Europäischer Gerichtshof
1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.

EuGH, Urteil vom 7. 12. 1988 – C-138/88 (lexetius.com/1988,86)

[1] 1. Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 17. Mai 1988 beim Gerichtshof eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag eine Klage auf Nichtigerklärung der Richtlinie 88/146 des Rates vom 7. März 1988 zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich (ABl. L 70, S. 16) erhoben.
[2] 2. Mit Schriftsatz, der am 11. Juli 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Rat gemäß Artikel 91 § 1 Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben und beantragt, der Gerichtshof möge hierüber entscheiden, ohne auf die Begründetheit einzugehen.
[3] 3. In der Richtlinie 85/649 des Rates vom 31. Dezember 1985 zum Verbot des Gebrauchs von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung im Tierbereich (ABl. L 382, S. 228) wurde der Grundsatz des absoluten Verbots der Verabreichung von Stoffen mit hormonaler Wirkung aufgestellt.
[4] 4. Mit Urteil vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 68/86 (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland/Rat, Slg. 1988, 855) hat der Gerichtshof auf die gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag erhobene Klage die Richtlinie 85/649 mit der Begründung für nichtig erklärt, daß der Rat eine wesentliche Formvorschrift verletzt habe, indem er Artikel 6 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung nicht beachtet habe.
[5] 5. Am 7. März 1988 hat der Rat die angefochtene Richtlinie erlassen, die inhaltlich mit der Richtlinie 85/649 identisch ist.
[6] 6. In seiner Einrede hebt der Rat hervor, Richtlinien könnten nach dem Wortlaut des Artikels 173 Absatz 2 EWG-Vertrag nicht mit der individüllen Nichtigkeitsklage angefochten werden; anders als in Absatz 1 würden in dieser Bestimmung nur Entscheidungen und Verordnungen erwähnt.
[7] 7. Hilfsweise trägt der Rat vor, die Kläger könnten von einer Richtlinie nicht individüll betroffen sein, da diese ihrem Wesen nach eine generelle Norm sei, die die Mitgliedstaaten in die Lage versetze, nationale Bestimmungen zu erlassen, die generell und abstrakt angewandt würden.
[8] 8. Die Kläger haben sich zu der Einrede der Unzulässigkeit nicht erklärt. In ihrer Klageschrift tragen sie vor, sie seien individüll und unmittelbar betroffen, da die angefochtene Richtlinie nach einer Berechnung der Zahl der in der Gemeinschaft betroffenen Tiere und folglich nach einer Zählung und Identifizierung der Halter erlassen worden sei. Die Richtlinie finde auch unmittelbare Anwendung, da sie den Mitgliedstaaten keinen Entscheidungsspielraum belasse.
[9] 9. Gemäß Artikel 91 § 3 Verfahrensordnung wird über den Antrag auf Vorabentscheidung über eine prozeßhindernde Einrede mündlich verhandelt, sofern der Gerichtshof nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall ist die Sache genügend aufgeklärt; eine mündliche Verhandlung kann daher unterbleiben.
[10] 10. Nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person gegen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung ergangen sind, sie unmittelbar und individüll betreffen.
[11] 11. Die Kläger sind Rindfleischerzeuger. Die angefochtene Richtlinie betrifft sie offenkundig nicht individüll; auf die anderen zwischen den Parteien streitigen Punkte braucht daher nicht eingegangen zu werden.
[12] 12. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes können nämlich nur Personen als von einer Handlung individüll betroffen erachtet werden, die in ihrer Rechtsstellung aufgrund tatsächlicher Umstände beeinträchtigt werden, die sie wie einen Adressaten individualisieren. Die streitige Entscheidung betrifft die Kläger nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Rindfleischerzeuger ebenso wie jeden anderen Wirtschaftsteilnehmer in derselben Lage.
[13] 13. Somit ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Kosten
[14] 14. Gemäß Artikel 69 § 2 Verfahrensordnung trägt die unterliegende Partei die Kosten. Da die Kläger unterlegen sind, haben sie gesamtschuldnerisch die Kosten zu tragen.