§ 20h BKAG 1997

Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG) vom 7. Juli 1997
[20. April 2016–25. Mai 2018]
1§ 20h. Besondere Bestimmungen über den Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen.
(1) Das Bundeskriminalamt kann zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen
  • 1. das nichtöffentlich gesprochene Wort einer Person abhören und aufzeichnen,
    • a) die entsprechend § 17 oder § 18 des Bundespolizeigesetzes verantwortlich ist,
    • b) bei der konkrete Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen die begründete Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 begehen wird, oder
    • 2c) die eine Kontakt- und Begleitperson einer Person nach Buchstabe a oder b ist, und3
  • 2. Lichtbilder und Bildaufzeichnungen über diese Person herstellen,
wenn die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(2) [1] Die Maßnahme darf sich nur gegen die in Absatz 1 genannte Person richten und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. [2] In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass
  • 1. sich eine in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a oder b genannte Person dort aufhält und
  • 2. die Maßnahme in der Wohnung dieser Person allein nicht zur Abwehr der Gefahr nach Absatz 1 führen wird.
[3] Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.
(3) [1] Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Antrag des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines Vertreters durch das Gericht angeordnet werden. [2] Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung auch durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seinen Vertreter getroffen werden. [3] In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. [4] Soweit die Anordnung des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines Vertreters nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.
(4) [1] Die Anordnung ergeht schriftlich. [2] In ihr sind anzugeben
  • 1. der Name und die Anschrift der Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich,
  • 2. die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
  • 3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme und
  • 4. die wesentlichen Gründe.
[3] Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen. [4] Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als einen Monat ist zulässig, soweit die in den Absätzen 1 und 5 bezeichneten Voraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortbestehen. [5] Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, so sind die auf Grund der Anordnung ergriffenen Maßnahmen unverzüglich zu beenden.
(5) [1] Die Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet und durchgeführt werden, soweit auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. [2] Das Abhören und Beobachten nach Satz 1 ist unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. [3] Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. [4] Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich dem anordnenden Gericht zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. [5] Sind das Abhören und Beobachten nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf es unter den in Satz 1 genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. [6] Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Maßnahme nach Absatz 1 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. [7] Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. [8] Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. [9] Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. [10] Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.4
Anmerkungen:
1. 20. April 2016: Nr. 3 des Urteils vom 20. April 2016.
2. 20. April 2016: Nr. 1 des Urteils vom 20. April 2016.
3. § 20h Absatz 1 Nummer 1 c des Bundeskriminalamtgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 3083) und in der Fassung späterer Gesetze verstößt gegen Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.
4. § 14 Absatz 1 (ohne Satz 1 Nummer 2), § 20g Absatz 1 bis 3, §§ 20h, 20j, 20k, 20l, § 20m Absatz 1, 3, § 20u Absatz 1, 2 und § 20v Absatz 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 1 bis 4 (ohne Satz 3 Nummer 2), Absatz 6 Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes sind nach Maßgabe der Urteilsgründe mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1, Artikel 13 Absatz 1 und 3 - auch in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz - nicht vereinbar.

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