Bundesverwaltungsgericht
Begriff des "Einkaufszentrums" im Sinne des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO
BauNVO § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2, S. 3, S. 4, § 25b
Ein "Einkaufszentrum" im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO 1977 setzt im Regelfall einen von vornherein einheitlich geplanten, finanzierten, gebauten und verwalteten Gebäudekomplex mit mehreren Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe – zumeist verbunden mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben – voraus. Sollen mehrere Betriebe ohne eine solche Planung ein Einkaufszentrum im Rechtssinne darstellen, so ist hierfür außer ihrer engen räumlichen Konzentration ein Mindestmaß an äußerlich in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation erforderlich, welche die Ansammlung mehrerer Betriebe zu einem planvoll gewachsenen und aufeinander bezogenen Ganzen werden läßt.

BVerwG, Urteil vom 27. 4. 1990 – 4 C 16.87; BayVGH (lexetius.com/1990,183)

[1] Tatbestand: Die Klägerinnen haben sich gegen die Untersagung der Nutzung eines im Gebiet der beigeladenen Gemeinde gelegenen Gebäudes als Verkaufsraum gewandt, das im Jahre 1973 einem Rechtsvorgänger als "Lagerhalle" genehmigt worden ist; außerdem haben sie die Genehmigung der Nutzungsänderung beantragt. Hinsichtlich der Untersagung der veränderten Nutzung ist das Verfahren mit dem Beschluß des Senats vom 9. Juli 1987 – BVerwG 4 CB 16. 87 – rechtskräftig abgeschlossen.
[2] In der zunächst von der Klägerin zu 2) und sodann von der Klägerin zu 1) gemieteten Halle wurden nach den vom Landratsamt erstmals im April 1984 gemachten Feststellungen Campingartikel und Gartenmöbel verkauft. Die Geschoßfläche der Halle beträgt im Erdgeschoß 1 720 qm, wovon 1 480 qm auf den eigentlichen Hallenbereich und der Rest auf Nebenräume entfallen, die in den genehmigten Bauvorlagen als Ausstellungsraum, Verkaufsraum und als Personal- und Heizungsräume bezeichnet werden; die im Obergeschoß befindlichen Räume sind dort als Büroräume bezeichnet. Südlich der Hermann-Böcker-Straße, an deren Nordseite das Baugrundstück liegt, befindet sich der Verbrauchermarkt "Krone- Center". Die Klägerin zu 2) ist die Tochter eines der Geschäftsführer der offenen Handelsgesellschaft, die das Krone-Center betreibt.
[3] Für das betreffende Gebiet hat die Beigeladene nunmehr den "3. Änderungsplan und Neufestsetzung; Bebauungsplan Gewerbegebiet-West – Gemeinde Olching, Ortsteile Geiselbullach-Neu-Esting" vom 1. März 1982 beschlossen, dessen Genehmigung am 29. Dezember 1982 und nochmals am 1. September 1983 bekanntgemacht worden ist. Er setzt für das Gebiet des "Krone-Centers" ein Sondergebiet für ein Einzelhandelsgroßprojekt mit einer maximalen Verkaufsfläche von 8 000 qm fest. Für den Bereich, in dem sich die Halle der Klägerinnen befindet, ist es bei der bereits im ursprünglichen Bebauungsplan von 1971 – damals noch für ein größeres Gebiet – getroffenen Festsetzung eines Gewerbegebietes geblieben.
[4] Die Klägerin zu 2) beantragte die bauaufsichtliche Genehmigung für die Eröffnung einer "Verkaufsstelle für Camping- und Gartenmöbel an Verbraucher" sowie für den Obergeschoßumbau zu Betriebswohnungen. Dabei ist in den Eingabeplänen im eigentlichen Hallenbereich eine Lagerfläche von 400 qm und – davon durch eine gestrichelte Linie getrennt – eine Ausstellungs- und Verkaufsfläche von 1 000 qm vorgesehen. Die Klägerin zu 1) übernahm mit Schreiben vom 24. Januar 1985 diesen Antrag als neue Bauherrin; in einer zu den Bauvorlagen nachgereichten Skizze ist neben erheblichen baulichen Veränderungen eine Verkaufs- und Ausstellungsfläche von 1 056 qm vorgesehen. Mit Bescheid vom 8. Mai 1985 lehnte das Landratsamt den Bauantrag ab, weil es sich bei dem Vorhaben mit einer Geschoßfläche von 1 585 qm um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb handele, der im Gewerbegebiet nicht zulässig sei; durch zusätzliches Verkehrsaufkommen seien schädliche Umwelteinwirkungen auf eine angrenzende Reihenhaussiedlung zu erwarten.
[5] Das Verwaltungsgericht hat die bereits im März 1985 als Untätigkeitsklage erhobene Klage mit dem Antrag, den Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung zu verpflichten, abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufung – außer wegen der Nutzungsuntersagung – auch hinsichtlich der erstrebten Genehmigung zurückgewiesen, insoweit im wesentlichen aus folgenden Gründen:
[6] Der Hauptantrag, den Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung der Lagerhalle zu verpflichten, aber auch der im Berufungsrechtszug hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung, daß dem Bauantrag der Klägerin keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, sofern die beantragte Nutzung nur eine Fläche von 1 056 qm, hilfsweise 950 qm, hilfsweise 500 qm umfaßt, seien zulässig, aber unbegründet. Die beabsichtigten Nutzungsänderungen seien – gleichviel in welcher Größenordnung – planungsrechtlich unzulässig. Sie widersprächen dem anzuwendenden Bebauungsplan. Dieser sei einschließlich der in ihm enthaltenen Begrenzung der Verkaufsfläche im Sondergebiet gültig. Bei der Ausweisung eines Sondergebietes dürfe die Gemeinde die Art der Nutzung – auch in bezug auf die Verkaufsfläche – näher regeln. Die für das streitgegenständliche Grundstück im Bebauungsplan getroffene Festsetzung eines Gewerbegebietes bestimme sich nach § 8 BauNVO 1977. Dem stehe nicht entgegen, daß der Bebauungsplan sich selbst als "Änderungsplan" bezeichne und die Änderung nur das Sondergebiet im Bereich des "Krone-Centers" betreffe. Ein Verständnis des Planes dahin, daß die Gewerbegebiete weiterhin als solche im Sinne der BauNVO 1968 anzusehen seien, liefe dem klar erkennbaren Zweck des jüngsten Bauleitplanverfahrens, die Verkaufsflächen zu begrenzen, zuwider. – Der entscheidende Widerspruch des Vorhabens zum Bebauungsplan bestehe darin, daß es zusammen mit dem "Krone-Center" ein Einkaufszentrum im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO 1977 bilde und Teil desselben sei. Infolgedessen hänge die Unzulässigkeit der beabsichtigten Nutzung nicht von der Größe der Verkaufsfläche ab; es komme auch nicht auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO beschriebenen städtebaulichen Auswirkungen des Vorhabens an. Schließlich könne auch offenbleiben, ob wegen enger verwandtschaftlicher und geschäftlicher Beziehungen mit dem "Krone- Center" von einem einheitlichen Betrieb gesprochen werden müsse. Die für den Begriff des "Einkaufszentrums" allein maßgeblichen städtebaulichen Auswirkungen seien aus der Sicht der Kunden zu bestimmen; sie richteten sich nach der auf diese ausgehenden besonderen Anziehungskraft. Typischerweise handele es sich bei einem Einkaufszentrum um eine Ansammlung verschiedener Betriebe. Besondere Anforderungen an einen geschäftlichen oder organisatorischen Zusammenhang seien dabei nicht zu stellen. Auch konkurrierende Betriebe auf engem Raum könnten besondere Anziehungspunkte für Kunden bilden. Die Größe der Gesamtgeschoßfläche müsse jedenfalls erheblich über der in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO genannten Zahl liegen. Schließlich sei eine räumliche Konzentration der einzelnen Betriebe erforderlich. Dabei könne aber eine Ansammlung weniger Läden für sich allein nicht genügen. Zur räumlichen Konzentration müsse ein weiteres Moment hinzukommen: Dies könne baulich in der Zusammenfassung "unter einem Dach" gesehen werden, aber auch darin bestehen, daß sich in der Ansammlung einzelner Betriebe ein überdurchschnittlich großes und leistungsfähiges Unternehmen befinde. Dessen Anziehungskraft übertrage sich dann auf die angrenzenden Betriebe und lasse alle zusammen als ein einheitliches Einkaufszentrum erscheinen. So lägen die Dinge hier: Aufgrund der Größe und Vielseitigkeit seines Sortiments bilde das benachbarte "Krone-Center" einen derartigen "Kundenmagneten", daß seine zentrale Funktion nicht in Zweifel gezogen werden könne und deshalb auch den Betrieb der Klägerin als Teil eines Einkaufszentrums erscheinen lasse.
[7] Das Berufungsgericht hat zur Klärung des Begriffs des "Einkaufszentrums" die Revision zugelassen. Die Klägerinnen haben mit ihrer daraufhin eingelegten Revision die Verletzung materiellen Rechts sowie als Verfahrensmängel die Verletzung der Sachaufklärungspflicht und die Versagung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat die Klägerin zu 2) die Revision zurückgenommen. Gleichfalls zurückgenommen hat die Klägerin zu 1) ihre Revision hinsichtlich der beantragten Nutzungsänderung im Obergeschoß der Halle.
[8] Die Klägerin zu 1) beantragt, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung der genehmigten Lagerhalle auf dem Grundstück Flur Nr. 117/2 der Gemarkung Geiselbullach, Gemeinde Olching, gemäß Bauantrag mit Eingabeplan vom 14. Juni 1984 zu erteilen; hilfsweise die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu 1) einen Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit der beantragten Nutzung nur einer Fläche von 1 056 qm, hilfsweise 950 qm, hilfsweise 500 qm zu erteilen, wobei diese Flächen aus der gesamten Tiefe der derzeit als Hallenraum genutzten Fläche (von Süden nach Norden) von der östlichen Außenwand nach Westen abgemessen werden.
[9] Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[10] Die beigeladene Gemeinde hat sich nicht geäußert.
[11] Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht beteiligt.
[12] Entscheidungsgründe: Soweit die Revision zurückgenommen worden ist, war das Verfahren einzustellen (§§ 140, 141, 125 Abs. 1, 92 VwGO). Im übrigen hat die Revision mit dem Ergebnis der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Der erkennende Senat vermag auf der Grundlage des vom Berufungsgericht bislang festgestellten Sachverhalts nicht abschließend über das noch im Streit befindliche Klagebegehren der Klägerin zu 1) zu entscheiden.
[13] Das Berufungsgericht hat Hauptantrag und Hilfsanträge in der tragenden Begründung seiner Entscheidung mit der Erwägung abgewiesen, daß das Vorhaben der Klägerin zu 1) im Erdgeschoß des als "Lagerhalle" genehmigten Gebäudes eine Nutzungsänderung sei, die auf die Errichtung eines Einkaufszentrums im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO ziele. Ein solches Einkaufszentrum sei hier planungsrechtlich nicht zulässig (§ 30 BauGB), weil die Halle nach dem geltenden Bebauungsplan in einem Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO 1977 liege, Einkaufszentren aber außer in Kerngebieten nur in eigens für sie geschaffenen Sondergebieten zugelassen werden dürften. Das verletzt revisibles Recht.
[14] Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings von einer Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB ausgegangen, so daß im Genehmigungsverfahren die §§ 30 bis 37 BauGB zu prüfen sind. Ohne revisiblen Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ferner den "3. Änderungsplan und Neufestsetzung, Bebauungsplan Gewerbegebiet-West, Gemeinde Olching, Ortsteile Geiselbullach-Neu-Esting" als gültig angesehen. Der erkennende Senat verweist insoweit auf sein Urteil vom heutigen Tage in der das "Krone-Center" betreffenden Streitsache BVerwG 4 C 36.87. Soweit das Berufungsgericht schließlich den genannten Bebauungsplan dahin ausgelegt hat, daß mit ihm im Bereich der Halle ein Gewerbegebiet festgesetzt worden ist, auf das § 8 BauNVO in der Fassung von 1977 Anwendung findet (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO), ist auch dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit jedoch das Berufungsgericht entschieden hat, mit der von der Klägerin zu 1) zur Genehmigung gestellten Umnutzung der Halle in einen Verkaufsraum werde wegen der hier gebotenen zusammenfassenden Betrachtung dieses Vorhabens mit dem jenseits der Hermann-Böcker-Straße gelegenen "Krone-Center" ein im Gewerbegebiet unzulässiges Einkaufszentrum geschaffen, liegt dem eine unzutreffende Bestimmung des Begriffs des "Einkaufszentrums" im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO zugrunde.
[15] Das Bundesverwaltungsgericht hat bisher zur Frage, wann von einem "Einkaufszentrum" im Sinne der Baunutzungsverordnung gesprochen werden kann, noch nicht Stellung genommen. Im Schrifttum wird versucht, mit Hilfe einer Reihe von Einzelmerkmalen den Begriff des Einkaufszentrums einzugrenzen. So soll etwa die notwendige Gesamtgröße eines Einkaufszentrums erheblich über der in § 11 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BauNVO genannten Geschoßflächengrenze liegen (vgl. Schenke, UPR 1986, 281 [288] und DÖV 1988, 233 [240]; Hoppe/Beckmann, DÖV 1989, 290 [292]; a. A. OVG Münster, Beschluß vom 23. November 1987 – 11 B 1448/87NVwZ-RR 1988, 9 mit ablehnender Anmerkung von Schenke, NVwZ 1989, 632). Schon aus systematischen Gründen könnten nur mindestens zwei Betriebe ein Einkaufszentrum bilden; ein einzelner Betrieb – einschließlich einer möglichen Funktionseinheit zwischen zwei oder mehreren Betrieben (vgl. dazu OVG Münster, NVwZ 1989, 676 [678 f.]) – könne – unabhängig von seiner Größe – stets nur ein großflächiger Betrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BauNVO sein. Hinsichtlich der Größe der einzelnen zu einem Einkaufszentrum gehörenden Betriebe sowie der notwendigen Breite ihres Warenangebots ließen sich kaum eindeutige Abgrenzungskriterien finden (vgl. dazu etwa Jahn, UPR 1989, 371 [375]; Scholtissek, GewArch 1989, 322 [327]). Entscheidendes Gewicht wird letztlich darauf gelegt, ob eine räumliche Konzentration von Einkaufsmöglichkeiten des Einzelhandels – ggf. im Zusammenhang mit einem Angebot an verschiedenartigen Dienstleistungen – im Einzelfall die Bedeutung eines "Zentrums" im Sinne einer Sog- oder Magnetwirkung auf die Kunden in der Umgebung habe; hierin liege der Grund für die städtebauliche Sensibilität von Einkaufszentren und die daran anknüpfende gesonderte bauplanungsrechtliche Erfassung (vgl. Hoppe/Beckmann, a. a. O. S. 295, 297 f.).
[16] Solchen Merkmalen kann jedoch – auch nach der Auffassung des Senats – je für sich gesehen letztlich nur indizielle Bedeutung beigemessen werden. Es kann offenbleiben, ob überhaupt eine abstrakte Begriffsbestimmung für das "Einkaufszentrum" gefunden werden kann, die für alle denkbaren Fälle zutrifft. Hierauf kommt es jedenfalls im zu entscheidenden Fall nicht an. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt soll hier ein Einkaufszentrum dadurch entstehen, daß zu einem vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb mit besonders starker Anziehungskraft ("Magnetwirkung") auf Kunden in einem größeren Einzugsbereich, nämlich dem "Krone-Center", in enger räumlicher Nähe ein weiteres Einzelhandelsunternehmen hinzutritt. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts kann in einem solchen Fall Zentralität auch dann bestehen oder entstehen, wenn sich in einer Ansammlung einzelner Betriebe ein überdurchschnittlich großes und leistungsfähiges Unternehmen befindet; die Kunden könnten dann Einkäufe bei diesem Unternehmen bequem mit weiteren Einkäufen in der nächsten Umgebung verbinden. Dadurch übertrage sich die schon bestehende herausgehobene Attraktivität des vorhandenen großflächigen Betriebes auf die in räumlicher Konzentration hinzukommenden weiteren Betriebe und lasse diese zu Teilen eines einheitlichen Einkaufszentrums werden. Damit hat das Berufungsgericht für den hier gegebenen Fall des (nachträglichen) Zusammenwachsens mehrerer selbständiger Betriebe zu einem Einkaufszentrum zu geringe Anforderungen gestellt.
[17] Ausgangspunkt für die Umschreibung der notwendigen Erfordernisse eines "Einkaufszentrums" im Sinne der Baunutzungsverordnung ist die Wertung des Verordnunggebers. Dieser hat Einkaufszentren schon als solche, d. h. ohne weitere tatbestandliche Voraussetzungen, außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zugelassen. Anders als bei den in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauVO genannten großflächigen Handelsbetrieben hängt die eingeschränkte Zulässigkeit von Einkaufszentren nicht davon ab, daß von ihnen im Einzelfall die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO beschriebenen nachteiligen Auswirkungen ausgehen, deren Vorhandensein zwar gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO von einer bestimmten Geschoßfläche des Betriebes an vermutet wird, wobei diese Vermutung aber gemäß § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (§ 25 b Abs. 2 BauNVO 1986) widerlegt werden kann (vgl. hierzu schon Urteil vom 3. Februar 1984 – BVerwG 4 C 54.80BVerwGE 68, 342 [344 ff.]). Die demgegenüber für Einkaufszentren getroffene Regelung, die nicht zusätzlich auf das Vorhandensein nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen abstellt, erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn bei ihnen davon auszugehen ist, daß sie schlechthin – schon vom Anlagentyp her – ebenfalls mit den in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten nachteiligen städtebaulichen Auswirkungen verbunden sind (vgl. Leder, Rechtsfragen bei der Ansiedlung von Einkaufszentren [1987], S. 20 f.; BR-Drs. 354/89, S. 28 [zu § 11 BauNVO]). Dies erfordert insbesondere eine deutliche Abgrenzung des Einkaufszentrums von einer bloßen Ansammlung von Läden, die sich in Ausübung jeweils zulässiger baulicher Nutzungen in einem Gebiet entwickelt und die der Verordnunggeber in § 11 Abs. 3 BauNVO nicht erfassen will.
[18] In Übereinstimmung auch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Einkaufszentrum im Rechtssinne nur dann anzunehmen, wenn eine räumliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe – zumeist in Kombination mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben – vorliegt, die entweder einheitlich geplant ist oder sich doch in anderer Weise als "gewachsen" darstellt (vgl. Boeddinghaus/Franßen/Rohde, BauNVO [Kommentar 1977], § 11 Rz. 18; Fickert/Fieseler, BauNVO [Kommentar 5. Aufl. 1985], § 11 Tn. 18; Hoppe/Beckmann, DÖV 1989, 290 [291]). Im Regelfall wird es sich um einen einheitlich geplanten, finanzierten, gebauten und verwalteten Gebäudekomplex handeln (vgl. auch BR-Drs. 402/68, S. 5 [zu § 11 BauNVO 1968]). Aus der für die Anwendung des § 11 Abs. 3 BauNVO maßgeblichen raumordnerischen und städtebaulichen Sicht – insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur einer Gemeinde – kann aber auch eine nicht von vornherein als solche geplante und organisierte Zusammenfassung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben ein Einkaufszentrum im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO darstellen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 11 BauNVO Rz. 49). Ein solches "Zusammenwachsen" mehrerer Betriebe zu einem "Einkaufszentrum" setzt jedoch außer der erforderlichen räumlichen Konzentration (vgl. zu dieser auch OVG Lüneburg, Urteil vom 30. März 1989 – 1 OVG A 72/88 – nicht veröffentl.) weitergehend voraus, daß die einzelnen Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten. Diese Zusammenfassung kann sich in organisatorischen oder betrieblichen Gemeinsamkeiten, wie etwa in gemeinsamer Werbung unter einer verbindenden Sammelbezeichnung, dokumentieren. Nur durch solche äußerlich erkennbaren Merkmale ergibt sich die für die Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO notwendige planvolle Zusammenfassung mehrerer Betriebe zu einem "Zentrum" und zugleich die erforderliche Abgrenzung zu einer beliebigen Häufung von jeweils für sich planungsrechtlich zulässigen Läden auf mehr oder weniger engem Raum (vgl. hierzu in ähnlichem Sinne auch Hüttenbrink, DVBl. 1989, 69 [76]; Jahn, UPR 1989, 371 [375 f.]).
[19] Mit den vorgenannten Merkmalen für ein "Einkaufszentrum" im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO steht die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung nicht im Einklang. Die Ausstrahlung einer vorhandenen Magnetwirkung des "Krone-Centers" auf den Betrieb der Klägerin zu 1) genügt für sich allein nicht, um diesen zusammen mit dem "Krone-Center" als Teil eines Einkaufszentrums zu behandeln. Dazu, welche organisatorischen und betrieblichen, für die Kunden erkennbaren Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Betrieben bestehen, um diese als ein planvolles Ganzes und somit als "Einkaufszentrum" erscheinen zu lassen, hat das Berufungsgericht nicht die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Über das Begehren der Klägerin auf Genehmigung der Nutzungsänderung im Erdgeschoß der Halle läßt sich mithin derzeit nicht auf der Grundlage des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO abschließend entscheiden.
[20] Der Rechtsstreit ist in dem Umfang, in dem er noch anhängig ist, auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt – ganz oder teilweise – entscheidungsreif. Allerdings hat das Vorhaben der Klägerin zu 1) jedenfalls insoweit, als es sich auf eine umzunutzende Geschoßfläche von mehr 1 500 qm bezieht, die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes zum Ziel, von dem nachteilige städtebauliche Auswirkungen vermutet werden und der deshalb als solcher ebenfalls in einem Gewerbegebiet grundsätzlich unzulässig ist (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 und 4, § 25 b Abs. 1 BauNVO 1977/1986). Im Hinblick auf § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (§ 25 b Abs. 2 BauNVO 1986) ist aber eine zusätzliche Prüfung geboten, ob im jeweiligen Einzelfall Besonderheiten des Vorhabens oder der konkreten städtebaulichen Situation der Annahme solcher nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen des Vorhabens im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO entgegenstehen (vgl. Urteile vom 3. Februar 1984 – BVerwG 4 C 54.80BVerwGE 68, 342 [344 ff.] und – BVerwG 4 C 8.80BVerwGE 68, 352 [356]). Der Senat vermag auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts nicht abschließend zu entscheiden, ob im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß trotz Überschreitung der genannten Geschoßflächengrenze bei Verwirklichung des Vorhabens der Klägerin zu 1) keine nachteiligen städtebaulichen Auswirkungen eintreten werden. Das Berufungsgericht hat zwar auf Seite 20 seines Urteils auch insoweit "vorsorglich" auf die im bisherigen Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen verwiesen. Der erkennende Senat läßt offen, inwieweit mit einer solchen pauschalen und nicht entscheidungstragenden Bezugnahme auf anderweit getroffene Feststellungen überhaupt eine hinreichend sichere Grundlage für die revisionsgerichtliche Beurteilung geschaffen werden kann. In bezug auf die Frage, ob der Betrieb der Klägerin zu 1) Besonderheiten aufweist, die der Vermutung nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen entgegenstehen, oder nicht, reicht die Bezugnahme hier für eine abschließende Entscheidung jedenfalls nicht aus. Zwar hat das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Bescheid des Landratsamts Fürstenfeldbruck vom 8. Mai 1985 insbesondere auf die schädlichen Umwelteinwirkungen abgestellt, die von dem klägerischen Vorhaben infolge zusätzlichen Verkehrsaufkommens auf die angrenzende, durch den Zu- und Abfahrtsverkehr des "Krone-Centers" ohnehin schon stark belastete Reihenhausbebauung ausgehen würden. Insoweit ergibt sich aber aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 17. Dezember 1986, daß der dort anwesende Vertreter des Landratsamts bestätigt hat, Untersuchungen zu Lärmbeeinträchtigungen beträfen im wesentlichen den vom Ladeverkehr des "Krone-Centers" ausgehenden Lärm, der durch Lärmschutzwände weitestgehend reduziert werden könne, nicht aber den vom fließenden Verkehr auf der Hermann-Böcker-Straße ausgehenden Lärm. Damit ist für das Revisionsgericht nicht hinreichend sicher festgestellt, inwieweit schädliche Umwelteinwirkungen auf die Anwohner infolge erhöhten Verkehrsaufkommens gerade dem Vorhaben der Klägerin zu 1) zugerechnet werden könnten. Zu weiteren möglichen Besonderheiten des klägerischen Vorhabens in bezug auf Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Aufklärung des Sachverhalts.
[21] Sollte die von der Klägerin zu 1) beabsichtigte Nutzung in einem Gewerbegebiet an sich zulässig sein, so könnte ihm dennoch § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstehen (vgl. dazu auch Urteile vom 3. Februar 1984 – BVerwG 4 C 17.82BVerwGE 68, 369 [375 ff.] und vom 4. Mai 1988 – BVerwG 4 C 34.86BVerwGE 79, 309 [314 ff.]). Auch hierüber kann der Senat aber auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht abschließend entscheiden. Die Sache mußte deshalb – soweit sie nicht durch Rücknahme der Revision mit Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO bestandskräftig abgeschlossen worden ist – insgesamt zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
[22] Auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen kommt es demgemäß nicht mehr an. Der Senat bemerkt zu dem Revisionsvorbringen ergänzend, daß das Berufungsgericht darüber, ob ein Einkaufszentrum gegeben ist, in Auslegung und Anwendung eines Rechtsbegriffs ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden durfte. Zu einem vorherigen rechtlichen Hinweis auf diesen Gesichtspunkt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 278 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 173 VwGO) war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, nachdem schon die höhere Landesplanungsbehörde in ihrem Schreiben vom 28. Februar 1985, von dem die Klägerin zu 1) nach der Begründung des Bescheides vom 8. Mai 1985 Kenntnis hatte, die Frage angesprochen hatte, ob aufgrund der räumlichen Konzentration des geplanten Vorhabens mit dem bestehenden großflächigen Einzelhandelsbetrieb ein Einkaufszentrum vorliege.