Bundesarbeitsgericht
Arbeitnehmerstatus eines redaktionellen Mitarbeiters

BAG, Urteil vom 20. 5. 2009 – 5 AZR 31/08 (lexetius.com/2009,1766)

[1] 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2007 – 8 Sa 39/06 – aufgehoben.
[2] 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen jedenfalls bis zum 23. Juni 2006 ein Arbeitsverhältnis bestand.
[4] Der Kläger ist Diplom-Journalist und war seit 1992 gelegentlich und seit März 1995 regelmäßig für die Fernsehredaktionen "L" und "D" sowie für die Hörfunksendung "M" der beklagten öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt umfangreich tätig.
[5] Die Sendung "L" ist ein regionales Nachrichtenmagazin, welches um 19: 00 Uhr ausgestrahlt wird. Soweit der Kläger einen Dienst für die Sendung "L" übernommen hatte, musste er die Arbeit um 14: 00 Uhr aufnehmen. Er sichtete zunächst das eingehende Nachrichtenmaterial des Tages für die beiden Nachrichtenblöcke. Im Rahmen der anschließenden Redaktionskonferenz unter der Leitung des jeweiligen Chefs vom Dienst (CvD) wurden die Themen ausgewählt. Der Kläger hatte die Möglichkeit, seine Vorstellungen in die Redaktionskonferenz einzubringen. Im Anschluss daran stimmte der Kläger die ausgewählten Nachrichten sowie Text und Bild einschließlich etwaiger Grafikvorschläge mit dem CvD ab. Bis ca. 18: 00 Uhr verfasste der Kläger Textvorschläge für Nachrichtenmeldungen, wobei aus dem zugrunde liegenden Agenturmaterial ein "fernsehgerechter" Text zu schreiben war. Sämtliche Textvorschläge für die Sendung "L" mussten vom CvD abgenommen werden. Zum Teil wurden sie von ihm geändert. Anschließend stimmte der Kläger die Reihenfolge der Nachrichten mit dem CvD ab und aktualisierte den Ablaufplan. Ab spätestens 18: 30 Uhr hatte er die abgenommenen Nachrichten ausgedruckt an die Nachrichtensprecher und den Regisseur der Sendung zu verteilen.
[6] Die Dienstplaneinteilung erfolgte mit dreimonatigem Vorlauf jedenfalls im Wesentlichen auf der Grundlage der mitgeteilten Einsatzwünsche des Klägers. Nach einer Anweisung der Beklagten vom 8. November 2004 teilte der Kläger ab Januar 2005 seine Dienstplanwünsche schriftlich mit. An Tagen, für die der Kläger keine Dienstbereitschaft bekundet hatte, wurde er nicht eingesetzt. Die Beklagte zog den Kläger nicht einseitig zu Diensten heran. Soweit der Kläger nicht sechs Wochen vor Beginn des zu planenden Monats Dienstplanwünsche geäußert hatte, wurde die Dienstplaneinteilung nicht immer mit dem Kläger vorher telefonisch abgesprochen. Ein nachträglicher Diensttausch war zu genehmigen. Seit dem 1. April 2005 wird der Kläger nicht mehr in der Redaktion "L" eingesetzt.
[7] Die Sendung "D" wird im Familien- bzw. Tagesprogramm der Beklagten von 14: 00 bis 14: 30 Uhr ausgestrahlt. Für jede Sendung werden zweimal drei kurze "Spots" und Beiträge produziert, die kurze Boulevardnachrichten über prominente Personen und aktuelle Geschehnisse enthalten. Bei dieser Sendung begann der Kläger seinen Dienst regelmäßig um 8: 00 Uhr und für den Fall, dass er im Frühdienst eingeteilt war, bereits um 7: 30 Uhr mit dem Lesen der jeweiligen Tageszeitungen. Um 8: 45 Uhr schloss sich die Frühkonferenz an, in der die Themen an die Mitarbeiter vergeben wurden. Um 11: 45 Uhr fand eine Mittagskonferenz statt. Bis ca. 13: 00 Uhr verfasste der Kläger Nachrichtentexte für die Spots und/oder fertigte ein Nachrichtenstück aus noch nicht sendefähigem Filmmaterial, welches von freien Firmen im Auftrag der Beklagten gedreht oder auf deren Bestellung geliefert wurde. Der Kläger hatte das Filmmaterial zu sichten, etwa erforderliche weitere Recherchen in Bezug auf weiteres Material anzustellen und ggf. organisatorisch zu dessen Beschaffung beizutragen. Bis zur Sendung hatte der Kläger die Stücke bei Bedarf umzuarbeiten. Gegen 14: 45 Uhr fand eine sog. Auswertungskonferenz statt. Der Kläger war verpflichtet, an den Redaktionssitzungen teilzunehmen. Bis zum Dienstende um spätestens 17: 00 Uhr war der Kläger mit Vorbereitungen für den nächsten Sendetag beschäftigt. Wenn der Kläger im Anschluss an seinen Dienst bei "D" noch für die Redaktion "L" tätig war, beendete er seinen Dienst für die Redaktion "D" früher.
[8] Für die Erstellung der Dienstpläne für "D" sollte der Kläger einer Mitarbeiterin der Beklagten ein halbes Jahr im Voraus seine Wünsche mitteilen. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 10. Juli 2001 die freien Mitarbeiter auf, rechtzeitig ihre Dienstplanwünsche einzureichen und sich nicht auf ihre Anrufe zu verlassen. Bei der Mitteilung eines "vorläufigen Einsatzplans" bat sie um schriftliche Mitteilung etwaiger Einwände. Die Dienstpläne wichen zum Teil von den schriftlich mitgeteilten Wünschen des Klägers ab, die jeweiligen Einsätze wurden in der Regel telefonisch mit dem Kläger abgesprochen. Bei der Erstellung des Dienstplans legte die Beklagte fest, ob der Kläger als Spot-Bearbeiter oder anderweitig tätig werden sollte.
[9] Von den Honoraren des Klägers behielt die Beklagte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ein und führte diese ab. In Anwendung des Tarifvertrags für freie Mitarbeiterinnen und freie Mitarbeiter vom 8. September 1994 zahlte die Beklagte Urlaubsgeld und leistete Zuschüsse im Krankheitsfall an den Kläger. Urlaub musste sich der Kläger nicht genehmigen lassen. Für die Zahlung von Urlaubsgeld hatte er mindestens einen Monat vor Urlaubsantritt in der Abteilung Honorare und Lizenzen ein entsprechend ausgefülltes Formular einzureichen.
[10] Seit dem 22. Mai 2006 ist der Kläger Mitglied des Sprecherrats für freie Mitarbeiter und dort für das Thema Arbeitsrecht zuständig.
[11] Mit Schreiben vom 23. Juni 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Programmbereich Familien-/Tagesprogramm, Redaktion "D" seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter zum 31. Dezember 2006 beende. Mit einer Klage beim Arbeitsgericht Leipzig vom 12. Juli 2006 (- 16 Ca 3318/06 -) hat der Kläger ua. geltend gemacht, dass diese Mitteilung sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht beende. Mit Beschluss vom 4. September 2006 hat das Arbeitsgericht die Verhandlung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt. Im Juni 2007 kündigte die Beklagte ein evtl. mit dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis sowohl außerordentlich fristlos als auch ordentlich fristgemäß. Gegen diese Kündigungen hat sich der Kläger mit einer weiteren Klage beim Arbeitsgericht Leipzig gewandt (- 15 Ca 2836/07 -). Auch diesen Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht ausgesetzt.
[12] Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen, dass er bei der Beklagten bis zum 23. Juni 2006 in einem Anstellungsverhältnis stand.
[13] Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei programmgestaltend als Nachrichtenredakteur und Berichterstatter jeweils auf der Grundlage einzelvertraglicher Vereinbarungen tätig geworden. Die Einbindung in das Programmschema wirke nicht statusbegründend. Einsatztermine hätten schon allein wegen der Tätigkeit des Klägers für verschiedene, dezentral organisierte Redaktionen mit ihm abgestimmt werden müssen.
[14] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass zwischen den Parteien jedenfalls bis zum 23. Juni 2006 ein Arbeitsverhältnis bestand, soweit der Kläger für die Redaktionen der Fernsehsendungen "L" und "D" tätig war. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter.
[15] Entscheidungsgründe: Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob zwischen den Parteien ab März 2005 bis jedenfalls zum 23. Juni 2006 ein Arbeitsverhältnis bezogen auf die Tätigkeit des Klägers bei den Sendungen "L" und "D" bestand.
[16] A. Die Klage ist zulässig.
[17] I. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger hat im Verhandlungstermin vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt, dass die Feststellung ab dem Zeitpunkt des letzten Einsatzes für die Sendung "L", also ab März 2005, begehrt wird. Der Antrag umfasst in der Revision lediglich noch die Tätigkeit des Klägers für die Bereiche "L" und "D".
[18] II. Der Kläger hat das erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Feststellungsantrag ist trotz der zeitlichen Begrenzung nicht auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet. Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses über den 23. Juni 2006 hinaus ist Vorfrage der ausgesetzten Rechtsstreite und zwischen den Parteien nach wie vor streitig.
[19] B. Die Revision ist begründet.
[20] I. Die angefochtene Entscheidung ist zunächst zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat.
[21] 1. Hiernach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Senat 14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – Rn. 13, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; 25. Mai 2005 – 5 AZR 347/04BAGE 115, 1, 7; 16. Februar 2000 – 5 AZB 71/99BAGE 93, 310, 314 f.). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; Senat 25. Mai 2005 – 5 AZR 347/04 – aaO; 22. April 1998 – 5 AZR 342/97BAGE 88, 263, 269 f. mwN). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben (vgl. Senat 22. August 2001 – 5 AZR 502/99 – zu II 2 a der Gründe mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 109 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 86; 12. September 1996 – 5 AZR 1066/94BAGE 84, 108, 112 f. mwN). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 – 5 AZR 347/04BAGE 115, 1, 7 f.; 30. September 1998 – 5 AZR 563/97BAGE 90, 36, 47).
[22] 2. Diese Grundsätze sind auch im Bereich Funk und Fernsehen anzuwenden (Senat 14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98BAGE 93, 218, 223; 30. November 1994 – 5 AZR 704/93BAGE 78, 343), wobei der verfassungsrechtliche Schutz der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachten ist. Allgemein müssen die Gerichte Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfG 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51BVerfGE 7, 198, 205 ff.). Das verlangt im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Regel eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit auf der einen und dem Rang der von den Normen des Arbeitsrechts geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite (grundlegend BVerfG 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 ua. – BVerfGE 59, 231; 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 b bb der Gründe, AP GG Art. 5 Abs. 1 Rundfunkfreiheit Nr. 9 = EzA GG Art. 5 Nr. 25). Die Rundfunkfreiheit erstreckt sich auf das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken sollen (BVerfG 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 b aa der Gründe, aaO). Es ist von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen, auch im Rundfunkbereich von den für das Arbeitsrecht allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen (grundlegend BVerfG 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – aaO; 22. August 2000 – 1 BvR 2121/94NZA 2000, 1097). Allerdings muss das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter zu bestimmen, angemessen berücksichtigt werden. Eine Beeinträchtigung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Betracht, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen – wie Teilzeitbeschäftigungs- oder Befristungsabreden – zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit (vgl. 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 c bb der Gründe, aaO).
[23] 3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören zu den programmgestaltenden Mitarbeitern diejenigen, die "typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist". Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben (13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 ua. – BVerfGE 59, 231, 260; Senat 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98BAGE 93, 218, 224). Zu den nicht programmgestaltenden Tätigkeiten können auch, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, reine Sprecherleistungen zählen (vgl. BVerfG 3. Dezember 1992 – 1 BvR 1462/88 – zu II 2 b der Gründe, EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 50).
[24] 4. Bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann (Senat 14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – Rn. 20 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10). Letzteresist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich zugewiesen werden (vgl. Senat 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98BAGE 93, 218, 224).
[25] II. Das Landesarbeitsgericht hat den programmgestaltenden Charakter der Tätigkeit des Klägers rechtsfehlerfrei erkannt. Der Kläger brachte seine Fachkenntnisse und Informationen, seine Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen oder anderen Sachfragen und seine individuelle journalistische Befähigung und Bewertung in die jeweilige Sendung ein. Zu den Aufgaben des Klägers gehörte jedenfalls bei der Sendung "L" die Auswahl einzelner Themenvorschläge aus der Vielzahl von Agenturmeldungen. Zumindest im Fall der Sendung "L" hatte der Kläger die Möglichkeit, seine Themenvorschläge in die Redaktionskonferenz einzubringen und zu vertreten. Die Vorauswahl der Themen erfordert ein Gespür dafür, welche Themen wichtig und für die Zuschauer bzw. Zuhörer von Interesse sind. Bei allen drei Sendungen, in denen der Kläger tätig war, gehörte es zu seinen Aufgaben, aus dem Agenturmaterial fernsehgerechte bzw. hörfunkgerechte Texte zu verfassen, im Falle der Sendung "D" jedenfalls, soweit der Kläger als sog. Spotredakteur eingesetzt war. Ungeachtet der Frage, ob und wie oft der CvD vom Kläger die Änderung der Texte verlangt oder diese selbst vorgenommen hat, war der Kläger Verfasser der Texte, brachte insoweit seine journalistischen Kenntnisse ein und gestaltete das Fernsehprogramm mit.
[26] III. Das Landesarbeitsgericht hat des Weiteren angenommen, dass der Kläger nicht einseitig in Dienstpläne aufgenommen worden ist. An diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Senat gem. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden.
[27] Soweit das Landesarbeitsgericht die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bejaht hat, weil ihm während der Dienste angesichts der Aktualität der Sendungen kein "bestimmtes Maß an zeitlicher Freiheit" mehr verblieben sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Senats wirkt die Einbindung in ein festes Programmschema und die Vorgabe eines Programmverlaufs bei programmgestaltenden Mitarbeitern nicht statusbegründend (14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – Rn. 22, 33 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10). Zeitliche Verpflichtungen und ein ggf. kleinteiliger zeitlicher Takt ergaben sich nur aus der Notwendigkeit der Zusammenarbeit und aus der feststehenden Sendezeit. Auch die Anwesenheit zu feststehenden Zeiten vor und nach der Sendung schließt jedenfalls bei programmgestaltenden Mitarbeitern ein freies Mitarbeiterverhältnis nicht aus. Das gilt ebenso für die notwendige Teilnahme an zeitlich festgelegten Abstimmungskonferenzen. Entscheidend ist insgesamt, dass der freie Mitarbeiter, wenn er einmal in einen Dienstplan aufgenommen ist, weiß, was von ihm, auch in zeitlicher Hinsicht, erwartet wird. In einem solchen Fall erteilt der Dienstgeber keine Weisungen. Die zeitlichen Vorgaben sind vielmehr notwendiger Bestandteil der übernommenen Aufgabe. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, der Kläger sei verpflichtet gewesen, seinen Dienst um 14: 00 Uhr anzutreten, an Konferenzen teilzunehmen und Textvorschläge bis 18: 00 Uhr zu erstellen, lässt dies deshalb keinen Schluss auf arbeitgeberseitige, dh. einseitige Weisungen in zeitlicher Hinsicht zu. Dem Kläger waren aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit vor Übernahme der Dienste deren Umfang sowie die Termine von Konferenzen bekannt einschließlich der Verpflichtung, an den Redaktionskonferenzen teilzunehmen. Die Bindungen waren damit nicht einseitig vorgegeben, sondern mit der Übernahme der Dienste vereinbart. Soweit die Beklagte den Termin zusätzlicher Monatskonferenzen, der jeweils am Ende der vorigen Konferenz festgelegt wurde, einseitig vorgab und insoweit wohl auch von den festen freien Mitarbeitern eine Teilnahme erwartete, ist eine rechtserhebliche Einschränkung der zeitlichen Dispositionsfreiheit des Klägers durch die Teilnahme an diesen Konferenzen nicht ersichtlich (vgl. Senat 20. September 2000 – 5 AZR 61/99 – zu IV 4 a der Gründe, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 37 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 84).
[28] C. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif. Im Rahmen der vom Landesarbeitsgericht bisher unterlassenen Gesamtwürdigung der Umstände kommt es darauf an, ob der Kläger wie ein Arbeitnehmer das Rechtsverhältnis prägenden Weisungen hinsichtlich des Inhalts seiner Tätigkeit unterworfen war. Hierzu hat der Kläger unter Vorlage zahlreicher Dokumente tatsächliche Umstände vorgetragen, zu denen das Landesarbeitsgericht bisher ausdrücklich keine Feststellungen getroffen hat. Das Landesarbeitsgericht wird bei der Würdigung dieser Umstände zu berücksichtigen haben, dass gelegentliche inhaltliche Änderungen von Vorschlägen nicht geeignet sind, einem Rechtsverhältnis das Gepräge zu geben (Senat 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98BAGE 93, 218). Auch fällt bei der Beurteilung der inhaltlichen Gestaltungsspielräume die Kontrolle der Qualität der Arbeit des Klägers nicht ins Gewicht. Abhängige Arbeit wird nicht dadurch gekennzeichnet, dass der Vertragspartner Korrekturen verlangt. So ist beim Werkvertrag der Werkbesteller berechtigt, eine bestimmte Qualität festzusetzen und Nachbesserungen zu fordern (vgl. Senat 14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – Rn. 24, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10; 27. Februar 1991 – 5 AZR 107/90 – zu III 2 der Gründe, EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 43). Die verbindliche Bestimmung der Themen durch einen Redakteur vom Dienst ist ebenfalls nicht statusbegründend (vgl. Senat 14. März 2007 – 5 AZR 499/06 – Rn. 22, aaO).