Bundesgerichtshof

BGH, Beschluss vom 13. 10. 2016 – 3 StR 173/16 (lexetius.com/2016,3356)

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 13. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. Januar 2016 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten des versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig sind; b) im jeweiligen Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
[1] Gründe: Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen
[2] Rechts und mehrere Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
[3] 1. Die Verfahrensrügen haben – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat – keinen Erfolg.
[4] 2. Die von beiden Angeklagten erhobene Sachrüge führt zur Änderung des Schuldspruchs.
[5] Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten den Nebenkläger in seiner Wohnung, um ihn zu berauben, und forderten nachdem sie ihn geschlagen und mit einem Messer bedroht hatten – die Herausgabe von Geld. Der Nebenkläger verfügte in seiner Wohnung indes nicht über Bargeld. Nachdem sie auch bei einer Durchsuchung der Wohnung nichts Stehlenswertes gefunden hatten und der Angeklagte J. dem Nebenkläger im Zuge eines Gerangels einen gezielten Stich in die Schulter versetzt hatte, nahmen sie eine im Flur der Wohnung befindliche Geldkassette an sich, von der sie wussten, dass der Nebenkläger darin üblicherweise Geld aufbewahrte und von der sie sich erhofften, dass sich auch am Tattag Geld darin befinde.
[6] Anschließend verließen die Angeklagten die Wohnung. Tatsächlich war die Kassette jedoch leer.
[7] Auf der Grundlage dieser Feststellungen können die Verurteilungen wegen vollendeten besonders schweren Raubes keinen Bestand haben. Denn die Zueignungsabsicht der Angeklagten richtete sich nicht auf die – auch nach den Ausführungen der Strafkammer geringwertige – Geldkassette, sondern auf das darin nach ihrer Vorstellung vorhandene Bargeld. Befindet sich in einem Behältnis, das die Täter in ihren Gewahrsam bringen, indes nicht die vorgestellte werthaltige Beute, kann in diesen Fällen nicht wegen eines vollendeten Diebstahls oder Raubes, sondern nur wegen (fehlgeschlagenen) Versuchs verurteilt werden (BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2000 – 4 StR 564/99, NStZ 2000, 531; vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, NStZ-RR 2013, 309; jeweils mwN; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 242 Rn. 162).
[8] Da nicht zu erwarten ist, dass in einer erneuten Hauptverhandlung noch festgestellt werden könnte, die Zueignungsabsicht der Angeklagten habe sich auch auf die Kassette erstreckt, ändert der Senat den jeweiligen Schuldspruch entsprechend ab. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
[9] 3. Die jeweilige Schuldspruchänderung entzieht den Strafaussprüchen ihre Grundlage, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer möglicherweise einen anderen, niedrigeren Strafrahmen zur Anwendung gebracht hätte. Die insoweit getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler indes nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben.