Bundesfinanzhof
EStG § 2, § 12, § 21 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3
Es ist nicht zweifelhaft, dass Wohnräume im Haus der Eltern, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, nicht mit steuerrechtlicher Wirkung an volljährige unterhaltsberechtigte Kinder vermietet werden können.

BFH, Beschluss vom 16. 1. 2003 – IX B 172/02; FG München (lexetius.com/2003,99)

[1] Gründe: I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bewohnen ein eigenes Einfamilienhaus. Der Kläger vermietete Räume im Obergeschoss dieses Hauses, die keine abgeschlossenen Wohnungen bildeten und in denen nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) keine Kochgelegenheit vorhanden war, an seine beiden Söhne, einen Studenten und einen Schüler, der im Streitjahr sein Abitur machte. Die Mieten wurden monatlich durch Dauerauftrag überwiesen und die Betriebskostenvorauszahlungen abgerechnet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt – FA -) berücksichtigte die aufgrund dieser Mietverhältnisse geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse nicht. Das FG wies die Klage ab: Die Räume seien an fremde Dritte nicht vermietbar gewesen; die Mietverträge hielten einem Fremdvergleich nicht stand und seien überdies rechtsmissbräuchlich, weil die Kläger mit ihren Söhnen eine Haushaltsgemeinschaft bildeten (FG München, Urteil vom 18. Juli 2002 2 K 161/02, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2002, 1531).
[2] Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde beantragen die Kläger, die Revision zuzulassen.
[3] Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
[4] II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt.
[5] 1. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
[6] Die als angeblich klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage, ob auch bei einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft ein zwischen Eltern und Kindern geschlossener Mietvertrag der Besteuerung zugrunde zu legen ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu verneinen ist. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Verträge unter Angehörigen zwar der Besteuerung zugrunde zu legen sind, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und das Vereinbarte nach Inhalt und Art der Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht, dass aber andererseits Tätigkeiten oder Nutzungsüberlassungen, die sich im Rahmen der familiären Haushaltsgemeinschaft vollziehen, grundsätzlich steuerrechtlich der nicht steuerbaren Privatsphäre zuzuordnen sind (§ 12 des Einkommensteuergesetzes – EStG -) und auch nicht durch schuldrechtliche Verträge in den Bereich der Einkünfteerzielung (§ 2 EStG) verlagert werden (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1978 VI R 166, 173, 174/76, BFHE 126, 285, BStBl II 1979, 80 – Reinigung des häuslichen Arbeitszimmers durch die Ehefrau –; vom 17. März 1988 IV R 188/85, BFHE 153, 117, BStBl II 1988, 632, und vom 9. Dezember 1993 IV R 14/92, BFHE 173, 140, BStBl II 1994, 298 – Telefondienst und Botengänge von Kindern eines Arztes –; vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171, und vom 30. Januar 1996 IX R 100/93, BFHE 180, 74, BStBl II 1996, 359 – Vermietung im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft –; vom 14. September 1999 IX R 88/95, BFHE 189, 424, BStBl II 1999, 776 – Pflege eines Angehörigen im Familienhaushalt -). Danach ist nicht zweifelhaft, dass auch Wohnräume im Haus der Eltern, die keine abgeschlossene Wohnung bilden, nicht mit steuerrechtlicher Wirkung an volljährige unterhaltsberechtigte Kinder vermietet werden können. Eine Benachteiligung der Familie gegenüber Dritten (vgl. Art. 3 Abs. 1, Art. 6 des Grundgesetzes – GG -) liegt schon deshalb nicht vor, weil zwischen fremden Dritten keine familiäre Haushaltsgemeinschaft besteht.
[7] 2. Die Voraussetzungen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind schon nicht schlüssig dargelegt.
[8] a) Soweit die Kläger die Beweiswürdigung des FG angreifen und rügen, das FG habe zu Unrecht das Vorhandensein einer Kochgelegenheit verneint, liegt darin keine schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels. Die Beweiswürdigung des FG bindet grundsätzlich das Revisionsgericht, wenn sie – wie im Streitfall – nach dem festgestellten Sachverhalt möglich ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Das Revisionsgericht ist allerdings nicht gebunden, wenn das FG gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Letzteres ist der Beschwerdebegründung jedoch nicht zu entnehmen.
[9] b) Mit der Rüge, das FG sei verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Verflechtung des eigenen Wohnbereichs mit der Nutzung durch fremde Mieter von Personen in den Einkommensverhältnissen der Kläger nicht akzeptiert werde, greifen die Kläger den vom FG angestellten Fremdvergleich an. Die Würdigung aller Beweisanzeichen im Einzelfall im Rahmen des Fremdvergleichs stellt ebenfalls eine für das Revisionsgericht grundsätzlich nach § 118 Abs. 2 FGO bindende Tatsachenwürdigung dar. Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind insoweit ebenfalls nicht vorgetragen.