Bundesgerichtshof

BGH, Beschluss vom 6. 7. 2010 – 3 StR 12/10 (lexetius.com/2010,7219)

[1] Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Juli 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
[2] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 17. August 2009, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
[3] Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
[4] Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Computerbetrug in 158 Fällen und zum versuchten Computerbetrug in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
[5] 1. Zu den zur Aufhebung führenden Rechtsfehlern hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Computerbetrug nicht. Das Hilfeleisten im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB braucht für den Taterfolg zwar nicht ursächlich zu sein, es muss jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Tathandlung des Haupttäters oder den Erfolgseintritt erleichtern oder fördern (BGHSt 46, 107, 109; 48, 301, 302; Fischer StGB 57. Aufl. § 27 Rdn. 14 m. w. N.). Dies gilt auch für den vorliegend vom Landgericht offenbar angenommenen Fall der psychischen Beihilfe (BGH NStZ 1995, 490 f.; 1996, 564). Die Strafkammer konnte keine Überzeugung davon gewinnen, dass der Angeklagte selber falsche Kartendaten an dem POS- Terminal eingegeben hat und hat lediglich festgestellt, dass 'der Angeklagte S. von den Plänen und Taten der Mitangeklagten K. und G. (wusste), die er billigte (UA S. 22)'. Dies genügt für die Annahme einer Beihilfe zu den Haupttaten der Angeklagten K. und G. nicht, denn die Billigung der Tat ist nur dann ein als Hilfeleisten zu wertendes Handeln, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft ihn weiter zu verfolgen, bestärkt wird (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleistung 17). Letzteres ist jedoch weder den Feststellungen noch den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit zu entnehmen.
Unbeschadet dessen bedarf es bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art für die Annahme einer psychischen Beihilfe durch positives Tun – hier fehlender – sorgfältiger und genauer Feststellungen, dass die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 12, 13, 14, 17, 18 m. w. N.), die wiederum auf entsprechende Anhaltspunkte gestützt werden müssen (BGH NStZ 1996, 563 f.).
Eine strafbare Beihilfe zum Computerbetrug durch Unterlassen kann den Urteilsfeststellungen nicht entnommen werden. Weder aus der formalen Position des Angeklagten als 'Secretary' der L. Ltd. noch aus seiner Einbindung in den Hotelbetrieb lässt sich vorwiegend die notwendige Garantenstellung herleiten.
Ein weiterer Rechtsfehler liegt darin, dass die Urteilsgründe die Einlassung des Angeklagten S. zur Sache nicht genügend wiedergeben. Die knappen und nur indirekten Ausführungen UA S. 85, zweiter Absatz, genügen nicht."
[6] Dem schließt sich der Senat an.
[7] 2. Der Senat hebt das Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, insgesamt auf, mithin auch hinsichtlich der Haupttaten der Mitangeklagten, um dem neuen Tatrichter zu ermöglichen, umfassend neue Feststellungen zur Tatbeteiligung des Angeklagten zu treffen. Für den Fall einer erneuten Verurteilung des Angeklagten wird zu prüfen sein, ob die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 17. Dezember 2008 im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB gesamtstrafenfähig ist. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass für die Beurteilung des Vollstreckungsstands der Vorverurteilung auf die Sachlage zum Zeitpunkt der ersten Hauptverhandlung im vorliegenden Verfahren abzustellen wäre (BGH, NStZ-RR 2008, 72).