Bundesgerichtshof
BGB § 250 Satz 1, § 249 Abs. 1
a) Ist bereits der Herstellungsanspruch aus § 249 Abs. 1 BGB auf Zahlung von Geld gerichtet, besteht für eine Anwendung von § 250 Satz 1 BGB kein Raum, da es einer Umwandlung des Anspruchs auf Naturalrestitution in einen Anspruch auf Zahlung von Geld nicht bedarf (entgegen OLG Celle, Urteil vom 26. Januar 2011 – 3 U 101/10).
b) Das Kreditinstitut hat dem von ihm fehlerhaft beratenen Anleger nach § 249 Abs. 1 BGB den für den Erwerb der Anlage aufgewandten Geldbetrag zu zahlen, auf den ein Erlös aus deren Veräußerung anzurechnen ist.

BGH, Urteil vom 13. 11. 2012 – XI ZR 334/11; OLG Düsseldorf (lexetius.com/2012,5726)

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Grüneberg, Maihold, Pamp und die Richterin Dr. Menges für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2011 wird auf ihre Kosten verworfen, soweit sie gegen den Grund des Anspruchs gerichtet ist, und im Übrigen zurückgewiesen.
[1] Tatbestand: Die Klägerin begehrt von der beklagten Sparkasse Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei dem Erwerb verschiedener Wertpapiere.
[2] Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten seit Oktober 2003 ein Wertpapierdepot. Im Zeitraum von August 2007 bis Juni 2008 erwarb sie auf Empfehlung einer Kundenberaterin der Beklagten verschiedene, zunehmend risikoreichere Wertpapiere. Die Klägerin, die geltend macht, sie sei auf die Risikostruktur der Wertpapiere erst Ende Oktober 2008 von anderen Mitarbeitern der Beklagten hingewiesen worden, veräußerte die Papiere zwischen November 2008 und Januar 2009 über die Beklagte. Für den danach verbliebenen Verlust begehrt sie von der Beklagten Ersatz.
[3] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin ist die Beklagte unter Abweisung des weitergehenden Klageantrags zur Zahlung von 21.540,41 € nebst Zinsen verurteilt worden. Das Berufungsgericht hat die Revision mit Rücksicht auf eine abweichende Rechtsansicht des OLG Celle zur Notwendigkeit einer Fristsetzung gemäß § 250 Satz 1 BGB zugelassen. Die Beklagte erstrebt mit der von ihr eingelegten Revision die vollständige Abweisung der Klage.
[4] Entscheidungsgründe: Die Revision ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
[5] A. Die Revision ist nicht statthaft und damit unzulässig, soweit sie sich gegen den Grund des zugesprochenen Anspruchs richtet, da sie dazu vom Berufungsgericht nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zugelassen worden ist.
[6] I. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in diesem Umfang wirksam beschränkt.
[7] Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält zwar keinen Ausspruch, mit dem die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. Eine Beschränkung der Zulassung kann sich aber ebenso aus den Urteilsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 – VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, 3177, vom 16. September 2009 – VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11, vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18 und vom 16. Oktober 2012 – XI ZR 368/11, n. v., Rn. 14).
[8] 1. Danach hat das Berufungsgericht zum Grund der Haftung der Beklagten die Revision nicht zugelassen. Die Zulassung der Revision ist von ihm darauf gestützt worden, dass es von einer Rechtsansicht des OLG Celle (Urteil vom 26. Januar 2011 – 3 U 101/10, juris Rn. 38) abweiche, nach der auch ein Anspruch auf den Differenzschaden einer erfolglosen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 Satz 1 BGB bedürfe. Damit hat das Berufungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass es keine umfassende Überprüfung seiner Entscheidung eröffnen wollte. Die Divergenz, auf die es die Zulassung der Revision stützt, betrifft nämlich nicht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach, da der Schadensersatzanspruch als solcher von einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 BGB nicht berührt wird (vgl. Erman/Ebert, BGB, 13. Aufl., § 250 Rn. 1). Zum Grund des Anspruchs hat das Berufungsgericht auch darüber hinaus keine klärungsbedürftige Rechtsfrage gesehen. In einem solchen Fall ist die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts so auszulegen, dass die Revision lediglich beschränkt auf den von dem genannten Zulassungsgrund betroffenen Teil des Streitstoffs zugelassen ist (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 – II ZR 63/08, WM 2010, 848 Rn. 4 und Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18).
[9] 2. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Zwar kann die Zulassung der Revision nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Elemente des geltend gemachten Anspruchs begrenzt werden, sondern nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch eine Partei die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 27. September 2011 – XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 8, vom 20. März 2012 – XI ZR 340/10, juris Rn. 9 und vom 4. Juli 2012 – XII ZR 80/10, NJW 2012, 2657 Rn. 8). Dafür reicht es aber aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und – auch nach einer Zurückverweisung – kein Widerspruch zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 – III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 und vom 7. Juni 2011 – VI ZR 225/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4, jeweils mwN).
[10] Danach wäre eine Beschränkung der Revision auf die rechtlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 250 BGB unwirksam. Zulässig ist es jedoch, wie hier – die Zulassung der Revision auf die Höhe des Anspruchs zu beschränken, da es sich dabei um einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs handelt, der selbstständig beurteilt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2007 – XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 Rn. 15; BGH, Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18 mwN). Die die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht rechtfertigende Divergenz zur Auslegung von § 250 BGB betrifft – entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung – vorliegend auch nicht die Frage, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht, sondern beschränkt sich darauf, ob der Zahlungsanspruch unmittelbar auf Ausgleich des Differenzschadens gerichtet ist oder nur Zug um Zug gegen Herausgabe der erworbenen Wertpapiere durchgesetzt werden kann.
[11] B. Die Revision der Beklagten hat, soweit sie zulässig ist, keinen Erfolg.
[12] I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:
[13] Zwischen den Parteien seien zumindest stillschweigende Beratungsverträge über den Erwerb verschiedener Wertpapiere geschlossen worden. Dabei sei die Klägerin von der Beklagten jeweils weder anlegernoch anlagegerecht beraten worden. Für den der Klägerin dadurch entstandenen Schaden habe die Beklagte der Klägerin nach § 249 Abs. 1 BGB Ersatz zu leisten. Die Klägerin sei so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn sie die Wertpapiergeschäfte nicht getätigt hätte. Die Klägerin müsse die ursprünglich erworbenen Wertpapiere nicht im Wege der Vorteilsausgleichung Zug um Zug gegen Leistung von Schadensersatz der Beklagten herausgeben, da diese nach – zulässigem – Verkauf bei ihr nicht mehr vorhanden seien. Der frühere Zustand werde dadurch hergestellt, dass die ersatzpflichtige Bank der Klägerin den nach dem Verkauf der Wertpapiere verbliebenen Differenzschaden erstatten müsse. Dazu bedürfe es keiner vorherigen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 250 Satz 1 BGB, da der Anspruch von vornherein auf Geldzahlung gerichtet sei. Ihre Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 BGB habe die Klägerin durch den Verkauf der Wertpapiere nicht verletzt, da sie nicht gehalten gewesen sei, das mit diesen verknüpfte Risiko weiter hinzunehmen.
[14] II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision im Rahmen des beschränkten Umfangs der Revisionszulassung stand.
[15] 1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach § 249 Abs. 1 BGB als Naturalrestitution zu. Einer erfolglosen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 Satz 1 BGB bedurfte es nicht.
[16] a) Nach dem in § 249 Abs. 1 BGB festgelegten Grundsatz der Naturalrestitution kann der bei Erwerb einer Kapitalanlage fehlerhaft oder unzureichend beratene Anleger verlangen, so gestellt zu werden, als habe er diese Kapitalanlage nicht erworben (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom 13. Januar 2004 – XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 424 und vom 29. Juni 2010 – XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46). Der Wiederherstellungsanspruch des Anlegers ist dabei nicht auf den Ausgleich eines Minderwerts der Kapitalanlage gerichtet, sondern auf Ersatz für die durch den Erwerb der Kapitalanlage eingetretenen Einbußen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 – XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 424 f.). Soweit diese unmittelbar das Vermögen des Anlegers betreffen, erfolgt die Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 BGB durch Zahlung von Geld (vgl. PWW/Medicus, BGB, 7. Aufl., § 249 Rn. 15; Staudinger/Schiemann, BGB, Bearb. 2005, § 249 Rn. 190). Besteht nämlich der zu ersetzende Schaden in einem Verlust an Geld, ist bereits die Herstellung nach § 249 Abs. 1 BGB auf Zahlung gerichtet (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 249 Rn. 2). Eine erfolglose Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 250 Satz 1 BGB ist dann nicht erforderlich.
[17] Das beratende Kreditinstitut hat somit nach einer – hier feststehenden – fehlerhaften Anlageberatung dem Anleger als Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 1 BGB den Geldbetrag zu zahlen, den der Anleger für den Erwerb der Kapitalanlage aufgewandt hat (Staudinger/Schiemann, BGB, Bearb. 2005, § 249 Rn. 197 und § 251 Rn. 129; Braun/Lang/Loy in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl., Rn. 508).
[18] b) Die Klägerin war zunächst mit den für den Erwerb der jeweiligen Wertpapiere eingegangenen Verbindlichkeiten belastet. Nach deren Erfüllung hat sich der unmittelbare Vermögensschaden der Klägerin in dem Verlust der dafür aufgewendeten Geldmittel realisiert, den die Beklagte durch Zahlung auszugleichen hat. Darauf ist zwar der Erlös, den die Klägerin aus dem Verkauf der Wertpapiere erzielt hat, anzurechnen. Den verbliebenen Verlust hat die Beklagte nach § 249 Abs. 1 BGB aber unverändert durch Zahlung eines Geldbetrags zu ersetzen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin der Beklagten erfolglos nach § 250 Satz 1 BGB eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat.
[19] Die von der Revision in Anspruch genommene Gegenansicht (OLG Celle, Urteil vom 26. Januar 2011 – 3 U 101/10, juris Rn. 38) übersieht, dass § 250 BGB keine Anwendung findet, wenn der Herstellungsanspruch aus § 249 Abs. 1 BGB bereits auf Zahlung von Geld gerichtet ist. § 250 BGB eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, einen allgemeinen Anspruch auf Herstellung durch Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung in einen Anspruch auf Zahlung von Geld umzuwandeln. Dafür ist kein Raum, wenn bereits die Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB durch Zahlung von Geld zu erfolgen hat.
[20] 2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision konkludent hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs der Beklagten auf Übertragung der Wertpapiere. Der schadensrechtliche Vorteilsausgleich wird nach Verkauf der Wertpapiere nicht durch eine Zug-um-Zug-Verurteilung, sondern dadurch erreicht, dass der Erlös aus dem Verkauf auf den Ersatzanspruch der Klägerin angerechnet wird.
[21] a) Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen dem Geschädigten allerdings neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – III ZR 28/08, WM 2009, 540 Rn. 14 und vom 18. Dezember 1981 – V ZR 207/80, WM 1982, 428, 429). Sind Ersatzanspruch und Vorteil gleichartig, wird die Vorteilsausgleichung durch Anrechnung bewirkt. Der Vorteil wird somit vom Schadensersatzanspruch abgezogen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung des Geschädigten bedarf (BGH, Urteile vom 2. Juli 1962 VIII ZR 12/61, WM 1962, 1006 und vom 15. Januar 2009 – III ZR 28/08, WM 2009, 540 Rn. 14; Erman/Ebert, BGB, 13. Aufl., vor § 249 Rn. 88; Münch- KommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 279; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 71). Bei fehlender Gleichartigkeit muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1958 – II ZR 103/57, BGHZ 27, 241, 248 f.; BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – III ZR 28/08, WM 2009, 540 Rn. 14 mwN).
[22] b) Danach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von einer Zug-um- Zug-Verurteilung abgesehen und stattdessen den Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere auf den Ersatzanspruch der Klägerin verrechnet. Da die Klägerin über keines der auf die Beratung der Beklagten hin erworbenen Wertpapiere mehr verfügt, fehlt ein wirtschaftlicher Vorteil, den sie durch Herausgabe auszugleichen hätte. Statt dessen ist – wie im Berufungsurteil geschehen – der ihr aus der Veräußerung der Papiere zugeflossene Erlös mit dem Ersatzanspruch zu verrechnen.
[23] Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die erworbenen Wertpapiere erst veräußert hat, nachdem sie Kenntnis von der fehlerhaften Beratung durch die Beklagte erlangt hatte. Im Schadensersatzprozess ist für die Berechnung des konkreten Schadens regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in einer Tatsacheninstanz heranzuziehen (BGH, Urteile vom 12. Juli 1996 – V ZR 117/95, BGHZ 133, 246, 252 f. und vom 2. April 2001 – II ZR 331/99, WM 2001, 2251, 2252 f.). Für die Anrechnung eines Vorteils gilt nichts anderes. Vorbehaltlich – hier nicht vorliegender – zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannter künftiger ausgleichspflichtiger Vorteile (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 – III ZR 174/89, WM 1990, 1766, 1767 und vom 23. April 2012 – II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 41; siehe auch BGH, Urteile vom 18. Dezember 1969 – VII ZR 121/67, BGHZ 53, 132, 137 f. und vom 1. März 2011 – XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 11) sind deswegen die am Tag der letzten mündlichen Verhandlung bestehenden Vorteile auszugleichen.
[24] Entgegen der Ansicht der Revision muss die Klägerin die veräußerten Wertpapiere auch nicht erneut erwerben, um diese der Beklagten sodann als Zug-um-Zug-Leistung anbieten zu können. Zwar entfällt ein bei der Schadensberechnung zu berücksichtigender Vorteil nicht dadurch, dass der Geschädigte aufgrund eines vom Schädiger nicht herausgeforderten Willensentschlusses den Vorteil ganz oder teilweise zunichtemacht (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 – IX ZR 294/95, WM 1997, 72, 73). Die Klägerin hat jedoch mit dem Verkauf der Wertpapiere den Vorteil aus deren Erwerb nicht aufgegeben. Vielmehr hat sich dieser in dem Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere fortgesetzt und ist nunmehr statt durch Herausgabe der Papiere durch Verrechnung des Erlöses auszugleichen.
[25] 3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Einwand eines Mitverschuldens der Klägerin nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Klägerin hat durch den Verkauf der Wertpapiere nicht gegen die Obliegenheit verstoßen, den eingetretenen Schaden gering zu halten. Insbesondere musste sie nicht die streitgegenständlichen Wertpapiere der Beklagten vor einer Veräußerung zum Erwerb anbieten.
[26] a) Allerdings ist nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB der Geschädigte im Interesse des Schädigers gehalten, den entstandenen Schaden zu mindern.
[27] Ihm kann jedoch nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden, dazu weiterhin – spekulative Risiken einzugehen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. März 2011 – IX ZR 162/08, WM 2011, 1529 Rn. 18). Die Unsicherheit, ob sich Versuche des Geschädigten, weitere Vermögenseinbußen zu vermeiden, als erfolgreich erweisen, geht zulasten des Schädigers, wenn die Vorgehensweise des Geschädigten im konkreten Fall vernünftig und zweckmäßig erscheint.
[28] Nach diesem Maßstab durfte die Klägerin, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei annimmt, die Wertpapiere verkaufen, die sie aufgrund der fehlerhaften Beratung der Beklagten erworben hatte. Es widerspricht nicht dem Gebot der Schadensminderung, sondern ist im Grundsatz wirtschaftlich vernünftig, dass die Klägerin durch einen Verkauf der Wertpapiere die wirtschaftlichen Risiken beseitigt hat, mit denen sie durch die fehlerhafte Beratung der Beklagten belastet worden war. Den möglichen Nachteil, dass nach einem Verkauf der Wertpapiere eine denkbare Kurserholung den Schaden nicht mehr teilweise – ausgleichen kann, hat die Beklagte als Schädigerin hinzunehmen.
[29] b) Die Klägerin hat entgegen der Ansicht der Revision auch nicht dadurch gegen ihre Obliegenheit zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoßen, dass sie die Wertpapiere veräußert hat, ohne diese zuvor der Beklagten zum Erwerb anzubieten.
[30] Zwar hat ein Kreditinstitut, das für fehlerhafte Beratung bei dem Erwerb von Wertpapieren haftet, dem Anleger Schadensersatz lediglich Zug um Zug gegen Herausgabe bei diesem verbliebener Wertpapiere zu leisten. Ein selbstständiger Anspruch des Kreditinstituts auf deren Übertragung ergibt sich daraus jedoch nicht. Die Beklagte hätte somit die Papiere, die die Klägerin aufgrund fehlerhafter Beratung erworben hatte, lediglich bis zu deren Verkauf durch die Klägerin Zug um Zug gegen die Zahlung von Schadensersatz erhalten können.
[31] Die Leistung von Schadensersatz hat sie jedoch bisher abgelehnt.
[32] Ein Verstoß gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung kommt allerdings dann in Betracht, wenn sich die zeitnahe Verwertung der Kapitalanlage durch den Geschädigten als unwirtschaftlich darstellt und ihm aus besonderen Umständen die Übernahme des mit dem weiteren Halten der Papiere verknüpften Risikos zuzumuten ist. In einem solchen Fall kann es nach der gebotenen Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge beider Parteien angemessen sein, auch den Geschädigten mit einem Teil seines Schadens zu belasten (vgl. dazu Senat, Urteile vom 24. Juli 2001 – XI ZR 164/00, WM 2001, 1716, 1718 und vom 28. Mai 2002 – XI ZR 336/01, WM 2002, 1502, 1503 f.).
[33] Solche Feststellungen sind jedoch im vorliegenden Berufungsurteil, anders als in dem von der Revision angesprochenen Rechtsstreit (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. Februar 2001 – 19 U 132/00, juris Rn. 16), – von der Revision unbeanstandet – nicht getroffen worden.