Bundesgerichtshof

BGH, Urteil vom 5. 5. 2011 – 3 StR 445/10 (lexetius.com/2011,2740)

[1] Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. Mai 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker, die Richter am Bundesgerichtshof von Lienen, Hubert, Dr. Schäfer, Mayer als beisitzende Richter, Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagte S., Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagte S. P., Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2] I. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 10. November 2009, soweit es ihn betrifft,
1. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 2. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 1. der Urteilsgründe,
c) im Gesamtstrafenausspruch,
2. im Schuldspruch zu Fall II. 3. der Urteilsgründe dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit Besitz von Munition schuldig ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision wird verworfen.
[3] II. Auf die Revision des Angeklagten A. P. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
[4] III. Die Revision des Angeklagten S. P. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
[5] Gründe: Den Angeklagten S. hat das Landgericht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge (Fall II. 1. der Urteilsgründe), wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 2. der Urteilsgründe) und wegen "Führens und Besitzes einer halbautomatischen Kurzfeuerwaffe" (Fall II. 3. der Urteilsgründe) unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. Juni 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
[6] Weiter hat das Landgericht im Falle II. 2. der Urteilsgründe den Angeklagten A. P. des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin2 ger Menge und den Angeklagten S. P. der Beihilfe hierzu schuldig gesprochen. Den Angeklagten A. P. hat es deswegen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Landgerichts Aachen vom 23. April 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten S. P. hat es eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verhängt.
[7] Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten S. und A. P. beanstanden auch das Verfahren. Das Rechtsmittel des Angeklagten A. P. hat mit der Sachrüge Erfolg, das des Angeklagten S. den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die weitergehende Revision des Angeklagten S. sowie die Revision des Angeklagten S. P. sind dagegen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I. Verurteilung der Angeklagten im Falle II. 2. der Urteilsgründe
[8] Die Feststellungen zu Fall II. 2. der Urteilsgründe tragen weder die Verurteilung des Angeklagten A. P. wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) noch die des Angeklagten S. wegen Beihilfe hierzu. Die Verurteilung des Angeklagten S. P. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat dagegen Bestand.
[9] 1. Das Landgericht hat hierzu festgestellt:
[10] Zwei in den Niederlanden wohnhafte Personen namens H. und W. verfügten über einen Vorrat von 300 kg Kokain, der in Griechenland lagerte und den sie nach Deutschland und gegebenenfalls weiter in die Niederlande oder nach Großbritannien verbringen lassen wollten. Der frühere Mitangeklagte I. hatte ihnen zugesagt, für den Transport zu sorgen. Dies scheiterte indes zunächst an einer Erkrankung des vorgesehenen Lkw-Fahrers, was H. und W. so verärgerte, dass sie vorübergehend einen Vertrauten des I. als Geisel nehmen ließen. I. bemühte sich deshalb dringend um anderweitige Transportmöglichkeiten. Dabei kam er in Kontakt mit den Angeklagten A. und S. P., die nach der Insolvenz ihrer Spedition Partner für den Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz suchten. Anfang Oktober 2006 erklärte sich der Angeklagte A. P. gegenüber I. bereit, unter dessen Beteiligung umgehend ein neues Unternehmen zu gründen. Beide kamen überein, dass dieses eine Infrastruktur für künftige Drogentransporte bieten, jedoch auch legale Geschäfte abwickeln sollte. Vordringlich sollte es indes dazu dienen, das in Griechenland lagernde Kokain nach Deutschland zu verbringen. Für den Gründungsaufwand erhielt der Angeklagte A. P. von I. zunächst 40.000 € in bar.
[11] Am 26. Oktober 2006 reisten die Angeklagten A. P. und S. dieser war am Vortag mit I. bekannt gemacht und in die Pläne eingeweiht worden – zu einem Treffen mit I. und weiteren Personen nach Griechenland.
[12] Dort wurde abgesprochen, als Erstes einen "check test" durchzuführen, um die Häufigkeit und die Intensität der Kontrollen an den einzelnen Grenzstationen zu ermitteln. Für die Errichtung des neuen Unternehmens übergab I. dem Angeklagten A. P. bei dieser Gelegenheit weitere 105.000 € und kurz darauf nochmals 70.000 €.
[13] In der Folgezeit betrieb der Angeklagte A. P. die notarielle Gründung und den Aufbau des neuen Transportunternehmens. Zu Geschäftsführern wurden seine Lebensgefährtin sowie ein Vertrauter des I. bestellt. Der Angeklagte S. P., der zwischenzeitlich ebenfalls erfahren hatte, dass I. den Geschäftsbetrieb dazu nutzen wollte, eine größere Menge Kokain aus Griechenland nach Deutschland zu verbringen, übernahm gegen Gehalt die Aufgaben des Disponenten. Beide rechneten mit einem Transport von mindestens 100 kg Kokain. Sie ließen sich hierauf ein, weil sie hofften, sich auf diese Weise die wirtschaftliche Basis für eine zukünftige legale Geschäftstätigkeit schaffen zu können.
[14] Im November 2006 erteilte ein Mitarbeiter des I. den Auftrag, nunmehr die besprochene Testfahrt durchzuführen. Hierzu mietete der Angeklagte A. P. ein Kühlfahrzeug der Marke "Thermoking" an, das der bereits in der Spedition der beiden Angeklagten als Fahrer beschäftigte frühere Mitangeklagte C. deshalb empfohlen hatte, weil er mit einem 100-Liter-Wassertank und weiteren Hohlräumen über gute Versteckmöglichkeiten verfügte. Der Angeklagte S. P. buchte im Wissen um den Zweck der Fahrt die entsprechenden Fährverbindungen zwischen Italien und Griechenland. Vereinbarungsgemäß belud C. das gemietete Fahrzeug in Deutschland mit Milchprodukten, lieferte diese in Griechenland aus und nahm für die Rückfahrt Orangen, anderes Obst und Gemüse auf. In ständigem Telefonkontakt mit dem Angeklagten S. P. und dem Kreis um I. brachte er die Ware nach Deutschland, wo sie der Angeklagte S. entgegennahm und auf dem Berliner Großmarkt verkaufte. An der Planung der Testfahrt war der Angeklagte S. nicht beteiligt. Ein Mitarbeiter des I. hatte ihn "erst kurzfristig" darauf angesprochen, ob er für den Abverkauf der Ladung sorgen könne; er hatte in Kenntnis dessen zugesagt, dass es sich um die Testfahrt für einen Transport von mindestens 100 kg Kokain handelte.
[15] Zu dem geplanten Kokaintransport "kam es jedenfalls im Jahre 2006 nicht mehr".
[16] 2. Danach hat nicht nur der Angeklagte S. P., sondern auch der Angeklagte A. P. lediglich Beihilfe zum Handeltreiben der niederländischen Hintermänner mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geleistet (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB). Im Einzelnen:
[17] a) Die niederländischen Hintermänner haben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben.
[18] Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252). Das Erfordernis einer auf Umsatz gerichteten Tätigkeit ist dahin zu verstehen, dass diese die einverständliche Übertragung von Betäubungsmitteln von einer Person auf eine andere zum Endziel haben muss; auf eine tatsächliche Förderung des erstrebten Umsatzes kommt es dabei nicht an, denn Handeltreiben ist kein Erfolgsdelikt. Die Tat ist deshalb auch dann rechtlich vollendet, wenn der erstrebte Umsatz von Betäubungsmitteln nicht erreicht wird (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1981 – 3 StR 408/81, BGHSt 30, 277).
[19] Dass die vom Landgericht festgestellten Bemühungen der Hintermänner, den zu ihrer Verfügung stehenden Vorrat von 300 kg Kokain aus Griechenland nach Deutschland und gegebenenfalls weiter in die Niederlande oder nach Großbritannien transportieren zu lassen, nach diesen Maßstäben den Teilakt einer auf gewinnbringenden Absatz des Betäubungsmittels gerichteten Tätigkeit bildeten, versteht sich nach den Umständen von selbst und bedurfte deshalb keiner besonderen Darlegung.
[20] b) Der frühere Mitangeklagte I. hat zu diesem Handeltreiben der Hintermänner jedenfalls – unmittelbar – Beihilfe geleistet.
[21] Gemäß § 27 Abs. 1 StGB macht sich als Gehilfe strafbar, wer (vorsätzlich) einem anderen zu dessen (vorsätzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Als Hilfeleistung in diesem Sinne ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 388 f.).
[22] Danach hat I. durch seine Zusage, den Transport der Drogen zu übernehmen, und seine nachfolgende, auf die Planung und die Durchführung dieses Transports gerichtete Tätigkeit das Handeltreiben der Hintermänner gefördert. Zwar verhält sich das Urteil nicht ausdrücklich dazu, dass und wodurch die Begehung der Haupttat in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde; dies bedarf grundsätzlich sorgfältiger und genauer Feststellungen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2000 – 4 StR 229/00, NStZ-RR 2001, 40). Für die hier vorliegende Fallgestaltung einer – wie die Aktivitäten des Mitangeklagten I. belegen – ernsthaften und verlässlichen Zusage, das zum Absatz bestimmte Betäubungsmittel zu transportieren, liegt dies indes auf der Hand, denn sie verschafft dem Haupttäter Sicherheit, seinen Tatplan wie vorgesehen umsetzen zu können, und enthebt ihn weitergehender Maßnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2008 – 2 StR 535/07, NStZ 2008, 284). Die Bedeutung, welche die Hintermänner der Transportzusage für die Verwirkli17 chung ihres Tatplans zugemessen haben, wird nicht zuletzt augenfällig in ihrer Reaktion auf den Ausfall des zunächst vorgesehenen Fahrers.
[23] c) Durch die Unterstützung des früheren Mitangeklagten I. bei der Planung und Vorbereitung des den Hintermännern zugesagten Transports haben sich die Angeklagten A. und S. P. der – mittelbaren – Beihilfe zu deren Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig gemacht.
[24] aa) Hilfe leistet dem Täter auch derjenige, der seinerseits die Tatförderung eines weiteren Gehilfen unterstützt (sog. "Beihilfe zur Beihilfe", vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 – 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409). Auch hier ist es ausreichend, dass der Gehilfe über die Haupttat wenigstens in Umrissen Bescheid weiß (BGH, Beschluss vom 4. April 2006 – 3 StR 91/06, NStZ 2007, 102). Er muss die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, zumindest für möglich halten und billigen; Einzelheiten der Haupttat braucht der Gehilfe hingegen nicht zu kennen und auch keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 3 StR 420/10, Rn. 13; Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 389). Ebenso wenig ist es andererseits erforderlich, dass der Haupttäter überhaupt von der – objektiv fördernd wirkenden – Hilfeleistung Kenntnis erlangt (BGH, Urteil vom 8. September 1994 – 4 StR 364/94, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 8). Diesen Maßstäben genügen die von den Angeklagten A. und S. P. zur Ermöglichung des Kokaintransports entfalteten Tätigkeiten.
[25] bb) Entgegen der Annahme des Landgerichts hat der Angeklagte A. P. jedoch nicht als (Mit-) Täter gehandelt.
[26] Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts wie hier auf den Transport, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich dieses isolierten Teilakts innehat. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40; Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NJW 2008, 1460; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 5 StR 345/08, NStZ 2009, 392). Maßgeblich sind insoweit insbesondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass Durchführung und Ausgang der Haupttat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 3 StR 324/10).
[27] Danach kommt einer Tätigkeit, die sich im bloßen Transport von Betäubungsmitteln erschöpft, in der Regel keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit zu; auch bei faktischen Handlungsspielräumen hinsichtlich der Art und Weise des Transports wird sie zumeist nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit darstellen und deshalb als Beihilfe zu werten sein (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219; Beschluss vom 30. März 2007 – 2 StR 81/07, NStZ-RR 2007, 246; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40; Beschluss vom 21. November 2007 – 2 StR 468/07, NStZ 2008, 285; Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 3 StR 324/10). Anderes kann gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von Mittäterschaft, selbst wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann auch eine weit gehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen (vgl. zu alledem BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219; Beschluss vom 30. März 2007 – 2 StR 81/07, NStZ-RR 2007, 246; Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 159/07, BGHSt 51, 324; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40).
[28] Solche besonderen Umstände hat das Landgericht indes nicht in hinreichendem Umfang festgestellt. Zwar hat der Angeklagte zur Ermöglichung des Drogentransports erhebliche, über die eines gewöhnlichen Kuriers weit hinausgehende Aktivitäten entfaltet und umfangreiche Investitionen getätigt. Auch handelte er, wie insbesondere die bereits geflossenen Beträge zeigen, in der Aussicht auf einen hohen, ihm eine neue wirtschaftliche Perspektive eröffnenden Gewinn. Andererseits beschränkte sich der tatfördernde Beitrag des Angeklagten auf Maßnahmen zur Vorbereitung des zugesagten Transports, die ihm für sich allein noch keinen wesentlichen Einfluss auf den Ablauf des eigentlichen, von den Hinterleuten betriebenen Umsatzgeschäfts sicherten. In dieses war der Angeklagte auch sonst nicht eingebunden; er hatte weder zu den Hinterleuten noch zu potentiellen Abnehmern Kontakte, sondern arbeitete lediglich mit dem ebenfalls für den Transport verantwortlichen früheren Mitangeklagten I. zusammen. Das zu transportierende Kokain bekamen weder er noch sein Fahrer je in die Hände. Allein sein Wille, den Transport durchzuführen, reicht zur Annahme von Tatherrschaft vor diesem Hintergrund nicht aus. Sein wirtschaftliches Interesse erschöpfte sich in der Übernahme der erforderlichen Speditionsgeschäfte. Dass der Angeklagte darüber hinaus ein eigenes Interesse am Gelingen des von den Hinterleuten betriebenen Umsatzgeschäfts hatte, etwa für diesen Fall auf Folgeaufträge hoffte, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.
[29] 3. Demgegenüber tragen die Feststellungen zu Fall II. 2. der Urteilsgründe nicht die Verurteilung des Angeklagte S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
[30] Allerdings stünde der Annahme einer (mittelbaren) Beihilfehandlung des Angeklagten nach § 27 StGB nicht schon entgegen, dass die Zusage des Abverkaufs der für I. und die anderen Angeklagten nutzlosen Testladung gemessen am Gesamtgeschehen eher untergeordnete Bedeutung hätte und von dem seitens der Hintermänner angestrebten Betäubungsmittelumsatz noch weit entfernt bliebe. Auf das Gewicht eines tatfördernden Beitrags kommt es für dessen Einstufung als Hilfeleistung grundsätzlich nicht an; dieses gewinnt vielmehr allein für die Strafzumessung Relevanz (BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 389). Die Zusage erschiene auch nicht mit der Folge eines straflosen Versuchs – für die Förderung des Entschlusses zur Durchführung der Testfahrt von vornherein objektiv ungeeignet oder für deren Gelingen nutzlos (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NJW 2008, 1460), denn grundsätzlich konnte der Abverkauf, wie das Landgericht zu Recht ausführt, den reibungslosen und unauffälligen Ablauf der Testfahrt erleichtern und den hierdurch entstehenden finanziellen Aufwand verringern.
[31] Indes entbehrt die Annahme des Landgerichts, die Zusage des Angeklagten S. habe die Testfahrt objektiv gefördert, deshalb einer tragfähigen Grundlage, weil sich die Feststellungen nicht dazu verhalten, inwieweit sie den Entschluss des I. und der anderen Angeklagten zur Durchführung der Fahrt tatsächlich (noch) beeinflusst hat. Schon zum Zeitpunkt der Zusage teilt das Urteil lediglich mit, der Angeklagte habe sie "kurzfristig" erteilt; im Übrigen stellt es fest, dass ein "check test" zur Gewinnung von Erkenntnissen über Zollkontrollen bereits bei dem Treffen in Griechenland im Oktober 2006 vereinbart wurde.
[32] 4. Eine Abänderung des Schuldspruchs betreffend den Angeklagten A. P. ist dem Senat verwehrt, denn es liegt nahe, dass dieser – tateinheitlich zur Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – auch die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verabredet oder sich hierzu bereiterklärt hat (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 30 Abs. 2 StGB). Das Landgericht hat dies nicht geprüft, obwohl es sich angesichts der festgestellten Verabredung eines "check test" unter Beteiligung des Angeklagten im Oktober 2006 hierzu hätte gedrängt sehen müssen. Allein daraus, dass es "jedenfalls im Jahre 2006 nicht mehr" zu dem Kokaintransport kam, kann auch nicht auf die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch der Beteiligung (§ 31 StGB) geschlossen werden.
[33] Eine – gegebenenfalls tateinheitlich zur Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinzutretende – Verabredung der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge oder ein sich Bereiterklären hierzu wird der neue Tatrichter aus denselben Gründen auch beim Angeklagten S. zu prüfen haben. Insbesondere lassen es die bisherigen Feststellungen offen, zu welchem Zweck er den Angeklagten A. P. zu der Besprechung im Oktober 2006 begleitet hat.
[34] Der Angeklagte S. P. ist durch die Verurteilung allein wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dagegen nicht beschwert.
[35] Die Sache bedarf daher im Fall II. 2. allein hinsichtlich der Angeklagten A. P. und S. neuer Verhandlung und Entscheidung.
II. Verurteilung des Angeklagten S. im Falle II. 1. der Urteilsgründe
[36] Der Ausspruch über die Einzelstrafe hat keinen Bestand.
[37] Das Landgericht hat die Anwendung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 31 Nr. 1 BtMG (aF) nicht erörtert. Hierzu hätte es sich entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts gedrängt sehen müssen, denn es stellt fest, dass der Angeklagte S. ein umfassendes Geständnis abgelegt und dabei auch ausführliche Angaben zu weiteren Beschuldigten gemacht hat (UA S. 23).
[38] Entsprechendes gilt im Übrigen hinsichtlich der im Falle II. 2. der Urteilsgründe gegen diesen Angeklagten und gegen den Angeklagten A. P. ausgesprochenen Einzelstrafen (UA S. 24, 26).
III. Verurteilung des Angeklagten S. im Falle II. 3. der Urteilsgründe
[39] Der Schuldspruch wegen – zum Führen tateinheitlich hinzutretenden – Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffenG) hat keinen Bestand.
[40] 1. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte bei seiner Festnahme eine ungeladene Pistole des Typs Ceska, Kal. 9 mm, ein zugehöriges gefülltes Magazin sowie 34 Stück passender Patronenmunition mit sich. Danach tritt die Tatvariante des Besitzes hinter die des Führens zurück, denn das Führen ist lediglich eine besondere Form der Ausübung tatsächlicher Gewalt. Einen Fall, in dem der Besitz als Dauerstraftat über den Zeitraum des Führens hinausreicht und deshalb einen eigenständigen Unrechtsgehalt aufweist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 – 3 StR 543/08; Beschluss vom 22. November 1984 – 1 StR 517/84, NStZ 1985, 221), hat das Landgericht nicht festgestellt.
[41] Tateinheitlich zum Führen der Waffe ist der Angeklagte indes des Besitzes von Munition schuldig (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b WaffG), denn dieser Tatbestand tritt hinter § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 – 3 StR 543/08; MünchKomm-StGB/Heinrich, § 52 WaffG Rn. 64).
[42] 2. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Tat nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die wegen der Tat ausgesprochene Einzelstrafe hat gleichwohl Bestand, denn der Senat schließt aus, dass das Landgericht die Strafe milder bemessen hätte, wäre es nicht von einem zum Führen der Waffe tateinheitlich hinzutretenden weiteren Verstoß gegen § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ausgegangen.