Bundesgerichtshof
PatG 1981 § 60 Abs. 1
Die wirksame Teilung eines Patents setzt nicht voraus, daß durch die Teilungserklärung ein gegenständlich bestimmter Teil des Patents definiert wird, der von diesem abgetrennt wird (Abweichung von BGHZ 133, 18 – Informationssignal; Sen. Beschl. v. 5. 3. 1996 – X ZB 13/92, GRUR 1996, 747 – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem).

BGH, Beschluss vom 30. 9. 2002 – X ZB 18/01 – Sammelhefter; Bundespatentgericht (lexetius.com/2002,1802)

[1] Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf beschlossen:
[2] Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 34. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 25. Januar 2001 wird auf Kosten der Einsprechenden zurückgewiesen.
[3] Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
[4] Gründe: I. Die Rechtsbeschwerdegegnerin ist Inhaberin des einen Sammelhefter betreffenden deutschen Patents 36 45 276 (Streitpatents), das mit folgendem einzigen Patentanspruch erteilt worden ist:
[5] "Sammelhefter mit einer Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage, auf die an in einem Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen Druckbogen rittlings abgelegt werden, wobei die Sammelstrecke mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren, von dem die zusammengetragenen Druckbogen zu einem Heftapparat durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf geheftet werden, dadurch gekennzeichnet, daß parallel zur erwähnten Sammelstrecke wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage (3) und mit Mitnehmern (6) vorhanden ist, daß mit jedem Maschinentakt die Anlegestationen (7, 8, 19) nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen beschicken, und daß die zusammengetragenen Druckbogen im Wirkbereich des Heftapparates (9) relativ zu den Sammelstrecken stillstehen und der Heftkopf (12, 13, 33) beim Heftvorgang während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgt."
[6] Die Rechtsbeschwerdeführerin hat gegen das Streitpatent Einspruch erhoben. Die Patentabteilung hat das Streitpatent widerrufen, da das durch Teilung aus dem Patent 36 16 566 (im folgenden: Stammpatent) hervorgegangene Patent über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen der Stammanmeldung hinausgehe.
[7] Im Beschwerdeverfahren hat die Patentinhaberin einen neuen Patentanspruch vorgelegt und die Teilung des Streitpatents erklärt. Der verteidigte Anspruch lautet:
[8] "Sammelhefter mit einer Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage, auf die an in einem Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen Druckbogen rittlings abgelegt werden, wobei die Sammelstrecke mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren, von dem die auf der Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf geheftet werden, dadurch gekennzeichnet, daß parallel zur erwähnten Sammelstrecke wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage und mit Mitnehmern vorhanden ist, daß mit jedem Maschinentakt die Anlegestationen nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen beschicken und die auf der weiteren Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden weiteren Heftkopf des Heftapparates geheftet werden, und daß die zusammengetragenen Druckbogen im Wirkbereich des Heftapparates relativ zu den Sammelstrecken stillstehen und die Heftköpfe beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen."
[9] Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit diesem Anspruch beschränkt aufrechterhalten. Zwar sei mangels einer wirksamen Teilungserklärung im Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent eine Teilanmeldung mit der Priorität der Stammanmeldung nicht entstanden. Dieser Mangel des Verfahrens sei jedoch durch die Patenterteilung mit der Folge geheilt, daß dem Streitpatent der Zeitrang der Stammanmeldung zukomme. Auf dieser Grundlage hat das Bundespatentgericht den Gegenstand des Streitpatents als patentfähig angesehen.
[10] Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Einsprechenden, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt.
[11] Die Patentinhaberin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
[12] II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
[13] 1. Das Bundespatentgericht hat es als für das Streitpatent im Ergebnis unschädlich angesehen, daß die Gebühren für die im Einspruchsverfahren gegen das Stammpatent abgetrennte Anmeldung verspätet eingezahlt worden seien.
[14] a) Dazu hat das Beschwerdegericht ausgeführt: Die am 16. Dezember 1992 im Einspruchsbeschwerdeverfahren gegen das Stammpatent gegenüber dem Bundespatentgericht abgegebene Teilungserklärung gelte mangels rechtzeitiger und vollständiger Entrichtung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung als nicht abgegeben. Die vom Patentamt in der Einreichung der Unterlagen zur Trennanmeldung mit dem amtlichen Vordruck des Antrags auf Erteilung eines Patents am 10. März 1993 gesehene erneute Teilungserklärung habe ihren alleinigen Adressaten, das in der Beschwerdeinstanz mit dem Einspruch gegen das Stammpatent befaßte Bundespatentgericht, nicht erreicht. In dem am 12. März 1993 beim Bundespatentgericht eingegangenen Schriftsatz, in dem die Patentinhaberin auf die Einreichung der Unterlagen und die Gebührenzahlung hingewiesen habe, sei hingegen keine Teilungserklärung zu sehen, da der Beschwerdesenat dem nach seinem Empfängerhorizont nur habe entnehmen können, daß hinsichtlich der ihm bereits vorliegenden Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 der zunächst eingetretene Schwebezustand kurz vor Ablauf der Dreimonatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG beendet worden sei. Daraus folge entgegen der Auffassung der Einsprechenden allerdings nicht, daß die am 10. März 1993 beim Patentamt eingereichten Unterlagen als neue Anmeldung mit dem Anmeldetag 10. März 1993 anzusehen seien. Mangels einer wirksamen Teilanmeldung fehle es vielmehr überhaupt an einem Anmeldetag. Das Fehlen einer wirksamen Teilanmeldung sei indessen durch den unanfechtbar gewordenen Erteilungsbeschluß geheilt worden.
[15] b) Die Rechtsbeschwerde hält diese Erwägungen für nicht tragfähig. Zwar möge angesichts des abschließenden Katalogs der Widerrufsgründe von einer Heilung von Verfahrensfehlern des Patentamts durch die Patenterteilung gesprochen werden. Daraus folge jedoch weder logisch noch rechtlich, daß sich die Patentinhaberin ohne wirksame Teilung auch auf die Priorität der Anmeldung des Stammpatents berufen könne.
[16] c) Es kann dahinstehen, welche Rechtsfolgen eine mangels fristgerechter Entrichtung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung als nicht abgegeben geltende Teilungserklärung für ein gleichwohl auf die abgetrennte Anmeldung erteiltes Patent nach sich ziehen würde. Denn entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Patentinhaberin eine weitere Teilungserklärung abgegeben und im Hinblick auf diese Erklärung die Gebühren fristgerecht entrichtet.
[17] Das Bundespatentgericht sieht offenbar in der Einreichung der Unterlagen zur Trennanmeldung mit dem amtlichen Vordruck des Antrags auf Erteilung eines Patents wie das Patentamt eine weitere Teilungserklärung. Denn es spricht von einer Teilungserklärung, die ins Leere gegangen sei, weil sie ihren Adressaten (das Bundespatentgericht) nicht erreicht habe. Dieses Verständnis der Verfahrenshandlung der Patentinhaberin als Teilungserklärung ist auch zutreffend, denn diese hat mit der Einreichung der Unterlagen der Trennanmeldung mit dem amtlichen Vordruck, in dem in der Rubrik 8 (Erklärungen) "Teilung/Ausscheidung aus der Patentanmeldung (Aktenzeichen der Stammanmeldung) P 36 16 566. 2—27" angekreuzt war, ihren (fortbestehenden) Willen zur Teilung des Stammpatents erklärt.
[18] Es bedarf keiner Entscheidung, ob es der Wirksamkeit dieser Erklärung entgegenstünde, wenn sie ausschließlich an das Patentamt gerichtet worden wäre und nicht an das Bundespatentgericht, demgegenüber sie abzugeben war (vgl. Busse, PatG, 5. Aufl., § 60 Rdn. 4; Hacker, Mitt. 1999, 1, 8; van Hees, Verfahrensrecht in Patentsachen, 2. Aufl., S. 238; Kühnen, Die Teilung des Patents, S. 55). Denn jedenfalls hat die Patentinhaberin mit ihrem dort am 12. März 1993 eingegangenen Schriftsatz gegenüber dem Bundespatentgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß "die … angekündigte Erfüllung aller Wirksamkeitserfordernisse für die Teilung durch Einreichung der Unterlagen und Gebührenzahlung beim Deutschen Patentamt erfolgt" sei, und damit auch gegenüber dem Bundespatentgericht hinreichend zum Ausdruck gebracht, daran festhalten zu wollen, das Stammpatent gemäß ihrer Erklärung vom 16. Dezember 1992 zu teilen. Das reicht für eine Wiederholung der Teilungserklärung aus, die erneut die Frist des § 39 Abs. 3 PatG in Gang setzte.
[19] 2. Das Bundespatentgericht hat den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig erachtet.
[20] Dabei hat es unterstellt, daß die Teilungserklärung, wie von der Einsprechenden geltend gemacht, auch deshalb unwirksam sei, weil der abgetrennte Gegenstand von den erteilten Patentansprüchen des Stammpatents nicht umfaßt sei. Denn dies habe die gleichen Folgen wie der Umstand, daß die Teilungserklärung mangels Entrichtung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung als nicht abgegeben gelte. Auch dieser Verfahrensfehler sei durch die Patenterteilung geheilt.
[21] Eine solche Heilung sei im Patentrecht nichts Unbekanntes. Übersehe etwa eine Prüfungsstelle, daß die förmlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer ausländischen Priorität nicht gegeben seien – z. B. der Prioritätsanspruch nach § 41 Abs. 1 Satz 3 PatG verwirkt sei –, so sei dies im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren ebensowenig nachprüfbar, wie wenn bei Patenterteilung übersehen worden sei, daß zuvor die Fiktion der Rücknahme der Anmeldung – etwa wegen unvollständiger Gebührenzahlung – eingetreten sei. Auch in diesem Fall liege bei Patenterteilung keine wirksame Anmeldung vor. Soweit die Einsprechende Bedenken habe, daß durch die Heilung auch schwere Fehler bei der Teilung im Einspruchsverfahren nicht mehr überprüft werden könnten, sei dem entgegenzuhalten, daß die Einsprechende die Unwirksamkeit der Teilungserklärung bereits im Rahmen des Einspruchsbeschwerdeverfahrens hätte rügen können.
[22] Der im Einspruchsbeschwerdeverfahren verteidigte Patentanspruch sei zulässig. Die Merkmale des Anspruchs seien, wie in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden nicht in Frage gestellt worden sei, in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs sei neu, gewerblich anwendbar und beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.
[23] 3. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
[24] a) Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Fehlen einer wirksamen Teilungserklärung als solches nicht den Widerruf eines gleichwohl auf die abgetrennte Anmeldung erteilten Patents rechtfertigt, weil das Gesetz (§ 21 PatG) einen entsprechenden Widerrufsgrund nicht kennt. Insofern gilt nichts anderes als für sonstige Mängel des Erteilungsverfahrens, die weder einen Widerrufs-, noch einen Nichtigkeitsgrund bilden (vgl. BGH, Urt. v. 11. 11. 1952 – I ZR 134/51, GRUR 1953, 88 – Anschlußberufung; Urt. v. 29. 11. 1966 – Ia ZR 11/63, GRUR 1967, 240, 242 – Mehrschichtplatte; Beschl. v. 31. 1. 1967 – Ia ZB 6/66, GRUR 1967, 543, 546 – Bleiphosphit; Sen. Beschl. v. 15. 5. 1997 – X ZB 8/95, GRUR 1997, 612, 615 – Polyäthylenfilamente; vgl. ferner Sen., BGHZ 103, 262, 265 – Düngerstreuer).
[25] b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Nichtigkeitsverfahren ebensowenig als Vorfrage zu prüfen, ob das Patentamt als Erteilungsbehörde eine an sich statthafte und im Rahmen seiner Zuständigkeit liegende Wiedereinsetzung sachlich zu Recht gewährt hat, da ein etwaiger Verfahrensmangel solcher Art als durch die Patenterteilung geheilt anzusehen wäre (Urt. v. 6. 10. 1959 – I ZR 117/57, GRUR Ausl. 1960, 506, 507 – Schiffslukenverschluß). Durch die Rechtsprechung des Senats ist hingegen noch nicht entschieden, inwieweit hieraus eine allgemeine Aussage darüber abzuleiten ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang formelle Mängel des Erteilungsverfahrens durch die Erteilung des Patents in dem Sinne geheilt werden, daß sie jeder Nachprüfung entzogen sind (s. dazu BPatG, BlPMZ 1984, 380; Benkard, PatG, 9. Aufl., § 22 Rdn. 16; Busse, aaO, § 41 Rdn. 50, § 49 Rdn. 29; Mes, PatG, § 49 Rdn. 6; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 49 Rdn. 30). Im Grundsatz wird dies nicht von einer gesetzlich nicht bestimmten Heilungswirkung der Patenterteilung als solcher, sondern davon abhängen, worauf sich im einzelnen die Tatbestandswirkung (s. dazu BVerwGE 59, 310, 315; 74, 315, 320; Knack/Meyer, VwVfG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 17 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 18 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 121 Rdn. 5) des Verwaltungsaktes der Patenterteilung erstreckt, die hinsichtlich des Anmeldetages (§ 35 Abs. 2 PatG) zunächst lediglich die formelle Patentlaufzeit dadurch bestimmt, daß der Erteilungsbeschluß ausspricht, von welchem Tag an das erteilte Patent läuft (§ 16 Abs. 1 Satz 1 PatG), sich hingegen nicht notwendigerweise auf die Beantwortung der materiell-rechtlichen Frage erstrecken muß, welcher Tag den Zeitrang der Anmeldung im Sinne des § 3 Abs. 1 PatG bestimmt. Diese Frage könnte vielmehr von derjenigen Instanz zu entscheiden sein, die zur Beurteilung der Frage berufen ist, ob der Gegenstand des erteilten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist (vgl. zum Gebrauchsmusterrecht Sen. Beschl. v. 11. 5. 2000 – X ZB 26/98, GRUR 2000, 1018, 1020 – Sintervorrichtung; zur Prioritätsbeanspruchung BPatGE 28, 31 = GRUR 1986, 607).
[26] Das Gesetz sieht eine Heilung von Mängeln des Erteilungsverfahrens nicht ausdrücklich vor; die (fehlenden) Folgen solcher Mängel ergeben sich vor allem daraus, daß das Gesetz Widerruf oder Nichtigerklärung des Patents von dem Vorliegen bestimmter Fehler abhängig macht und damit aus anderen, im Gesetz nicht aufgeführten Gründen ausschließt. Das bedeutet jedoch nur eine mangelnde Anfechtbarkeit der Erteilung aus diesem Grunde, nicht jedoch zwangsläufig auch, daß die infolge eines solchen Fehlers tatsächlich nicht vorliegenden Voraussetzungen als fingiert anzusehen wären, also im Falle einer fehlenden wirksamen Anmeldung etwa von einem wie auch immer zu bestimmenden fiktiven Anmeldedatum zur Festlegung des für die Fragen der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit maßgeblichen Datums auszugehen wäre.
[27] c) Im Streitfall bedarf dies jedoch keiner Entscheidung. Denn die vom Bundespatentgericht unterstellte Unwirksamkeit der Teilungserklärung kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht.
[28] aa) Der Senat ist allerdings seit dem Beschluß vom 5. 3. 1996 (X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 750 f. – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem) davon ausgegangen, daß eine Teilung des Patents nach § 60 PatG voraussetzt, daß das Patent gegenständlich in mindestens zwei Teile aufgespalten wird. Nur wenn eine Teilung in diesem Sinne vorliegt, d. h. mit der Teilungserklärung tatsächlich ein in und durch diese Erklärung bestimmter Teil des einspruchsbefangenen Patents abgespalten wird, soll mit der Trennanmeldung im übrigen im Sinne der Rechtsprechung (BGHZ 115, 234 – Straßenkehrmaschine; Sen. Beschl. v. 22. 4. 1998 – X ZB 19/97, GRUR 1999, 148, 150 – Informationsträger) der gesamte Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Gesamtanmeldung – auch über den abgetrennten Gegenstand hinaus – ausgeschöpft werden können. Für eine wirksame Teilung soll es dabei nicht genügen, daß der abgetrennte Gegenstand und das zu teilende Patent lediglich merkmalsmäßige Überschneidungen, etwa im Oberbegriff, aufweisen. Für erforderlich hat der Senat vielmehr erachtet, daß die Trennanmeldung – zumindest auch – einen Gegenstand umfaßt, der Gegenstand der – sinnvoll verstandenen – Patentansprüche des erteilten Patents ist und nach dem Inhalt der Teilungserklärung von diesem abgetrennt wird (Sen. Beschl. v. 3. 12. 1998 – X ZB 17/97, GRUR 1999, 485, 486 – Kupplungsvorrichtung). Dagegen ist eine wirksame Teilung für den Fall verneint worden, daß vom erteilten Patent nichts abgetrennt wird, beispielsweise, weil der mit der Teilungserklärung abgetrennte Gegenstand im erteilten Patent nicht enthalten ist (BGHZ 133, 18, 21 – Informationssignal).
[29] bb) Der Senat hat insoweit wesentlich darauf abgestellt, daß eine Teilung schon begrifflich voraussetze, daß der zu teilende Gegenstand in mindestens zwei Teile aufgespalten werde (Sen. Beschl. v. 5. 3. 1996 – X ZB 13/92, GRUR 1996, 747, 750 f. – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem; BGHZ 133, 18, 22 – Informationssignal; Sen. Beschl. v. 3. 12. 1998 – X ZB 17/97, GRUR 1999, 485, 486 – Kupplungsvorrichtung). Ob daran gegenüber der Kritik (s. insbes. Busse, aaO, § 39 Rdn. 16, § 60 Rdn. 10) festzuhalten ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist aus dem Erfordernis einer Teilung nicht nur des Verfahrens, sondern des erteilten Patents nicht abzuleiten, daß bereits durch die Teilungserklärung ein gegenständlich bestimmter Teil des Patents definiert werden muß, der von diesem abgetrennt wird.
[30] Die Entwicklung der Teilungspraxis hat gezeigt, daß mit dem materiell-rechtlichen Erfordernis der durch den Inhalt der Teilungserklärung bestimmten gegenständlichen Teilung nur scheinbar eine materielle Einschränkung des freien Teilungsrechts des Patentinhabers im Einspruchsverfahren verbunden ist. Da zumindest die Abtrennung eines beliebigen Unteranspruchs dem Erfordernis der gegenständlichen Teilung genügt, handelt es sich in der Wirkung tatsächlich eher um eine bloß formale Hürde, einen, wie es in der Literatur anschaulich ausgedrückt worden ist, an der "Teilungspforte" zu entrichtenden "kleinen Obolus" (Hacker, Mitt. 1999, 1, 3). Andererseits kann diese Hürde jedoch, wie die Entscheidungspraxis der letzten Jahre und der Streitfall zeigen, erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten, ohne daß damit für eine inhaltlich sinnvolle Abgrenzung zwischen den Möglichkeiten des Patentinhabers, einen sachlich angemessenen Patentschutz zu erwirken, einerseits und der Rechtssicherheit für Dritte andererseits irgendetwas gewonnen wäre.
[31] Das Verständnis der Teilung als gegenständliche Aufspaltung des Patents in mindestens zwei Teile wird etwa denjenigen Teilungsfällen gerecht, in denen von zwei nebengeordneten Ansprüchen der eine im Stammpatent verbleiben, während der andere abgetrennt werden soll. Schon für die häufigeren Fälle der Abtrennung von Unteransprüchen oder des Verbleibs eines Unteranspruchs im Stammpatent paßt es jedoch allenfalls mit Einschränkungen, da der Gegenstand des Unteranspruchs mit der Abtrennung nicht notwendigerweise aus dem Gegenstand und jedenfalls nicht aus dem Schutzbereich des übergeordneten Anspruchs herausfällt (vgl. Busse, aaO, § 39 Rdn. 16; Stortnik, GRUR 2000, 111, 119). Andererseits könnte eine mit der Teilungserklärung verbundene Gestaltungswirkung überhaupt nur das im Ausgangsverfahren verbleibende Stammpatent betreffen, da mit der durch die Teilung entstandenen neuen Anmeldung der gesamte Offenbarungsgehalt der Ursprungsanmeldung ausgeschöpft werden kann und insoweit mithin eine Beschränkung nicht eintritt (vgl. Sen. Beschl. v. 22. 4. 1998 – X ZB 19/97, GRUR 1999, 148, 150 – Informationsträger; Hacker, Mitt. 1999, 1, 2). Das Erfordernis einer gegenständlich verstandenen Teilung ist daher nur insoweit sinnvoll, als es sicherstellt, daß auf die Trennanmeldung nichts patentiert wird, was mit dem im Verfahren der Stammanmeldung gewährten oder versagten Patentschutz unvereinbar ist. Das betrifft insbesondere die Vermeidung einer Doppelpatentierung (vgl. Sen. Beschl. v. 28. 3. 2000 – X ZB 36/98, GRUR 2000, 688, 689 – Graustufenbild; Melullis, GRUR 2001, 971, 974), die sich nicht mehr als Teilung, sondern als Verdoppelung des Stammpatents darstellen würde. Sie muß und kann jedoch nicht durch inhaltliche Anforderungen an die Teilungserklärung vermieden werden, sondern allein durch entsprechende Anforderungen an die jeweils zu gewährenden oder aufrecht zu erhaltenden Patentansprüche.
[32] Damit wird zugleich erreicht, daß die Teilung des Patents insoweit nicht anders behandelt wird als die Teilung der Anmeldung (s. dazu bereits Sen. Beschl. v. 23. 9. 1997 – X ZB 14/96, GRUR 1998, 458 – Textdatenwiedergabe). Der bis zur Patenterteilung vorläufige Charakter der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche schließt es aus, die Teilung von einer inhaltlichen Aufspaltung der beanspruchten Lehre nach Maßgabe der angemeldeten Ansprüche abhängig zu machen. Da die abschließende Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche nicht am Anfang, sondern am Ende des Erteilungsverfahrens steht, kann und muß erst zu diesem Zeitpunkt und nicht schon bei Abgabe der Teilungserklärung der Gegenstand des in dem jeweiligen Verfahren erstrebten Patentschutzes feststehen (Sen. Beschl. v. 23. 9. 1997 – X ZB 14/96, GRUR 1998, 458, 459 – Textdatenwiedergabe; Melullis, GRUR 2001, 971, 974). Werden Patent und Patentanmeldung insoweit gleichbehandelt, werden zugleich Friktionen vermieden, die sich andernfalls nach Patenterteilung, aber vor Eintritt der Bestandskraft der Patenterteilung ergeben könnten, wenn einerseits eine Teilung noch möglich ist (Sen. Beschl. v. 28. 3. 2000 – X ZB 36/98, GRUR 2000, 688 – Graustufenbild), andererseits aber einer gegenständlichen Abspaltung von dem erteilten Patent, sofern sich kein Einspruchsverfahren anschließt, nicht mehr durch einen Teilwiderruf Rechnung getragen werden kann.
[33] cc) Der Senat hat erwogen, ob sich die bisherigen Anforderungen an eine gegenständlich bestimmte Teilungserklärung rechtfertigen ließen, wenn der Senat an ihrer Stelle von seiner vielfach kritisch erörterten (s. nur Bauer, GRUR 1993, 376, 377 f.; van Hees, aaO, S. 245 f.; Kühnen, aaO, S. 114 ff.; Niedlich, GRUR 1995, 1; dens., GRUR 2002, 565; Schulte, aaO, § 60 Rdn. 53) Rechtsprechung abrücken würde, nach der im Verfahren der Trennanmeldung der Offenbarungsgehalt der Ursprungsanmeldung ausgeschöpft werden kann (BGHZ 115, 234 – Straßenkehrmaschine; Sen. Beschl. v. 22. 4. 1998 – X ZB 19/97, GRUR 1999, 148, 150 – Informationsträger). Dagegen spricht jedoch, daß sich die Rechtspraxis auf die in der Entscheidung "Straßenkehrmaschine" herausgearbeiteten Grundsätze eingestellt hat, auf die – anders als auf die Rechtsprechung zur gegenständlich bestimmten Teilungserklärung – seit zehn Jahren Patentinhaber vertraut haben, die nach diesen Grundsätzen Patente geteilt und auf die Trennanmeldungen Patente erwirkt haben. Es bedürfte daher zwingender Gründe, um hiervon abzuweichen. Sie können nicht in begrifflichen Argumenten gefunden werden. Für entscheidend hält der Senat vielmehr, ob die Kritik durchgreift, die Rechtsprechung vernachlässige die rechtlich geschützten Interessen des Wettbewerbs gegenüber denjenigen des Patentinhabers, indem sie die Zäsurwirkung der Patenterteilung mißachte und die durch § 22 Abs. 1 PatG ausgeschlossene Erweiterung des Schutzbereichs eines erteilten Patents auf dem rechtlichen Umweg der Teilung zulasse. Diese Kritik ist jedoch schon deshalb nicht überzeugend, weil dem Anmelder immer die Möglichkeit zu Gebote steht, die Anmeldung (unmittelbar) vor Patenterteilung zu teilen und sich damit die Möglichkeit offen zu halten, gegebenenfalls ein zweites Patent mit einem gegenüber dem erteilten weiteren oder anderen Schutzbereich zu erwirken. Die Zäsurwirkung der Patenterteilung ist insofern notwendigerweise auf das jeweilige aus einer Anmeldung hervorgegangene Patent beschränkt und läßt sich auf weitere Patente, die aus Trennanmeldungen hervorgehen können, nicht erstrecken. Es mag zutreffen, daß die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten bis zur Entscheidung "Straßenkehrmaschine" kaum erkannt worden sind und daß von ihnen auch in mißbräuchlicher Weise Gebrauch zu machen versucht wird, indem – insbesondere in Anpassung an Ausführungsformen des Wettbewerbs – Patentansprüche auf nicht ursprungsoffenbarte Gegenstände formuliert werden. Im Hinblick auf die stets gegebene Möglichkeit der Teilung der Anmeldung läßt sich dem jedoch durch eine Einschränkung der Möglichkeiten zur Teilung des Patents nicht wirksam begegnen. Versuchen, die Grenzen der Ursprungsoffenbarung zu überschreiten, kann und muß durch eine besonders aufmerksame Prüfung auf Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, bei Trennanmeldungen entgegengetreten werden.
[34] dd) Das Bundespatentgericht hat festgestellt, daß sich der von ihm aufrechterhaltene Patentanspruch von dem im Stammpatent beanspruchten Gegenstand u. a. dadurch unterscheide, daß die Sammelstrecken nicht notwendigerweise symmetrisch zu einer Achse und um diese drehend angeordnet sind, ferner dadurch, daß die Sammelstrecke nach dem Streitpatent mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist. Diese Beurteilung, gegen die sich auch die Rechtsbeschwerde nicht wendet, ist rechtsfehlerfrei. Damit ist dem Erfordernis einer Teilung des Stammpatents genügt.
[35] d) Die Beurteilung der Zulässigkeit des verteidigten Patentanspruchs und seiner Patentfähigkeit durch das Bundespatentgericht wird von der Rechtsbeschwerde nicht mit konkreten Rügen angegriffen und läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hat damit insgesamt Bestand.
[36] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
[37] III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.