Bundesgerichtshof
ZPO § 554
Zur Statthaftigkeit einer Anschlußrevision bei einseitiger Revisionszulassung durch das Berufungsgericht.

BGH, Beschluss vom 23. 2. 2005 – II ZR 147/03; OLG Schleswig (lexetius.com/2005,316)

[1] Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h. c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein beschlossen:
[2] Auf die Gegenvorstellung des Beklagten wird der Senatsbeschluß vom 8. Dezember 2004 – II ZR 147/03 – dahin abgeändert, daß dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens (Revision und Anschlußrevision) auferlegt werden und der Streitwert auf 269.447,90 € festgesetzt wird.
[3] Gründe: I. Der Beklagte wurde durch Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 10. April 2003 verurteilt, an den klagenden Insolvenzverwalter 218.176,51 € zu zahlen. Dem Beklagten wurde vorbehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages seine Gegenansprüche gegen den Insolvenzverwalter bis zur Höhe von 51.271,39 € zu verfolgen. Das Berufungsgericht hat die Revision des Klägers zugelassen.
[4] Mit seiner Revision hat der Kläger das Begehren verfolgt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit dem Beklagten die Geltendmachung von Gegenansprüchen bis zur Höhe von 51.271,39 € vorbehalten wurde. Der Beklagte hat im Wege der Anschlußrevision beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit er zur Zahlung von 218.176,51 € verurteilt wurde. Der Kläger hat seine Revision zurückgenommen.
[5] Durch Beschluß vom 8. Dezember 2004 hat der Senat dem Kläger die Kosten der Revision auferlegt und den Streitwert auf 51.271,39 € festgesetzt.
[6] Mit seiner Gegenvorstellung beantragt der Beklagte, dem Kläger die Kosten der Revisionsinstanz (Revision und Anschlußrevision) aufzuerlegen und den Streitwert unter Berücksichtigung der Anschlußrevision auf 269.447,90 € (51.271,39 € + 218.176,51 €) festzusetzen.
[7] II. Die Gegenvorstellung des Beklagten hat Erfolg.
[8] 1. Der Kläger hat gemäß §§ 516 Abs. 3 Satz 1, 565, 554 ZPO die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens zu tragen.
[9] Bei Zurücknahme einer statthaften und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegten Revision sind dem Revisionskläger mit den Kosten der Revision auch die Kosten einer zulässigen Anschlußrevision aufzuerlegen (BGHZ 17, 398 f.; 4, 229 ff., 235). Die Anschlußrevision des Beklagten war trotz der nur zugunsten des Klägers ergangenen Zulassungsentscheidung statthaft. Wie § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich regelt, kann eine Anschlußrevision im Unterschied zu § 556 Abs. 1 ZPO a. F. (vgl. dazu BGHZ 111, 158, 166) auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Revision nicht zugunsten des Revisionsbeklagten zugelassen wurde. Falls ohnehin ein Revisionsverfahren durchzuführen ist, soll der friedfertigen Partei ebenfalls die Möglichkeit eröffnet werden, zu ihren Gunsten eine Abänderung des Berufungsurteils zu erreichen (BT-Drucks. 14/4722 S. 108; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 554 Rdn. 4; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 554 Rdn. 3 a). Wegen des hier gegebenen einheitlichen Lebenssachverhalts kann offen bleiben, ob Revision und Anschlußrevision in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen müssen (in diesem Sinne: Münchner Kommentar/Wenzel, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband § 554 Rdn. 6; a. A. Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 554 Rdn. 4).
[10] 2. Der Streitwert von Revision und Anschlußrevision ist auf 269.447,90 € (51.271,39 € + 218.176,51 €) festzusetzen. Da Revision und Anschlußrevision unterschiedliche Streitgegenstände betreffen, ist ihr Wert zusammenzurechnen (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschl. v. 5. Oktober 1978 – GSZ 1/78, NJW 1979, 878; BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984 – X ZR 82/83, MDR 1985, 52).