Keine Kontrolle des Gesamtbetriebsrats durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten

BAG, Mitteilung vom 11. 11. 1997 – 55/97 (lexetius.com/1997,443)

[1] Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte darüber zu entscheiden, ob die Arbeitgeberin verlangen kann, daß sich der Gesamtbetriebsrat vom Datenschutzbeauftragten des Unternehmens kontrollieren läßt.
[2] Die Arbeitgeberin hat entsprechend ihrer Verpflichtung aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für das Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten bestellt. Die Betriebsräte – auch der Gesamtbetriebsrat – benutzen Computer, mit denen sie u. a. personenbezogene Daten verarbeiten. die Betriebsräte weigerten sich, ihre EDV vom Datenschutzbeauftragten überprüfen zu lassen.
[3] Nach Auffassung der Arbeitgeberin unterliegen die Betriebsräte in gleicher Weise wie andere Teile des Unternehmens der Überwachung durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Sie hat eine entsprechende Feststellung beantragt. Der Gesamtbetriebsrat hat sich hiergegen mit der Begründung gewehrt, die Arbeitgeberin sei nicht befugt, Rechte des Datenschutzbeauftragten geltend zu machen. Vor allem aber unterlägen die Betriebsräte nicht dessen Kontrolle. Das ergebe sich aus ihrer Stellung. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin als unzulässig abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihm stattgegeben.
[4] Das Bundesarbeitsgericht hat den Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und dem Gesamtbetriebsrat Recht gegeben. Er unterliegt nicht der Überwachung durch den Datenschutzbeauftragten. Diese wäre mit der vom Betriebsverfassungsgesetz geforderten Unabhängigkeit der Betriebsräte nicht vereinbar. Der betriebliche Datenschutzbeauftragte nimmt nämlich, wie auch das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keine neutrale Position zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein, sondern ist trotz seiner Freiheit von fachlichen Weisungen der Arbeitgeberseite zuzuordnen. Zur Sicherstellung des Datenschutzes kann er im Unternehmen keine eigenen Maßnahmen ergreifen, sondern im wesentlichen nur beratend auf den Arbeitgeber einwirken.
[5] Das Bundesdatenschutzgesetz ist nicht dahin zu verstehen, daß es stillschweigend dem Datenschutzbeauftragten Überwachungsrechte einräumt, welche die Unabhängigkeit des Betriebsrats beeinträchtigen würden. Das Gesetz ist insoweit lückenhaft, als es keine Vorschriften über das Verhältnis der beiden Organe zueinander enthält. Dieses Verhältnis müßte in einem Gesetz über den Arbeitnehmerdatenschutz geregelt werden, das zwar immer wieder angekündigt, aber bisher nicht erlassen worden ist. Die von der Arbeitgeberin behauptete Kontrollbefugnis kann auch nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß dem Datenschutzbeauftragten nach der Konzeption des Bundesdatenschutzgesetzes die entscheidende Kontrollfunktion zukäme. Der Gesetzgeber hat für viele Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten für entbehrlich gehalten, obwohl er sie dem Bundesdatenschutzgesetz unterworfen hat. Ebenso wie für diese Unternehmen bewendet es für die Betriebsräte bei der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde nach § 38 BDSG.
BAG, Beschluss vom 11. 11. 1997 – 1 ABR 21/97; LAG Berlin