusätzlich absetzbar anzuerkennen (vgl. auch Büttner Festschrift für Dieter Henrich S. 54 f.). Auf diese Weise kann in dem rechtlich schwächer ausgestalteten Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen erwachsenen Kindern und ihren unterhaltsbedürftigen Eltern (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 – XII ZR 266/99FamRZ 2002, 1698, 1701) der notwendige Handlungsspielraum gewahrt werden, der es dem Unterhaltspflichtigen erlaubt, sich selbst im Alter angemessen abzusichern. Da die gesetzliche Altersversorgung in Höhe von rund 20 % des Bruttoeinkommens erfolgt, kann es in der Regel nicht als unangemessen bewertet werden, wenn etwa in Höhe weiterer 5 % (nämlich 25 % von 20 %) zusätzliche Altersversorgung betrieben wird. Diese Höhe erreichen die vom Berufungsgericht als abzugsfähig anerkannten 257,40 DM nicht. Daß eine zusätzliche Altersversorgung des Beklagten nicht erforderlich sei, weil er bereits anderweit – etwa durch sonstiges Immobilieneigentum oder Lebensversicherungen – Vorsorge getroffen habe, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Revision hat insofern auch nicht gerügt, daß entsprechender Sachvortrag übergangen worden sei.
[16] 4. Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen des Beklagten gehört, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, auch die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, da diese nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt.
[17] a) Insofern ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht hinsichtlich des entsprechenden Anspruchs von einem Geldbetrag ausgegangen ist. Auch wenn der Beklagte seiner Ehefrau gemäß §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt schuldet, der nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer – frei verfügbaren – laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet, bestimmt sich sein Maß nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den – hier maßgeblichen – Anspruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 – XII ZR 67/00FamRZ 2003, 860, 864 m. w. N.).
[18] b) Welcher Betrag bei dem auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt seines Ehegatten anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Der Senat hat inzwischen entschieden, daß der Unterhaltsanspruch der mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehefrau nicht auf einen Mindestbedarf beschränkt, sondern nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die den ehelichen Lebensstandard bestimmen, zu bemessen ist. Für die Ehefrau ist deshalb nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbedarf anzusetzen (Senatsurteile vom 19. Februar 2003 aaO S. 865 und vom 25. Juni 2003 – XII ZR 63/00FamRZ 2004, 186, 187 f.).
[19] Dem entspricht die Beurteilung in dem angefochtenen Urteil nicht. Das Berufungsgericht hat für die Ehefrau des Beklagten zwar nicht den in den Unterhaltstabellen für den Ehegatten des Unterhaltspflichtigen vorgesehenen Mindestbedarf von (seinerzeit) 1.750 DM zugrunde gelegt, sondern denjenigen, der für den Unterhaltspflichtigen selbst galt. Das ändert aber nichts daran, daß ein Mindestbetrag berücksichtigt und nicht der nach den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen geschuldete Unterhalt ermittelt worden ist. Abgesehen davon wäre auch eine Heranziehung des für den Unterhaltspflichtigen selbst geltenden Mindestbedarfs von 2.250 DM nicht gerechtfertigt. Die Anwendung der unterschiedlichen Mindestbedarfssätze für den Unterhaltspflichtigen und dessen Ehegatten hängt nämlich nicht von dem vom Berufungsgericht zur Begründung herangezogenen Umstand ab, daß auch der Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nachgeht und den Unterhaltspflichtigen dadurch – teilweise – entlastet. Diese Folge tritt regelmäßig aufgrund einer Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten ein. Die unterschiedlichen Mindestbedarfssätze finden ihre innere Rechtfertigung vielmehr in der durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten erfahrungsgemäß eintretenden Ersparnis, die unberücksichtigt bleibt, wenn auch für den Ehegatten des Unterhaltspflichtigen der höhere Mindestbedarf von 2.250 DM angesetzt wird.
[20] c) Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Unterhaltsbedarf der Ehefrau ist nach den konkret vorliegenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten festzustellen und sodann die Leistungsfähigkeit des Beklagten erneut zu bestimmen. Hierbei wird die durch die gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis zu berücksichtigen sein, die mit wachsendem Lebensstandard regelmäßig steigt. Da nämlich der Gesamtbedarf der Ehefrau angesichts des beiderseitigen Einkommens von rund 5.248 DM (1999) bzw. von rund 5.462 DM (2000) – selbst nach Vorwegabzug des verlangten Unterhalts für die Mutter – über dem Mindestbedarf von 1.750 DM liegen wird, ist die Haushaltsersparnis nicht bereits insgesamt über diesen Mindestbedarf erfaßt, sondern ist – soweit der Unterhalt für die Ehefrau den Betrag von monatlich 1.750 DM übersteigt – zusätzlich zu berücksichtigen. Den entsprechenden Betrag unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu schätzen, ist – gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag – Aufgabe des Tatrichters (vgl. Senatsurteil vom 7. November 1990 – XII ZR 123/89FamRZ 1991, 182, 185).
[21] 5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
[22] a) Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau des Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen stellt sich die Frage, ob diese bereits durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Das kann dadurch zum Ausdruck gekommen sein, daß bereits tatsächlich Unterhalt für diese geleistet worden ist. Darüber hinaus kann aber auch schon die latente Unterhaltslast für ein Elternteil die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmen. Insofern ist jedenfalls davon auszugehen, daß die ehelichen Lebensverhältnisse um so eher von einer Unterhaltsverpflichtung mitbestimmt werden, je höher die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen ist, für den Unterhalt von Eltern aufkommen zu müssen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse, die von den sich wandelnden wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Ehegatten abhängen, können durch derartige Umstände ebenfalls beeinflußt werden. Mit Rücksicht darauf kann es auch nicht allein auf die Verhältnisse bei der Eheschließung des Unterhaltspflichtigen ankommen, sondern auch auf deren spätere Entwicklung (Senatsurteile vom 19. Februar 2003 aaO S. 865 und vom 25. Juni 2003 aaO S. 188).
[23] Feststellungen zu einer Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die Unterhaltspflicht für die Mutter des Beklagten hat das Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht getroffen. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände, insbesondere der Tatsache, daß der Beklagte sich bereits seit dem Aufenthalt der Mutter in einem Seniorenheim von April 1996 an darauf einstellen mußte, für deren Unterhalt teilweise aufkommen zu müssen und bis März 1999 bereits monatlich 183 DM für sie gezahlt hat, spricht vieles dafür, von einer Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch den Elternunterhalt auszugehen.
[24] b) Familienunterhalt steht der Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte der beiderseitigen Einkommen der Ehegatten zu (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 – XII ZR 216/00FamRZ 2002, 742), soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben und nicht zur Vermögensbildung verwandt worden sind. Falls die Unterhaltspflicht für die Mutter des Beklagten die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt haben sollte, wird der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach Vorwegabzug der für den Elternunterhalt einzusetzenden Mittel zu bemessen sein. Letztere ergeben sich, wenn der geltend gemachte Betrag nicht ohnehin geringer ist, als Höchstbetrag aus der Differenz zwischen dem tatrichterlich festzustellenden angemessenen Selbstbehalt und dem Einkommen des Beklagten. Der – nach entsprechendem Vorwegabzug – errechnete Ehegattenunterhalt ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO S. 865).
[25] c) Hinsichtlich der Bemessung des angemessenen Selbstbehalts des Beklagten wird auf die Senatsurteile vom 23. Oktober 2002 (aaO S. 1700 ff.) und vom 19. März 2003 (aaO S. 1182) hingewiesen.