Bundesgerichtshof
a) Bei der Prüfung der Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke (§ 8 Abs. 3 MarkenG) ist zu berücksichtigen, dass aus der Bekanntheit in dieser Farbe gestalteter Produkte nicht notwendig folgt, dass die Produktaufmachung in gleichem Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Ergibt jedoch eine Verkehrsbefragung einen Durchsetzungsgrad von mehr als 50 %, so kann – ebenso wie im Falle einer dreidimensionalen Marke – auf eine markenmäßige Verwendung der konturlosen Farbe durch den Markeninhaber geschlossen werden (Fortführung von BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 – I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Rn. 34 = WRP 2010, 260 – ROCHER-Kugel).
b) Für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Marke, deren Eintragung für einen Oberbegriff von Waren und Dienstleistungen begehrt wird, der eine Vielzahl nach Anwendungszweck und Zielgruppe verschiedenartiger Produktbereiche umfasst, ist erforderlich, dass sich ein hinreichender Durchsetzungsgrad für die einzelnen Waren- und Dienstleistungsuntergruppen ergibt, die der Oberbegriff umfasst.
c) Es stellt einen methodischen Mangel eines demoskopischen Gutachtens über die Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten einfarbigen Farbmarke dar, wenn den Befragten eine Farbkarte vorgelegt wird, auf der die Farbfläche in einer anderen Farbe umrandet ist, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch die Farbkombination das Ergebnis des Gutachtens beeinflusst worden ist.
BGH, Beschluss vom 9. 7. 2015 – I ZB 65/13 – Nivea-Blau; Bundespatentgericht (lexetius.com/2015,2213)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss des 24. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 19. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
[1] Gründe: I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 12. November 2007 die am 30. November 2005 angemeldete abstrakte Farbmarke Nr. 305 71 072 "Blau" (Pantone 280 C) für "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte" (Klasse 3) als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragen.
[2] Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke mit der Begründung beantragt, die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Marke lägen nicht vor. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen.
[3] Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Löschung der Marke angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, GRUR 2014, 185). Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt.
[4] II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass Löschungsgründe gemäß § 50 Abs. 1 und 2 MarkenG vorliegen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
[5] Dem angegriffenen Zeichen fehle von Haus aus die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zudem sei es freihaltebedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Diese Schutzhindernisse seien weder im Eintragungszeitpunkt noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag infolge Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden. Hierzu fehle es bereits an einer markenmäßigen Benutzung der Farbe Blau durch die Markeninhaberin. Der selbständige Markencharakter trete nicht erkennbar hervor. Die blaue Farbe diene nur als dekorativer Hintergrund einer bekannten Wortmarke sowie als Sachhinweis. Dies entspreche auch den Gepflogenheiten auf dem betreffenden Warensektor. Zudem werde das Zeichen in stets wechselnden Anteilen in Verbindung mit der Farbe Weiß verwendet. Die Ergebnisse der von der Markeninhaberin vorgelegten Verkehrsbefragung genügten nicht, um eine Verkehrsdurchsetzung zu belegen, die im Streitfall einen Zuordnungsgrad von mindestens 75 % erfordere.
[6] III. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Bundespatentgericht.
[7] 1. Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass dieses auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfragen beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1995 – I ZB 27/93, BGHZ 130, 187, 191 – Füllkörper; Beschluss vom 16. Juli 2009 – I ZB 53/07, BGHZ 182, 325 Rn. 14 – Legostein; Beschluss vom 10. Juli 2014 – I ZB 18/13, GRUR 2014, 872 Rn. 8 = WRP 2014, 1062 – Gute Laune Drops).
[8] 2. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Das Bundespatentgericht hat bei seiner Prüfung, ob die Marke trotz Vorliegens von Schutzhindernissen registriert worden ist, den Eintragungszeitpunkt zugrunde gelegt. Der Senat hat jedoch nach dem angefochtenen Beschluss des Bundespatentgerichts entschieden, dass für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung der Schutzhindernisse auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2013 – I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143 Rn. 15 = WRP 2013, 1478 – Aus Akten werden Fakten; Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZB 65/12, GRUR 2014, 483 Rn. 21 = WRP 2014, 438 – test). Danach hat das Bundespatentgericht seiner Prüfung zwar nicht den richtigen Zeitpunkt zugrunde gelegt. Dies wirkt sich vorliegend aber nicht aus. Die Beteiligten haben nicht geltend gemacht, dass sich das Verkehrsverständnis im Zeitraum zwischen der Anmeldung (30. November 2005) und der Eintragung (12. November 2007) verändert hat. Dafür ist auch nichts ersichtlich.
[9] 3. Das Bundespatentgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass das angegriffene Zeichen von Haus aus nicht über das für eine Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfügt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
[10] a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 8 = WRP 2012, 337 – Link economy; Beschluss vom 4. April 2012 – I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 7 = WRP 2012, 1396 – Starsat; Beschluss vom 22. November 2012 – I ZB 72/11, GRUR 2013, 731 Rn. 11 = WRP 2013, 909 – Kaleido; Beschluss vom 23. Oktober 2014 – I ZB 61/13, GRUR 2015, 581 Rn. 9 = WRP 2015, 726 – Langenscheidt-Gelb). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 – I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 – Willkommen im Leben; Beschluss vom 24. Juni 2010 – I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 – TOOOR!; BGH, GRUR 2014, 872 Rn. 12 – Gute Laune Drops; GRUR 2015, 581 Rn. 9 – Langenscheidt-Gelb).
[11] Diese Grundsätze finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Farbmarken Anwendung, bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei anderen Markenformen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – C-447/02, Slg. 2004, I-10107 = GRUR Int. 2005, 227 Rn. 78 – Farbe Orange; Urteil vom 19. Juni 2014 – C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 Rn. 46 = WRP 2014, 940 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]). Allerdings ist bei bestimmten Markenkategorien zu beachten, dass sie vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Häufig schließen Verbraucher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung oder aus der Farbe eines Produkts nicht auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen (EuGH, Urteil vom 6. Mai 2003 – C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Rn. 65 – Libertel; Urteil vom 24. Juni 2004 – C-49/02, Slg. 2004, I-6129 = GRUR 2004, 858 Rn. 39 – Heidelberger Bauchemie; EuGH, GRUR Int. 2005, 227 Rn. 78 – Farbe Orange; BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – I ZB 76/08, GRUR 2010, 637 Rn. 12 = WRP 2010, 888 – Farbe gelb; BGH, GRUR 2015, 581 Rn. 10 – Langenscheidt- Gelb). Zudem ist bei abstrakten Farbmarken auch im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der Farben für andere Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; GRUR 2004, 858 Rn. 41 – Heidelberger Bauchemie).
[12] Dementsprechend ist auch bei Zugrundelegung des beschriebenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon auszugehen, dass abstrakten Farbmarken die erforderliche Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Bei solchen Marken ist deshalb regelmäßig zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die gleichwohl die Annahme rechtfertigen, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 66 und 71 – Libertel; GRUR Int. 2005, 227 Rn. 79 – Farbe Orange; BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 13 und 29 – Farbe gelb). Solche Umstände, die für die Unterscheidungskraft einer abstrakten Farbmarke sprechen, können darin bestehen, dass die Zahl der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet ist, sehr gering und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 66 und 71 – Libertel; GRUR Int. 2005, 227 Rn. 79 – Farbe Orange; BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 13 und 29 – Farbe gelb).
[13] b) Das Bundespatentgericht hat seiner Annahme, der angegriffenen Marke habe die originäre Unterscheidungskraft gefehlt, allerdings einen falschen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Die getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen aber das vom Bundespatentgericht gefundene Ergebnis.
[14] aa) Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, originäre Unterscheidungskraft einer abstrakten Farbmarke könne nur angenommen werden, wenn die drei folgenden Voraussetzungen kumulativ vorlägen: (1) Es sei ein sehr spezifischer Markt betroffen, der nur einen überschaubaren Bereich von Waren betreffe. (2) Die Verwendung von Farben in diesem Markt sei entweder überhaupt unüblich oder zumindest die konkrete Farbe äußerst ungewöhnlich.
[15] (3) Der Verkehr sei durch eine entsprechende Branchenübung langfristig an eine Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt. Dem kann nicht zugestimmt werden.
[16] Die Annahme des Bundespatentgerichts, die angeführten Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, steht nicht im Einklang mit dem Erfordernis, die Prüfung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 71 und 76 – Libertel; BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 29 – Farbe gelb). Zudem schließen sich das zweite und dritte Prüfkriterium teilweise aus. Ist die Verwendung von Farben auf dem Markt unüblich, kann der Verkehr nicht durch eine entsprechende Branchenübung langfristig an eine Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt sein.
[17] bb) Die Feststellungen des Bundespatentgerichts tragen jedoch bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs die Annahme, dass die angegriffene Marke originär nicht unterscheidungskräftig ist. Das Bundespatentgericht hat anhand einer Reihe von Verwendungsbeispielen festgestellt, dass viele unterschiedliche Farben auf dem Produktsektor der Haut- und Körperpflegeprodukte zu dekorativen Zwecken verwendet und von verschiedenen Herstellern auch als Sachhinweis eingesetzt werden. Dunkle Blautöne würden etwa als Hinweis auf Produkte der Nachtpflege oder auf die Zielgruppe der Männer bei Haut- und Körperpflegeprodukten verwendet. Darüber hinaus würden Farben zur Unterscheidung gleichartiger Produkte desselben Herstellers nach ihren verschiedenen Anwendungsbereichen oder Geruchsrichtungen und Inhaltsstoffen eingesetzt. Demgegenüber gäbe es nur einzelne Hersteller, die zur Ausgestaltung ihrer Produktverpackungen einen einheitlichen Farbauftritt benutzten.
[18] Der Verkehr sehe den beanspruchten Farbton ohne Verkehrsdurchsetzung nicht als Hinweis auf die Herkunft der Produkte aus einem bestimmten Unternehmen an. Auf der Grundlage dieser Feststellungen, die die Mitglieder des Bundespatentgerichts als Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise treffen konnten, verfügt die Streitmarke nicht über originäre Unterscheidungskraft.
[19] 4. Zu Recht hat das Bundespatentgericht weiter angenommen, dass das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.
[20] a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken unter anderem von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können.
[21] Bei Farbmarken kommt das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit von Farben in diesem Zusammenhang besonders zum Tragen (EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 54 ff. – Libertel; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 524; v. Gamm in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 8 MarkenG Rn. 68). Die Schutzschranke des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfasst Farbmarken, wenn die Farbe sich aus der Natur der einschlägigen Ware ergibt, weil sie Aussagen über konkrete Eigenschaften der Ware bereithält oder wenn die Farbe ausschließlich oder im Wesentlichen sachbezogene Aussagen enthält, weil sie zur Darstellung der Ware oder deren Beschaffenheit verwendet wird (Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 525 f.). Die Anwendung dieser Vorschrift setzt tatsächliche Feststellungen dazu voraus, dass der Verkehr eine Beschreibung bestimmter Eigenschaften gerade der Verwendung der Farbe im Zusammenhang mit der Ware entnimmt oder dies vernünftigerweise zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 19. September 2001 – I ZB 6/99, GRUR 2002, 538, 539 f. = WRP 2002, 452 f. – grün eingefärbte Prozessorengehäuse; v. Gamm in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 8 MarkenG Rn. 68).
[22] b) Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass verschiedene Hersteller dunkle Blautöne, die der von der Markeninhaberin beanspruchten Farbe "Blau (Pantone 280 C)" ähnlich sind, als Hinweis auf Produkte der Nachtpflege oder auf Haut- und Körperpflegeprodukte für Männer verwenden.
[23] Diese Feststellungen tragen die Annahme des Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach entnimmt der Verkehr der Farbe unmittelbar produktbeschreibende Informationen. Deshalb erfordert das Allgemeininteresse, die fragliche Farbe vom Markenschutz freizuhalten, um die Gestaltungsfreiheit für andere Wirtschaftsteilnehmer auf dem betroffenen Warengebiet nicht ungebührlich einzuschränken.
[24] Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe keine diese Annahme rechtfertigenden Feststellungen getroffen. Die Ausführungen des Bundespatentgerichts zum beschreibenden Gehalt der Farbe Blau beziehen sich auch ohne ausdrückliche Bezugnahme nach dem Gesamtzusammenhang der Entscheidung auf die vorangegangenen Feststellungen zur fehlenden originären Unterscheidungskraft, in denen das hier maßgebliche Verkehrsverständnis festgestellt worden ist. Die Eignung zur beschreibenden Aussage konnte das Bundespatentgericht aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung treffen. Verstöße gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze, die im Rechtsbeschwerdeverfahren allein gelten gemacht werden können, hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Mit der Rüge, die Annahme eines beschreibenden Hinweises sei fernliegend, wenn verschiedene Hersteller einen bestimmten Farbton für sehr unterschiedliche Verwendungsformen nutzten, setzt die Rechtsbeschwerde lediglich ihre eigene Sichtweise an die Stelle des vom Bundespatentgericht festgestellten Verkehrsverständnisses.
[25] 5. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, soweit sie sich gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts richtet, die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG seien nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden.
[26] a) Eine Verkehrsdurchsetzung als Herkunftshinweis setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke, also eine markenmäßige Verwendung und damit nicht lediglich eine beschreibende Benutzung voraus. Die Tatsache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen, also auf einer Benutzung, die dazu dient, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend identifizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 2002 – C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Rn. 64 – Philips/Remington; EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 40 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 – I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Rn. 23 = WRP 2008, 1087 – VISAGE; Beschluss vom 23. Oktober 2008 – I ZB 48/07, GRUR 2009, 669 Rn. 18 = WRP 2009, 815 – POST II).
[27] Bei der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung kann davon nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Die angesprochenen Verkehrskreise sind es in vielen Produktbereichen und Dienstleistungssektoren nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf einer Warenverpackung ohne Hinzutreten von graphischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, weil eine Farbe als solche in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, sondern nur als Gestaltungsmittel verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 23 = WRP 2014, 1314 – Gelbe Wörterbücher; GRUR 2015, 581 Rn. 15 – Langenscheidt- Gelb, jeweils mwN). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber in Betracht, wenn der Verkehr aufgrund von Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Warengebiet oder Dienstleistungssektor an die Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 28 – Farbe gelb) oder wenn die Farbe im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie als Produktkennzeichen verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2004 – I ZR 91/02, GRUR 2005, 427, 428 = WRP 2005, 610 – Lila-Schokolade).
[28] Die Beurteilung, ob eine Warengestaltung oder Warenverpackung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2005 – I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 – Russisches Schaumgebäck; Urteil vom 25. Januar 2007 – I ZR 22/04, BGHZ 171, 89 Rn. 23 – Pralinenform I). Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist daher nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt sind und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird.
[29] b) Auch unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält die Annahme des Bundespatentgerichts, die Markeninhaberin habe die Farbe Blau nicht markenmäßig verwendet, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[30] aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, die Markeninhaberin habe den verwendeten Blauton auf ihren Produktverpackungen nicht markenmäßig benutzt. Den Benutzungsnachweisen sei zu entnehmen, dass die Markeninhaberin verschiedene Farben und Blautöne als dekorative Hintergrundfarbe ihrer Produkte verwende. Sie benutze die Farbe Blau nie ohne die Farbe Weiß. Der Verkehr habe deshalb keinen Anlass, den isolierten Blauton als eigenständigen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen aufzufassen. Das vorgelegte demoskopische Gutachten der I. – GmbH aus dem Jahr 2006 belege keine Verkehrsdurchsetzung, weil sich daraus ein Zuordnungsgrad von 54, 85 % ergebe. Dieser liege weit unter dem Wert von 75 %, der für eine Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke der vorliegenden Art zu fordern sei.
[31] bb) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen an den Durchsetzungsgrad gestellt, der für die Annahme einer kraft Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft einer Farbmarke erforderlich ist (dazu unter III 5 b bb (1) und (2)) und dessen Bedeutung für die Annahme einer markenmäßigen Benutzung verkannt (dazu unter III 5 b bb (3) und (4)).
[32] (1) Das Bundespatentgericht ist anhand des I. -Gutachtens von März/April 2006 von einem Kennzeichnungsgrad von 57, 95 % ohne Berücksichtigung der Fehlertoleranz von 3, 1 % ausgegangen. Nach dem Gutachten gaben von insgesamt 2. 000 Befragten 1. 088 Befragte an, die in Rede stehende Farbe Blau sei bei Haut- und Körperpflegeprodukten ein Hinweis auf einen bestimmten Hersteller oder eine Marke und nannten die Marke Nivea oder die Unternehmensbezeichnung Beiersdorf der Markeninhaberin. Weitere 71 Personen sahen in der Farbe einen Hinweis auf eine bestimmte Unternehmung oder Marke, konnten diese aber nicht benennen. Daraus folgt ein Durchsetzungsgrad von 57, 95 % (1. 159: 2. 000 x 100), von dem die Fehlertoleranz von 3, 1 % – anders als vom Bundespatentgericht angenommen – nicht abzusetzen ist (vgl. BGH, GRUR 2014, 483 Rn. 38 – test). Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass das Verkehrsgutachten methodische Mängel aufweist. Es hat jedoch zugunsten der Markeninhaberin unterstellt, dass sich kein niedrigerer Durchsetzungsgrad ergibt, wenn die methodischen Mängel vermieden worden wären. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist deshalb zu unterstellen, dass die Markeninhaberin für den fraglichen blauen Farbton im Produktsektor der Haut- und Körperpflegeprodukte in den allgemeinen Verkehrskreisen einen Durchsetzungsgrad von 57, 95 % erlangt hat.
[33] (2) Diesen Durchsetzungsgrad hat das Bundespatentgericht nicht genügen lassen. Es ist vielmehr davon ausgegangen, für den fraglichen Farbton sei ein Durchsetzungsgrad von mindestens 75 % erforderlich. Damit hat das Bundespatentgericht rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen an die Verkehrsdurchsetzung einer abstrakten Farbmarke gestellt.
[34] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, einen derart hohen Durchsetzungsgrad für die Annahme einer kraft Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft einer abstrakten Farbmarke zu fordern (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 48 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, GRUR 2015, 581 Rn. 42 bis 45 – Langenscheidt-Gelb).
[35] Gesichtspunkte, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Weder der Umstand, dass der konkrete Farbton im fraglichen Warensegment häufig verwendet wird, noch dass er von der Markeninhaberin nicht isoliert benutzt worden ist, rechtfertigt einen höheren Durchsetzungsgrad. Die markenmäßige Verwendung einer abstrakten Farbe erfordert nicht notwendig deren Benutzung in Alleinstellung. Eine Marke kann infolge der Benutzung als Teil einer komplexen Kennzeichnung oder in Verbindung mit anderen Marken Unterscheidungskraft erlangen (EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 – C-353/03, Slg. 2005, I-6135 = GRUR 2005, 763 Rn. 27 und 30 – Nestlé/Mars; Urteil vom 18. April 2013 – C-12/12, GRUR 2013, 722 Rn. 27 = WRP 2013, 761 – Colloseum/Levy Strauss; Urteil vom 18. Juli 2013 – C-252/12, GRUR 2013, 922 Rn. 23 = WRP 2013, 1314 – Specsavers/Asda; BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 38 – VISAGE; BGH, Beschluss vom 2. April 2009 – I ZB 94/06, GRUR 2009, 954 Rn. 19 und 22 = WRP 2009, 1250 – Kinder III; Beschluss vom 10. Juni 2010 – I ZB 39/09, GRUR 2011, 65 Rn. 23 = WRP 2011, 65 – Buchstabe T mit Strich). Eine markenmäßige Verwendung kann allerdings ausscheiden, wenn die Farbe durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hintergrund gedrängt wird (vgl. zu § 14 Abs. 2 MarkenG BGH, Urteil vom 22. September 2005 – I ZR 188/02, BGHZ 164, 139, 145 – Dentale Abformmasse, mwN). Davon kann in Anbetracht des Durchsetzungsgrads von 57, 95 % nicht ausgegangen werden.
[36] Für dieses Ergebnis spricht weiter der Umstand, dass die Markeninhaberin seit über 80 Jahren die Farbe Blau bei der Gestaltung der Dose der "Nivea Creme" verwendet.
[37] (3) Ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zugunsten der Markeninhaberin zu unterstellen, dass der für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung erforderliche Zuordnungsgrad von 57, 95 % nachgewiesen ist, kann die Annahme einer markenmäßigen Verwendung nicht verneint werden.
[38] Der Bundesgerichtshof hat im Fall von dreidimensionalen Marken bei einem 50 % übersteigenden Durchsetzungsgrad eine markenmäßige Benutzung angenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 – I ZB 22/04, GRUR 2008, 510 Rn. 25 = WRP 2008, 791 – Milchschnitte; Beschluss vom 9. Juli 2009 – I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Rn. 34 = WRP 2010, 260 – ROCHER-Kugel).
[39] Diese Grundsätze lassen sich auf abstrakte Farbmarken übertragen. Bei der dreidimensionalen Marke einer Warenform ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntheit eines Produkts in der Gestalt der Marke nicht notwendig bedeutet, dass die Produktaufmachung im gleichen Umfang als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Gleichwohl kann aus dem Umstand, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das dargestellte Produkt einem bestimmten Unternehmen zuordnet, grundsätzlich auf die Bekanntheit der Warenform auch als Herkunftshinweis geschlossen werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 138 Rn. 33 f. – ROCHER-Kugel; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 14 MarkenG Rn. 139; Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 592). Damit ist die Situation bei abstrakten Farbmarken vergleichbar, die der Verkehr häufig nur als Dekor und nicht als Marke auffasst. Da die Vorschriften des Markenrechts nicht zwischen einzelnen Markenkategorien unterscheiden, gelten für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von abstrakten Farbmarken die gleichen Maßstäbe wie für andere Markenkategorien (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 46 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH, GRUR 2015, 581 Rn. 10 – Langenscheidt-Gelb; Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 584). Die Schwierigkeiten, die bei der Ermittlung der Unterscheidungskraft bestimmter Kategorien von Marken – hier: abstrakten Farbmarken – aufgrund ihrer Natur auftreten können, rechtfertigen nicht die Aufstellung strengerer Beurteilungskriterien für die Unterscheidungskraft als bei anderen Markenkategorien (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 Rn. 47 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]).
[40] (4) Mit diesen Grundsätzen ist die Annahme des Bundespatentgerichts unvereinbar, der hier bestehende Zuordnungsgrad von 57, 95 % oder von 54, 85 % der Befragten, von dem das Bundespatentgericht nach Abzug der Fehlertoleranz ausgegangen ist, reiche für den Nachweis des markenmäßigen Gebrauchs der Farbmarke nicht aus. Mit der Festlegung eines höheren Zuordnungsgrads für die Annahme eines markenmäßigen Gebrauchs würde bei einer abstrakten Farbmarke ein strengerer Beurteilungsmaßstab angelegt als bei anderen Markenformen, wie etwa einer dreidimensionalen Marke, für die im Regelfall ein 50 % übersteigender Zuordnungsgrad die Annahme der markenmäßigen Benutzung rechtfertigt. Vielmehr reichte der Zuordnungswert, den das Bundespatentgericht dem Verkehrsgutachten entnommen hat, für die Annahme der markenmäßigen Benutzung der vorliegend angegriffenen abstrakten Farbmarke aus.
[41] 6. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts kann danach nicht aufrechterhalten werden. Sie ist aufzuheben und die Sache ist an das Bundespatentgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG).
[42] Das Bundespatentgericht hat die für die Frage der Markenlöschung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Es hat zugunsten der Markeninhaberin nur unterstellt, dass sich aus dem Verkehrsgutachten der I. -GmbH aus dem Jahr 2006 ein Zuordnungsgrad von 57, 95 % ergibt. Feststellungen hierzu sind nicht erfolgt. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Löschungsentscheidung.
[43] 7. Im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren stellen sich keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union erfordern.
[44] Die Frage, welche Anforderungen an die Erlangung von Unterscheidungskraft durch Benutzung bei abstrakten Farbmarken zu stellen sind, ist durch die Entscheidung "Sparkassen-Rot" des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt (vgl. EuGH, GRUR 2014, 776 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander).
[45] Der Senat hat – wie von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung über die Rechtsbeschwerde angeregt – erwogen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu der ebenfalls in der "Sparkassen-Rot" -Entscheidung behandelten Frage zu richten, welcher Partei im Löschungsverfahren die Feststellungslast obliegt. Der Senat sieht hiervon jedoch deshalb ab, weil beim jetzigen Verfahrensstand nicht feststeht, ob es auf diese Frage überhaupt ankommt. Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren beantragt, ein neues Verkehrsgutachten einzuholen. Erst nach Einholung dieses Verkehrsgutachtens kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Löschungsentscheidung vorliegen. Ist dies der Fall, scheidet eine Löschung der Streitmarke nach § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG aus. Mit dieser Bestimmung hat der deutsche Gesetzgeber von der Möglichkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 MarkenRL Gebrauch gemacht, die Löschung der Marke auszuschließen, wenn die Unterscheidungskraft nach Eintragung erlangt ist. Nur wenn das einzuholende Gutachten keine Verkehrsdurchsetzung der Streitmarke ergeben sollte, erlangt die Frage der Feststellungslast Bedeutung.
[46] IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
[47] 1. Bei der Einholung des von der Markeninhaberin beantragten Verkehrsgutachtens wird das Bundespatentgericht zu prüfen haben, wie die Verkehrsbefragung zuverlässig auf den gesamten Markt der Mittel der Haut- und Körperpflege ausgerichtet werden kann. Der Senat hat Bedenken, dass die Befragten mit einem zu großen Warensektor konfrontiert werden, wenn sie nach Mitteln der Haut- und Körperpflege allgemein befragt werden. Bei der Frage nach diesem breiten Produktsektor können sich in den Antworten spezielle Kenntnisse zu einzelnen Erzeugnissen – etwa eine Bekanntheit der Nivea Creme in der blauen Dose – niederschlagen und auf den gesamten Warenbereich übertragen werden.
[48] Die Rechtsbeschwerdeerwiderung rügt zutreffend, dass das Bundespatentgericht in anderem Zusammenhang bei der Prüfung der originären Unterscheidungskraft zu Unrecht unterstellt hat, der Markt der Haut- und Körperpflegeprodukte erfülle noch das Kriterium eines spezifischen Markts mit einem überschaubaren Warenbereich. Der – auch vom Bundespatentgericht als "weit" bezeichnete – Markt für Haut- und Körperpflegeprodukte umfasst eine Vielzahl von Produktbereichen, die nach Anwendungszweck und Zielgruppe sehr verschiedenartig sind. Bei nur grober Einteilung lassen sich etwa die Segmente Haarpflege, Hautpflege, Zahn- und Mundpflege, Kosmetik, Dusch- und Bademittel, Deodorants, Seifen und Aftershaves unterscheiden. Angesichts dieser Verschiedenartigkeit der Produktbereiche kann nicht davon die Rede sein, dass der Markt der Haut- und Körperpflegeprodukte ein spezifischer Markt mit einem überschaubaren Warenbereich ist. Es handelt sich vielmehr um einen weiten Warenoberbegriff. Die Frage nach einem weiten Warenoberbegriff im Verkehrsgutachten ist nicht ohne weiteres geeignet, die Verkehrsdurchsetzung hinsichtlich sämtlicher von diesem weiten Oberbegriff erfassten Produktuntergruppen zu belegen.
[49] Die Durchsetzung eines Zeichens als Marke im Verkehr muss für diejenigen Waren und Dienstleistungen nachgewiesen sein, für die die Eintragung des Zeichens als Marke begehrt wird. Dabei stehen der Eintragung einer Marke für mit einem weiten Oberbegriff bezeichnete Waren und Dienstleistungen die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG schon entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren und Dienstleistungen vorliegen (BGH, GRUR 2011, 65 Rn. 26 – Buchstabe T mit Strich; Beschluss vom 2. Dezember 2004 – I ZB 8/04, GRUR 2005, 578, 581 = WRP 2005, 889 – LOKMAUS). Die Eintragung eines Oberbegriffs ("Fertigkuchen") aufgrund der Verkehrsdurchsetzung einer Formmarke für eine einzelne Warenkategorie ("Milchcreme-Schnitte") hat der Bundesgerichtshof nur deshalb gestattet, weil es sich nicht um einen weiten Oberbegriff handelte (vgl. BGH, GRUR 2008, 510 Rn. 26 – Milchschnitte). Wird die Eintragung der abstrakten Farbmarke für einen weiten Oberbegriff begehrt, erlangt das Allgemeininteresse an der freien Benutzung von Farben besondere Bedeutung. Die Gewährung des Markenschutzes birgt hier das Risiko einer weitreichenden Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Mitbewerber, die an der Nutzung der für den Markeninhaber geschützten Farbe bei der Produktgestaltung gehindert sein können. Deshalb müssen die gebotenen Feststellungen den Schluss rechtfertigen, dass die Verkehrsdurchsetzung für sämtliche dem beanspruchten Bereich unterfallenden Warenarten erreicht ist.
[50] Für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Marke mit weitem Waren- und Dienstleistungsoberbegriff ist deshalb zu verlangen, dass sich ein hinreichender Durchsetzungsgrad für die einzelnen Waren- und Dienstleistungsuntergruppen ergibt, die der weite Oberbegriff umfasst. Hierbei ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt, die zu einer in vertretbarer Weise generalisierten Untergruppenbildung führt (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn. 679). Bei der Einholung des neuen Verkehrsgutachtens ist mithin darauf zu achten, dass Gegenstand der Befragung nicht der weite Oberbegriff der "Haut- und Körperpflegeprodukte", sondern eine den weiten Oberbegriff sinnvoll differenzierende Anzahl von Produktuntergruppen ist.
[51] 2. Das vorgelegte Verkehrsgutachten leidet weiter unter methodischen Mängeln. Der in dem Gutachten ermittelte Zuordnungsgrad kann nicht ohne weiteres übernommen werden.
[52] Den Befragten ist eine Farbkarte vorgelegt worden, die nicht allein die abstrakte Farbmarke "Blau" zeigt, sondern die über eine schmale weiße Umrandung verfügt. Diese Kombination einer blauen Farbfläche mit einem weißen Rand kann dazu geführt haben, dass Befragte eine nicht allein auf die Farbe "Blau", sondern die Farbkombination "Blau-Weiß" bezogene Herkunftsvorstellung geäußert haben. Die Produktgestaltung der Markeninhaberin weist vielfach eine Kombination dieser beiden Farben auf. Dazu zählt ihr sehr bekanntes Produkt Nivea Creme, das in einer blauen Dose mit weißem Schriftzug angeboten wird. Angesichts dieser Gefahr von Fehlzuordnungen ist der mit einer blauen Farbkarte mit weißer Umrandung festgestellte Zuordnungsgrad nicht hinreichend verlässlich. Bei der Einholung des neuen Gutachtens wird darauf zu achten sein, dass den Befragten eine rein blaue Farbkarte ohne Untergrund oder Umrandung vorgelegt wird.