Bundesgerichtshof zur Abwicklung widerrufener Realkreditverträge
BGH, Mitteilung vom 12. 11. 2002 – 112/02 (lexetius.com/2002,1886)
[1] Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zu Rechtsfragen Stellung genommen, die für die Rückabwicklung (§ 3 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) widerrufener Grundpfandkreditverträge bedeutsam sind.
[2] Wie der Bundesgerichtshof im Anschluß an eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2000 (C-481/99) mit Urteil vom 9. April 2002 (XI ZR 91/99; Pressemitteilung Nr. 37/2002) entschieden hat, können auch aufgrund einer Haustürsituation geschlossene Grundpfandkreditverträge grundsätzlich unbefristet widerrufen werden, wenn keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgt ist. In dem jetzigen Rechtsstreit verlangen die Kläger von der beklagten Bank, die ihnen die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds finanziert hatte, nach Widerruf des Realkreditvertrages die Erstattung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 16.007,88 DM. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Kläger hat der Bundesgerichtshof nach den Grundsätzen seines Urteils vom 9. April 2002 das Berufungsurteil aufgehoben. Er hat die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da es hinsichtlich des von den Klägern geltend gemachten Anspruchs aus § 3 HWiG a. F. noch weiterer Feststellungen zur Höhe der Klageforderung und zu den Gegenforderungen der Beklagten bedarf. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt:
[3] Im Falle des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages seien die Parteien jeweils verpflichtet, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und zu verzinsen.
[4] Die Kläger hätten mithin Anspruch auf Erstattung der von ihnen auf das Darlehen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen und auf marktübliche Verzinsung dieser der Beklagten zur Nutzung zur Verfügung gestellten Beträge.
[5] Die beklagte Bank habe ihrerseits gegen die Kläger Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages und dessen marktübliche Verzinsung. Diesen Betrag hätten die Kläger zweckbestimmt zum Erwerb der Fondsanteile als Leistung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG a. F. empfangen, auch wenn er ihnen nicht unmittelbar zugeflossen, sondern von der Beklagten weisungsgemäß auf ein Anderkonto ihres Treuhänders überwiesen worden sei. Eine andere Beurteilung sei nur dann geboten, wenn es sich bei dem von den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag und dem finanzierten Geschäft um ein sogen. verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG a. F. handeln würde mit der Folge, daß der Widerruf des Darlehensvertrages zugleich auch der Wirksamkeit des finanzierten Geschäfts entgegenstünde. Auf einen Realkreditvertrag wie hier sei aber § 9 VerbrKrG a. F. schon gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht anzuwenden.
BGH, Urteil vom 12. 11. 2002 – XI ZR 47/01