Bundesgerichtshof
DRiG § 80 Abs. 1 Satz 1; VwGO § 137 Abs. 2
Die Feststellung des Inhalts einer dienstlichen Beurteilung eines Richters und die Würdigung der darin verwendeten Formulierungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte und unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung.

BGH, Urteil vom 14. 10. 2013 – RiZ (R) 2/12; Dienstgericht für Richter beim LG Leipzig (lexetius.com/2013,4518)

Der Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bergmann, die Richterin am Bundesgerichtshof Safari Chabestari, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Drescher sowie die Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder und Dr. Spinner für Recht erkannt:
Die Revisionen des Antragstellers und des Antragsgegners gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Leipzig vom 3. April 2012 werden zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat ¾, der Antragsgegner ¼ der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
[1] Tatbestand: Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller durch Formulierungen in der dienstlichen Beurteilung vom 2. Januar 2009 in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt ist.
[2] Der Antragsteller steht seit 1991 im richterlichen Dienst des Antragsgegners. Seit dem 1. März 2000 ist er Vorsitzender einer Kammer am Arbeitsgericht L.; vorher war er vor allem am Arbeitsgericht Z. tätig.
[3] Unter dem 5. Juli 2000 fertigte der damalige Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts eine Anlassbeurteilung für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 29. Februar 2000. Die nachgehende Regelbeurteilung für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001 wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 2. Februar 2006 aufgehoben; die zugelassene Berufung wies das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. September 2008 zurück.
[4] Unter dem 2. Januar 2009 fertigte der jetzige Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts erneut eine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum von 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2001, in der hinsichtlich des Beurteilungszeitraums vom 1. Januar 1998 bis 29. Februar 2000 auf die Anlassbeurteilung vom 5. Juli 2000 verwiesen wird.
[5] Die Beurteilung schließt mit dem Gesamturteil "Er entspricht nicht den Anforderungen". Im Übrigen hat sie u. a. folgenden Wortlaut:
"Die Feststellungen, die der Präsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts in jener Anlassbeurteilung getroffen hat, konnte der zu beurteilende Richter am Arbeitsgericht T. während des Beurteilungszeitraumes vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2001 beim Arbeitsgericht L. weitgehend nicht bestätigen.
Herr T. hatte in der Zeit vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 530 eingegangene Verfahren zu bearbeiten. Er erledigte in diesem Zeitraum 560 Verfahren, davon 39 durch Urteil und 237 durch Vergleich. Im Jahre 2001 hatte Herr T. 689 eingehende Verfahren zu bearbeiten. Er erledigte 598 Verfahren, davon 67 durch Urteil und 222 durch Vergleich. Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001.
Herrn T. s Kammer war nicht mehr belastet als die anderen Kammern des Arbeitsgerichts L.. Zwar hatte Herr T. bereitwillig die Fachkammer für Eingruppierungsfeststellungsklagen gegen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu Beginn seiner Tätigkeit beim Arbeitsgericht L. übernommen. Diese Streitigkeiten führten regelmäßig zu einer höheren Zahl von Urteilen. Aus diesem Grunde wurden allerdings alle sogenannten Eingruppierungsfeststellungsstreitigkeiten doppelt gezählt und Herr T. entsprechend entlastet. Dies führte dazu, dass Herr T. im Vergleich zu anderen Kammern die geringsten Eingänge hatte und auch unter Berücksichtigung seiner Fachzuständigkeit nicht überbelastet war.
Herr T. terminiert zügig. Dass Kündigungsschutzverfahren entsprechend § 61 Absatz 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen. Entsprechend § 54 Absatz 4 ArbGG bestimmt Herr T. einen Kammertermin in der gescheiterten Güteverhandlung.
Konkrete Auflagen- und Hinweisbeschlüsse erfolgen bis zu sechs Wochen danach. Entsprechend § 56 Absatz 1 ArbGG bereitet Herr T. die Kammerverhandlungen so vor, dass sie regelmäßig in einer Verhandlung der Entscheidungsreife zugeführt werden können. (…)
Von den 107 Urteilen (einschließlich eines Teilurteils), die Herr T. in den zweiundzwanzig Monaten vom 1. März 2000 bis zum 31. Dezember 2001 verkündete, lagen 18 innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 60 Absatz 4 bzw. Absatz 1 ArbGG in vollständig abgesetzter Form der Geschäftsstelle vor. In 20 Verfahren bestimmte Herr T. Verkündungstermine. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Absatz 4 Satz 2 ArbGG zum Zeitpunkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor. Seit Beginn der Aufnahme seiner Tätigkeit beim Arbeitsgericht L. stieg die Zahl nicht abgesetzter Urteile schnell an. Bereits am 1. Juni 2000 hatte Herr T. drei Urteile aus dem Monat März 2000 nicht abgesetzt. Im Folgenden werden diejenigen Urteile aufgeführt, die bis zum Ende des übernächsten der Verkündung folgenden Monats nicht abgesetzt worden sind. Insgesamt lagen 89 Urteile nicht innerhalb von drei Wochen nach ihrer Verkündung in abgesetzter Form vor.
Am 1. Februar 2001 waren zehn Urteile nicht abgesetzt, deren Verkündungstag bis zu mehr als sieben Monate zurück lag. (…)
Ende Dezember 2001 waren 23 Urteile nicht abgesetzt, deren Verkündungstag bis zu mehr als 14 Monate zurück lag. (…)
Obwohl Herr T. ein entscheidungsfreudiger Richter ist, schafft er es in der Regel nicht, seine Urteile innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen abzusetzen.
Möglicherweise fehlt Herrn T. die innere Einstellung oder die erforderliche Selbstdisziplin dazu, oder er ist nicht in der Lage, seine Arbeitsabläufe effektiv – unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben – zu gestalten. Diese ganz erheblichen Verzögerungen sowohl bezüglich der Anzahl nicht abgesetzter Urteile als auch bezüglich der Dauer des Nichtabsetzens mit den damit verbundenen nachteiligen Folgen für die Prozessparteien begründen auch unter Berücksichtigung der Anlassbeurteilung vom 5. Juli 2000 – Herrn T. s Nichtverwendbarkeit im Richteramt. Diese gravierende Fehlleistung des Herrn T. in einem Kernbereich der zu beurteilenden Tätigkeit gleicht Herr T. nicht durch Leistungen auf anderen Gebieten aus."
[6] Die Beurteilung wurde dem Antragsteller am 3. Februar 2009 eröffnet.
[7] Sein hiergegen gerichteter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009, zugestellt am 17. September 2009, zurückgewiesen. Mit dem am 12. Oktober 2009 beim Dienstgericht für Richter eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Feststellung der Unzulässigkeit bestimmter Formulierungen in der angegriffenen Beurteilung. Daneben hat er die Beurteilung mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht L. angefochten.
[8] Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Beurteilung enthalte unzulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht, die ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigten. Die im Antrag bezeichneten Ausführungen des Dienstvorgesetzten zielten auf eine Änderung seines Verhaltens im Kernbereich richterlicher Tätigkeit, die er nicht hinzunehmen bereit sei.
[9] Der Antragsteller hat beantragt, festzustellen, dass es sich bei den folgenden Ausführungen in der dienstlichen Beurteilung des Präsidenten des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 02. Januar 2009 um unzulässige Maßnahmen der Dienstaufsicht handelt:
- Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001.
- Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Absatz 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen.
- Konkrete Auflagen- und Hinweisbeschlüsse erfolgen bis zu sechs Wochen danach.
- In 20 Verfahren bestimmte Herr T. Verkündungstermine. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Absatz 4 Satz 2 ArbGG zum Zeitpunkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor.
[10] Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt. Er ist der Auffassung, die Beurteilung gebe lediglich tatsächliche Handlungsweisen des Antragstellers wieder.
[11] Das Dienstgericht für Richter hat den Antrag für zulässig und teilweise auch für begründet gehalten. Die Passage "Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Abs. 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen" sei missverständlich. Sie könne in Verbindung mit den vorherigen Ausführungen so verstanden werden, dass Kündigungsschutzklagen noch zügiger als andere Streitigkeiten zu terminieren seien. Dies betreffe den Kernbereich richterlicher Tätigkeit und nehme mindestens psychologisch Einfluss auf die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte. Bei den übrigen angegriffenen Passagen handele es sich hingegen um bloße Feststellungen, die keine Wertungen oder Weisungen enthielten.
[12] Der Antragsteller verfolgt mit seiner Revision den ursprünglichen Antrag weiter, soweit er ohne Erfolg geblieben ist. Der Antragsgegner erstrebt mit seiner Revision die vollständige Zurückweisung des Antrags.
[13] Entscheidungsgründe: I. Die zulässigen Revisionen beider Beteiligter sind unbegründet. Die angegriffene Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.
[14] 1. Zutreffend hat das Dienstgericht für Richter die angefochtene dienstliche Beurteilung ausschließlich daraufhin überprüft, ob sie den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt. Ob die Beurteilung im Übrigen rechtmäßig ist, hat es nicht zu entscheiden.
[15] a) Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäftes vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Demgemäß sieht § 6 Abs. 1 und 2 SächsRiG die periodische Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung von Richtern auf Lebenszeit vor, mit dem Hinweis, dass bei der Beurteilung richterlicher Amtsgeschäfte die sich aus § 26 Abs. 1 und 2 DRiG ergebenden Beschränkungen zu beachten sind und eine Stellungnahme zum Inhalt richterlicher Entscheidungen unzulässig ist.
[16] b) Soweit die richterliche Unabhängigkeit durch den Inhalt einer dienstlichen Beurteilung beeinträchtigt wird, ist diese unzulässig. Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn darin die richterliche Amtsführung und spezifisch richterliche Fähigkeiten bewertet werden. Das entspricht vielmehr ihrem Zweck. Eine dienstliche Beurteilung verletzt die richterliche Unabhängigkeit nur dann, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll. In dieser Richtung muss die dienstliche Beurteilung eines Richters sich auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten. Sie ist unzulässig, wenn die in ihr enthaltene Kritik den Richter veranlassen könnte, in Zukunft eine andere Verfahrens- oder Sachentscheidung als ohne diese Kritik zu treffen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 – RiZ (R) 5/08, BGHZ 181, 268 Rn. 15; Urteil vom 25. September 2002 – RiZ (R) 4/01, NJW-RR 2003, 492, 493; Urteil vom 10. August 2001 – RiZ (R) 5/00, NJW 2002, 359, 360 f.).
[17] c) Zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit gehören in erster Linie die eigentliche Rechtsfindung und die ihr mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der Rechtsuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sog. Kernbereich; st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 – RiZ (R) 5/08, BGHZ 181, 268 Rn. 16 mwN). Sie sind dienstaufsichtlichen Maßnahmen grundsätzlich entzogen, es sei denn, es liegt ein offensichtlicher, jedem Zweifel entrückter Fehlgriff vor (BGH, Urteil vom 14. April 1997 – RiZ (R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 468). Dementsprechend ist auch die Verhandlungsführung einer Dienstaufsicht weitgehend entzogen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 – RiZ (R) 3/05, NJW 2006, 1674 Rn. 21).
[18] d) Hingegen unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, die äußere Form der Erledigung eines Dienstgeschäftes oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechungstätigkeit so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig angesehen werden können (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 – RiZ (R) 5/08, BGHZ 181, 268 Rn. 17; Urteil vom 22. Februar 2006 – RiZ (R) 3/05, NJW 2006, 1674 Rn. 20). So kann etwa der Vorhalt unangemessen langer Urteilsabsetzungsfristen eine zulässige Ausübung von Dienstaufsicht sein (BGH, Urteil vom 27. Januar 1995 – RiZ (R) 3/94, DRiZ 1995, 352, 353; Urteil vom 22. März 1985 – RiZ (R) 2/84, DRiZ 1985, 394, 395; Urteil vom 31. Januar 1984 – RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 45 f.).
[19] 2. Die Feststellung des Inhalts einer dienstlichen Beurteilung und die Würdigung der darin im Einzelfall verwendeten Formulierungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte und unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i. V. m. § 137 Abs. 2 VwGO). Sofern keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden, ist das Revisionsgericht grundsätzlich an die im Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 – 11 C 11.96BVerwGE 106, 115, 123 mwN). Die tatrichterliche Würdigung einer Äußerung oder Erklärung, auch in einer Beurteilung, ist nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen wurde oder ob sie sonst auf Rechtsfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 – RiZ (R) 3/05, NJW 2006, 1674 Rn. 23; Urteil vom 14. April 1997 – RiZ (R) 1/96, DRiZ 1997, 467, 469; BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 C 1.10, BVerwGE 138, 371 Rn. 15).
[20] 3. Gemessen daran ist die Würdigung der dienstlichen Beurteilung durch das Dienstgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Verfahrensrügen haben die Beteiligten nicht erhoben, sonstige Rechtsfehler lässt die Entscheidung des Dienstgerichts nicht erkennen.
[21] a) Die Revision des Antragstellers zeigt Rechtsfehler nicht auf, soweit das Dienstgericht den Prüfungsantrag für unbegründet erachtet hat.
[22] aa) Das Dienstgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Formulierung "Der Bestand erhöhte sich von 186 auf 277 Verfahren zum Ende des Jahres 2001" den Antragsteller nicht in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt.
[23] Das Dienstgericht hat diese Formulierung dahin gewürdigt, es handele sich um eine bloße Darstellung der tatsächlichen Gegebenheiten ohne Wertung oder Weisung. Das ist nicht zu beanstanden. In der Beurteilung werden zunächst die Eingangszahlen der Kammer in den zu beurteilenden Zeiträumen genannt und dem wird gegenübergestellt, wie viele Verfahren erledigt wurden.
[24] Dies ist zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2001 – RiZ (R) 5/00, NJW 2002, 359, 361) und wird vom Antragsteller auch nicht angegriffen. Im Folgenden wird die Belastung der Kammer, die der Antragsteller inne hatte, in ein Verhältnis zur Belastung anderer Kammern am Arbeitsgericht L. gesetzt.
[25] Auch hiergegen bestehen keine Bedenken. Die angegriffene Formulierung erspart lediglich dem Leser, selbst zu berechnen, welche Auswirkungen das Verhältnis von Eingangs- und Erledigungszahlen auf den Kammerbestand hatte.
[26] Die dafür notwendigen Zahlen enthält die Beurteilung. Ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Antragstellers ist mit dieser Darstellung – auch unter Berücksichtigung ihres Kontextes – nicht verbunden. Er wird dadurch nicht zu einer bestimmten Art der Behandlung und Erledigung der eingehenden Rechtsstreite veranlasst. Entgegen der Auffassung der Revision durfte das Dienstgericht bei seiner Wertung den Inhalt des Schreibens des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts an das Sächsische Staatsministerium der Justiz vom 16. April 2009 außer Betracht lassen. Weder wird in der dienstlichen Beurteilung ein Bezug zu einem solchen Schreiben hergestellt noch enthält diese selbst entsprechende Formulierungen.
[27] bb) Die Annahme des Dienstgerichts, die Formulierung "Konkrete Auflagen- und Hinweisbeschlüsse erfolgen bis zu sechs Wochen danach" sei nicht geeignet, den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, hält ebenfalls der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
[28] Das Dienstgericht nimmt an, diese Formulierung sei ausschließlich beschreibend und stelle dar, in welcher Zeitspanne nach einer Güteverhandlung Auflagen- und Hinweisbeschlüsse vom Antragsteller verfasst würden. Weder sei darin die Aufforderung zu sehen, solche Beschlüsse bereits in der Güteverhandlung zu verkünden, noch eine Bewertung dieser Zeitspanne als zu lang.
[29] Rechtsfehler zeigt die Revision im Hinblick auf diese Auslegung nicht auf. Vielmehr meint sie, in der angegriffenen Formulierung liege eine Missbilligung und ein Verbot, außerhalb der Güteverhandlung Auflagenbeschlüsse zu erlassen.
[30] Dies stellt aber lediglich eine andere Wertung durch den Antragsteller dar, ohne dass er Anhaltspunkte für Auslegungsfehler des Dienstgerichts benennt. Im Übrigen weist die Revision zutreffend darauf hin, dass das Gesetz keine zwingenden, für alle Verfahren gleichermaßen geltenden Vorgaben zum Zeitpunkt des Erlasses entsprechender Beschlüsse macht. Gemäß § 54 Abs. 4 ArbGG ist im Fall der gescheiterten Güteverhandlung Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen, wenn diese sich – wie regelmäßig in der Praxis – nicht unmittelbar anschließt. Eine entsprechende gesetzeskonforme Handhabung wird dem Antragsteller in der Beurteilung ausdrücklich bescheinigt. Die streitige Verhandlung ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sodann so vorzubereiten, dass sie möglichst in einem Termin erledigt werden kann. Dabei sollen nach Satz 2 soweit erforderlich – Auflagen und Hinweise an die Parteien erfolgen. Konkrete Vorgaben zum Zeitpunkt macht die Norm nicht. Hingegen bestimmt § 61a Abs. 3 ArbGG, dass in Rechtsstreitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses im Fall der erfolglosen Güteverhandlung dem Beklagten eine entsprechende Frist zu setzen ist, wenn er noch nicht oder nicht ausreichend auf die Klage erwidert hat. Diese Vorschrift dient der besonderen Beschleunigung von Verfahren über Bestandsstreitigkeiten (GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 61a Rn. 8). Ob dem Kläger gleichzeitig eine Frist zur Replik gesetzt wird, ist nach Absatz 4 in das Ermessen des Vorsitzenden gestellt ("kann"). Die Darstellung in der Beurteilung in der vom Dienstgericht vorgenommenen Auslegung entspricht damit der prozessualen Lage nach dem Arbeitsgerichtsgesetz.
[31] cc) Gleiches gilt hinsichtlich der Formulierung "In 20 Verfahren bestimmte Herr T. Verkündungstermine. In einigen dieser Verfahren lagen die Entscheidungen entgegen § 60 Abs. 4 Satz 2 ArbGG im Zeitpunkt ihrer Verkündung nicht abgesetzt vor".
[32] Das Dienstgericht nimmt insoweit an, der erste Satz gebe rein beschreibend wieder, in wie vielen Fällen Verkündungstermine gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmt worden seien. Auch aus dem Kontext könne eine negative Wertung, die geeignet wäre, auf das Verhalten des Antragstellers Einfluss zu nehmen, nicht entnommen werden. Deshalb komme es auch nicht darauf an, dass die Bestimmung eines Verkündungstermins nicht durch den Vorsitzenden alleine, sondern durch die Kammer erfolge. Damit hat das Dienstgericht alle für die Auslegung relevanten Umstände berücksichtigt. Die Revision stellt dieser Auslegung lediglich ihre Auslegung und Wertung als Missbilligung gegenüber, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
[33] Hinsichtlich des zweiten Satzes der angegriffenen Textpassage geht das Dienstgericht rechtsfehlerfrei davon aus, dass eine nach § 26 Abs. 2 DRiG auf Tatsachen bezogene zulässige Wertung vorliegt. Diese bezieht sich auf das Absetzen der Urteile nach den gesetzlichen Vorgaben im Fall der Bestimmung eines Verkündungstermins. § 60 Abs. 4 Satz 2 ArbGG bestimmt, dass das Urteil dann, wenn es in einem gesonderten Termin verkündet wird, "bei der Verkündung in vollständiger Form abgefasst sein muss". Die Vorschrift wird entsprechend ihrem Wortlaut nach allgemeiner Auffassung als zwingend angesehen (BCF/Creutzfeldt, ArbGG, 5. Aufl., § 60 Rn. 12; Düwell/Lipke/Kloppenburg, ArbGG, 3. Aufl., § 60 Rn. 18; ErfK/Koch, ArbGG, 13. Aufl., § 60 Rn. 6; GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 60 Rn. 31). Umstritten ist lediglich, ob der Verkündungstermin zu verlegen ist, wenn das Urteil zum ursprünglichen Termin nicht vorliegt (vgl. Düwell/Lipke/Kloppenburg, ArbGG, 3. Aufl., § 60 Rn. 18; ErfK/Koch, ArbGG, 13. Aufl., § 60 Rn. 6; GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 60 Rn. 31), oder ob nach § 60 Abs. 4 Satz 3 und 4 ArbGG zu verfahren ist (so BCF/Creutzfeldt, ArbGG, 5. Aufl., § 60 Rn. 12). Im Übrigen betrifft diese Norm nicht den Kernbereich der richterlichen Tätigkeit, sondern nur den "äußeren Ordnungsbereich". Es geht nicht um den Inhalt der getroffenen Entscheidungen oder die Art ihrer Vorbereitung, sondern um die äußere Form der Erledigung abgeschlossener richterlicher Geschäfte (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 – RiZ (R) 3/10, NJW 2012, 939 Rn. 21 = NZA 2012, 391). Eine Verletzung des § 60 Abs. 4 Satz 2 ArbGG durfte dem Antragsteller damit vorgehalten werden, ohne dass darin ein unzulässiger Eingriff in seine Unabhängigkeit zu sehen wäre.
[34] b) Die Revision des Antragsgegners ist ebenfalls unbegründet.
[35] Das Dienstgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Formulierung "Dass Kündigungsschutzklagen entsprechend § 61 Absatz 2 ArbGG bevorzugt terminiert werden, lässt sich nicht feststellen" sei geeignet, den Antragsteller in seiner Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.
[36] aa) Das Dienstgericht geht davon aus, diese Formulierung könne so verstanden werden, dass in dem beurteilten Zeitraum keine bevorzugte Terminierung von Bestandsstreitigkeiten bei der Festsetzung des Gütetermins erfolgt sei. Es stützt diese Annahme insbesondere auf eine Wertung der Formulierung im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz, wonach der Antragsteller zügig terminiere. Die angegriffene Passage könne vom Beurteilten so verstanden werden, dass er trotz insgesamt zügiger Terminierung Kündigungsschutzverfahren generell noch zügiger zu terminieren habe. Damit sei die Formulierung geeignet, den auch im Rahmen des § 61a Abs. 2 ArbGG noch bestehenden richterlichen Spielraum in unzulässiger Weise einzuschränken und den Antragsteller anzuhalten, in einer bestimmten, vom Gesetz nicht für alle Fallgestaltungen zwingend vorgegebenen Reihenfolge vorzugehen.
[37] bb) Die Revision des Antragsgegners wendet sich gegen diese Auslegung und vertritt die Auffassung, die angegriffene Formulierung erschöpfe sich ohne jede Wertung oder gar Missbilligung in der Feststellung von Tatsachen.
[38] Sie zeigt aber nicht auf, dass die Würdigung des Dienstgerichts, die Formulierung könne im Zusammenhang mit der vorangehenden Feststellung, dass der Antragsteller zügig terminiere, dahin verstanden werden, Kündigungsschutzklagen seien noch zügiger als die anderen Streitigkeiten zu terminieren, auf Rechtsfehlern beruht, also gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt lässt. Solche Rechtsfehler sind auch nicht erkennbar.
[39] cc) Die Entscheidung des Dienstgerichts ist auch im Hinblick auf die rechtliche Wertung, die Formulierung könne daher als Einflussnahme auf den Kernbereich richterlicher Tätigkeit verstanden werden und beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, frei von Rechtsfehlern.
[40] Nach § 61a Abs. 2 ArbGG soll die Güteverhandlung in Bestandsstreitigkeiten innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung stattfinden. Für andere Verfahren gibt es hingegen keine konkrete Bestimmung darüber, wann die Güteverhandlung zu erfolgen hat. Wieweit die Verpflichtung aus § 61a Abs. 2 ArbGG reicht, insbesondere in welchen Fällen hiervon abgewichen werden kann und ob etwa vorsorglich Termine für Bestandsschutzstreitigkeiten freigehalten werden müssen, ist umstritten (vgl. etwa einerseits GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 61a Rn. 9 f., andererseits BCF/Creutzfeldt, ArbGG, 5. Aufl., § 61a Rn. 9; zur entgegenstehenden Gerichtspraxis auch Düwell/Lipke/Kloppenburg, ArbGG, 3. Aufl., § 61a Rn. 5). Bei Vorliegen unabänderlicher Gründe wird eine spätere Durchführung des Gütetermins für zulässig erachtet, beispielsweise wenn die Klage öffentlich zuzustellen, bei Krankheit oder Urlaub des Vorsitzenden keine Vertretung vorhanden oder eine Vielzahl von Bestandsschutzstreitigkeiten zu terminieren ist (vgl. GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Aufl., § 61a Rn. 10; Düwell/Lipke/Kloppenburg, ArbGG, 3. Aufl., § 61a Rn. 5; Schwab/Weth/Korinth, ArbGG, 3. Aufl., § 61a Rn. 5). Deshalb bedarf es im Einzelfall unter Beachtung des § 61a Abs. 2 ArbGG der wertenden Entscheidung des Richters, wann ein Gütetermin anzusetzen ist. Die Terminierung des einzelnen Rechtsstreits und damit die Frage, wann welches Verfahren durch den Richter erledigt wird, gehört zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeit und unterliegt dem Schutz vor Eingriffen im Rahmen der Dienstaufsicht (BGH, Urteil vom 15. November 2007 – RiZ (R) 4/07, NJW 2008, 1448 Rn. 31 f.). Zwar ist der Dienstvorgesetzte im Rahmen dienstaufsichtlicher Maßnahmen berechtigt, auf eine offensichtlich und zweifelsfrei bestehende Rechtslage hinzuweisen (BGH, Urteil vom 15. November 2007 – RiZ (R) 4/07, NJW 2008, 1448 Rn. 31) oder den Richter zur unverzögerten Erledigung von Rechtsstreitigkeiten anzuhalten, solange damit kein unzulässiger Erledigungsdruck ausgeübt wird (BGH, Urteil vom 8. November 2006 – RiZ (R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 18). Allerdings darf kein unzulässiger Einfluss auf die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte genommen werden (BGH, Urteil vom 8. November 2006 – RiZ (R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 18), solange diese nicht durch gesetzliche Regelungen ohne jeden richterlichen Entscheidungsspielraum vorgegeben ist. Eine solche zwingende Vorgabe, in welcher Reihenfolge Güteverhandlungen zu terminieren sind, enthält § 61a Abs. 2 ArbGG nicht.
[41] II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).