Bundesgerichtshof
UrhG § 32 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 36 Abs. 2; ZPO § 287 Abs. 2; AEUV Art. 101 Abs. 1
a) Aus den in § 36 Abs. 2 UrhG geregelten allgemeinen Voraussetzungen für die zur Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln zugelassenen Vereinigungen (Repräsentativität, Unabhängigkeit und Ermächtigung) kann sich ein eingeschränkter (räumlicher) Anwendungsbereich der gemeinsamen Vergütungsregel ergeben.
b) Das Erfordernis der Repräsentativität ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 36 Abs. 2 UrhG auszulegen. Das Merkmal soll mit Blick auf die weitreichende Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG sicherstellen, dass mit der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln kein Missbrauch betrieben wird, sondern diese nur von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass der jeweiligen Vereinigung entweder nach ihrer Anzahl und Größe oder nach ihrer Marktbedeutung eine tatsächliche Position zukommt, die es rechtfertigt, im konkreten Fall in legitimer Weise "für die Branche zu sprechen".
c) Nach diesen Maßstäben scheidet eine formale Betrachtung aus, wonach gemeinsame Vergütungsregeln mit bundesweiter Bedeutung allein durch bundesweit tätige Vereinigungen abgeschlossen werden und regional tätige Verbände nur im Hinblick auf ihr Regionalgebiet repräsentativ sein können. Bei der gebotenen Anwendung eines gemischt qualitativen und quantitativen Maßstabs kann auch ein Regionalverband über die Grenzen seines Tätigkeits- oder Mitgliederbereichs hinaus repräsentativ im Sinne von § 36 Abs. 2 UrhG sein.

BGH, Urteil vom 15. 9. 2016 – I ZR 20/15 – GVR Tageszeitungen III; OLG Brandenburg (lexetius.com/2016,3115)

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[1] Tatbestand: Der Kläger war hauptberuflich als freier Journalist für die Beklagte, die in Potsdam die Tageszeitung "Potsdamer Neueste Nachrichten" herausgibt, tätig.
[2] Im Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 14. Mai 2011 hat der Kläger die gesamte Sportberichterstattung für die Tageszeitung der Beklagten übernommen. Die Beklagte veröffentlichte in diesem Zeitraum insgesamt 275 vom Kläger verfasste Beiträge. Der Kläger erhielt dafür jeweils am Monatsende ein sogenanntes "Anstrichhonorar" in Höhe von 0,40 € pro Zeile.
[3] Der Kläger ist der Ansicht, die erhaltene Vergütung sei nicht angemessen.
[4] Er hat die Beklagte auf Zahlung einer angemessenen Vergütung (§ 32 UrhG) in Höhe von 3.030,15 € sowie auf Zahlung von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Erteilung einer Auskunft über weitere Nutzungen seiner Artikel und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für alle weiteren vorgenommenen Nutzungshandlungen vergütungspflichtig ist.
[5] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Potsdam, AfP 2013, 157).
[6] Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, soweit er die Zahlung von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten begehrt hat; im Übrigen hat es seine Berufung zurückgewiesen (OLG Brandenburg, AfP 2015, 165). Gegen das Berufungsurteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine Anträge auf Zahlung – mit Ausnahme der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten –, Auskunftserteilung und Feststellung der Vergütungspflicht weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[7] Entscheidungsgründe: A. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden der geltend gemachte Vergütungsanspruch gemäß § 32 UrhG sowie die daran anknüpfenden Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung nicht zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
[8] Der Kläger habe nicht dargelegt, dass das von ihm mit der Beklagten zumindest konkludent vereinbarte vertragliche Zeilenhonorar in Höhe von 0,40 € nicht angemessen sei. Er habe sich zur Begründung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung in Höhe von 0,55 € pro Zeile allein auf die Honorarsätze gemäß den Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen vom 29. Januar 2010 (nachfolgend: GVR Tageszeitungen) gestützt. Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung der GVR Tageszeitungen auf die zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen vorlägen. Im Hinblick auf ostdeutsche Zeitungsverlage fehle es an dem erforderlichen Merkmal der Repräsentativität. Der beim Abschluss der GVR Tageszeitungen auf Verlegerseite tätige Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. (nachfolgend: BDZV) sei nicht im eigenen Namen, sondern lediglich als Vertreter von westdeutschen Landesverbänden tätig geworden. Durch diese sei die ostdeutsche Zeitungsbranche mit ihren strukturellen Besonderheiten nicht repräsentiert worden. Eine analoge Anwendung der GVR Tageszeitungen komme im Streitfall nicht in Betracht, weil ansonsten die Anwendungsvoraussetzung der Repräsentativität leerliefe und es zudem wegen der Möglichkeit der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln für Ostdeutschland an einer Regelungslücke fehle. Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen der westdeutschen und der ostdeutschen Zeitungsbranche könnten die Bestimmungen der GVR Tageszeitungen auch nicht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden.
[9] B. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der auf Zahlung einer angemessenen Vergütung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 UrhG gerichtete Antrag des Klägers nicht verneint werden. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, der Kläger könne sich nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1, § 36 UrhG in Verbindung mit den GVR Tageszeitungen stützen (dazu unter B II). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die GVR Tageszeitungen könnten auch nicht für die gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG nachrangig vorzunehmende Prüfung aller relevanten Umstände als Orientierungshilfe herangezogen werden, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand (dazu unter B III).
[10] I. Nach der gesetzlichen Systematik unterliegt die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung gemäß § 32 UrhG einer bestimmten Reihenfolge. Vorrangig ist zu fragen, ob sich Kriterien für eine angemessene Vergütung aus einem Tarifvertrag ergeben (§ 32 Abs. 4, § 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG). Ist eine tarifvertragliche Regelung – wie im Streitfall – nicht anwendbar, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer gemeinsamen Vergütungsregel im Sinne von § 36 UrhG vorliegen und damit die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG eingreift. Ist eine gemeinsame Vergütungsregel nach den darin aufgestellten persönlichen, sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Voraussetzungen nicht anwendbar, kommt auch eine Vermutungswirkung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG nicht in Betracht. Die angemessene Vergütung ist dann gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG nach einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 – I ZR 62/14, GRUR 2016, 62 Rn. 13 = WRP 2016, 354 – GVR Tageszeitungen I, mwN).
[11] II. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich der Kläger zur Begründung seines Zahlungsantrags nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1, § 36 UrhG in Verbindung mit den GVR Tageszeitungen stützen kann.
[12] Es ist davon ausgegangen, dass im Streitfall zwar die Anwendungsvoraussetzungen der GVR Tageszeitungen in zeitlicher und persönlicher Hinsicht vorliegen. Es ist aber weiter davon ausgegangen, der BDZV sei als Vertreter der einzeln aufgeführten Landesverbände aufgetreten. Die an der Aufstellung der GVR Tageszeitungen beteiligten Landesverbände deckten nicht das gesamte Gebiet Deutschlands ab, sondern seien auf die westdeutschen Bundesländer beschränkt. Der Sache nach ist das Berufungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der GVR Tageszeitungen in räumlicher Hinsicht im Streitfall nicht vorliegen. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
[13] 1. Das Berufungsgericht hat den persönlichen Anwendungsbereich des GVR Tageszeitungen für eröffnet angesehen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 14. Mai 2011 hauptberuflich als freier Journalist an einer Tageszeitung im Sinne von § 1 Abs. 1 GVR Tageszeitungen tätig gewesen, und die Beklagte habe die Beiträge des Klägers in ihrer Tageszeitung verwendet und sei daher als Werknutzerin im Sinne von § 36 UrhG anzusehen. Gegen diese für sie günstige Beurteilung erhebt die Revision keine Rügen. Da sich die Klageanträge auf den Zeitraum nach Inkrafttreten der GVR Tageszeitungen am 1. Februar 2010 beschränken, liegen die Anwendungsvoraussetzungen auch in zeitlicher Hinsicht vor (vgl. dazu BGH, GRUR 2016, 62 Rn. 14 – GVR Tageszeitungen I).
[14] 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die GVR Tageszeitungen seien in räumlicher Hinsicht nicht auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbar. Diese Beurteilung wird von den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht getragen.
[15] a) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus dem Wortlaut der in den GVR Tageszeitungen getroffenen Bestimmungen eine Einschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs ergibt. Insbesondere hat es nicht festgestellt, in den GVR Tageszeitungen sei bestimmt, dass deren Anwendungsbereich nicht Zeitungsverlage umfasst, die – wie die Beklagte – im Bundesland Brandenburg ansässig sind. Solche Bestimmungen zum räumlichen Anwendungsbereich sind den Vergütungsregeln nicht zu entnehmen. Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass es in einer Fußnote zur Eingangsformel der GVR Tageszeitungen heißt, die Vollmacht des BDZV erstrecke sich nicht auf das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Einen Erklärungswert dahingehend, dass es auch für Brandenburg an einer Vollmacht des BDZV fehle, hat die Anmerkung in der Fußnote nicht.
[16] b) Eine sich auf das Vertragsverhältnis der Parteien auswirkende räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs der GVR Tageszeitungen ergibt sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht aus dem Umstand, dass den auf der Seite der Werknutzer an der Vereinbarung der GVR Tageszeitungen beteiligten Vereinigungen im Hinblick auf Potsdam die Repräsentativität gemäß § 36 Abs. 2 UrhG gefehlt hat.
[17] aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die GVR Tageszeitungen für die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung Wirkung entfalten. Im Hinblick auf ostdeutsche Zeitungsverlage fehle es an dem gemäß § 36 Abs. 2 UrhG erforderlichen Merkmal der Repräsentativität. Der beim Abschluss der GVR Tageszeitungen auf Verlegerseite tätige BDZV sei nicht im eigenen Namen, sondern lediglich als Vertreter von westdeutschen Landesverbänden tätig geworden. Durch diese westdeutschen Verbände sei die ostdeutsche Zeitungsbranche mit ihren strukturellen Besonderheiten nicht repräsentiert worden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[18] bb) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Frage des wirksamen Zustandekommens einer gemeinsamen Vergütungsregel denjenigen trifft, der sich auf diese Regel beruft (vgl. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 36 Rn. 16 mwN). Es ist ferner – von der Revision unbeanstandet – in seinem rechtlichen Ausgangspunkt der Sache nach zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein eingeschränkter (räumlicher) Anwendungsbereich aus den in § 36 Abs. 2 UrhG geregelten allgemeinen Anforderungen an die für die Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln zugelassenen Vereinigungen ergeben kann.
[19] Gemäß § 36 Abs. 2 UrhG müssen die Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern, die gemäß § 36 Abs. 1 UrhG gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen, repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sein. Diese Voraussetzungen sollen gewährleisten, dass nur solche Vergütungsregeln die weitreichende Rechtsfolge einer unwiderleglichen Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG begründen, die von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten (vgl. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 36 Rn. 17; Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 36 UrhG Rn. 52). Mit den in § 36 Abs. 2 UrhG aufgestellten Voraussetzungen soll verhindert werden, dass nichtrepräsentative, unbedeutende Gruppierungen gutgläubig oder in manipulativer Absicht, gegebenenfalls sogar im Zusammenspiel mit ihren Verhandlungspartnern, untaugliche oder unangemessene Vergütungsregeln aufstellen (Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim aaO § 36 UrhG Rn. 52). Daraus folgt, dass sich aus den Merkmalen der Repräsentativität, Unabhängigkeit und der Ermächtigung im Einzelfall Grenzen für die Vermutung der Angemessenheit der Vergütungsregel im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG ergeben können (vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, BT-Drucks. 14/6433, S. 17). Dies kann grundsätzlich auch im Hinblick auf die räumliche Geltung einer gemeinsamen Vergütungsregel anzunehmen sein, etwa wenn eine Vereinigung nur zum Abschluss einer räumlich begrenzten Vergütungsregel ermächtigt worden ist oder die Voraussetzungen der Repräsentativität nur für ein bestimmtes Gebiet vorliegen und deshalb nach den relevanten Umständen, insbesondere den örtlichen Gegebenheiten, nicht davon ausgegangen werden kann, die entsprechende Vereinigung könne eine sach- und interessengerechte Vereinbarung auch für Urheber oder Werknutzer in anderen Gebieten verhandeln und abschließen.
[20] cc) Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob der BDZV auch für die ostdeutschen Bundesländer als repräsentativ anzusehen sei. Auf diese Frage kommt es vorliegend nicht an.
[21] Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Beurteilung der Repräsentativität sei nicht allein auf den BDZV als Dachverband abzustellen. Der BDZV sei ausweislich des Rubrums der GVR Tageszeitungen nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der dort im Einzelnen aufgeführten Landesverbände aufgetreten. Maßgeblich für die Frage der Repräsentativität sei daher allein, ob die an der Aufstellung beteiligten Landesverbände die Gepflogenheiten der betreffenden Branche, hier der Zeitungsverleger, für das gesamte Bundesgebiet eindeutig widerspiegelten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
[22] Nach den allgemeinen Grundsätzen ist für die an die Person anknüpfenden Wirksamkeitsvoraussetzungen von Rechtsgeschäften auf den Vertragspartner und nicht auf den von ihm eingesetzten Vertreter abzustellen. Abweichendes lässt sich der Bestimmung des § 36 UrhG nicht entnehmen. Es ist zudem sachgerecht, dass regionale Vereinigungen von Urhebern oder Werknutzern nicht jeweils einzeln Verhandlungen über die Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln aufnehmen, sondern sich im Interesse einer möglichst einheitlichen Handhabung von Vergütungsregeln zusammenschließen und sich bei der Verhandlung und beim Abschluss der Vereinbarung von ihrem Dachverband vertreten lassen.
[23] Die Revision macht vergeblich geltend, der BDZV habe vorbehaltlos als Vereinigung der Werknutzer an der Aufstellung der Vergütungsregeln mitgewirkt und daher zu verstehen gegeben, dass er zur Aufstellung von Vergütungsregeln befugt und bereit sei, so dass interne Restriktionen und Vorbehalte einzelner Mitglieder zurückzutreten hätten. Diese Sichtweise berücksichtigt nicht, dass der BDZV nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter verschiedener Landesverbände aufgetreten und deshalb auf die Landesverbände abzustellen ist. Die Revision trägt auch nicht vor, dass der BDZV – trotz seiner im Rubrum der GVR Tageszeitungen offengelegten Stellung als "Vertreter der nachfolgend genannten Mitgliedsverbände" – selbst als Partei der Vereinbarung anzusehen ist.
[24] dd) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle an dem Merkmal der Repräsentativität, weil der BDZV beim Abschluss der GVR Tageszeitungen in Stellvertretung nur für westdeutsche Landesverbände aufgetreten sei.
[25] (1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die an der Aufstellung der GVR Tageszeitungen beteiligten (westdeutschen) Landesverbände des BDZV repräsentierten nicht den gesamtdeutschen Zeitungsverlegermarkt. Die gemeinsamen Vergütungsregeln könnten deshalb auch nicht Wirksamkeit für diejenigen ostdeutschen Zeitungsverlegerverbände beanspruchen, die an der Aufstellung der GVR Tageszeitungen nicht beteiligt gewesen seien. Damit eine Vergütungsregel bundesweit Geltung beanspruchen könne, müsse regelmäßig auch die an der Aufstellung beteiligte Vereinigung bundesweit tätig sein. Die durch den BDZV vertretenen Mitgliedsverbände seien jedoch nicht bundesweit tätig, sondern hätten das erforderliche repräsentative Gewicht nur innerhalb ihres bestimmten geografischen Gebiets, in dem ihre jeweiligen Mitglieder ansässig seien. Neben diesen vom BDZV bei Abschluss der GVR Tageszeitungen vertretenen Mitgliedsverbänden existierten für den Bereich Ostdeutschland weitere Verbände von Zeitungsverlegern. Hierzu rechneten der Verband ostdeutscher Zeitungsverleger und der sächsische Zeitungsverlegerverband, in denen Zeitungsverlage vertreten seien, die Zeitungen in Ostdeutschland vertrieben. Bereits begrifflich könne den jeweiligen regionalen Landesverbänden des BDZV daher keine Repräsentativität für die ostdeutsche Zeitungsbranche zukommen, wenn die ostdeutschen Zeitungsverleger in eigenen regionalen Verbänden organisiert seien. Dem kann nicht zugestimmt werden.
[26] Das Erfordernis der Repräsentativität ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 36 Abs. 2 UrhG auszulegen. Das Merkmal soll mit Blick auf die weitreichende Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG sicherstellen, dass mit der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln kein Missbrauch betrieben wird, sondern diese nur von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten und die daher im Hinblick auf die vertretene Branche nicht unbedeutend sind. Vor diesem Hintergrund ist erforderlich, dass der jeweiligen Vereinigung entweder nach ihrer Anzahl und Größe oder nach ihrer Marktbedeutung eine tatsächliche Position zukommt, die es rechtfertigt, im konkreten Fall in legitimer Weise "für die Branche zu sprechen" (vgl. BeckOK. UrhR/Soppe, 12. Edition, Stand: 1. April 2016, § 36 UrhG Rn. 26; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 36 Rn. 18; Thüsing, GRUR 2002, 203, 209 f.). Anzuwenden ist deshalb ein gemischt qualitativer und quantitativer Maßstab. Hierfür ist unter anderem die Zahl der angeschlossenen Mitglieder im Verhältnis zur Gesamtzahl der auf dem betreffenden Verwertungsgebiet tätigen Personen oder Unternehmen, ihre Größe und Marktstellung sowie die Organisationsdichte und die geografische Verteilung der Mitglieder von Bedeutung (vgl. Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim aaO § 36 UrhG Rn. 53 mwN).
[27] Nach diesen Maßstäben scheidet eine vom Berufungsgericht angestellte formale Betrachtung dahingehend aus, dass gemeinsame Vergütungsregeln mit bundesweiter Bedeutung allein durch bundesweit tätige Vereinigungen abgeschlossen werden und regional tätige Verbände nur im Hinblick auf ihr Regionalgebiet repräsentativ sein können. Bei der gebotenen Anwendung eines gemischt qualitativen und quantitativen Maßstabs kann eine Repräsentativität vielmehr auch einem Regionalverband über die Grenzen seines Tätigkeits- oder Mitgliederbereichs zukommen (Dietz/Haedicke in Schricker/Loewenheim aaO § 36 UrhG Rn. 53; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 36 Rn. 18; Ory, AfP 1993, 102; Thüsing, GRUR 2002, 203, 209; a. A. Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 36 UrhG Rn. 7).
[28] (2) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann das Merkmal der Repräsentativität nicht deshalb verneint werden, weil besondere, nur für ostdeutsche Zeitungsverleger geltende Umstände bestehen, die bei Abschluss der GVR Tageszeitungen durch die westdeutschen Regionalverbände keine Berücksichtigung gefunden haben.
[29] Allerdings können regionale Besonderheiten der Annahme einer überregionalen Repräsentativität eines Regionalverbandes entgegenstehen. Bei der Frage, ob ein Regionalverband oder – wie im Streitfall – eine als Vertragspartner auftretende Mehrzahl von regional tätigen Vereinigungen der Werknutzer über deren Tätigkeitsgebiete hinausreichend im Sinne von § 36 Abs. 2 UrhG repräsentativ ist, ist neben der in § 36 Abs. 1 Satz 2 UrhG angesprochenen Struktur und Größe der in den Vereinigungen repräsentierten Verwerter vor allem zu berücksichtigen, dass es für die Angemessenheit der Vergütung nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers maßgeblich darauf ankommt, was nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG). Hierfür ist auch von Bedeutung, ob sich im Hinblick auf diese Kriterien regionale Besonderheiten feststellen lassen, die der Annahme einer überregionalen Repräsentativität von Regionalverbänden entgegenstehen. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe solche relevanten regionalen Besonderheiten zwar angenommen, insoweit aber keine nachvollziehbaren Feststellungen getroffen.
[30] Die für die Prüfung, ob die vom BDZV vertretenen Mitgliederverbände im Sinne von § 36 Abs. 2 UrhG repräsentativ sind, erforderlichen Feststellungen und deren Würdigung liegen allerdings grundsätzlich auf tatrichterlichem Gebiet und sind daher in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts von seinen Feststellungen getragen wird. Das Berufungsurteil muss jedoch eine revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung enthalten. Erforderlich ist, dass die die tatrichterliche Würdigung tragenden tatsächlichen Umstände im Einzelnen so nachvollziehbar dargelegt werden, dass das Revisionsgericht sie überprüfen kann. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht.
[31] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es gebe "strukturelle Besonderheiten" hinsichtlich der ostdeutschen Zeitungsverlegerverbände, die bei der Aufstellung der GVR Tageszeitungen nicht mit eingeflossen seien. Von welchen "strukturellen Besonderheiten" das Berufungsgericht insoweit konkret ausgegangen ist, lässt sich seiner Entscheidung aber nicht entnehmen. Sollte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang – unausgesprochen – von Besonderheiten bei der Kaufkraft und dem Einkommen der Leserschaft und damit von im Vergleich zu westdeutschen Verlagen geringeren Vertriebs- und Anzeigenerlösen der ostdeutschen Verlage ausgegangen sein, hätte es sich zudem mit dem Vortrag des Klägers auseinandersetzen müssen, wonach der pauschale Verweis auf strukturelle Unterschiede bei der Beklagten deshalb ins Leere gehe, weil diese in Potsdam und damit im Einzugsgebiet von Berlin tätig sei, welches sich hinsichtlich Kaufkraft und Einkommen der Bevölkerung nicht von den westdeutschen Bundesländern unterscheide.
[32] Anders als das Berufungsgericht meint, kann auch nicht allein wegen des Umstands, dass in Ostdeutschland ebenfalls Zeitungsverlegerverbände existieren, angenommen werden, dass die bei Abschluss der GVR Tageszeitungen tätigen westdeutschen Mitgliedsverbände des BDZV die Verhältnisse und Gegebenheiten des Zeitungsmarktes in Ostdeutschland nicht hinreichend widerspiegeln.
[33] (3) Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die an der Vereinbarung der GVR Tageszeitungen beteiligten westdeutschen Mitgliedsverbände des BDZV seien deshalb nicht repräsentativ, weil in der Fußnote zur Eingangsformel der GVR Tageszeitungen erwähnt werde, dass sich die Vollmacht des BDZV nicht auf das Bundesland Mecklenburg- Vorpommern erstrecke. Der Inhalt der Fußnote betrifft allein den Umfang der Vollmacht des BDZV. Damit ist nicht das Merkmal der Repräsentativität, sondern allenfalls das ebenfalls in § 36 Abs. 2 UrhG geregelte Erfordernis der Ermächtigung der Vereinigung zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln angesprochen. Zudem lässt sich der Fußnote kein Erklärungswert zu Brandenburg entnehmen.
[34] III. Das Berufungsgericht hat angenommen, die GVR Tageszeitungen könnten "aufgrund der strukturellen Unterschiede" nicht als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden. Dagegen wendet sich die Revision ebenfalls mit Erfolg.
[35] 1. Bei der gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG vorzunehmenden Prüfung, ob eine Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist, können auch solche gemeinsamen Vergütungsregelungen als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe herangezogen werden, deren Anwendungsvoraussetzungen – wie vom Berufungsgericht im Streitfall angenommen – nicht (vollständig) erfüllt sind und die deshalb keine unwiderlegliche Vermutungswirkung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG entfalten (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 32 ff. – Talking to Addison; BGH, GRUR 2016, 62 Rn. 16 – GVR Tageszeitungen I, mwN; GRUR 2016, 67 Rn. 9 – GVR Tageszeitungen II). Für die indizielle Heranziehung von Vergütungsregeln im Rahmen der nach § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG vorzunehmenden Einzelfallabwägung ist es nicht erforderlich, dass sämtliche Voraussetzungen für die Anwendungen der Vergütungsregelung erfüllt sind. Ausreichend ist vielmehr eine vergleichbare Interessenlage; eventuell für die Frage der Angemessenheitsprüfung bestehenden Unterschieden ist im Einzelfall durch eine modifizierte Anwendung der Vergütungsregelung Rechnung zu tragen (BGHZ 182, 337 Rn. 34 – Talking to Addison; BGH, GRUR 2016, 62 Rn. 21 – GVR Tageszeitungen I).
[36] 2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Es hat zwar angenommen, "aufgrund der strukturellen Unterschiede" könnten die GVR Tageszeitungen nicht als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden. Dem Berufungsurteil lässt sich jedoch nicht entnehmen, von welchen "strukturellen Unterschieden" das Berufungsgericht konkret ausgegangen ist.
[37] Darüber hinaus hat es nicht geprüft, ob trotz solcher Unterschiede zumindest von einer vergleichbaren Interessenlage ausgegangen und ob gegebenenfalls bestehenden Unterschieden im Einzelfall durch eine modifizierte Anwendung der Vergütungsregelung Rechnung getragen werden kann.
[38] IV. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Einwand, die GVR Tageszeitungen verstießen gegen das Kartellverbot gemäß Art. 101 Abs. 1 AEUV und könnten deshalb weder eine Bindungswirkung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 36 UrhG entfalten noch hätten sie eine indizielle Bedeutung bei der Bestimmung einer angemessenen Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG, ist von der Beklagten erstmals in der Revisionserwiderung geltend gemacht worden. Insoweit fehlt es bislang insbesondere an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob die GVR Tageszeitungen geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten in spürbarer Weise zu beeinflussen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-172/14, EuZW 2015, 802 Rn. 48 – ING Pensii; vgl. auch Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, Rn. 90 bis 92, ABl. EU 2004 C 101/81), und ob sie vom Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen sind, weil es sich bei den freien hauptberuflichen Journalisten im Sinne von § 1 Abs. 1 GVR Tageszeitungen um "Scheinselbständige", das heißt Urheber handelt, die sich in einer vergleichbaren Situation wie Arbeitnehmer befinden (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2014, C-413/13, GRUR Int. 2015, 384 Rn. 31 ff. = WRP 2015, 337 – FNV Kunsten Informatie en Media).
[39] Zudem hatten die Parteien bislang keine Gelegenheit, zur Frage der erstmals mit der Revisionserwiderung geltend gemachten Kartellrechtswidrigkeit der GVR Tageszeitungen vorzutragen.
[40] V. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Revision ferner Erfolg hat, soweit sie sich gegen die Abweisung des Auskunfts- und des Feststellungsantrags richtet. Das Berufungsgericht hat auch diese Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, dem Kläger stehe keine weitere Vergütung gemäß § 32 UrhG zu. Gegenteiliges ergibt sich zum Auskunftsantrag – entgegen der Annahme der Revisionserwiderung – auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht angenommen hat, der Kläger habe nicht vorgetragen, dass das von der Beklagten gezahlte Honorar die Online-Nutzung seiner Artikel nicht abgelte. Der Auskunftsantrag ist nicht auf eine Online-Nutzung beschränkt.
[41] C. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben, soweit es seine Berufung als unbegründet zurückgewiesen hat. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).