Bundesgerichtshof
PatG § 111 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2 A (Fassung: 1. 9. 2004)
Die Frist für die Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist beträgt auch im Patentnichtigkeitsverfahren einen Monat (Fortführung des Sen. Beschl. v. 31. 5. 2000 – X ZR 154/99, GRUR 2000, 1010 – Schaltmechanismus).

BGH, Beschluss vom 13. 11. 2007 – X ZR 100/07 – Mykoplasmennachweis; Bundespatentgericht (lexetius.com/2007,3706)

[1] Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Asendorf beschlossen:
[2] Unter Zurückweisung des Gesuchs auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung wird die Berufung der Beklagten gegen das am 17. April 2007 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts auf deren Kosten als unzulässig verworfen.
[3] Gründe: I. Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 0 311 541 (Streitpatents), das ein Verfahren zum Mykoplasmennachweis betrifft.
[4] Auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin hat das Bundespatentgericht das Streitpatent vollumfänglich für nichtig erklärt. Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 18. Juni 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Telefax vom 17. Juli 2007 Berufung eingelegt. Anträge und Begründung hat sie einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Die Berufungsbegründungsschrift ist erst am 7. September 2007 zusammen mit einem Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen.
[5] II. 1. Die Berufungsbegründungsschrift ist nicht innerhalb der Monatsfrist ab Einlegung der Berufung und daher nicht fristgemäß eingegangen (§ 111 Abs. 2 Satz 2 PatG). Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (§ 111 Abs. 2 Satz 3 PatG) ist innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist nicht gestellt worden. Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist ist der Beklagten 3 nicht zu gewähren (unten II. 2). Die Berufung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 PatG). Der Senat hat dabei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden (§ 113 Abs. 2 PatG).
[6] 2. a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere ist die für die Antragsstellung auch im Patentnichtigkeitsverfahren zugrunde zu legende Frist nach der Zivilprozessordnung (hierzu Sen. Beschl. v. 31. 5. 2000 – X ZR 154/99, GRUR 2000, 1010 – Schaltmechanismus; v. 17. 10. 2000 – X ZR 41/00, GRUR 2001, 271, 272 – Kreiselpumpe) gewahrt, die seit der auch im Patentnichtigkeitsverfahren ohne Weiteres heranzuziehenden Neufassung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz einen Monat beträgt (vgl. Rogge in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2005, Rdn. 6 zu § 113 PatG; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 2. Aufl. 2005, Rdn. 286).
[7] b) Die Wiedereinsetzung scheitert im vorliegenden Fall jedoch daran, dass die Beklagte nicht ohne ihr Verschulden daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung zu wahren.
[8] Wie die Beklagte geltend macht, wurde die Berufungsbegründungsschrift deshalb nicht rechtzeitig eingereicht, weil das von ihren Prozessbevollmächtigten benutzte Fristenüberwachungsprogramm "FristOrg" bei gemeinsamer Verantwortung von zwei Patentanwälten die Frist nur bei einem der Patentanwälte anzeigte, was bereits im April 2007 bemerkt worden sei, die beiden mit der Sache befassten Patentanwälte bei Fristablauf in Urlaub gewesen seien, der bevorstehende Fristablauf in der Kanzlei zwar bemerkt worden, die Akte aber keinem der anwesenden Anwälte vorgelegt worden sei. Das begründet jeden- 4 falls ein der Beklagten zuzurechnendes Organisationsverschulden ihrer anwaltlichen Vertreter. Denn für den Fall, dass keiner der mit der Sache befassten Anwälte anwesend war, war keine Vorsorge dahin getroffen worden, dass die Akte doch einem erreichbaren Anwalt vorgelegt wurde. Nachdem sich beide sachbearbeitenden Anwälte in Urlaub befanden, konnte sich zudem der bereits erkannte Mangel des Programms, dass der bevorstehende Fristablauf nicht beiden Anwälten, sondern nur bei einem von ihnen angezeigt wurde, nicht auswirken. Vorsorge dahin, dass ein anderer Anwalt zur Verfügung stand, hätte auch für den Fall, dass nur ein Anwalt mit der Sache befasst gewesen wäre, aber abwesend war, und selbst für den Fall, dass die Anzeige bei mehreren Anwälten erfolgt wäre, diese aber abwesend gewesen wären, getroffen werden müssen. Bei entsprechender Büroorganisation, nämlich der Anweisung an das Büropersonal, bei Verhinderung des oder der mit der Sache befassten Anwälte die Akte einem anderen Anwalt mit Hinweis auf die demnächst ablaufende Frist vorzulegen, hätte mithin die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vermieden werden können.
[9] III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 121 Abs. 2 PatG, 97 Abs. 1 ZPO.