Bundesarbeitsgericht
Gemeinsamer Betrieb – Organschaft

BAG, Beschluss vom 25. 5. 2005 – 7 ABR 38/04 (lexetius.com/2005,1702)

[1] Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 26. März 2004 – 10 TaBV 103/03 – wird zurückgewiesen.
[2] Gründe: A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 2) und 3) beteiligten Arbeitgeberinnen einen gemeinsamen Betrieb führen.
[3] Die zu 2) beteiligte K mbH (im Folgenden: KHBG) betreibt ein Krankenhaus mit ca. 1. 700 Mitarbeitern. Geschäftsführer der KHBG sind Dr. F und W. Für sämtliche personelle Angelegenheiten der KHBG ist die dort eingerichtete Personalabteilung zuständig, die von dem Personalleiter T Kl geleitet wird.
[4] In dem Krankenhaus wurden die Reinigungsarbeiten bis März 2002 durch eigenes Personal der Mitarbeiter der KHBG sowie durch Fremdfirmen durchgeführt. Im Januar 2002 gründete die KHBG die zu 3) beteiligte HDZ- GmbH (im Folgenden: HDZ). Diese ist eine 100 % ige Tochter der KHBG und hat ihren Sitz in deren Gebäude. Geschäftsführer der HDZ sind Dr. F und W. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 10. Januar 2002 ist Gegenstand der Gesellschaft die Erbringung von Reinigungsleistungen überwiegend gegenüber der KHBG. Am 1. April 2002 schlossen die KHBG und die HDZ einen Reinigungsvertrag, wonach die KHBG der HDZ die entgeltliche Unterhaltsreinigung einschließlich der Glasreinigung übertrug. Seit dem 1. April 2002 war die bisherige Hauswirtschaftsleiterin der KHBG N als Betriebsleiterin bei der HDZ beschäftigt. Die Stelle der Hauswirtschaftsleiterin bei der KHBG wurde neu besetzt. Die KHBG unterhält weiterhin einen eigenen Hauswirtschaftsbereich mit mehr als 30 Mitarbeitern, die ua. mit Reinigungsarbeiten in den Intensivstationen und der Operationsabteilung betraut sind. Bis zum 30. Juli 2002 stellte die HDZ 18 Reinigungskräfte ein. Die HDZ nutzt zwei von der KHBG zur Verfügung gestellte Büroräume sowie verschiedene Einrichtungen der KHBG, zB die Telefonanlage, die Cafeteria, die Abfallentsorgung, die Postverteilung und die Warenannahme. Die KHBG und die HDZ bilden eine steuerrechtliche Organschaft. Die Gesellschafter haben gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklärt, in beiden Gesellschaften sei sichergestellt, dass eine vom Willen des Organträgers (KHBG) abweichende Willensbildung bei der Organtochter (HDZ) nicht stattfinde.
[5] Im Jahr 2002 fand bei der KHBG die regelmäßige Betriebsratswahl statt, aus der der aus 17 Mitgliedern bestehende antragstellende Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat KHBG) hervorging. Am 5. März 2003 wählte die Belegschaft der HDZ, die inzwischen auf über 50 Arbeitnehmer angewachsen war, einen eigenen, aus drei Mitgliedern bestehenden Betriebsrat, den Beteiligten zu 4) (im Folgenden: Betriebsrat HDZ). Beide Wahlen wurden nicht angefochten.
[6] In der Folgezeit schied die Betriebsleiterin N aus dem Arbeitsverhältnis mit der HDZ aus. Am 2. Juni 2003 schloss die HDZ mit dem Institut für D mit Wirkung vom 1. Juni 2003 einen Managementvertrag, wonach dem Institut die Betriebsleitung der HDZ übertragen wurde. Zum 1. Oktober 2003 beauftragte die HDZ die Z GmbH gemäß Managementvertrag vom 8./17. September 2003 mit der Organisation und dem Management der Reinigungsdienstleistungen. Der Managementvertrag lautet auszugsweise:
"… § 1. Managementaufgaben. 1. Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der Organisation und dem Management der vorgenannten Reinigungsarbeiten. …
2. Zu den von dem Auftragnehmer durchzuführenden Organisations- und Managementtätigkeiten gehören insbesondere Organisation, Koordination, Kontrolle, Betreuung und sonstige Managementtätigkeiten hinsichtlich der fachlichen, personalfachlichen und sachlichen Durchführung der vorbezeichneten Reinigung. …
4. Der Auftraggeber ist, soweit in diesem Vertrag nichts abweichendes geregelt ist, berechtigt, dem Auftragnehmer Weisungen zu erteilen. Er kann das Weisungsrecht delegieren. …
§ 2. Vollmachten. 1. Der Auftraggeber wird nach Vertragsabschluss bei Bedarf dem Auftragnehmer mit einer oder mehreren gesonderten Urkunden diejenigen Vollmachten erteilen, die für die Durchführung aller Organisations- und Managementtätigkeiten gemäß diesem Vertrag erforderlich sind. …
§ 4. Arbeitsverhältnisse und Direktionsrecht. 1. Die zwischen dem Auftraggeber und seinen Mitarbeitern bestehenden Arbeitsverhältnisse bleiben durch diesen Vertrag unberührt. Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die Arbeitsverhältnisse aufgrund dieses Vertrags nicht auf den Auftragnehmer übergehen.
2. Das Direktionsrecht des Auftraggebers gegenüber den Mitarbeitern bleibt von diesem Vertrag unberührt, es wird im Rahmen dieses Vertrages dem Auftragnehmer lediglich in fachlicher Hinsicht zur Ausübung überlassen. …"
[7] Am 23. Oktober 2003 bevollmächtigte die HDZ die Objektleiterin der Z GmbH, K, mit der Durchführung personeller Einzelmaßnahmen gegenüber den Mitarbeitern der HDZ. Die Bevollmächtigung bezieht sich ausdrücklich auch auf die Einstellung neuer Mitarbeiter, die Erteilung von Abmahnungen und den Ausspruch von Kündigungen. In Ergänzung zu dem Managementvertrag schloss die HDZ am 8./9. Januar 2004 mit der Z GmbH einen Beratungs- und Servicevertrag, wonach diese mit allen Beratungs- und Servicetätigkeiten im Zusammenhang mit der Erbringung von Reinigungsleistungen für die KHBG beauftragt wurde. In § 1 Nr. 2 des Beratungs- und Servicevertrags heißt es:
"Zu den von Z durchzuführenden Beratungs- und Servicetätigkeiten gehören unter anderem und im wesentlichen:
a) Alle Aufgaben und Tätigkeiten im Zusammenhang mit Planung, Organisation und Kalkulation von Dienstleistungen der in der Vorbemerkung näher bezeichneten Art sowie im Zusammenhang mit der Erarbeitung von Angeboten zum Abschluss von Dienstleistungsverträgen für Leistungen der vorbezeichneten Art;
b) Unterstützung der Organisation, Betreuung und sonstige Beratungs- und Servicetätigkeiten hinsichtlich der fachlichen, personellen und sachlichen Durchführung der vorgenannten Dienstleistungen. Dazu gehören insbesondere die Planung, Organisation, Einsatz und Führung des Personals der HDZ sowie Einarbeitung, Schulung und Unterstützung bei Einstellung, bei Kündigung sowie bei der inhaltlichen Gestaltung von Arbeitsverträgen einschließlich der Gestaltung der Löhne und sonstigen Leistungen. …"
[8] § 4 des Beratungs- und Servicevertrags bestimmt:
"Arbeitsverhältnisse und Direktionsrecht. 1. Die zwischen der HDZ und ihren Mitarbeitern bestehenden Arbeitsverhältnisse bleiben durch diesen Vertrag unberührt.
2. Das Direktionsrecht der HDZ gegenüber den Mitarbeitern bleibt von diesem Vertrag unberührt. …"
[9] Seit dem 1. November 2003 schloss die Objektleiterin K eine Reihe von Arbeitsverträgen für die HDZ ab. Sie führt auch die Verhandlungen mit dem Betriebsrat HDZ. Sie entscheidet selbständig über die Bemessung des Personals, die Planung der Arbeitszeiten und über die Personalgewinnung. Ihr obliegt die Aufsicht über die Dienstplanung einschließlich der Urlaubsgewährung.
[10] Der Betriebsrat KHBG hat mit der am 18. Juli 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift geltend gemacht, die KHBG und die HDZ führten einen gemeinsamen Betrieb. Beide Unternehmen verfügten über einen einheitlichen Leitungsapparat. Das ergebe sich bereits aus der Personenidentität der Geschäftsführer beider Unternehmen. Die zunächst bei der HDZ tätige Betriebsleiterin N sei nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Personal berechtigt gewesen. Die Entscheidungen in diesem Bereich seien von den Geschäftsführern in Zusammenarbeit mit dem Personalleiter der KHBG Kl getroffen worden. Die Arbeitsverträge und Kündigungen seien unstreitig von den Geschäftsführern zu unterzeichnen gewesen. Der Geschäftsführer W habe unstreitig auch Einstellungsgespräche für die HDZ geführt und dort eine Betriebsversammlung einberufen und geleitet. Auch die Nutzung zahlreicher Einrichtungen der KHBG durch die HDZ lasse auf das Bestehen eines gemeinsamen Betriebs schließen, ebenso die steuerrechtliche Organschaft beider Gesellschaften. Aus dem zwischenzeitlich mit der Z GmbH abgeschlossenen Managementvertrag ergebe sich nichts Gegenteiliges. In § 4 Nr. 2 des Vertrags sei ausdrücklich bestimmt, dass das Direktionsrecht der HDZ gegenüber den Mitarbeitern unberührt bleibe. Das Weisungsrecht sei lediglich in fachlicher Hinsicht auf die Z GmbH übertragen worden. Die Z GmbH habe schon nach dem Wortlaut des Vertrags keine Berechtigung, gegenüber Mitarbeiterin der HDZ arbeitsrechtliche Sanktionen, Weisungen oder sonstige relevante rechtsgeschäftliche Erklärungen vorzunehmen. Das "Letztentscheidungsrecht", insbesondere in personeller und sozialer Hinsicht, liege bei den Geschäftsführern der HDZ. Der Geschäftsführer W habe unstreitig am 6. und 7. November 2003 gegenüber einer Mitarbeiterin der HDZ Abmahnungen ausgesprochen. Die vollständige Übertragung des Direktionsrechts auf die Objektleiterin der Z GmbH sei vertragsrechtlich gegenüber den Arbeitnehmern der HDZ unwirksam. Soweit die Objektleiterin Arbeitsverträge für die HDZ unterzeichnet habe, sei dies mit dem Zusatz "i. V." geschehen. Daraus ergebe sich, das sie lediglich als Vertreterin für die Geschäftsführer aufgetreten sei.
[11] Der Betriebsrat KHBG hat beantragt, festzustellen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) einen gemeinsamen Betrieb führen.
[12] Die KHBG und die HDZ haben die Zurückweisung des Antrags beantragt.
[13] Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats KHBG zurückgewiesen, nachdem dieser beantragt hatte festzustellen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) einen gemeinsamen Betrieb führen, für dessen betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten der Beteiligte zu 1) zuständig ist. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat KHBG den zuletzt gestellten Antrag weiter. Die KHBG und die HDZ beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
[14] B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Die KHBG und die HDZ führen keinen gemeinsamen Betrieb, für dessen betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten der Betriebsrat KHBG zuständig ist.
[15] I. 1. Ein Betrieb iSd. BetrVG ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 14. Dezember 1994 – 7 ABR 26/94BAGE 79, 47 = AP BetrVG 1972 § 5 Rotes Kreuz Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 9, zu B I 1 a der Gründe mwN; 31. Mai 2000 – 7 ABR 78/98BAGE 95, 15 = AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 39, zu B III 1 der Gründe). Ein Betrieb kann auch von mehreren Unternehmen als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht. Vielmehr müssen die Funktionen des Arbeitgebers institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden (BAG 9. Februar 2000 – 7 ABR 21/98 –, zu B I der Gründe; 31. Mai 2000 – 7 ABR 78/98 – aaO, zu B III 1 der Gründe; 21. Februar 2001 – 7 ABR 9/00 – EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 11).
[16] 2. Nach § 1 Abs. 2 BetrVG in der seit dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 wird ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vermutet, wenn zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden (Nr. 1) oder wenn die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert (Nr. 2).
[17] In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Begriff des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nicht eigenständig definiert, sondern unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs geregelt, dass unter den genannten Voraussetzungen ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen – widerlegbar – vermutet wird. Die von der Rechtsprechung zum Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten daher auch nach dem In-Kraft-Treten des Betriebsverfassungsreformgesetzes weiter, wobei das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BetrVG vermutet wird. Greifen die Vermutungstatbestände nicht ein, besteht dennoch ein gemeinsamer Betrieb, wenn sich mehrere Unternehmen ausdrücklich oder konkludent zur Führung eines gemeinsamen Betriebs rechtlich verbunden haben. Dabei kann auf die Existenz einer Führungsvereinbarung aus den tatsächlichen Umständen geschlossen werden (BAG 11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 2, zu B I 2 der Gründe mwN).
[18] II. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und die betrieblichen Gegebenheiten dahingehend gewürdigt, dass die KHBG und die HDZ keinen gemeinsamen Betrieb führen. Dies ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
[19] 1. Der Vermutungstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG greift im Streitfall nicht ein. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgt weder eine gemeinsame Nutzung von Betriebsmitteln – mit Ausnahme der Telefonanlage – durch die KHBG und die HDZ, noch findet ein Austausch der Arbeitnehmer statt. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG liegen ebenfalls nicht vor.
[20] 2. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch aus den betrieblichen Gegebenheiten nicht auf die Führung eines gemeinsamen Betriebs durch die KHBG und die HDZ geschlossen werden kann.
[21] a) Bei den Begriffen des Betriebs und des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Anwendung durch das Landesarbeitsgericht nur einer eingeschränkten rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung daraufhin unterliegt, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff verkannt, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den unbestimmten Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen hat (BAG 11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 2, zu B II 2 a der Gründe).
[22] b) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stand.
[23] aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Verfolgung überwiegend unterschiedlicher arbeitstechnischer Zwecke durch die KHBG und die HDZ der Führung eines gemeinsamen Betriebs nicht von vornherein entgegensteht. Mit und in einem Betrieb können gleichzeitig verschiedene arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden. Für das Bestehen eines gemeinsamen Betriebs kommt es weniger auf die Einheitlichkeit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung, sondern in erster Linie auf die Einheit der Organisation an (st. Rspr., vgl. etwa BAG 14. September 1988 – 7 ABR 10/87BAGE 59, 319 = AP BetrVG 1972 § 1 Nr. 9 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 7, zu B 2 der Gründe mwN). Daran fehlt es vorliegend.
[24] (1) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die gemeinsame räumliche Unterbringung im Streitfall von untergeordneter Bedeutung ist. Dies kann zwar ein Indiz für einen einheitlichen Betrieb sein, weil hieraus häufig auf eine organisatorische Verflechtung hinsichtlich der Betriebsabläufe und der betrieblichen Tätigkeiten geschlossen werden kann. Das ist hier aber nicht der Fall. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags ist Gegenstand der HDZ die Erbringung von Reinigungsleistungen überwiegend gegenüber der KHBG. Dies bringt es zwangsläufig mit sich, dass die HDZ ihre betriebliche Tätigkeit in den Räumen der KHBG verrichtet. Eigene Räumlichkeiten benötigt die HDZ im Wesentlichen nur zur Erledigung von Verwaltungstätigkeiten. Es liegt daher nahe, auch diese Tätigkeiten vor Ort zu erledigen. Daraus kann nicht auf eine organisatorische Vereinheitlichung der betrieblichen Abläufe beider Unternehmen geschlossen werden, zumal die beiden von der KHBG zur Verfügung gestellten Büroräume ausschließlich von der HDZ genutzt werden.
[25] (2) Auch die Nutzung der Telefonanlage, der Postverteilung, Abfallentsorgung, Warenannahme, Haustechnik, Schlüsselverwaltung und der Cafeteria der KHBG durch die HDZ und deren Mitarbeiter ist für die Frage, ob die KHBG und die HDZ einen gemeinsamen Betrieb führen, nicht von maßgeblicher Bedeutung. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen. Bei den genannten Einrichtungen handelt es sich nicht um die zur Verfolgung der betrieblichen Zwecke primär erforderlichen Betriebsmittel. Sie erfüllen vielmehr Hilfsfunktionen. In Bezug auf die in erster Linie verfolgten arbeitstechnischen Zwecke fehlt es an der für einen gemeinsamen Betrieb erforderlichen einheitlichen Organisation. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der KHBG und der HDZ findet ein gemeinsamer Einsatz der von der KHBG einerseits und der HDZ andererseits beschäftigten Reinigungskräfte nicht statt. Die dem Hauswirtschaftsbereich der KHBG angehörenden Mitarbeiter führen Reinigungsarbeiten nur im Bereich der Operationsräume und der Intensivstationen durch, wohingegen die Reinigungskräfte der HDZ in anderen Bereichen eingesetzt sind. Die Reinigungskräfte der KHBG und der HDZ haben unterschiedliche, voneinander unabhängige Arbeitszeiten und werden untereinander nicht ausgetauscht. Eine gemeinsame Nutzung sächlicher Betriebsmittel findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls nicht statt. Diese Umstände sprechen für eine Trennung der betrieblichen Organisation und damit gegen die Führung eines gemeinsamen Betriebs.
[26] bb) Entscheidend ist, dass der für einen gemeinsamen Betrieb erforderliche einheitliche Leitungsapparat in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten nicht vorhanden ist. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Geschäftsführer der KHBG sind zwar gleichzeitig Geschäftsführer der HDZ. Die Personenidentität in der Unternehmensleitung kann ein wesentliches Indiz für das Bestehen eines einheitlichen Leitungsapparats auch auf betrieblicher Ebene sein. Daraus allein kann aber nicht zwingend auf eine einheitliche Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten geschlossen werden. Der Umstand, dass eine Person Geschäftsführer mehrerer Unternehmen ist, bedeutet noch nicht, dass sie diese Aufgaben für alle Unternehmen einheitlich wahrnimmt (BAG 11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 2, zu II 2 b bb der Gründe). Derselbe Geschäftsführer kann die Unternehmen auch organisatorisch voneinander getrennt leiten. Das gilt auch in Bezug auf die personellen und sozialen Angelegenheiten der Unternehmen. So verhält es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfall. Danach werden die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten nicht von einer institutionell einheitlichen Leitung wahrgenommen, sondern für beide Unternehmen getrennt.
[27] (1) Die Entscheidungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten bei der KHBG trifft der Leiter der dort eingerichteten Personalabteilung Kl. Er ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für alle personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen, Eingruppierungen, Abmahnungen uÄ zuständig. Die Personalabteilung wickelt sämtliche personelle Angelegenheiten auch mit dem Betriebsrat KHBG ab. Innerhalb des vom Aufsichtsrat genehmigten Stellenplans werden die maßgeblichen Entscheidungen in personeller Hinsicht ohne Absprache mit den Geschäftsführern getroffen. Lediglich in Ausnahmefällen, zB bei der Einstellung von Chefärzten oder sonstigen Führungskräften, sind die Geschäftsführer zu beteiligen.
[28] Demgegenüber wird bei der HDZ nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten seit Oktober 2003 auf der Grundlage des mit der Z GmbH abgeschlossenen Managementvertrags von der Objektleiterin der Z GmbH K ausgeübt. Diese schließt die Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern der HDZ in deren Vertretung ab und führt die Verhandlungen mit dem Betriebsrat HDZ. Die Objektleiterin entscheidet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbständig über die Bemessung des Personals, die Planung der Arbeitszeiten und die Personalgewinnung. Ihr obliegt die Aufsicht über die gesamte Dienstplanung einschließlich Versetzungen sowie Urlaubsgewährung. Diese Aufgaben nimmt die Objektleiterin zwar namens der HDZ wahr, von der sie dazu bevollmächtigt wurde. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats KHBG ändert dies aber nichts daran, dass bei der HDZ in Gestalt der Objektleiterin K eine eigene Leitung zur Wahrnehmung mitbestimmungsrelevanter Aufgaben geschaffen wurde. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 4 Abs. 2 des mit der Z GmbH geschlossenen Beratungs- und Servicevertrags das Direktionsrecht der HDZ gegenüber ihren Mitarbeitern unberührt bleibt und dass die HDZ nach § 4 Abs. 2 des Managementvertrags das Direktionsrecht lediglich in fachlicher Hinsicht der Z GmbH übertragen hat. Die Objektleiterin K nimmt die personellen Angelegenheiten gegenüber den Arbeitnehmern der HDZ nicht für die Z GmbH wahr, sondern auf Grund der ihr von der HDZ dazu erteilten Vollmacht und damit für die HDZ. Die von der Objektleiterin K abgeschlossenen Arbeitsverträge und ihre sonstigen gegenüber dem Personal der HDZ und dem Betriebsrat HDZ vorgenommenen Rechtshandlungen sind daher entgegen der Auffassung des Betriebsrats KHBG nicht rechtsunwirksam. Der Umstand, dass der Geschäftsführer W einer Arbeitnehmerin der HDZ am 6. und 7. November 2003 drei Abmahnungen erteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die generell anders geregelte Kompetenz in Bezug auf die Ausübung der Arbeitgeberfunktionen zutreffend als Ausnahmefall angesehen.
[29] (2) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob ein einheitlicher Leitungsapparat in personellen und sozialen Angelegenheiten besteht, zu Recht auf die seit der Beauftragung der Z GmbH durch die HDZ bestehenden Verhältnisse abgestellt. Denn die Feststellung, ob die KHBG und die HDZ einen gemeinsamen Betrieb führen, ist für die künftige betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit von Bedeutung. Deshalb kommt es nicht darauf an, wer die Arbeitgeberfunktionen bei der HDZ unmittelbar nach Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit am 1. April 2002 wahrgenommen hat. Vielmehr sind die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht bestehenden Leitungsstrukturen maßgeblich. Die vom Betriebsrat KHBG in der Rechtsbeschwerdebegründung erhobene Aufklärungsrüge ist daher unbegründet. Ob vor der Beauftragung der Z GmbH die damalige Betriebsleiterin der HDZ N in personellen Angelegenheiten entscheidungsbefugt war oder ob diese Entscheidungen durch die Geschäftsführer in Zusammenarbeit mit dem Personalleiter der KHBG Kl getroffen wurden, ist für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens unbeachtlich.
[30] (3) Selbst wenn die Entscheidungsbefugnis in personellen und sozialen Angelegenheiten bei der HDZ deren Geschäftsführern vorbehalten wäre, wie der Betriebsrat KHBG meint, könnte daraus nicht auf das Bestehen einer einheitlichen Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten bei der KHBG und der HDZ geschlossen werden. Denn bei der KHBG werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die maßgeblichen Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten – von Ausnahmefällen abgesehen – nicht von den Geschäftsführern, sondern von der dafür eingerichteten Personalabteilung getroffen. Damit besteht bei der KHBG eine eigenständige institutionalisierte Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten, die die maßgeblichen Entscheidungen im Regelfall ohne Beteiligung der Geschäftsführer trifft.
[31] cc) Bei dieser Sachlage hat das Landesarbeitsgericht auch zu Recht angenommen, dass die zwischen der KHBG und der HDZ bestehende steuerrechtliche Organschaft nicht zur Folge hat, dass beide Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führen.
[32] (1) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG besteht eine Organschaft, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die organisatorische Eingliederung iSd. Vorschrift setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger in der laufenden Geschäftsführung tatsächlich wahrgenommen wird. Durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft muss sichergestellt sein, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung nicht stattfindet (BFH 28. Januar 1999 – V R 32/98BFHE 187, 355 = BB 1999, 670, zu II 1 der Gründe mwN). Dies wird bereits dann angenommen, wenn die Geschäftsführungsorgane in beiden Gesellschaften mit denselben Personen besetzt sind (BGH 8. Januar 2001 – II ZR 88/99BGHZ 146, 264 = BB 2001, 430, zu II 2 c der Gründe; BFH 28. Januar 1999 – V R 32/98 – aaO). Die Organschaft ist eine wirtschaftliche Unternehmenseinheit. Sie dient der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis (Tipke/Lang Steuerrecht 17. Aufl. § 11 Rn. 110). Umsatzsteuerrechtlich wird die Organgesellschaft als unselbständig behandelt. Deren Umsätze werden als Umsätze des Organträgers angesehen. Innerhalb des Organkreises werden keine Umsätze ausgeführt (Tipke/Lang aaO § 14 Rn. 131).
[33] (2) Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche organisatorische Eingliederung betrifft lediglich die Unternehmensebene, nicht aber die für den Betriebsbegriff des § 1 BetrVG maßgebliche betriebliche Ebene. Bei einer Organschaft muss sichergestellt sein, dass die unternehmerische Tätigkeit der Organgesellschaft nicht vom Willen des Organträgers abweicht. Ist das der Fall, wird die Organgesellschaft umsatzsteuerrechtlich als Teil des Organträgers behandelt, dh. beide Gesellschaften gelten umsatzsteuerrechtlich als ein Unternehmen. Das führt aber nicht zwingend dazu, dass bei einer Organschaft auch eine einheitliche Organisation auf betrieblicher Ebene, insbesondere ein einheitlicher Leitungsapparat in personellen und sozialen Angelegenheiten, besteht. Auch ein einzelnes Unternehmen kann mehrere selbständige Betriebe iSv. § 1 BetrVG führen (vgl. BAG 23. September 1982 – 6 ABR 42/81BAGE 40, 163 = AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 3). Für das Bestehen einer einheitlichen Organisation in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht kommt es nicht darauf an, an welcher Stelle die maßgeblichen Entscheidungen in wirtschaftlichen Angelegenheiten getroffen werden. Denn diese unternehmerischen Entscheidungen sind der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung weitgehend entzogen. Es ist auch nicht entscheidend, ob auf Arbeitgeberseite interne Bindungen bestehen (BAG 23. September 1982 – 6 ABR 42/81 – aaO, zu III 2 b der Gründe mwN). Für den Betriebsbegriff iSv. § 1 BetrVG ist vielmehr das Bestehen einer einheitlichen Leitung in mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten maßgebend. Diese Angelegenheiten können auch bei mehreren Unternehmen, die eine Organschaft iSv. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bilden, organisatorisch getrennt wahrgenommen werden. Das wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass bei der Organgesellschaft auf unternehmerischer Ebene eine vom Willen des Organträgers unabhängige Willensbildung nicht stattfinden darf. Denn es kann durchaus dem Willen des Organträgers entsprechen, für die dem Organkreis angehörenden Unternehmen jeweils unabhängige, voneinander getrennte Leitungen in personellen und sozialen Angelegenheiten zu institutionalisieren. Deshalb ist das Bestehen einer Organschaft iSv. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG allenfalls ein Indiz für die Führung eines gemeinsamen Betriebs durch den Organträger und die Organgesellschaft (vgl. DKK/Trümner BetrVG 9. Aufl. § 1 Rn. 75b). Zwingend folgt dies daraus jedoch nicht (aA Growe AiB 2001, 582, 585).