Bundesgerichtshof

BGH, Beschluss vom 31. 7. 2013 – VIII ZR 149/13; LG Hanau (lexetius.com/2013,2780)

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Dr. Achilles und Dr. Schneider beschlossen:
Der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts Hanau vom 22. Mai 2013 in Verbindung mit dem Urteil des Amtsgerichts Hanau vom 18. Januar 2013 vorläufig einzustellen, wird zurückgewiesen.
[1] Gründe: Der Antrag ist unbegründet. Einer Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO steht entgegen, dass die weitere Rechtsverteidigung des Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat. Denn die Vorinstanzen haben die ordentliche Kündigung des Klägers zu Recht für begründet erachtet und deshalb auf Räumung des vom Beklagten gemieteten Einfamilienhauses erkannt.
[2] Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte Inhaber eines Gewerbebetriebs, der einen Hausmeisterservice, die De- und Remontage von Aufzugsanlagen und Schwertransporte innerhalb von Gebäuden, Montage von Aufzugsanlagen und Bau von Montagerüstung zum Gegenstand hat. Als Betriebsstätte hat der Beklagte gegenüber dem Gewerbeamt seit mehreren Jahren seine Wohnadresse angegeben; unter dieser "Geschäftsadresse" tritt er auch gegenüber Kunden auf. Der Kläger mahnte den Beklagten wegen unerlaubter gewerblicher Nutzung des zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhauses vergeblich ab.
[3] Die Auffassung der Vorinstanzen, dass im Verhalten des Beklagten eine nach dem Mietvertrag nicht erlaubte und deshalb vertragswidrige gewerbliche Nutzung liegt, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08, NJW 2009, 3157 Rn. 13 ff. sowie vom 10. April 2013 – VIII ZR 213/12, NJW 2013, 1806 Rn. 14). Auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Vertragsverletzung im vorliegenden Fall ein die ordentliche Kündigung rechtfertigendes Gewicht hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
[4] Der Beklagte hat sich allerdings darauf berufen, dass von seinem Betrieb bisher keine konkreten Störungen ausgegangen seien, weil er in dem vom Kläger gemieteten Einfamilienhaus in der Vergangenheit keine geschäftlichen Besuche von Mitarbeitern oder Kunden empfangen habe. Außerdem stelle er die für seinen Betrieb benötigten Fahrzeuge nicht auf dem Wohngrundstück oder auf der Straße in der Nähe des Grundstücks ab, sondern ausschließlich auf einem dafür gesondert angemieteten Platz. Darauf kommt es indessen nicht an.
[5] Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss (Senatsurteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08, aaO Rn. 15).
[6] Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen Anspruch auf Gestattung der gewerblichen Tätigkeit verneint hat. Ein – auf Treu und Glauben gestützter – Anspruch des Mieters auf Gestattung gewerblicher Aktivitäten in der ausschließlich zu Wohnzwecken angemieteten Wohnung kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur ausnahmsweise in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08, aaO). Einen solchen Ausnahmefall hat das Berufungsgericht hier angesichts von Art und Zuschnitt des vom Beklagten geführten Gewerbebetriebs rechtsfehlerfrei verneint.