Bundesverfassungsgericht

BVerfG, Beschluss vom 29. 10. 2008 – 2 BvR 1268/07 (lexetius.com/2008,3198)

[1] In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn P … gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. März 2007 – 1 Ws 83/07 –, b) den Beschluss des Landgerichts Koblenz – Strafvollstreckungskammer Diez – vom 15. Dezember 2006 – 7 StVK 464/06 – hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Mellinghoff, die Richterin Lübbe-Wolff und den Richter Gerhardt gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 29. Oktober 2008 einstimmig beschlossen:
[2] Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
[3] Gründe: Dem Bundesverfassungsgericht obliegt keine umfassende Kontrolle der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts. Es greift nur ein, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der jeweils in Rede stehenden Vorschriften überhaupt Grundrechte zu beachten waren, wenn Bedeutung und Tragweite von Grundrechten, einschließlich des Gewichts grundrechtlicher Belange, verkannt worden sind oder eine Entscheidung auf sachfremden und damit objektiv willkürlichen Gründen beruht (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f., 96]; – 106, 28 [45]).
[4] Nach diesen Maßstäben sind die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Eine Auslegung des Strafvollzugsgesetzes dahingehend, dass Strafgefangenen die benötigten Artikel zur Hygiene und Körperpflege grundsätzlich kostenlos von der Anstalt zur Verfügung zu stellen wären, ein Gefangener insoweit also nicht auf die Inanspruchnahme seines Taschengeldes (§ 46 StVollzG) verwiesen werden darf, ist verfassungsrechtlich nicht geboten.
[5] Das Vorbringen des Beschwerdeführers, angesichts zunehmender Belastung mit sonstigen Kosten des täglichen Lebensbedarfes reiche das ihm gewährte Taschengeld für die Beschaffung der notwendigen Hygiene- und Körperpflegeartikel nicht aus, führt nicht mit verfassungsrechtlicher Notwendigkeit zu der Annahme, dass solche Artikel, soweit sie zum grundrechtlich gewährleisteten Existenzminimum (vgl. BVerfGE 40, 121 [133]; – 113, 88 [108 f.]) gehören oder ihre Verfügbarkeit aus anderen rechtlichen Gründen gesichert sein muss, von der Justizvollzugsanstalt kostenlos bereitzustellen sind. Wird das Strafvollzugsgesetz dahin ausgelegt, dass Gefangene, die über Taschengeld verfügen, für die Beschaffung von Hygiene- und Körperpflegemitteln auf ihr Taschengeld zu verweisen sind, so sind die berührten grundrechtlichen Belange ausreichend dadurch geschützt, dass Taschengeld nach § 46 StVollzG als "angemessenes", das heißt in angemessener Höhe, zu gewähren ist (vgl. Arloth, StVollzG, 2. Aufl. 2008, § 46 Rn. 5; Däubler/Spaniol, in: Feest [Hrsg.], StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 46 Rn. 2). Ist ein Gefangener der Auffassung, dass die gesetzlich gewährleistete Angemessenheit des Taschengeldes – etwa aufgrund von Preissteigerungen oder infolge der Verlagerung von früher anstaltsseitig getragenen Kosten auf die Gefangenen – nicht mehr bestehe, so kann er dies mit einem Antrag an die Vollzugsbehörde auf angemessene Erhöhung des Taschengeldbetrages und erforderlichenfalls mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltend machen.
[6] Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
[7] Diese Entscheidung ist unanfechtbar.