Bundesverwaltungsgericht
Technischer Fernmeldeobersekretär (Außendienstmitarbeiter); im Rahmen unerlaubter Nebentätigkeit – z. T. während der Dienstzeit – Betrug gegenüber Telekomkunden in 14 Fällen innerhalb von vier Jahren (Gesamtschaden über 2 000 DM, Strafurteil: Geldstrafe); dienstintern wahrheitswidrige Angaben (Begleitdelikte); unerlaubte Geldannahme (50 DM) und Vernichtung des Serviceberichts; weiterer Betrug ("Gebührenüberhebung") gegenüber einem Telekomkunden (Schaden 20 DM); verwirkte Disziplinarmaßnahme: Zurückstufung; Eingangsamt der Laufbahn; Gehaltskürzung; keine Verfolgungsverjährung (Hemmung des Fristablaufs wegen des Strafverfahrens).
BBG § 54 Satz 2 und 3, § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, §§ 70, 77 Abs. 1; BDG § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2, §§ 13, 14 Abs. 1; BDO § 4 Abs. 2 und 3, § 10
Der Hemmungstatbestand gemäß § 4 Abs. 3 BDO (entspricht nunmehr § 15 Abs. 5 Satz 2 BDG) ist auch dann gegeben, wenn der dem Strafverfahren zugrunde liegende Sachverhalt nur einen Teil des Dienstvergehens erfasst.
BVerwG, Urteil vom 14. 11. 2007 – 1 D 6.06 (lexetius.com/2007,3853)
[1] In dem Disziplinarverfahren gegen den Technischen Fernmeldeobersekretär …, …, hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat, in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 14. November 2007, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller als Vorsitzender, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen, Posthauptsekretär Langner und Postobersekretär Franke als ehrenamtliche Richter sowie Postoberrätin … als Vertreterin der Einleitungsbehörde, Rechtsanwalt … als Verteidiger und Protokollführerin … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2] Auf die Berufung des Technischen Fernmeldeobersekretärs – … – wird das Urteil des Verwaltungsgerichts … vom 24. Februar 2006 im Disziplinarmaß aufgehoben.
[3] Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein Zwanzigstel auf die Dauer von drei Jahren gekürzt.
[4] Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
Gründe:
[5] 1 I 1. In dem durch Verfügung vom 22. Dezember 1999, zugestellt am 27. Dezember 1999, ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hat der Bundesdisziplinaranwalt dem … Beamten mit Anschuldigungsschrift vom 26. September 2003 vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
1. unter Verletzung von Strafgesetzen im Zeitraum von 1993 bis 1996 14 Kunden der Deutschen Telekom AG bei Ausübung seines Dienstes als Service- und Montagehandwerker auf eigene Rechnung gebrauchte Telefonendgeräte als neuwertige verkaufte,
2. im Zeitraum von 1993 bis 1996 in 14 Fällen eine ungenehmigte Nebentätigkeit in Konkurrenz zur Deutschen Telekom AG ausübte,
3. in fünf Fällen den Verkauf und die Installation der Telefonendgeräte während der Dienstzeit vornahm und diesbezüglich seine dienstlichen Tagesberichte falsch ausfüllte,
4. am 22. Oktober 1996 den Kunden M. nach Durchführung einer kostenpflichtigen Reparaturleistung die Vernichtung des entsprechenden Montagenachweises mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 100 DM gegen Zahlung von 20 DM in bar an ihn persönlich anbot, worauf er von den Kunden sogar 50 DM erhielt, den Montagezettel sodann vernichtete und hierdurch eine Inrechnungstellung der Montageleistung durch die Deutsche Telekom AG verhinderte sowie
5. am 21. November 1996 von den Kunden S. die Zahlung von 20 DM in bar an sich forderte und auch privat für sich vereinnahmte, obwohl die Montageleistung – wie er wusste – nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen kostenfrei war.
[6] 2 Wegen des Sachverhalts im Anschuldigungspunkt 1 war der Beamte durch Urteil des Amtsgerichts … vom 30. Januar 1998, rechtskräftig seit 3. April 1998, wegen Betruges in 14 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 70 DM verurteilt worden.
[7] 3 2. Das Verwaltungsgericht … hat mit Urteil vom 24. Februar 2006 entschieden, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt wird; zugleich hat es ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des im Zeitpunkt der Urteilsfällung erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt. Es hat folgende Sachverhalte festgestellt und diese wie folgt disziplinarrechtlich gewürdigt:
[8] 4 Der Beamte war bis zu seiner Umsetzung in den Innendienst des Fernmeldeamtes B. am 3. Januar 1997 – zu diesem Zeitpunkt lagen erste Hinweise auf seine Verfehlungen vor – entsprechend seiner Ausbildung zum Fernmeldehandwerker als Servicetechniker im Ressort Privatkundenservice 1 der Niederlassung D. der Deutschen Telekom AG eingesetzt. Dort war er vornehmlich als Außendienstmitarbeiter mit der Entstörung von Telefonanschlüssen von Privatkunden der Telekom befasst. Die im Rahmen dieser Tätigkeit geknüpften Kontakte zu den Privatkunden nutzte der Beamte zur Begehung folgender Dienstpflichtverletzungen:
[9] 5 Anschuldigungspunkt 1
[10] 6 Aufgrund der gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BDO bindenden Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafurteil vom 30. Januar 1998 ist das Verwaltungsgericht von folgendem, vom Beamten eingeräumten Sachverhalt ausgegangen:
[11] 7 Im Rahmen seiner Tätigkeit als Fernmeldeobersekretär bei der Deutschen Telekom AG hatte der Beamte gelegentlich von Kunden, bei denen er Service- und Montagearbeiten durchgeführt hatte, deren gebrauchte Telefone erhalten. Diese Telefonapparate hatte er nicht bei der Deutschen Telekom AG abgeliefert. Vielmehr verkaufte er sie in 14 Fällen im Laufe der Jahre 1993 bis 1996 an andere Kunden, ohne diese darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um neue, sondern um gebrauchte Telefonapparate handelte.
[12] 8 Das Verwaltungsgericht hat die Betrugshandlungen des Beamten zum Nachteil der Telekomkunden als vorsätzliche Verletzung seiner Dienstpflichten zu uneigennütziger Amtsführung (§ 54 Satz 2 BBG) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) gewertet.
[13] 9 Anschuldigungspunkt 2
[14] 10 Für den Privatverkauf von Telefonen in den unter Anschuldigungspunkt 1 genannten 14 Fällen war der Beamte nicht im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung. Eine solche Genehmigung wäre gemäß § 65 Abs. 2 BBG auch nicht in Betracht gekommen, weil der Beamte mit dem privaten Verkauf von Telefonen in Konkurrenz zur Deutschen Telekom AG getreten war. Es gehörte unter anderem zu seinen Dienstaufgaben, von der Deutschen Telekom AG angebotene Telefongeräte auf deren Rechnung an Privatkunden zu veräußern. Diesen Sachverhalt hat der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht bestritten und ergänzend dargelegt, er habe damals nicht gewusst, dass es sich bei seiner Tätigkeit um eine Nebentätigkeit gehandelt habe.
[15] 11 Das Verwaltungsgericht hat die Handlungsweise des Beamten als vorsätzlichen Verstoß gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) gewertet. Seine Einlassung, er habe nicht erkannt, mit dem privaten Verkauf der Telefongeräte eine unerlaubte Nebentätigkeit auszuüben, stelle eine Schutzbehauptung dar. Zumindest unter Berücksichtigung einer Parallelwertung in der Laienssphäre habe der Beamte jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass sich sein Verhalten nicht mit seinen Dienstpflichten als Servicetechniker der Telekom in Übereinstimmung bringen lasse. Jedem Servicetechniker sei klar, dass er einen Privatverkauf – wenn überhaupt – nur mit vorheriger Genehmigung seines Arbeitgebers vornehmen dürfe.
[16] 12 Anschuldigungspunkt 3
[17] 13 Der Beamte führte in fünf Fällen den privaten Verkauf und die Installation von gebrauchten Telefongeräten während seiner Dienstzeit durch. Dabei gab er in den von ihm auszufüllenden Tagesberichten, die er der Deutschen Telekom AG zur Kontrolle seiner geleisteten Arbeit als Servicetechniker im Fernmeldedienst (Entstörungsdienst) vorzulegen hatte, wahrheitswidrig an, in den im Einzelnen bezeichneten Zeitspannen kostenfreie Tätigkeiten bei diesen Kunden ausgeführt zu haben. Es handelte sich um folgende Fälle:
[18] 14 a) Kunde H.
[19] 15 Aufgrund vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme installierte der Beamte am 1. Oktober 1996 während seiner Dienstzeit bei dem Kunden H. in der Zeit von 14. 15 Uhr bis 14. 40 Uhr ein Telefongerät "Sinus 53". Dabei handelte es sich um ein von dem Beamten privat an den Kunden verkauftes Gerät. In seinem dienstlichen Tagesbericht trug er für seine Tätigkeit bei dem Kunden wahrheitswidrig 00 als Kostenträger ein; die Kennziffer steht dafür, dass dem Kunden die Tätigkeiten nicht in Rechnung zu stellen sind.
[20] 16 b) Kundin W.
[21] 17 aa) Diese Kundin hatte bei der Störungsstelle der Deutschen Telekom AG um Installation eines schnurlosen Telefonendgerätes gebeten gehabt. Der Beamte erschien im Rahmen seiner Tätigkeit als Servicetechniker erstmals am 17. Mai 1996 bei der Kundin und verkaufte ihr auf eigene Rechnung ein schnurloses Telefon. In seinem Tagesbericht trug er für die Zeit seines Aufenthaltes bei der Kundin von 13. 45 Uhr bis 14. 35 Uhr wahrheitswidrig die – kostenfreie – Behebung eines Leitungsfehlers ein.
[22] 18 bb) Am 19. September 1996 erschien der Beamte erneut bei der Kundin, weil das ihr verkaufte Gerät nicht einwandfrei war. Insoweit hatte die Kundin W. absprachegemäß mit dem Beamten unter seiner dienstlichen Telefonnummer Kontakt aufgenommen. Der Beamte tauschte das Gerät an diesem Tage aus und installierte überdies einen Wechselschalter. Ausweislich des Tagesberichtes vom 19. September 1996 erfasste der Beamte seine an diesem Tage privat entfaltete Tätigkeit wahrheitswidrig als geleistete Dienstzeit in der Zeit von 12. 30 Uhr bis 13. 20 Uhr.
[23] 19 c) Kundin P.
[24] 20 Am 26. März 1996 verkaufte der Beamte der Kundin P. auf eigene Rechnung jeweils ein Telefon "Sinus 53" und "Actron". Sein diesbezüglicher Servicebericht vom selben Tage, aus dem sich dieser Sachverhalt nicht ergibt, ist – wie der Beamte im Untersuchungsverfahren eingeräumt hat – falsch. Am 17. April 1996 erklärte er der Zeugin P. die Bedienung der von ihm verkauften Endgeräte. In seinem Tagesbericht vom selben Tage trug er dieses Privatgeschäft als geleistete Dienstzeit in der Zeit von 11. 10 Uhr bis 11. 40 Uhr ein und gab wider besseres Wissen als Grund für seine angeblich kostenfreie dienstliche Tätigkeit an, die Leitung der Kundin sei defekt gewesen.
[25] 21 d) Fall V.
[26] 22 Der Beamte verkaufte der Zeugin V. am 7. Oktober 1996 ein Telefongerät "Sinus 43 i". Dieses Gerät installierte er am 10. Oktober 1996 und gab in seinem Tagesbericht bewusst falsch an, in der Zeit von 10. 10 Uhr bis 11. 45 Uhr eine Störung wegen eines Kabelfehlers bei dem Kundenanschluss kostenfrei behoben zu haben.
[27] 23 Der Beamte hat in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung die Richtigkeit des ihm im Anschuldigungspunkt 3 vorgeworfenen Sachverhalts mit den Worten eingeräumt: "Den Anschuldigungspunkt bestreite ich nicht."
[28] 24 Das Verwaltungsgericht hat den Verkauf und die Installation der Telefonapparate in den fünf Fällen während der Dienstzeit unter gleichzeitiger Falschausfüllung der dienstlichen Tagesberichte als vorsätzliche Verletzung insbesondere der Pflicht des Beamten zu uneigennütziger Amtsführung (§ 54 Satz 2 BBG) gewertet.
[29] 25 Anschuldigungspunkt 4
[30] 26 Der Beamte behob am 22. Oktober 1996 eine Störung am Telefon der Eheleute M. Das alte Wählscheibentelefon der Zeugen war heruntergefallen gewesen. Zur Inrechnungstellung dieser kostenpflichtigen Reparaturleistung des Telefons durch die Deutsche Telekom AG füllte der Beamte einen gelben Montagezettel aus. Die Kosten bewegten sich um ca. 100 DM. In einem während der Reparatur geführten Gespräch äußerte der Zeuge M., ein neues Telefon, möglichst mit Lautsprecher, kaufen zu wollen. Nach der Reparatur verließ der Beamte zusammen mit dem Lehrling, der ihn begleitete, die Wohnung der Zeugen mit dem Bemerken, er werde sich um das neue Telefon kümmern. Kurz danach kehrte er allein wieder zurück mit einem Katalog der Telekom, aus dem die Zeugen ein ihnen zusagendes Telefongerät aussuchten, das er ihnen abends liefern wollte. Im Verlauf des weiteren Gesprächs unterbreitete der Beamte den Zeugen sodann das Angebot, im Falle einer Zahlung von 20 DM in bar an ihn den Servicebericht über die Reparatur des alten Telefons zu vernichten. Die Zeugen gaben ihm daraufhin nicht nur 20, sondern 50 DM. Der Beamte, der wusste, dass er hierzu nicht befugt war, zerriss den Servicebericht und vereitelte dadurch eine Inrechnungstellung der erbrachten Montageleistung durch die Telekom. Später lieferte er den Kunden ein Telefon.
[31] 27 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hatte der Beamte zwar behauptet, der Geldbetrag sei ihm im Sinne eines Trinkgeldes angeboten worden. Dieser Einlassung ist die Vorinstanz jedoch aufgrund der gegenteiligen, wiederholten und glaubhaften Aussagen der Zeugen M. nicht gefolgt und hat in der Forderung eines Barbetrages von 20 DM die Erfüllung des Tatbestandes der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) gesehen. Der Beamte habe durch das Zerreißen des Serviceberichts eine rechtswidrige Amtshandlung gegen Annahme von Geld vorgenommen. Das Verwaltungsgericht hat diese Verhaltensweise als vorsätzliche Verletzung der Dienstpflichten aus § 54 Satz 2 und 3 BBG sowie aus § 70 BBG Verbot der Geschenkannahme in Bezug auf sein Amt – gewertet.
[32] 28 Anschuldigungspunkt 5
[33] 29 Am 21. November 1996 entstörte der Beamte den Anschluss der Familie S., indem er die defekte Anschlussschnur des Telefons auswechselte. Hierfür verlangte er eine Zahlung in Höhe von 20 DM in bar, obwohl diese Leistung – was er wusste – nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Telekom kostenfrei war. Die Familie S. zahlte den geforderten Betrag. Später verkaufte der Beamte auch privat den Eheleuten S. ein Schnurlostelefon.
[34] 30 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hatte der Beamte zwar bestritten, für die an sich kostenfreie Entstörungsleistung einen Barbetrag verlangt zu haben; das Geld sei ihm im Sinne eines Trinkgeldes angeboten worden. Dieser Einlassung ist die Vorinstanz jedoch aufgrund der anderslautenden, wiederholten und glaubhaften Bekundungen der Zeugin S. nicht gefolgt und hat in der Geldforderung die Erfüllung des Betrugstatbestandes (§ 263 StGB) gesehen. Der Beamte habe auch insoweit seine Pflichten gemäß § 54 Satz 2 und 3 BBG vorsätzlich verletzt.
[35] 31 Das Verwaltungsgericht hat die vorsätzlichen Verfehlungen des Beamten als einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 BBG gewertet, das schwer wiege und mit der Entfernung aus dem Dienst geahndet werden müsse. Die Pflichtverletzungen seien insgesamt so schwerwiegend, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört sei. Den entlastenden Bemessungsgesichtspunkten (fehlende Vorbelastung, lange Dienstzeit mit positiven dienstlichen Beurteilungen) komme erheblich weniger Gewicht zu als den sich aus Art, Anzahl und Dauer der Verfehlungen ergebenden belastenden Gesichtspunkten. Der Beamte sei als Servicetechniker im Außendienst, d. h. mit Kundenkontakt ausgebildet, geprüft und fortgebildet worden. In diesem Kernbereich seines Aufgabengebiets habe er wiederholt schwer versagt. Er habe nicht nur seine persönlichen Interessen über seine Dienstpflichten und dienstlichen Belange gestellt, sondern zur Erlangung finanzieller Vorteile auch Straftaten begangen. Da ein eigenverantwortliches Arbeiten im Außendienst nur in beschränktem Maße dienstlicher Kontrolle zugänglich sei, sei der Beamte in seinem bisherigen Aufgabengebiet nicht mehr einsetzbar. Dies führe zu einem objektiven und endgültigen Vertrauensverlust. Die vorübergehende Weiterbeschäftigung des Beamten nach Aufdeckung seiner Taten und die lange Verfahrensdauer seien insoweit unerheblich. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig.
[36] 32 3. Hiergegen hat der Beamte durch seinen Verteidiger rechtzeitig Berufung eingelegt, diese nachträglich ausdrücklich auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt und beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen, hilfsweise die Laufzeit des Unterhaltsbeitrags angemessen zu verlängern. Zur Begründung macht er zuletzt im Wesentlichen geltend:
[37] 33 Zwar sei dem Verwaltungsgericht beizupflichten, dass keine der festgestellten Verfehlungen nach ihrer Schwere – für sich gesehen – eine Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Im Hinblick auf die Einheit des Dienstvergehens bedeute dies aber auch, dass auf die Summe der Verfehlungen eine solche Disziplinarmaßnahme nicht gestützt werden könne. Deshalb greife die Vorinstanz maßnahmeschärfend auf das Persönlichkeitsbild des Beamten zurück. Diese Prüfungsreihenfolge verkenne, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Schwere der Verfehlung die Grundlage für die Wahl der Disziplinarmaßnahme darstelle. Das Persönlichkeitsbild diene lediglich der Feststellung, ob die zuvor gefundene Maßnahme der Höhe nach gerechtfertigt sei.
[38] 34 Ungeachtet dessen habe die Vorinstanz auch das Persönlichkeitsbild des Beamten nicht angemessen berücksichtigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei zum Beispiel in die Prüfung des Persönlichkeitsbildes positiv einzubeziehen, ob der Beamte disziplinarisch vorbelastet sei oder nicht und wie seine dienstlichen Leistungen beurteilt würden. Solche positiven Merkmale des Persönlichkeitsbildes ignoriere das Verwaltungsgericht, da sich aus der Tat selbst ein grundlegender Charakterzug des Beamten ergebe, der es dem Dienstherrn in Zukunft unzumutbar mache, den Beamten selbständig und unkontrolliert im Außendienst mit Kundenkontakt einzusetzen. Das Verwaltungsgericht stelle insoweit nicht auf das Persönlichkeitsbild, sondern auf die Schwere der Tat ab. Schließlich enthalte das Urteil keine Ausführungen darüber, welche tatsächlichen Erkenntnisse das Gericht der Feststellung über den wesentlichen Charakterzug des Beamten zugrunde gelegt habe. Offensichtlich handele es sich dabei nur um persönliche Einschätzungen des Gerichts. Diese könnten jedoch nicht Grundlage seiner Entscheidung werden.
[39] 35 II Die Berufung des Beamten hat Erfolg; sie führt zur Kürzung seiner Dienstbezüge auf die Dauer von drei Jahren um ein Zwanzigstel.
[40] 36 Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d. h. auch nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen, weil es vor dem 1. Januar 2002 förmlich eingeleitet worden ist (vgl. § 85 Abs. 3 BDG). Allerdings können auf so genannte Altfälle – wie hier – ausnahmsweise die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes Anwendung finden, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besserstellen (stRspr, z. B. Urteil vom 23. Februar 2005 BVerwG 1 D 13.04 BVerwGE 123, 75 [76] m. w. N.).
[41] 37 1. Das Rechtsmittel ist nachträglich ausdrücklich auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Dies steht im Einklang mit der ergänzenden Berufungsbegründung, mit der lediglich Umstände geltend gemacht werden, die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein können. Wegen der Teilrechtskraft ist der Senat an die erstinstanzlichen Feststellungen in den fünf Anschuldigungspunkten sowie an deren Würdigung als Dienstpflichtverletzungen gebunden. Er hat nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
[42] 38 2. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Eine Entfernung aus dem Dienst setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen, wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber hinaus nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wiedergutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter diesen Voraussetzungen ist er als Beamter nicht mehr tragbar (Urteil vom 20. Oktober 2005 BVerwG 2 C 12.04 BVerwGE 124, 252 [258 ff.]).
[43] 39 Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. nunmehr § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG). Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 BDO, § 5 Abs. 1 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die vom Senat für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist dann entscheidend, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (Urteil vom 3. Mai 2007 BVerwG 2 C 9.06 NVwZ-RR 2007, 695 [696]).
[44] 40 3. Unter diesen Voraussetzungen kommt dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Dienstvergehen erhebliches Gewicht zu. Der Beamte hat insgesamt eine Zurückstufung verwirkt; eine Entfernung aus dem Dienst ist (noch) nicht auszusprechen.
[45] 41 Das Schwergewicht des Dienstvergehens wird durch die vorsätzlichen Pflichtverletzungen in den Anschuldigungspunkten 1, 2 und 3 geprägt, die einen einheitlichen Sachverhalt darstellen. Der Beamte hat als servicetechnischer Außendienstmitarbeiter der Telekom innerhalb von ca. vier Jahren (1993 bis 1996) in 14 Fällen Betrügereien gegenüber Telekomkunden begangen (Anschuldigungspunkt 1) und dadurch zugleich eine unerlaubte Nebentätigkeit ausgeübt (Anschuldigungspunkt 2). In fünf der 14 Fälle fand das Fehlverhalten während der Dienstzeit unter Falschausfüllung der dienstlichen Tagesberichte statt (Anschuldigungspunkt 3).
[46] 42 Ein Beamter, der im innerdienstlichen Bereich Betrügereien begeht, ist in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich zum Beispiel aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, zum Beispiel Urkundenfälschungen, stehen. Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 10 000 DM bzw. 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (Urteil vom 4. Mai 2006 BVerwG 1 D 13.05 m. w. N., juris).
[47] 43 Auch wenn der Senat diese Bemessungsgrundsätze insbesondere auf die in der Praxis häufigsten Fälle des betrügerischen Verhaltens zum Nachteil des Dienstherrn (z. B. Urteil vom 4. Mai 2006 a. a. O.) oder etwa der Telekom (z. B. Urteil vom 15. März 2006 BVerwG 1 D 11.05) anwendet, sind sie gleichwohl geeignet, auch in den Fällen, in denen das Vermögen eines Dritten – wie hier – beeinträchtigt worden ist, zur Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme zu dienen. Dies hat der Senat zum Beispiel entschieden im Fall eines Zollbeamten, der einen Blankoverrechnungsscheck eines Zollkunden unterschlagen, abredewidrig ausgefüllt und zur Zahlung vorgelegt hatte; der Beamte hatte nicht das Vermögen seines Dienstherrn, sondern das eines Dritten (Zollkunden) geschädigt (Urteil vom 13. Juni 1995 BVerwG 1 D 3.95 m. w. N.).
[48] 44 Im vorliegenden Fall beläuft sich der Gesamtschaden der Telekomkunden auf deutlich unterhalb von 10 000 DM. Das Verwaltungsgericht hat keine Feststellungen zur Höhe des den Telekomkunden entstandenen Schadens getroffen. Im Strafurteil wird dieser Schaden eher als gering eingestuft. Er habe in der Differenz zwischen dem vereinnahmten Kaufpreis und dem Marktpreis für ein Gebrauchttelefon bestanden und sei jedenfalls nicht höher gewesen als wenige 100 DM. Bei 14 Fällen ergibt dies einen Gesamtschaden von ca. 2 000 bis 4 000 DM, das heißt deutlich unterhalb der Grenze von 10 000 DM. Nichts anderes folgt aus der Einlassung des Beamten und seines Verteidigers, wonach der Gewinn pro Gerät etwa 100 bis 150 DM, das heißt insgesamt etwa 2 000 bis 2 500 DM betragen hat (in drei Fällen wurden zwei Geräte bzw. Telefonanlagen verkauft).
[49] 45 Die sonstigen Tatumstände des Fehlverhaltens stellen ebenfalls (noch) keine solchen Erschwerungsgründe dar, die – insgesamt gesehen – die Entfernung des Beamten aus dem Dienst indizieren:
[50] 46 Dies gilt zunächst für Umfang und Dauer der Betrugshandlungen, etwa drei bis vier Fälle pro Jahr über einen Zeitraum von etwa vier Jahren.
[51] 47 Bei den Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 2 und 3 handelt es sich im Wesentlichen um notwendige Begleitdelikte zu den Betrugsfällen, denen ebenfalls kein erhebliches Eigengewicht zukommt. Von ihrem Gewicht her wären sie für sich gesehen allenfalls mit Gehaltskürzungen zu ahnden. Dies gilt zunächst für die nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Nebentätigkeit (Anschuldigungspunkt 2). Das Handeln im Tätigkeitsbereich der eigenen Behörde, hier der Telekom, erfüllte den Versagungsgrund des § 65 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BBG (vgl. dazu Urteil vom 29. Oktober 1992 BVerwG 2 C 35.91 Buchholz 237. 2 § 30 Bln. LBG Nr. 1). Für die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme kommt es vor allem darauf an, ob sich das unerlaubte Nebentätigkeitsverhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben als servicetechnischer Außendienstmitarbeiter ausgewirkt hat (vgl. dazu Urteil vom 6. Juni 2007 BVerwG 1 D 8.06 m. w. N., juris). Das war nicht der Fall. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür und wird dem Beamten auch nicht zum Vorwurf gemacht, dass dieser damals seinen dienstlichen Aufgaben nur unvollständig oder unzuverlässig nachgekommen ist. Im Februar 1993 wurden seine guten Kenntnisse im Entstörungsdienst hervorgehoben. Sein Arbeitsgebiet habe er gut organisiert. Die ihm übertragenen Arbeiten würden ordentlich, zielstrebig und zuverlässig abgewickelt. Er sei freundlich, hilfsbereit, pflichtbewusst und einsatzfreudig. Ab April 1995 erhielt der Beamte für ein Jahr monatlich eine Gütezulage von 160 DM. Im Mai 1997 wurde er als zuverlässiger, fleißiger Mitarbeiter beschrieben, der auch bei größerem Arbeitsvolumen belastbar und bei seinem Disponenten sowie seinem Gruppenleiter anerkannt sei. Es ist auch weder angeschuldigt noch festgestellt, dass der Telekom durch das Fehlverhalten des Beamten ein messbarer Vermögensschaden entstanden war. Der Beamte und die Vertreterin der Einleitungsbehörde haben vor dem Verwaltungsgericht übereinstimmend erklärt, dass die Telekom gegen den Beamten keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend gemacht hat. Dass der Beamte in fünf der 14 Betrugsfälle zugleich wahrheitswidrige Angaben in dienstlichen Tagesberichten gemacht und seine Dienstzeit vorübergehend für private Geschäfte ausgenutzt hat (Anschuldigungspunkt 3), fällt – insgesamt gesehen – auch nicht ins Gewicht. Bei den wahrheitswidrigen Angaben handelt es sich um notwendige Begleitdelikte zu den Betrugsfällen. Die privatgeschäftliche Nutzung der Dienstzeit umfasst nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanz insgesamt vier Stunden und zehn Minuten, das heißt ungefähr einen halben Arbeitstag. Da es sich insoweit nicht um unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst handelt, ist ein Besoldungsverlust im Sinne des § 9 BBesG nicht eingetreten. Einen Schadenersatzanspruch hat die Telekom gegen den Beamten nicht geltend gemacht.
[52] 48 Auch die mit den Betrugshandlungen in Zusammenhang stehenden Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 4 und 5 stellen noch keine solchen Erschwerungsgründe dar, dass daraufhin die Entfernung aus dem Dienst zum Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme wird. Den Beamten belasten allerdings die erstinstanzlichen Feststellungen zum Anschuldigungspunkt 4, von den Telekomkunden M. 20 DM gefordert und 50 DM angenommen sowie als Gegenleistung den Servicebericht vernichtet zu haben. Die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Ein Beamter, der Vorteile in Bezug auf sein Amt annimmt, erweckt den Eindruck, sich bei seinen Dienstgeschäften nicht an sachlichen Erwägungen zu orientieren, sondern für Amtshandlungen allgemein käuflich zu sein. Ein solcher Beamter verliert regelmäßig endgültig das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in seine pflichtgemäße Amtsführung und ist daher aus dem Dienst zu entfernen, wenn er als Gegenleistung für den gewährten Vorteil eine pflichtwidrige Amtshandlung vorgenommen oder wenn er bares Geld angenommen hat und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Die von der Schwere des Pflichtenverstoßes ausgehende Indizwirkung kann allerdings entfallen, wenn mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen (vgl. Urteil vom 23. November 2006 BVerwG 1 D 1.06 Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 m. w. N.). Das ist hier der Fall. Dem Beamten kommt der Milderungsgrund der Forderung und Annahme einer geringwertigen Geldsumme zugute; die Betragsgrenze liegt bei etwa 100 DM/50 € (vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2002 BVerwG 1 D 31.01 BVerwGE 116, 308 [310 f.] und Beschluss vom 22. September 2006 BVerwG 2 B 52.06 DÖD 2007, 187 f.). Die Annahme von 50 DM kann dem Beamten hinsichtlich der über dem geforderten Betrag von 20 DM liegenden Summe von 30 DM nicht voll angelastet werden. Die Telekom war in ihrem Vermerk vom 22. November 1996 und in ihrer Strafanzeige vom 3. Dezember 1996 aufgrund der Bekundungen der Zeugen M. davon ausgegangen, dass diese damals nur einen 50 DM Schein hatten, den der Beamte nicht wechseln konnte. Dass die Annahme einer so "geringen" Geldsumme geeignet sein kann, die Verfehlung in milderem Licht erscheinen zu lassen, wird auch durch die Regelung in Ziff. IV. des Rundschreibens des Bundesministeriums des Innern vom 8. November 2004 zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung (GMBl 2004, 1074 [1075]) deutlich. Danach kann bei der Annahme von geringfügigen Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 25 € von einer stillschweigend erteilten Zustimmung im Sinne des § 70 BBG ausgegangen werden. Auch hinsichtlich des Betruges ("Gebührenüberhebung") in Höhe von 20 DM zulasten der Telekomkunden S. (Anschuldigungspunkt 5) steht dem Beamten der Milderungsgrund der "Geringwertigkeit" zur Seite.
[53] 49 Da auch die Erschwerungsgründe, insbesondere im Hinblick auf die Schadenssummen, noch nicht geeignet sind, die Entfernung des Beamten aus dem Dienst zu indizieren, ist für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme entscheidend, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung hier derart ins Gewicht fallen, dass die Verhängung einer anderen als der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Zurückstufung des Beamten geboten ist. Das ist nicht der Fall. Insbesondere hat die Vertrauenseinbuße als Außendienstmitarbeiter noch nicht dazu geführt, dass der Beamte, bezogen auf seinen allgemeinen Beamtenstatus, auf sein Amt als Ganzes, generell endgültig vertrauensunwürdig und damit im Beamtenverhältnis untragbar geworden ist. Für den Beamten spricht neben seiner langen und im Übrigen unbeanstandeten Dienstzeit mit guten dienstlichen Beurteilungen und Belohnungen der Umstand, dass er straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und im Wesentlichen geständig war.
[54] 50 Schließlich ist auch die überlange Dauer des Disziplinarverfahrens zugunsten des Beamten zu berücksichtigen. Dies ist nach der Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 8. September 2004 BVerwG 1 D 18.03 Buchholz 235. 1 § 85 BDG Nr. 7) bei allen Disziplinarmaßnahmen unterhalb der Entfernung aus dem Dienst wegen ihres Zweckes der Pflichtenmahnung möglich. Obwohl der Beamte geständig war und besondere Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung nicht ersichtlich sind, hat das Verfahren von der Anordnung disziplinarischer Vorermittlungen im März 1997 bis zur Hauptverhandlung vor dem Senat über zehn Jahre gedauert; allein zwischen der Rechtskraft des Strafurteils und der Erstellung der Anschuldigungsschrift lagen über fünf Jahre. Diese unerklärlich lange Dauer des Verfahrens und die Ungewissheit seines Ausgangs sind für jeden Betroffenen sehr belastend. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand dem Beamten die Pflichtwidrigkeit seines Handelns bereits verdeutlicht und dadurch – ungeachtet der strafrechtlichen Verurteilung im Anschuldigungspunkt 1 – eine nicht unerhebliche Pflichtenmahnung bewirkt hat.
[55] 51 4. Die nach alledem verwirkte Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung (§ 10 BDO, § 9 BDG) darf jedoch nicht verhängt werden, da sich der Beamte im Eingangsamt seiner Laufbahn befindet. Das von ihm bekleidete Amt "Technischer Fernmeldeobersekretär (Besoldungsgruppe A 7)" ist durch § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahnen, Ausbildung und Prüfung für die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Beamten vom 21. Juni 2004 – (BGBl I S. 1287) als Eingangsamt der Laufbahn des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes bestimmt worden (vgl. Urteil vom 4. Mai 2006 a. a. O.).
[56] 52 Als nächst mildere und zulässige Disziplinarmaßnahme ist daher gegen den Beamten nach der hier anzuwendenden materiellrechtlich günstigeren Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG (vgl. dazu grundlegend Urteil vom 8. September 2004 a. a. O.) unter Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstlaufzeit eine dreijährige Gehaltskürzung um ein Zwanzigstel (vgl. zum Kürzungsbruchteil Urteil vom 21. März 2001 BVerwG 1 D 29.00 BVerwGE 114, 88) auszusprechen.
[57] 53 Der Verhängung einer Gehaltskürzung steht das Maßnahmeverbot des § 14 Abs. 1 BDG, der wegen materiellrechtlicher Besserstellung der angeschuldigten Beamten auch in Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung Anwendung findet (stRspr, grundlegend Urteil vom 17. März 2004 BVerwG 1 D 23.03 BVerwGE 120, 218 ff.), nicht entgegen. Das festgestellte Dienstvergehen, das auch die Dienstpflichtverletzungen in den Anschuldigungspunkten 2 bis 5 erfasst, geht über den Sachverhalt im Anschuldigungspunkt 1 hinaus, der Gegenstand des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts … vom 30. Januar 1998 ist. Es fehlt daher an einer Sachverhaltsidentität im Sinne des § 14 Abs. 1 BDG.
[58] 54 Dem Ausspruch einer Kürzung der Dienstbezüge steht auch § 4 BDO ("Verfolgungsverjährung") nicht entgegen; das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 BDG ist auf so genannte Altfälle nicht anzuwenden (Urteil vom 23. Februar 2005 BVerwG 1 D 1.04 Buchholz 232 § 54 Satz 1 BBG Nr. 8). Sind seit einem Dienstvergehen, das eine Gehaltskürzung rechtfertigt, mehr als drei Jahre verstrichen, ist nach § 4 Abs. 2 BDO eine Verfolgung nur zulässig, wenn vor Ablauf der Frist ein förmliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Der Fristenlauf beginnt bei einem aus mehreren Pflichtverletzungen bestehenden Dienstvergehen, wie hier, mit Vollendung der zeitlich letzten Verfehlung; erst zu diesem Zeitpunkt ist das Dienstvergehen vollendet (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a. a. O. m. w. N.). Das war hier am 21. November 1996 (Anschuldigungspunkt 5). Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einleitungsverfügung durch Zustellung an den Beamten am 27. Dezember 1999 (§ 33 Satz 4 BDO) lag zwar die Vollendung des Dienstvergehens bereits mehr als drei Jahre zurück; der Ablauf der "Verfolgungsverjährungsfrist" war jedoch gemäß § 4 Abs. 3 BDO in der Zeit vom 16. Dezember 1996 bis zum 3. April 1998 gehemmt, so dass die Dreijahresfrist des § 4 Abs. 2 BDO im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einleitungsverfügung noch nicht verstrichen war.
[59] 55 Gemäß § 4 Abs. 3 BDO, dem die Nachfolgeregelung des § 15 Abs. 5 Satz 2 BDG inhaltlich entspricht, ist die Frist auf die Dauer des Strafverfahrens gehemmt, wenn vor Ablauf der Frist wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Im vorliegenden Fall war wegen des Sachverhalts im Anschuldigungspunkt 1 in der Zeit vom 16. Dezember 1996 (Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses durch das Amtsgericht …) bis zum 3. April 1998 (Rechtskraft des Strafurteils) gegen den Beamten ein Strafverfahren anhängig (vgl. zu den Begriffen "Hemmung" und "Einleitung des Strafverfahrens" im Sinne des § 4 Abs. 3 BDO, Urteil vom 18. April 1968 BVerwG 2 D 43.67 BVerwGE 33, 145 ff.). Auch wenn der dem Strafverfahren zugrunde liegende Sachverhalt nur einen Teil des Dienstvergehens erfasst, ist die Dauer des Strafverfahrens gemäß § 4 Abs. 3 BDO als Hemmungstatbestand beim Fristablauf zu berücksichtigen mit der Folge, dass eine Gehaltskürzung noch ausgesprochen werden darf. Diese Auslegung des § 4 Abs. 3 BDO im Hinblick auf den Begriff "desselben Sachverhalts" ergibt sich aus dem Verständnis der Vorschrift. Da Absatz 3 des § 4 BDO eine Ausnahmebestimmung zu den Regelvorschriften der Absätze 1 und 2 darstellt, muss sich die Vorschrift in den Regelungszweck der disziplinarrechtlichen "Verfolgungsverjährung" einfügen:
[60] 56 Nach § 4 BDO unterliegt grundsätzlich nur ein Dienstvergehen, nicht eine einzelne Pflichtverletzung der "Verfolgungsverjährung". Bei der Feststellung mehrerer Einzelverfehlungen – wie hier – entscheidet sich deshalb die Frage der "Verfolgungsverjährung" wegen der Einheit des Dienstvergehens grundsätzlich nach der Verjährung des gesamten Dienstvergehens (vgl. Urteil vom 16. Oktober 1968 BVerwG 2 D 17.68 BVerwGE 33, 193 [195]; Urteil vom 22. Juni 1978 BVerwG 1 D 46.77 BVerwGE 63, 88 [89 f.]), es sei denn, die das Dienstvergehen ausmachenden einzelnen Verfehlungen stehen in keinem inneren oder äußeren Zusammenhang und haben eine gewisse Selbständigkeit (vgl. dazu Urteil vom 10. Dezember 1991 BVerwG 1 D 26.91 ZBR 1992, 281). Ein solcher abspaltbarer Teil liegt hier aber nicht vor. Die festgestellten Verfehlungen in den Anschuldigungspunkten 1 bis 5 stehen nicht nur in einem engen zeitlichen, sondern auch sachlichen Zusammenhang: Der Beamte hat als Außendienstmitarbeiter der Telekom in mehreren Fällen im Rahmen unerlaubter Nebentätigkeit, z. T. während der Dienstzeit, Kunden betrogen, unerlaubt in Bezug auf sein Amt Bargeld angenommen und zugleich dienstintern falsche Angaben gemacht.
[61] 57 Dem Einheitsgrundsatz liegt vor allem die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der zur Last gelegten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart hat, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 BVerwG 1 D 12.05 BVerwGE 128, 125 [130]). Ein wesentliches Bemessungskriterium nach § 13 BDG ist deshalb auch nicht eine bestimmte Tat, sondern die durch ein bestimmtes Gesamtverhalten offenbar werdende Persönlichkeit des Beamten im Hinblick auf die Frage, ob und inwieweit dieser im öffentlichen Dienst noch tragbar ist.
[62] 58 Für den Verlust des disziplinarrechtlichen "Maßregelungsanspruchs" kann danach nicht der bloße Zeitablauf bestimmend sein, sondern allein das Wissen darum, ob das Verhalten des Beamten in seiner Persönlichkeit wurzelt oder nur als ein wesensfremdes Versagen zu werten ist; der Zeitablauf dient in diesem Zusammenhang nur als Beweisanzeichen. Diese Einbettung des Verjährungsgedankens in den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens führt zum Beispiel dazu, dass auch lange zurückliegende Pflichtverletzungen, die für sich allein betrachtet eine der in § 4 Abs. 1 und 2 BDO aufgezählten Disziplinarmaßnahmen wegen Zeitablaufs nicht gerechtfertigt hätten, erneut in die disziplinarische Betrachtung einbezogen werden können und müssen, wenn weitere Pflichtverletzungen hinzutreten, die für sich allein oder zusammen mit den älteren eine nicht der "Verfolgungsverjährung" unterliegende Disziplinarmaßnahme notwendig machen. Die spätere Wiederholung ähnlicher Pflichtverletzungen zeigt nämlich, dass die an die ursprüngliche Nichtverfolgung geknüpfte Vorstellung, es handele sich um persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten, nicht gerechtfertigt war, das Verhalten vielmehr doch in der Persönlichkeit des Beamten wurzelte. Folgerichtig sind aus der einheitlichen Betrachtungsweise nur solche Pflichtverletzungen auszuscheiden, die mit den übrigen, später hinzugetretenen in keinem inneren oder äußeren Zusammenhang stehen (vgl. Urteile vom 22. Juni 1978 a. a. O. und vom 28. April 1981 BVerwG 1 D 7.80 BVerwGE 73, 166 [167 f.]).
[63] 59 Die Einbettung des Verjährungsgedankens in den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens ist auch für § 4 Abs. 3 BDO von Bedeutung. Danach erstreckt sich die Hemmung der Verfolgungsverjährungsfrist grundsätzlich auch auf die Teile des Dienstvergehens, die nicht strafrechtlich verfolgt worden sind, das heißt die Hemmung wirkt sich wegen des Einheitsgrundsatzes auf das gesamte Dienstvergehen aus. Etwas anderes kann nur für solche nicht strafrechtlich verfolgten Pflichtverletzungen gelten, die abspaltbar sind (vgl. Behnke, BDO, 2. Auflage, § 4 Rn. 49; Claussen/Janzen, BDO, 8. Auflage, § 4 Rn. 3c; Köhler/Ratz, BDO, 2. Auflage, § 4 Rn. 28; Weiß in: GKÖD, Bd. II, BDO, § 4 Rn. 37; zur Niedersächsischen Disziplinarordnung: Niedersächsischer Disziplinarhof, Urteil vom 23. November 1999 – 2 NDH L 7/97). Ein solcher abspaltbarer Teil liegt hier, wie dargelegt, aber nicht vor.
[64] 60 5. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG (vgl. zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf Altverfahren, Urteil vom 8. September 2004 a. a. O.) davon abgesehen, die Laufzeit des mit der Kürzung der Dienstbezüge verbundenen dreijährigen Beförderungsverbotes abzukürzen, zumal die lange Verfahrensdauer bereits zugunsten des Beamten in die Bemessung der Disziplinarmaßnahme eingeflossen ist.
[65] 61 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 ff. BDO.