Europäischer Gerichtshof
"Richtlinie 2004/83/EG – Von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zu erfüllende Mindestvoraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtlinge – Staatenlose Palästinenserin, die nicht den Schutz oder Beistand des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) beantragt hat – Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling – Zurückweisung wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A des am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – Anspruch dieser Staatenlosen auf Anerkennung als Flüchtling nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2004/83"
Für die Zwecke der Anwendung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes genießt eine Person den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, wenn sie diesen Schutz oder Beistand tatsächlich in Anspruch nimmt.

EuGH, Urteil vom 17. 6. 2010 – C-31/09 (lexetius.com/2010,1580)

[1] In der Rechtssache C-31/09 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Art. 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Fvárosi Bíróság (Ungarn) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Januar 2009, in dem Verfahren Nawras Bolbol gegen Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), K. Lenaerts, J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter A. Rosas, P. Kris, J.-J. Kasel und M. Safjan, Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2009, unter Berücksichtigung der Erklärungen – von Frau Bolbol, vertreten durch G. Gyz, ügyvéd, – der ungarischen Regierung, vertreten durch R. Somssich, M. Fehér und K. Borvölgyi als Bevollmächtigte, – der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet und T. Materne als Bevollmächtigte, – der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und N. Graf Vitzthum als Bevollmächtigte, – der französischen Regierung, vertreten durch E. Belliard, G. de Bergues und B. Beaupère-Manokha als Bevollmächtigte, – der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch I. Rao als Bevollmächtigte, – der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Simon und M. Condou-Durande als Bevollmächtigte, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. März 2010 folgendes Urteil (*):
[2] 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304, S. 12, mit Berichtigung in ABl. 2005, L 204, S. 24, im Folgenden: Richtlinie).
[3] 2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Bolbol, einer staatenlosen Palästinenserin, und dem Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal (Amt für Zuwanderung und Staatsbürgerschaft, im Folgenden: BAH) wegen der Ablehnung des Antrags von Frau Bolbol auf Anerkennung als Flüchtling durch das BAH.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
[4] 3 Das am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichnete Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (United Nations Treaty Series, Band 189, S. 150, Nr. 2545 [1954]) trat am 22. April 1954 in Kraft. Es wurde ergänzt durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967, das am 4. Oktober 1967 in Kraft trat (im Folgenden: Genfer Konvention).
[5] 4 Nach Art. 1 Abschnitt A Ziff. 2 Abs. 1 der Genfer Konvention findet der Ausdruck "Flüchtling" auf jede Person Anwendung, die "aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will".
[6] 5 Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention bestimmt:
"Dieses Abkommen findet keine Anwendung auf Personen, die zurzeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge genießen.
Ist dieser Schutz oder diese Unterstützung aus irgendeinem Grunde weggefallen, ohne dass das Schicksal dieser Person endgültig gemäß den hierauf bezüglichen Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen geregelt worden ist, so fallen diese Personen ipso facto unter die Bestimmungen dieses Abkommens."
Die Vergleichskommission der Vereinten Nationen für Palästina
[7] 6 Die Vergleichskommission der Vereinten Nationen für Palästina (United Nations Conciliation Commission for Palestine [UNCCP]) wurde mit der Resolution 194 (III) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 11. Dezember 1948 eingesetzt. Nach Ziff. 11 dieser Resolution
"beschließt [die Generalversammlung der Vereinten Nationen], dass denjenigen Flüchtlingen, die in ihre Wohnstätten zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestattet werden soll und dass für das Eigentum derjenigen, die sich entscheiden, nicht zurückzukehren, sowie für den Verlust oder die Beschädigung von Eigentum auf der Grundlage internationalen Rechts oder nach Billigkeit von den verantwortlichen Regierungen und Behörden Entschädigung gezahlt werden soll;
weist die [UNCCP] an, die Rückführung, Wiederansiedlung und wirtschaftliche und soziale Rehabilitation der Flüchtlinge sowie die Entschädigungszahlungen zu erleichtern und engen Kontakt mit dem Direktor des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge und über ihn mit den entsprechenden Organen und Institutionen der Vereinten Nationen zu halten".
Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten
[8] 7 Mit der Resolution 302 (IV) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 8. Dezember 1949 wurde das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East [UNRWA]) errichtet. Dessen Mandat wurde regelmäßig verlängert, sein gegenwärtiges Mandat endet am 30. Juni 2011. Das Einsatzgebiet der UNRWA umfasst den Libanon, Syrien, Jordanien, Westjordanland (einschließlich Ostjerusalems) und den Gazastreifen.
[9] 8 Nach Ziff. 20 der Resolution 302 (IV)
"weist [die Generalversammlung der Vereinten Nationen] die [UNRWA] an, sich mit der UNCCP im Interesse der bestmöglichen Wahrnehmung [ihrer] jeweiligen Aufgaben ins Einvernehmen zu setzen und dabei insbesondere Ziffer 11 der Resolution 194 (III) der Generalversammlung vom 11. Dezember 1948 zu beachten".
[10] 9 Nach Ziff. 6 der Resolution 2252 (ES-V) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 4. Juli 1967
"befürwortet [die Generalversammlung] die Bemühungen des Generalbeauftragten der [UNRWA], anderen Personen in diesem Gebiet, die infolge der jüngsten Feindseligkeiten gegenwärtig vertrieben sind und dringend Soforthilfe benötigen, als zeitweilige Notstandsmaßnahme im Rahmen des praktisch Möglichen humanitäre Hilfe zu gewähren".
[11] 10 Die Ziff. 1 bis 3 der Resolution Nr. 63/91 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 5. Dezember 2008 lauten:
"Die Generalversammlung …
1. stellt mit Bedauern fest, dass die in Ziffer 11 der Resolution 194 (III) der Generalversammlung vorgesehene Repatriierung beziehungsweise Entschädigung der Flüchtlinge noch nicht stattgefunden hat, dass daher die Situation der Palästinaflüchtlinge auch weiterhin zu ernster Besorgnis Anlass gibt und dass die Palästinaflüchtlinge bei der Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse auf den Gebieten Gesundheit, Bildung und Sicherung des Lebensunterhalts nach wie vor Hilfe benötigen;
2. stellt außerdem mit Bedauern fest, dass es der [UNCCP] nicht gelungen ist, einen Weg zu finden, um Fortschritte bei der Durchführung von Ziffer 11 der Resolution 194 (III) der Generalversammlung zu erzielen, und ersucht die [UNCCP] erneut, sich auch weiterhin um die Durchführung der besagten Ziffer zu bemühen und der Versammlung zu gegebener Zeit, spätestens jedoch bis zum 1. September 2009, darüber Bericht zu erstatten;
3. bekräftigt, dass die Arbeit des [UNRWA] fortgesetzt werden muss und dass sein ungehinderter Betrieb und seine Erbringung von Diensten für das Wohlergehen und die menschliche Entwicklung der Palästinaflüchtlinge und für die Stabilität der Region wichtig sind, solange es keine gerechte Lösung der Frage der Palästinaflüchtlinge gibt".
Das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge
[12] 11 Nach Abs. 7 Buchst. c des Anhangs der Resolution 428 (V) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1950 über die Satzung für das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (United Nations High Commissioner for Refugees [UNHCR]) erstreckt sich die Zuständigkeit des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, wie sie in dieser Satzung definiert ist, "nicht auf Personen, die weiterhin Schutz oder Beistand von anderen Organen oder Institutionen der Vereinten Nationen erhalten".
Unionsrecht
[13] 12 Die Erwägungsgründe 2 und 3 der Richtlinie lauten:
"(2) Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung [der Genfer Konvention] … stützt, damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt und niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist.
(3) Die Genfer Konvention … [stellt] einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen dar."
[14] 13 Im sechsten Erwägungsgrund heißt es:
"Das wesentliche Ziel dieser Richtlinie ist es einerseits, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass allen diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird."
[15] 14 Der zehnte Erwägungsgrund lautet:
"Die Richtlinie achtet die Grundrechte und befolgt insbesondere die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundsätze. Die Richtlinie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde, des Asylrechts für Asylsuchende und die sie begleitenden Familienangehörigen sicherzustellen."
[16] 15 Die Erwägungsgründe 16 und 17 der Richtlinie bestimmen:
"(16) Es sollten Mindestnormen für die Bestimmung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft festgelegt werden, um die zuständigen innerstaatlichen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention zu leiten.
(17) Es müssen gemeinsame Kriterien für die Anerkennung von Asylbewerbern als Flüchtlinge im Sinne von Artikel 1 der Genfer Konvention eingeführt werden."
[17] 16 Nach Art. 2 Buchst. c bis e der Richtlinie bezeichnet im Sinne der Richtlinie:
"c) 'Flüchtling' einen Drittstaatsangehörigen, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Artikel 12 keine Anwendung findet;
d) 'Flüchtlingseigenschaft' die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat;
e) 'Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz' einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Artikel 15 zu erleiden, und auf den Artikel 17 Absätze 1 und 2 keine Anwendung findet und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will".
[18] 17 Nach den Art. 13 und 18 der Richtlinie erkennen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen, die die Voraussetzungen der Kapitel II und III oder der Kapitel II und V der Richtlinie erfüllen, die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus zu.
[19] 18 Art. 12 ("Ausschluss") Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie, der zu Kapitel III über die Anerkennung als Flüchtling gehört, bestimmt:
"Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er
a) den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie".
[20] 19 Art. 13 der Richtlinie bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und III erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft zu."
[21] 20 Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie, der zu ihrem Kapitel VII ("Inhalt des internationalen Schutzes") gehört, sieht vor:
"Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen."
[22] 21 Gemäß ihren Art. 38 und 39 ist die Richtlinie am 20. Oktober 2004 in Kraft getreten und war spätestens zum 10. Oktober 2006 umzusetzen.
Nationales Recht
[23] 22 § 3 Abs. 1 des Gesetzes CXXXIX von 1997 über das Asylrecht (Magyar Közlöny 1997/112 [XII. 15.], im Folgenden: Asylrechtsgesetz) sieht vor:
"Vorbehaltlich § 4 erkennt die Ausländerbehörde auf Antrag den Ausländer als Flüchtling an, der nachweist oder glaubhaft macht, dass auf ihn wegen der Gründe in Art. 1 Abschnitt A und Art. 1 Abschnitt B Abs. 1 Buchst. b der Genfer Konvention sowie Art. 1 Abs. 2 und 3 des Protokolls die Bestimmungen der Genfer Konvention anzuwenden sind."
[24] 23 Nach § 38 Abs. 2 des Asylrechtsgesetzes stellt die zuständige Behörde in der Entscheidung, mit der sie einen Asylantrag ablehnt, fest, ob ein Verbot der Zurückweisung und Ausweisung besteht.
[25] 24 § 51 Abs. 1 des Gesetzes Nr. II von 2007 über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen (a harmadik országbeli állampolgárok beutazásáról és tartózkodásáról szóló 2007. évi II. törvény, Magyar Közlöny 2007/1 [I. 5.], im Folgenden: Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt) bestimmt:
"Drittstaatsangehörige dürfen nicht in das Gebiet eines Landes zurück- oder ausgewiesen werden, das im Hinblick auf die Betroffenen nicht als sicheres Herkunftsland oder sicheres Drittland anzusehen ist, insbesondere wenn sie dort wegen ihrer Rassen-, Religions-, Staatsangehörigkeit oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wären, und auch nicht in das Gebiet oder an die Grenze eines Landes, bei dem aus schwerwiegenden Gründen zu befürchten ist, dass ausgewiesene Drittstaatsangehörige der Folter oder einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt wären."
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
[26] 25 Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Frau Bolbol, nachdem sie mit ihrem Ehemann den Gazastreifen verlassen hatte, am 10. Januar 2007 mit einem Visum nach Ungarn eingereist ist. Dort erhielt sie von der Einwanderungsbehörde eine Aufenthaltserlaubnis.
[27] 26 Am 21. Juni 2007 stellte Frau Bolbol für den Fall, dass ihre Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert würde, einen Asylantrag beim BAH unter Berufung auf die unsichere Lage im Gazastreifen wegen der täglichen Zusammenstöße von Fatah und Hamas. Frau Bolbol stützte diesen Antrag auf Art. 1 Abschnitt D Satz 2 der Genfer Konvention, da sie Palästinenserin sei, die außerhalb des Tätigkeitsgebiets der UNRWA wohne. Von ihren Familienangehörigen sei nur ihr Vater im Gazastreifen geblieben.
[28] 27 Der Vorlageentscheidung zufolge hat Frau Bolbol den Schutz und den Beistand der UNRWA nicht in Anspruch genommen. Sie trägt jedoch vor, sie sei dazu berechtigt gewesen, und verweist hierfür auf eine auf den Familiennamen von Cousins ihres Vaters ausgestellte UNRWA-Registrierungskarte. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens bezweifelt die von Frau Bolbol angeführte Verwandtschaftsbeziehung wegen fehlender Urkundenbeweise. Darüber hinaus sei die UNRWA trotz der von Frau Bolbol insoweit unternommenen Schritte nicht in der Lage gewesen, zu bescheinigen, dass diese auf der Grundlage ihrer Verwandtschaftsbeziehungen Anspruch auf Registrierung bei der UNRWA habe.
[29] 28 Mit ihrer Entscheidung vom 14. September 2007 lehnte die Beklagte des Ausgangsverfahrens den Asylantrag von Frau Bolbol ab, stellte jedoch gleichzeitig fest, dass sie nicht ausgewiesen werden dürfe.
[30] 29 Die Ablehnung des Asylantrags von Frau Bolbol ist auf § 3 Abs. 1 des Asylrechtsgesetzes gestützt. In der Begründung des Bescheids heißt es, Art. 1 Abschnitt D Satz 2 der Genfer Konvention schreibe nicht die bedingungslose Anerkennung als Flüchtling vor, sondern bestimme einen Personenkreis, für den die Bestimmungen der Genfer Konvention maßgebend seien. Daraus ergebe sich, dass auch Palästinenser zu dem Verfahren zuzulassen seien, in dessen Rahmen ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden könne, und zu prüfen sei, ob sie unter den Begriff des Flüchtlings im Sinne des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Konvention fielen. Die Klägerin könne nicht als Flüchtling anerkannt werden, weil Art. 1 Abschnitt A der Genfer Konvention nicht auf sie anwendbar sei, da sie ihren Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, der Religion, der nationalen Zugehörigkeit oder politischer Verfolgung verlassen habe.
[31] 30 Der Vorlageentscheidung zufolge genießt Frau Bolbol den Schutz einer Nichtzurückweisungsverfügung im Sinne von § 38 des Asylrechtsgesetzes und § 51 Abs. 1 des Gesetzes über die Einwanderung und den Aufenthalt, da die Wiederaufnahme von Palästinensern im Ermessen der israelischen Behörden liege und Frau Bolbol aufgrund der im Gazastreifen herrschenden kritischen Verhältnisse dort der Gefahr von Folter oder einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre.
[32] 31 Frau Bolbol beantragt beim vorlegenden Gericht, die ablehnende Entscheidung des BAH abzuändern und ihr auf der Grundlage des Art. 1 Abschnitt D Satz 2 der Genfer Konvention, der ihrer Meinung nach einen selbständigen Rechtsanspruch auf Anerkennung als Flüchtling gewähre, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Denn da die in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt seien, habe sie einen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling, und zwar unabhängig davon, ob sie auch als Flüchtling im Sinne des Abschnitts A dieses Artikels anzusehen sei. Mit Art. 1 Abschnitt D solle klargestellt werden, dass eine bei der UNRWA registrierte oder zur Registrierung berechtigte Person, die sich aus irgendeinem Grund außerhalb des Tätigkeitsbereichs der UNRWA befinde und von der aus schwerwiegenden Gründen nicht erwartet werden könne, dass sie dorthin zurückkehre, von den Vertragsparteien der Genfer Konvention automatisch als Flüchtling anerkannt werden müsse. Da sie über die väterliche Linie zur Registrierung bei der UNRWA berechtigt sei, aber in Ungarn und damit außerhalb des Tätigkeitsbereichs der UNRWA wohne, sei sie ohne weitere Prüfung als Flüchtling anzuerkennen.
[33] 32 Die Beklagte des Ausgangsverfahrens beantragt, die Klage abzuweisen, und macht geltend, dass der Antrag von Frau Bolbol auf Anerkennung als Flüchtling unbegründet sei, da sie ihr Land nicht aus einem der in Art. 1 Abschnitt A der Genfer Konvention genannten Gründe verlassen habe, und dass der Abschnitt D dieses Artikels keinen automatischen Rechtsanspruch auf Anerkennung als Flüchtling gewähre, sondern nur eine Bestimmung über den persönlichen Anwendungsbereich der Konvention sei. Demnach wiesen Palästinenser nur die Flüchtlingseigenschaft auf, wenn sie die Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art. 1 Abschnitt A der Konvention erfüllten, was im Einzelfall zu prüfen sei.
[34] 33 Das vorlegende Gericht trägt vor, dass die im Ausgangsverfahren aufgeworfene Rechtsfrage im Licht des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie zu beantworten sei. Da der Antrag im Ausgangsverfahren am 21. Juni 2007, d. h. vor Umsetzung dieses Artikels in ungarisches Recht, gestellt worden sei, sei im vorliegenden Fall unmittelbar das Unionsrecht anzuwenden.
[35] 34 Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention könne auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden. Im Oktober 2002 habe der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge zwar ein Handbuch über die "Anwendbarkeit von Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention auf palästinensische Flüchtlinge" erlassen. Diesem Handbuch ließen sich jedoch nicht so klare und eindeutige Hinweise entnehmen, dass eine einheitliche Anwendung dieser Bestimmung auf Palästinenser gewährleistet sei. Da die Richtlinie einen Verweis auf diesen Art. 1 Abschnitt D enthalte, sei der Gerichtshof befugt, die Bedeutung dieser Vorschrift festzustellen.
[36] 35 Unter diesen Umständen hat das Fvárosi Bíróság beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Für die Zwecke der Anwendung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/83:
1. Ist eine Person nur deswegen als unter dem Schutz und Beistand einer Institution der Vereinten Nationen stehend zu betrachten, weil sie ein Recht auf den Beistand oder Schutz hat, oder ist es erforderlich, dass sie tatsächlich den Beistand oder Schutz in Anspruch nimmt?
2. Impliziert der Wegfall des Schutzes oder des Beistands der Institution den Aufenthalt außerhalb des Tätigkeitsgebiets der Institution, die Abschaffung der Institution oder den Wegfall der Möglichkeit der Institution, Beistand oder Schutz zu gewähren, oder gegebenenfalls ein objektives Hindernis, weswegen die dazu berechtigte Person den Schutz oder den Beistand nicht in Anspruch nehmen kann?
3. Implizieren die durch die Richtlinie gewährten Vorteile die Anerkennung als Flüchtling oder – je nach Wahl der Mitgliedstaaten – eine der beiden zum Anwendungsbereich der Richtlinie gehörenden Schutzformen (Anerkennung als Flüchtling und subsidiärer Schutz) oder gegebenenfalls keine dieser beiden automatisch, sondern nur die Zugehörigkeit zum persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie?
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
[37] 36 Die Richtlinie wurde auf der Grundlage u. a. des Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EG erlassen, durch den der Rat der Europäischen Union beauftragt worden war, in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen Asylmaßnahmen im Bereich der Mindestnormen für die Anerkennung von Staatsangehörigen dritter Länder als Flüchtlinge zu beschließen.
[38] 37 Aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Richtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten (vgl. Urteil vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a., C-175/08, C-176/08, C-178/08 und C-179/08, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 52).
[39] 38 Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und insbesondere die Befolgung der in der Charta anerkannten Grundsätze gewährleisten (Urteil Salahadin Abdulla u. a., Randnrn. 53 und 54).
Zur ersten Frage
[40] 39 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Person den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie schon dann genießt, wenn sie einen Anspruch auf diesen Schutz oder Beistand hat, oder ob es erforderlich ist, dass sie diesen Schutz oder Beistand tatsächlich in Anspruch nimmt.
[41] 40 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem nationalen Gericht obliegt, den Sachverhalt zu ermitteln.
[42] 41 Wie in Randnr. 27 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat Frau Bolbol den Schutz oder Beistand der UNRWA nicht in Anspruch genommen.
[43] 42 Nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie, der zu ihrem Kapitel III über die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling gehört, ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er "den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des [UNHCR] gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt".
[44] 43 Nach Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention findet diese "keine Anwendung auf Personen, die zurzeit den Schutz oder Beistand" einer solchen Organisation oder einer solchen Institution genießen.
[45] 44 Die UNRWA ist eine der in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie und Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention angesprochenen Organisationen und Institutionen der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR, der, wie aus dem von der Kommission am 12. September 2001 vorgelegten Vorschlag einer Richtlinie des Rates (KOM [2001] 510 endg.) hervorgeht, gerade im Hinblick auf die besondere Lage der Palästinaflüchtlinge, die den Beistand oder Schutz der UNRWA genießen, geschaffen wurde.
[46] 45 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 12 und 13 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, geht aus den Konsolidierten Anweisungen betreffend die Berechtigungsvoraussetzungen und die Registrierung (Consolidated Eligibility and Registration Instructions, im Folgenden: CERI) der UNRWA, deren derzeit geltende Fassung aus dem Jahr 2009 stammt, zwar hervor, dass der Begriff "Palästinaflüchtling" für die Zwecke der UNRWA definiert ist als "jede Person, deren normaler Wohnort im Zeitraum zwischen 1. Juni 1946 und 15. Mai 1948 Palästina war und die infolge des Konflikts von 1948 ihr Heim und ihre Existenzgrundlage verloren hat" (Nr. III. A. 1 der CERI), doch können auch andere Personen den Beistand oder Schutz der UNRWA beanspruchen. Zu diesen gehören "nichtregistrierte Personen, die infolge der Feindseligkeiten von 1967 und späterer Feindseligkeiten vertrieben sind" (Nr. III. B der CERI; vgl. auch Ziff. 6 der Resolution 2252 [ES-V] der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 4. Juli 1967).
[47] 46 Unter diesen Umständen lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass eine Person wie Frau Bolbol, die nicht bei der UNRWA registriert ist, zu den unter Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention und damit unter Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie fallenden Personen gehört.
[48] 47 Gegen die Einbeziehung von infolge der Feindseligkeiten von 1967 Vertriebenen in den Anwendungsbereich von Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention lässt sich, anders als die Regierung des Vereinigten Königreichs vorträgt, nicht einwenden, dass nur diejenigen, die infolge des Konflikts von 1948 geflohen und bei Abschluss der Genfer Konvention in ihrer ursprünglichen Fassung von 1951 den Beistand oder den Schutz der UNRWA in Anspruch genommen hätten, von deren Art. 1 Abschnitt D und damit von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie erfasst seien.
[49] 48 Die Genfer Konvention in ihrer ursprünglichen Fassung von 1951 ist nämlich gerade zu dem Zweck durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 ergänzt worden, eine evolutive Auslegung dieses Abkommens und die Berücksichtigung neuer Kategorien von Flüchtlingen zu ermöglichen, d. h. anderer Personen als derjenigen, die "aufgrund von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind", zu Flüchtlingen geworden sind.
[50] 49 Für die Würdigung, ob eine Person wie Frau Bolbol unter Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie fällt, ist daher dem Ersuchen des vorlegenden Gerichts entsprechend zu prüfen, ob es genügt, festzustellen, dass der Betroffene berechtigt ist, die von der UNRWA geleistete Hilfe in Anspruch zu nehmen, oder ob nachgewiesen sein muss, dass er diese Hilfe tatsächlich in Anspruch genommen hat.
[51] 50 Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention, auf den Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie verweist, beschränkt sich darauf, vom Anwendungsbereich des Abkommens die Personen auszunehmen, die "zurzeit" den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR genießen.
[52] 51 Nach dem klaren Wortlaut von Art. 1 Abschnitt D der Genfer Konvention sind nur diejenigen Personen, die die Hilfe der UNRWA tatsächlich in Anspruch nehmen, von dieser Vorschrift über den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling erfasst, die als Ausschlussklausel eng auszulegen ist und daher nicht auch Personen erfassen kann, die berechtigt sind oder waren, den Schutz oder Beistand dieses Hilfswerks in Anspruch zu nehmen.
[53] 52 Zwar ist die Registrierung bei der UNRWA ein ausreichender Nachweis der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Hilfe, doch ist in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden, dass diese Hilfe auch bei fehlender Registrierung geleistet werden kann; in diesem Fall muss es dem Betroffenen möglich sein, den Nachweis auf andere Weise zu erbringen.
[54] 53 Unter diesen Umständen ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass für die Zwecke der Anwendung von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2004/83 eine Person den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR genießt, wenn sie diesen Schutz oder Beistand tatsächlich in Anspruch nimmt.
[55] 54 Personen, die vor ihrem Antrag auf Anerkennung als Flüchtling den Schutz oder Beistand der UNRWA nicht tatsächlich in Anspruch genommen haben, können diesen Antrag jedenfalls nach Art. 2 Buchst. c der Richtlinie prüfen lassen.
Zur zweiten und zur dritten Frage
[56] 55 Wie in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat Frau Bolbol den Schutz oder Beistand der UNRWA nicht in Anspruch genommen.
[57] 56 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage sind daher die beiden anderen Vorlagefragen nicht zu beantworten.
Kosten
[58] 57 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
* Verfahrenssprache: Ungarisch.