Bundesverwaltungsgericht
Befehl; Grenzen der Befehlsbefugnis; Fürsorgepflicht; Kameradschaftspflicht; Unwürdige Behandlung; Missbrauch der Befehlsbefugnis; fehlende Schuldfähigkeit; Alkoholabusus; Vollrausch; Rauschtat; actio libera in causa.
SG § 10 Abs. 3 und 4; § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1; WDO § 17 Abs. 2, § 38; StGB §§ 20, 21; WStG § 2 Nr. 2, § 32; StPO § 251 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 261
1. Ob die durch einen militärischen Vorgesetzten einem Untergebenen erteilte Anweisung rechtlich als Befehl zu qualifizieren ist, bestimmt sich nach ihrem (objektiven) Erklärungsgehalt, der nach dem Empfängerhorizont eines objektiven Betrachters zu ermitteln ist.
2. Ein militärischer Vorgesetzter verletzt auch dann schuldhaft seine dienstlichen Pflichten und begeht ein Dienstvergehen, wenn ihm zum Tatzeitpunkt infolge des vorherigen Genusses erheblicher Mengen alkoholischer Getränke die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB fehlt, er sich jedoch vorsätzlich oder fahrlässig in diesen Rauschzustand versetzt hat, in dessen Verlauf er die objektiv pflichtwidrige Handlung ("Rauschtat") begeht.
3. Zur Maßnahmebemessung bei mehrfachen Befehlen zum "Instellunggehen" zu nicht dienstlichen Zwecken.

BVerwG, Urteil vom 3. 7. 2007 – 2 WD 12.06; TDG Süd (lexetius.com/2007,2886)

[1] Ein Zeitsoldat der Bundeswehr mit dem Dienstgrad eines Oberfeldwebels hatte in den beiden angeschuldigten Fällen jeweils ohne einen damit verbundenen dienstlichen Zweck – nach seinen Angaben "aus Spaß" – Untergebene angewiesen, unverzüglich vor ihm auf dem Boden "in Stellung zu gehen". Im ersten Fall erfolgte die Anweisung in einem dienstlichen Duschraum gegenüber einem nach dem außerdienstlichen Duschen noch unbekleideten Soldaten, im zweiten Fall gegenüber einem eine im Unterkunftsgebäude befindliche Kellerbar nach einer durchzechten Nacht aufräumenden Soldaten.
[2] Das Truppendienstgericht hatte das Verfahren gegen den angeschuldigten Soldaten mit der Begründung eingestellt, die an sich gebotene Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme sei nach Ablauf der dafür geltenden Verfolgungsverjährungsfrist (§ 17 Abs. 2 WDO) nicht mehr zulässig.
[3] Auf die in vollem Umfang eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft hat das Bundesverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer eines Jahres verhängt.
Aus den Gründen: …
[4] 64 Disziplinarrechtliche Würdigung
Anschuldigungspunkt 1:
[5] Mit seiner dem Zeugen O. im Duschraum mit Gehorsamsanspruch erteilten Anweisung, in "Stellung" zu gehen, d. h. sich sofort auf den Boden zu werfen, hat der Soldat seine Dienstpflicht nach § 10 Abs. 4 SG verletzt.
[6] 65 Es handelte sich bei dieser Anweisung um einen Befehl. Das Soldatengesetz definiert den Begriff "Befehl" nicht, sondern setzt ihn mit dem Inhalt, wie er in § 2 Nr. 2 WStG normiert ist, voraus (stRspr, vgl. Beschluss vom 8. November 1990 – BVerwG 1 WB 86.89BVerwGE 86, 349 = NZWehrr 1991, 69 und Urteil vom 21. Juni 2005 – BVerwG 2 WD 12.04 – Buchholz 236. 1 § 11 SG Nr. 1 = EuGRZ 2005, 636 [646] = NJW 2006, 77 [80]). Danach ist als Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten anzusehen, die ein militärischer Vorgesetzter (§ 1 Abs. 5 SG) einem (militärischen) Untergebenen schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt. Dabei ist nicht erforderlich, dass vom Anweisenden der Ausdruck "Befehl" verwendet wird (Beschluss vom 12. Oktober 1983 – BVerwG 1 WB 128.82BVerwGE 76, 122 = NZWehrr 1984, 118). Maßgeblich ist – wie auch bei anderen Erklärungen im Rechtsverkehr – der Erklärungsgehalt nach dem Empfängerhorizont eines objektiven Betrachters (sog. objektivierter Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB).
[7] 66 Wie vom Senat festgestellt, handelte es sich in der konkreten Situation, in der der Soldat den Zeugen O. aufforderte, in "Stellung" zu gehen, in der Bewertung nach dem objektivierten Empfängerhorizont um einen Befehl, nicht aber, wie der Soldat geltend macht, um einen für den Adressaten erkennbaren Spaß, Scherz oder "Flachs". … (wird ausgeführt)
[8] 67 Diese somit als Befehl zu qualifizierende Anweisung wurde von dem Soldaten entgegen § 10 Abs. 4 SG nicht "nur zu dienstlichen Zwecken" erteilt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der militärische Dienst den Befehl erfordert hätte, um die durch die Verfassung normierten Aufgaben der Bundeswehr zu erfüllen (stRspr, vgl. u. a. Urteile vom 21. Juni 2005 a. a. O. m. w. N., vom 13. September 2005 – BVerwG 2 WD 31.04 – NZWehrr 2006, 247 und vom 26. September 2006 – BVerwG 2 WD 2.06BVerwGE 127, 1 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79; Scherer/Alff, SG, 7. Aufl. 2003, § 10 Rn. 47 und § 11 Rn. 15 jeweils m. w. N.). Allein dieser Zwecksetzung hat der vom Soldaten dem Zeugen O. erteilte Befehl nicht gedient. Auch der Soldat macht dies letztlich nicht geltend.
[9] 68 Die Erteilung des in Rede stehenden und von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Befehls verstieß ferner gegen die Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG) des Soldaten. Diese beinhaltet die Pflicht jedes militärischen Vorgesetzten, den Untergebenen nach Recht und Gesetz zu behandeln (Urteile vom 16. März 2004 – BVerwG 2 WD 3.04BVerwGE 120, 193 = Buchholz 235. 01 § 93 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 213 und vom 21. Dezember 2006 – BVerwG 2 WD 19.05 -). Die Untergebenen müssen das – berechtigte – Gefühl haben, dass sie von diesem nicht nur als Befehlsempfänger betrachtet werden, sondern dass er von den ihm eingeräumten Befehls und sonstigen Befugnissen nur unter angemessener Berücksichtigung ihrer persönlichen Belange Gebrauch macht, sich bei allen Handlungen und Maßnahmen von Wohlwollen gegenüber dem jeweiligen Soldaten leiten lässt und dass er stets bemüht ist, ihn vor Schäden und unzumutbaren Nachteilen zu bewahren (stRspr, vgl. u. a. Urteil vom 13. Februar 2003 – BVerwG 2 WD 33.02 – Buchholz 235. 01 § 38 WDO 2002 Nr. 1 = NVwZ RR 2003, 574 sowie die Einzelnachweise bei Scherer/Alff, a. a. O., § 10 Rn. 23). Insbesondere muss der Vorgesetzte die körperliche Integrität sowie die Ehre und Würde des Untergebenen strikt achten.
[10] 69 Dagegen verstieß der Soldat. Denn er nutzte seine ihm als Vorgesetzten grundsätzlich zustehende Befehlsbefugnis aus, um dem Zeugen O. zu demonstrieren, dass er ihn dazu bringen könne, auch dann zu gehorchen, wenn dies nicht für die Erreichung eines dienstlichen Zweckes erforderlich ist. Es ging dem Soldaten nach seinen eigenen Angaben subjektiv darum, sich einen Spaß zu machen. Zu diesem – nichtdienstlichen – Zweck verletzte er seine Dienstpflichten und behandelte den Zeugen damit nicht nach Recht und Gesetz. Er degradierte ihn in demütigender Weise letztlich zu einem bloßen Befehlsempfänger und missachtete dessen Würde als autonome mit Vernunft begabte Persönlichkeit. Zugleich versetzte er den dienstlich noch relativ unerfahrenen Zeugen O. ohne jeden dienstlichen Grund in eine schwierige Situation, so dass von einem wohlwollenden Umgang mit einem Untergebenen und einer angemessenen Berücksichtigung dessen persönlicher Belange schlechterdings keine Rede sein konnte. Entweder führte dieser den erteilten Befehl aus und warf sich ohne jeden dienstlichen Zweck in unbekleidetem Zustand in Gegenwart eines Dritten, des Zeugen E., auf den feuchten Boden des Duschraums, was für den Zeugen O. angesichts der konkreten Umstände demütigend sein musste. Als Alternative stand dem Zeugen O. zwar die Möglichkeit offen, diesem Befehl des Soldaten den Gehorsam zu verweigern, sich damit – in seiner subjektiven, freilich rechtsirrigen Vorstellung – allerdings dem Risiko einer disziplinar- oder gar strafrechtlichen Verfolgung wegen Ungehorsams auszusetzen. Die charakterliche Stärke zur Verweigerung der Ausführung des nicht zu dienstlichen Zwecken erteilten und damit nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SG unwirksamen Befehls (vgl. zu den rechtlichen Grenzen des soldatischen Gehorsams u. a. Urteile vom 21. Juni 2005 a. a. O. und vom 21. Dezember 2006 – BVerwG 2 WD 19.05 -) brachte der Zeuge O. nicht auf. Ein Vorgesetzter, der einen Untergebenen in eine solche Lage bringt, handelt nicht fürsorglich.
[11] 70 Mit seinem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Verhalten verstieß der Soldat zugleich gegen seine Pflicht zur Kameradschaft (§ 12 S. 2 SG). Das von ihm dem Zeugen O. aufgezwungene Verhalten, sich ohne jeden dienstlichen Zweck unbekleidet – zudem in Gegenwart eines Dritten – auf den feuchten Boden des Duschraums zu werfen, war für diesen demütigend. Dem Zeugen O. wurde die Rolle eines bloßen – bedingungslos gehorchenden – Befehlsempfängers zugemutet und sein menschliches Selbstwertgefühl grob missachtet. Dies verletzte den personalen und sozialen Geltungswert des Zeugen O. und damit dessen durch § 12 Satz 2 SG geschützte Ehre.
[12] 71 Ein Vorgesetzter, der – wie der Soldat mit seinem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Verhalten – die Grenzen seiner Befehlsbefugnisse in der festgestellten Art überschreitet und sich damit nach § 32 WStG ("Missbrauch der Befehlsbefugnis zu unzulässigen Zwecken") auch strafbar macht sowie zudem noch die Ehre eines Kameraden verletzt, verstößt ferner gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).
[13] 72 Bei seinem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Fehlverhalten handelte der Soldat durchweg vorsätzlich. Denn er wusste, was er tat und er wollte dies auch.
[14] 73 Nachtragsanschuldigungsschrift in Verbindung mit Anschuldigungspunkt 2:
[15] Auch die vom Soldaten dem Zeugen K. erteilte Anweisung … in der Kellerbar in "Stellung" zu gehen, d. h. sich an Ort und Stelle sofort auf den Boden zu werfen, war ein Befehl. Denn sie erfolgte ebenfalls mit Gehorsamsanspruch. … (wird ausgeführt) Wie schon bei dem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Fehlverhalten gegenüber dem Zeugen O. nutzte der Soldat das ihm als Vorgesetzten zustehende militärische Führungsinstrument des Befehls dazu, sich einen Spaß zu machen und sich in Szene zu setzen. Er überschritt dabei die von § 10 Abs. 4 SG gezogenen Grenzen, da die Befehlserteilung nicht zu einem dienstlichen Zweck erfolgte.
[16] 74 Ebenso wie sein von Anschuldigungspunkt 1 erfasstes Fehlverhalten verstieß sein dem Zeugen K. erteilter Befehl, in der Kellerbar in Stellung zu gehen, auch gegen seine dienstlichen Pflichten zur Fürsorge (§ 10 Abs. 3 SG), zur Kameradschaft (§ 12 Satz 2 SG) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Insofern wird auf die oben dargelegten Gründe verwiesen.
[17] 75 Allerdings kann dem Soldaten nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen werden, dass er bei seinem von Anschuldigungspunkt 2 erfassten Fehlverhalten mit Vorsatz gehandelt hat, so dass er insoweit von Anschuldigungspunkt 2 freizustellen ist. Denn der Soldat hat sich unwiderlegt dahin eingelassen, dass er am Abend und in der Nacht (vor der Tat) unkontrolliert eine sehr große Menge an alkoholischen Getränken zu sich genommen habe. …
[18] 76 Im vorliegenden Fall geht der Senat auf der Grundlage der Angaben des Soldaten und der Zeugin S. zum erfolgten Alkoholkonsum zugunsten des Soldaten davon aus, dass das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des § 20 StGB nicht ausgeschlossen werden kann, so dass dem Soldaten hinsichtlich des von Anschuldigungspunkt 2 erfassten Fehlverhaltens ein vorsätzliches Handeln hinsichtlich der objektiv begangenen Pflichtverletzungen (§ 10 Abs. 3 und Abs. 4, § 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG) nicht nachgewiesen werden kann.
[19] 77 Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen einer zum Tatzeitpunkt wegen einer infolge des starken Alkoholkonsums krankhaften seelischen Störung oder tiefgreifenden Bewusstseinsstörung fehlenden Schuldfähigkeit des Soldaten (entsprechend § 20 StGB) hat der Senat Abstand genommen. Für die Erstellung eines solchen Sachverständigengutachtens fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Grundlagen. …
[20] 78 Geht der Senat mithin zugunsten des Soldaten davon aus, dass dieser sich zum Tatzeitpunkt wegen einer alkoholbedingten krankhaften seelischen Störung oder einer infolge des erheblichen Alkoholgenusses ausgelösten tiefgreifenden Bewusstseinsstörung unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, ändert dies freilich nichts daran, dass dem Soldaten seine von Anschuldigungspunkt 2 erfassten objektiven Pflichtverletzungen – wie ihm zu Recht in der Nachtragsanschuldigungsschrift vorgeworfen worden ist – zuzurechnen sind.
[21] 79 Eine zum Tatzeitpunkt tatsächlich – oder jedenfalls nicht mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließende – fehlende Einsichts- oder Handlungsfähigkeit des Täters (entsprechend § 20 StGB), die durch den Genuss alkoholischer Getränke (oder – hier nicht einschlägig – anderer berauschender Mittel) verursacht worden ist, schließt die Verantwortung für die im Vollrausch begangene objektiv pflichtwidrige Handlung ("Rauschtat") nicht aus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Täter sich vorsätzlich oder fahrlässig in den seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt hat. Dies ergibt sich wegen des für alle materiellrechtlichen Vorschriften geltenden Analogieverbots, das nicht nur im Strafrecht, sondern im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG auch im Wehrdisziplinarrecht gilt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1969 – 2 BvR 518. 66 – BVerfGE 26, 286 [203, 204] m. w. N.; BVerwG, Urteile vom 1. Juli 1992 – BVerwG 2 WD 14.92BVerwGE 93, 269 = NZWehrr 1993, 72, und vom 9. Januar 2007 – BVerwG 2 WD 20.05 -), nicht aus einer entsprechenden Anwendung des in § 323a StGB normierten "Rechtsgedankens" (so Scherer/Alff, a. a. O. § 23 Rn. 8 m. w. N.), sondern unmittelbar aus § 23 Abs. 1 SG. Danach begeht ein Soldat ein Dienstvergehen, wenn er "schuldhaft", mithin also vorwerfbar seine gesetzlichen Pflichten verletzt. Für den Bereich des Wehrdisziplinarrechts ist diese Verantwortlichkeit des "Rauschtäters" in der diesbezüglichen ständigen Rechtspraxis gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. dazu u. a. BDH Wehrdienstsenat, Urteile vom 13. März 1959 – WD 4.59 – NZWehrr 1960, 124 und vom 28. Januar 1960 – WD 39.59 – NZWehrr 1961, 165; BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 1968 – BVerwG 2 WD 7.68 –, vom 25. Oktober 1973 – BVerwG 2 WD 56.72 – und vom 28. Juli 1977 – BVerwG 2 WD 43.76 –; Scherer/Alff, a. a. O. § 23 Rn. 8 m. w. N.). Auch die Verteidigung hat dies im vorliegenden Verfahren nicht in Zweifel gezogen.
[22] 80 Soweit mithin auf der Grundlage der Angaben des Soldaten zu dessen Gunsten zum Tatzeitpunkt vom Vorliegen der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des § 20 StGB und damit vom Zustand der Unzurechnungsfähigkeit auszugehen ist, hat der Soldat im vorliegenden Falle seine in Rede stehenden Dienstpflichten (§ 10 Abs. 3 und 4, § 12 Satz 2 sowie § 17 Abs. 2 Satz 1 SG) vorwerfbar und damit schuldhaft verletzt. Dies ergibt sich daraus, dass er sich im Verlaufe des Abends und der Nacht (vor der Tat) durch seinen ausgiebigen unkontrollierten Alkoholkonsum in einen seine Einsichts- und Handlungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB ausschließenden Rauschzustand versetzte, in dem er dann die festgestellten objektiven Pflichtverletzungen beging. Er war für die Art und die Menge der von ihm konsumierten alkoholischen Getränke verantwortlich. Denn er allein traf die diesbezüglichen Entscheidungen. Soweit Vorgesetzte möglicherweise während der Weihnachtsfeier oder während der im Anschluss daran in der Kellerbar des Unterkunftsgebäudes fortgesetzten "Feier" Kontroll- und Aufsichtspflichten verletzt haben sollten, vermag dies den Soldaten nicht zu entlasten. Denn als erfahrener Unteroffizier mit Portepee konnte und musste er wissen, welche negativen Folgen der unkontrollierte Konsum einer großen Menge alkoholischer Getränke hat.
[23] 81 Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat darüber hinaus im Sinne der im Strafrecht weithin anerkannten Rechtsfigur der "actio libera in causa" (vgl. dazu u. a. Trödle/Fischer, StGB, 53. Aufl. 2006, § 20 Rn. 49 ff. m. w. N.) gehandelt hat, indem er vorsätzlich oder fahrlässig durch seinen Alkoholgenuss einen Zustand herbeigeführt hat, in dem er die Tat bzw. die Pflichtverletzungen beging, wobei er mit ihrer Begehung zumindest rechnete und einverstanden war oder – im Falle der Fahrlässigkeit – darauf vertraute, es werde zu diesen Tathandlungen nicht kommen, liegen nicht vor.
[24] 82 Sofern der starke Alkoholkonsum des Soldaten in der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember 2003 lediglich dazu geführt hätte, dass bei diesem im Tatzeitpunkt die tatsächlichen Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit entsprechend § 21 StGB vorlagen, würde sich dies nicht zugunsten des Soldaten auswirken. Der Senat würde in einem solchen Fall von der ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB eingeräumten Befugnis zur Milderung der Maßnahmebemessung keinen Gebrauch machen. Denn nach seiner gefestigten Rechtsprechung kommt eine solche Milderung nach § 21 StGB nur dann in Betracht, wenn die alkoholbedingte Minderung der Schuldfähigkeit von dem Angeschuldigten nicht schuldhaft verursacht worden ist (vgl. dazu u. a. Urteile vom 28. Oktober 2003 – BVerwG 2 WD 10.03 – DokBer B 2004, 193 = Blutalkohol 2005, 179, vom 24. November 2005 – BVerwG 2 WD 32.04 – NZWehrr 2006, 137, und vom 16. Mai 2006 – BVerwG 2 WD 3.05 -). Angesichts der Angaben des Soldaten sowie der Zeugin S. und des Zeugen Eg. zum Umfang des Alkoholgenusses bestehen keinerlei Anhaltspunkte für die Schlussfolgerung, dass die Alkoholaufnahme und eine dadurch bewirkte Minderung seiner Schuldfähigkeit ohne Verschulden erfolgt wären.
Maßnahmebemessung
[25] 83 Entgegen der Auffassung der Truppendienstkammer reicht es im vorliegenden Falle nicht aus, ein Dienstvergehen des Soldaten festzustellen und das Verfahren einzustellen. Zu Recht hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft geltend gemacht, dass vor allem angesichts der Schwere des Dienstvergehens und des Maßes der Schuld des Soldaten eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme in Gestalt eines Beförderungsverbotes zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes – gerade auch aus generalpräventiven Gründen – unverzichtbar ist.
[26] 84 Art und Maß der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme sind abhängig von der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seinen Auswirkungen, dem Maß der Schuld, der Persönlichkeit, der bisherigen Führung sowie den Beweggründen des Soldaten (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 58 Abs. 7 WDO).
[27] 85 Die "Eigenart und Schwere" eines Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, mithin also nach der Bedeutung der verletzten Pflichten.
[28] 86 Der Schwerpunkt des Dienstvergehens des Soldaten hinsichtlich des von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Fehlverhaltens liegt in der – mehrfachen – vorsätzlichen Erteilung eines Befehls zu nichtdienstlichen Zwecken und der damit verbundenen Demütigung des Zeugen O., eines Untergebenen, sowie hinsichtlich des von der Nachtragsanschuldigungsschrift in Verbindung mit Anschuldigungspunkt 2 erfassten Fehlverhaltens, d. h. in den durch Herbeiführung eines Vollrausches bewirkten objektiven Pflichtverletzungen zum Nachteil des Zeugen K. Schon das Herbeiführen des Vollrausches wiegt für einen Soldaten in Vorgesetztenstellung äußerst schwer, da er ein schlechtes Beispiel in seiner Haltung und Pflichterfüllung (§ 10 Abs. 1 SG) gibt (vgl. dazu u. a. Urteile vom 21. Juni 1989 – BVerwG 2 WD 49.88 – DokBer B 1990, 23, und vom 8. November 2000 – BVerwG 2 WD 15.00 -). Bei der Maßnahmebemessung ist jedoch nicht nur das Verschulden des Soldaten an der Herbeiführung des Rauschzustandes zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind – ebenso wie im Strafrecht – auch Art und Schwere der im Rauschzustand begangenen objektiven Pflichtverletzung zu würdigen (vgl. Urteile vom 25. Oktober 1973 a. a. O. und vom 21. Mai 1981 – BVerwG 2 WD 3.81 -).
[29] 87 Die Erteilung eines Befehls zu nichtdienstlichen Zwecken ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u. a. Urteil vom 26. September 2006 – BVerwG 2 WD 2.06BVerwGE 127, 1 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79) regelmäßig ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen eine zentrale Dienstpflicht eines Vorgesetzten. Denn die Einhaltung der durch § 10 Abs. 4 SG gezogenen Grenzen seiner Befehlsbefugnis gehört zu seinen wesentlichen soldatischen Pflichten. Dies gilt unabhängig davon, ob mit der Erteilung des Befehls, für den der Vorgesetzte in jedem Fall nach § 10 Abs. 5 SG die Verantwortung trägt, im Einzelfall zugleich ein Straftatbestand, etwa nach § 32 WStG, verwirklicht wurde oder nicht. Die strikte Beachtung dieser Begrenzung der Befehlsbefugnis eines militärischen Vorgesetzten ist im demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes von fundamentaler Bedeutung, und zwar sowohl im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Stellung der bewaffneten Streitkräfte, die als Teil der vollziehenden Gewalt gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in jeder Hinsicht an Recht und Gesetz gebunden sind, als auch im Hinblick auf die durch Art. 1 Abs. 3 GG gebotene Beachtung der Grundrechte der (als Untergebene) betroffenen Soldaten. Der besondere Unrechtsgehalt einer Überschreitung der Grenzen der Befehlsbefugnis kommt auch darin zum Ausdruck, dass der militärische Vorgesetzte mit einem solchen Befehl Untergebene in eine äußerst schwierige Situation bringt. Diese sind nach § 11 Abs. 1 SG grundsätzlich verpflichtet, ihrem Vorgesetzten zu gehorchen (Satz 1) und ihnen erteilte Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen (Satz 2). Sie sind zwar berechtigt, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 SG einen ihnen – nicht zu dienstlichen Zwecken – erteilten Befehl oder aus vergleichbar schwerwiegenden anderen Gründen nicht zu befolgen (vgl. dazu u. a. Urteil vom 21. Juni 2005 – BVerwG 2 WD 12.04 – Buchholz 236. 1 § 11 SG Nr. 1 = NJW 2006, 77 [80 f.]). Dabei besteht für untergebene Soldaten in der Praxis aber subjektiv meist die Schwierigkeit, bei Entgegennahme eines Befehls nicht immer hinreichend sicher entscheiden zu können, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 SG oder ein anderer Grund, der sie von der Gehorsamspflicht entbindet, im konkreten Fall wirklich vorliegen oder nicht. Damit ist ein Untergebener in einem solchen Fall angesichts der Strafandrohung im Falle des Nichtbefolgens eines (verbindlichen) militärischen Befehls (Gehorsamsverweigerung nach § 20 WStG, Ungehorsam nach § 19 WStG) erheblichen Risiken ausgesetzt. Ein Irrtum über das Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Vorschrift befreit ihn lediglich unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. etwa § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SG) von seiner strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Verantwortlichkeit. Ein militärischer Vorgesetzter, der Untergebene in eine solche Situation bringt, handelt damit in grobem Maße pflichtwidrig (vgl. dazu u. a. Urteile vom 19. September 2001 – BVerwG 2 WD 9.01 – Buchholz 236. 1 § 10 SG Nr. 48 = NVwZ-RR 2002, 514 und vom 26. September 2006 a. a. O. m. w. N.).
[30] 88 Hinzu kommt das besondere Gewicht einer ehrverletzenden und entwürdigenden Behandlung eines Untergebenen durch einen Vorgesetzten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine unwürdige oder ehrverletzende Behandlung Untergebener für einen Soldaten in Vorgesetztenstellung stets ein sehr ernst zu nehmendes Fehlverhalten ist. Nach Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar; sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dieses Gebot gilt auch für die Streitkräfte als Teil der Exekutive und bedarf im militärischen Bereich mit seiner streng hierarchischen Gliederung sogar besonderer Beachtung. Welche Bedeutung der Gesetzgeber dem Schutz Untergebener beimisst, ergibt sich aus der Tatsache, dass die entwürdigende Behandlung und die Misshandlung Untergebener mit Freiheitsstrafe bedroht sind (§§ 30, 31 WStG). Vor diesem Hintergrund hat der Senat in Fällen einer Misshandlung oder einer entwürdigenden oder demütigenden Behandlung von Untergebenen – auch aus generalpräventiven Gründen – eine reinigende Maßnahme, in der Regel die Herabsetzung im Dienstgrad, zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen gemacht (vgl. Urteile vom 12. Juli 1990 – BVerwG 2 WD 4.90BVerwGE 86, 305 [307], vom 12. Juni 1991 – BVerwG 2 WD 53.90, 54. 90 – BVerwGE 93, 108 [113], vom 18. März 1997 – BVerwG 2 WD 29.95BVerwGE 113, 70 = NZWehrr 1997, 212, vom 23. November 1999 – BVerwG 2 WD 19.99ZBR 2000, 246 m. w. N. und vom 8. November 2000 a. a. O.).
[31] 89 Durch das Dienstvergehen des Soldaten wurden zwar weder bei dem Zeugen O. noch beim Zeugen K. konkrete gesundheitliche Schäden verursacht. Die Ehre und die Würde beider Zeugen wurden jedoch durch diese demütigenden Pflichtverletzungen verletzt.
[32] 90 Die Schuld des Soldaten wiegt schwer. Dies ergibt sich schon daraus, dass er das von Anschuldigungspunkt 1 erfasste Fehlverhalten mit Vorsatz beging.
[33] 91 Auch das von der Nachtragsanschuldigungsschrift in Verbindung mit Anschuldigungspunkt 2 erfasste Herbeiführen eines Vollrausches, in dessen Folge es zu den festgestellten objektiven Pflichtverletzungen gegen den Zeugen K. kam, erfolgte vorsätzlich. Denn er wusste und wollte was er tat.
[34] 92 Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Soldat wegen einer im Vollrausch begangenen Handlung im Allgemeinen zwar nicht in der gleichen Weise disziplinar zur Verantwortung gezogen werden als wenn er das Dienstvergehen in schuldfähigem Zustand begangen hätte (vgl. dazu die Nachweise bei Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 38 Rn. 33). Bei einer im Vollrausch begangenen Pflichtverletzung liegt der eigentliche Schuldvorwurf darin, dass sich der Soldat schuldhaft in diesen Zustand versetzt hat. Er muss deshalb für eine Rauschtat einstehen (vgl. u. a. Urteil vom 28. Juli 1977 – BVerwG 2 WD 43.76 –, a. a. O.; Dau, a. a. O. § 38 Rn. 33 m. w. N.). Für die Schwere der Schuld ist bei der Rauschtat auf den Grad des Verschuldens an der Herbeiführung des Vollrausches und auf die Vorhersehbarkeit derartiger Handlungen im Vollrausch abzustellen.
[35] 93 Nach den hierzu getroffenen Feststellungen des Senats hat die Schuld des Soldaten insoweit erhebliches Gewicht. … (wird ausgeführt)
[36] 94 Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Milderungsgründen in den Umständen der Tat (vgl. dazu u. a. Urteile vom 1. September 1997 – BVerwG 2 WD 13.97BVerwGE 113, 128 [129 f.] = Buchholz 236. 1 § 7 SG Nr. 16, vom 1. Juli 2003 – BVerwG 2 WD 51.02 – und vom 26. Januar 2006 – BVerwG 2 WD 2.05 – Buchholz 449 § 7 SG Nr. 50 – jeweils m. w. N.) sind nicht ersichtlich. …
[37] 96 Zugunsten des Soldaten sprechen seine sowohl vor als auch nach den Pflichtverletzungen positiv bewerteten dienstlichen Leistungen …
[38] 97 Bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Soldaten fällt allerdings zu seinem Nachteil ins Gewicht, dass er bis zuletzt in weitem Maße uneinsichtig geblieben ist. Sein Verhalten hat er noch in der Berufungshauptverhandlung damit zu rechtfertigen versucht, er habe doch "nur" einen "Spaß" oder einen "Flachs" machen wollen, weshalb er auch – anders als ihm vorgeworfen worden sei – keine "Befehle" an die Zeugen O. und K. gerichtet habe. Ihm ist offenkundig trotz seiner jahrelangen großen Diensterfahrung als Unteroffizier mit Portepee mit dem gegenwärtigen Dienstgrad eines Oberfeldwebels und der zuvor genossenen entsprechenden Ausbildung nicht eingängig, dass militärische Vorgesetzte bei ihren an Untergebene mit Gehorsamsanspruch gerichteten Anweisungen die im Soldatengesetz ihrer Befehlsbefugnis gezogenen Grenzen strikt beachten müssen, und zwar unabhängig davon, ob die Befehlserteilung für den Befehlenden mit Spaß oder Lustgewinn verbunden ist.
[39] 98 Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller zugunsten und zu Lasten des Soldaten sprechenden Umstände hat der Senat die Verhängung eines Beförderungsverbotes für die Dauer eines Jahres für erforderlich und angemessen gehalten.
[40] 99 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist bei einer durch einen Vorgesetzten begangenen ehrverletzenden oder entwürdigenden Behandlung von Untergebenen eine "reinigende Maßnahme", also im Regelfall eine Dienstgradherabsetzung, in schweren Fällen sogar die Höchstmaßnahme verwirkt (vgl. u. a. Urteile vom 29. April 1981 – BVerwG 2 WD 17.81 –, vom 9. April 1986 – BVerwG 2 WD 52.85BVerwGE 83, 183, vom 12. Juli 1990 – BVerwG 2 WD 4.90BVerwGE 86, 305 [306 f.], vom 18. März 1997 a. a. O., vom 17. März 1999 – BVerwG 2 WD 28.98BVerwGE 113, 311 [312] = Buchholz 236. 1 § 7 SG Nr. 27 = NZWehrr 1999, 169 und vom 19. Juli 2000 – BVerwGE 2 WD 6.00 – jeweils m. w. N. und vom 17. März 2004 – BVerwG 2 WD 17.03NZWehrr 2005, 38).
[41] 100 Im vorliegenden Falle handelt es sich nach den vom Senat getroffenen Feststellungen allerdings um Fehlverhaltensweisen des Soldaten, die keine Gesundheitsverletzungen oder sonstige nachhaltige Schäden bei den Opfern verursachten; zudem erfolgten die Pflichtverletzungen zwar eigennützig, jedoch ohne eine böswillige oder gar menschenverachtende Zielrichtung. Das Dienstvergehen hat daher schon nach seiner Schwere und Eigenart, nach den Auswirkungen und – im Hinblick auf die Beweggründe des Soldaten – nach dem Maß der Schuld ein gegenüber dem "Durchschnittsfall" geringeres Gewicht und erfordert daher lediglich ein Beförderungsverbot (ohne gleichzeitige Kürzung der Dienstbezüge). Da das Gesetz bei der Maßnahmebemessung eine Differenzierung insbesondere nach der "Eigenart und Schwere" des Dienstvergehens verlangt, muss eine solche nicht nur nach "oben", sondern im Einzelfall gegebenenfalls auch nach "unten" erfolgen. Dies rechtfertigt es, gerade auch im Hinblick auf den auch im Disziplinarrecht geltenden verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu auch die neuere Rechtsprechung des Senats für die Fälle eines Zugriffs auf Eigentum und Vermögen des Dienstherrn BVerwG 2 WD 5.03BVerwGE 119, 1 = Buchholz 235. 01 § 38 WDO 2002 Nr. 10 und vom 18. September 2003 – BVerwG 2 WD 3.03 – BVerwGE 119, 70 = Buchholz 235. 01 § 38 WDO 2002 Nr. 11 = NZWehrr 2005, 122 oder von Kameraden BVerwG 2 WD 7.03 – Buchholz 235. 01 § 38 WDO 2002 Nr. 14]) in "unterdurchschnittlichen" Fällen schon im Ausgangspunkt ("Einstufung") der Zumessungserwägungen von einer bei unwürdiger Behandlung im Regelfall an sich gebotenen Dienstgradherabsetzung abzusehen (so schon Urteile vom 16. März 2004 – BVerwG 2 WD 3.04 – BVerwGE 120, 93 = Buchholz 235. 01 § 93 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 213 – und vom 17. März 2004 a. a. O.).
[42] 101 Hinzu kommt im vorliegenden Fall allerdings bei dem von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Fehlverhalten die schwerwiegende Pflichtverletzung der (wiederholten) Erteilung eines Befehls zu nichtdienstlichen Zwecken sowie (hinsichtlich der von der Nachtragsanschuldigungsschrift in Verbindung mit Anschuldigungspunkt 2 erfassten Pflichtverletzungen) die vorsätzliche Herbeiführung eines Vollrausches, in dessen Verlauf es erneut zur (wiederholten) Erteilung eines Befehls zu nichtdienstlichen Zwecken kam. …
[43] 103 Im Hinblick auf die dargelegten und durchweg recht positiv bewerteten dienstlichen Leistungen des Soldaten sowie das bevorstehende Ende der Dienstzeit (mit Ablauf des 31. Dezember 2008) hielt es der Senat jedoch für angezeigt und vertretbar, ein Beförderungsverbot lediglich für die vom Gesetz vorgesehene Mindestdauer von 12 Monaten zu verhängen. …