Rechtsform der GmbH & Co. KGaA ist zulässig
BGH, Mitteilung vom 20. 5. 1997 – 33/97 (lexetius.com/1997,492)
[1] Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß eine GmbH persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) sein kann.
[2] Der zunehmende Kapitalbedarf vor allem der mittelständischen Wirtschaft hat in den letzten Jahren zur wachsenden Beliebtheit dieser Rechtsform geführt. Die Zwitterstellung der KGaA zwischen Personengesellschaft und AG, die einerseits ein in Aktien zerlegtes von den sog. Kommanditaktionären aufzubringendes Grundkapital hat, andererseits aber nicht wie die AG von einem Vorstand, sondern von einem persönlich haftenden Gesellschafter geleitet wird, ermöglicht es, durch die Ausgabe von Aktien am Kapitalmarkt zusätzliches Eigenkapital zu beschaffen, gleichzeitig aber die Führung der Gesellschaft in den bisherigen Händen zu behalten, was insbesondere für Familiengesellschaften von Bedeutung sein kann.
[3] Allerdings hat die KGaA für den persönlich haftenden Gesellschafter den Nachteil, daß er nach dem Gesetz für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit seinem gesamten privaten Vermögen einzustehen hat. Dieser Nachteil kann jedoch überwunden werden, wenn – wie bei der in mittelständischen Kreisen beliebten GmbH & Co. KG – an die Stelle der natürlichen Person als persönlich haftender Gesellschafter eine juristische Person tritt, wozu sich wiederum – wie bei der GmbH & Co. KG – eine GmbH anbietet. Die bisherigen Inhaber des Unternehmens können dann vermittels ihrer Stellung als Gesellschafter der GmbH die Person des Geschäftsführers bestimmen, während die Kommanditaktionäre, die auf dessen Bestellung keinen Einfluß haben, auf eine Rolle als reine Kapitalanleger beschränkt bleiben. Nicht zuletzt aus diesem Grunde sind sowohl unter rechtssystematischen als auch unter dem Gesichtspunkt des Anleger- und Gläubigerschutzes schwerwiegende Bedenken gegen die Zulässigkeit einer KGaA mit einer GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin erhoben worden. Der Gesetzgeber sei – so wird von den Gegnern dieser Gesellschaftsform argumentiert – stets von einer natürlichen Person als Gesellschafter ausgegangen. Die im Vergleich zu der Stellung des Vorstandes einer AG größere Selbständigkeit des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, die vor allem in seiner Unabhängigkeit von der Wahl durch den Aufsichtsrat und die ungleich geringeren Rechte des Aufsichtsrats zur Kontrolle seiner Geschäftsführung zum Ausdruck kommt, sei nur durch seine unbeschränkte persönliche Haftung gerechtfertigt. Auch mitbestimmungsrechtliche Gesichtspunkte werden gegen diese Rechtsform ins Feld geführt.
[4] Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs müssen diese teilweise nicht von der Hand zu weisenden Bedenken hinter dem Interesse der Wirtschaft, insbesondere des wirtschaftlichen Mittelstandes, im Rahmen der bestehenden Gesetze ohne rechtliche Bevormundung eigenverantwortlich über Wünschbarkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Organisationsformen entscheiden zu dürfen, zurückstehen. Es sei zwar richtig, daß der Gesetzgeber sich unter dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA wohl eine natürliche Person vorgestellt habe. Da er die KGaA mit einer GmbH aber nicht verboten habe, müsse sie als eine mögliche Mischform zwischen den gesetzlich geregelten Typen als zulässig angesehen werden. Bedenken aus dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes seien unbegründet, da die wirtschaftliche Bonität der Gesellschaft heute mehr denn je nicht von der persönlichen Haftung einer natürlichen Person als vielmehr von der von den Kommanditaktionären aufgebrachten Kapitalausstattung abhänge. Auch die im Vergleich zur AG geringere Möglichkeit der Kommanditaktionäre, über den Aufsichtsrat Einfluß auf die Bestellung des gesellschaftsleitenden Organs der Gesellschaft zu nehmen und dessen Geschäftsführung zu überwachen, rechtfertigt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht, die Gestaltungsfreiheit der Wirtschaft durch Annahme einer generellen Unzulässigkeit dieser Gesellschaftsform seitens der Gerichte zu beschränken. Es müsse vielmehr dem anlagesuchenden Publikum überlassen bleiben, ohne gesellschaftsrechtliche Bevormundung selber zu entscheiden, ob es sich an einer solchen Gesellschaft beteiligen wolle. Dazu sei allerdings erforderlich, daß – wie bei der GmbH & Co. KG – bereits in der Firma der Gesellschaft kenntlich gemacht werde, daß ihr persönlich haftender Gesellschafter nicht wie im Regelfall eine natürliche, sondern eine juristische Person sei. Die Entscheidung, ob diese Rechtsform der Mitbestimmung unterworfen sein solle, sei schließlich allein Sache des Gesetzgebers.
BGH, Beschluss vom 24. 2. 1997 – II ZB 11/96