§ 90 AO. Mitwirkungspflichten der Beteiligten
Abgabenordnung (AO) vom 16. März 1976
L 334 vom 27.12.2019, S. 155).} vom 25. Juni 2021, Bundesgesetzblatt Teil I 2021 Nummer 37 vom 30. Juni 2021 Seite 2083-2098
[1. Januar 2023]
1§ 90. Mitwirkungspflichten der Beteiligten.
(1) [1] Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet. [2] Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, daß sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. [3] Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
(2) [1] Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. [2] Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. 2[3] Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, daß er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falles bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
3(3) [1] Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. [2] Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). [3] Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. [4] Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. 4[5] Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. 5[6] Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
6(4) [1] Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. [2] Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. [3] Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. [4] In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
- Anmerkungen:
- 1. 1. Januar 1977: § 415 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. März 1976, Artt. 10 Nr. 1, 20 Abs. 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006.
- 2. 1. Juli 2021: Artt. 4 Nr. 2, 13 des Ersten Gesetzes vom 25. Juni 2021.
- 3. 24. Dezember 2016: Artt. 1 Nr. 2, 19 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016.
- 4. 1. Januar 2023: Artt. 3 Nr. 5 Buchst. a, 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022.
- 5. 1. Januar 2023: Artt. 3 Nr. 5 Buchst. a, 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022.
- 6. 1. Januar 2023: Artt. 3 Nr. 5 Buchst. b, 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022.
- 7. 1. Januar 2023: Artt. 3 Nr. 5 Buchst. b, 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022.