Art. 29 GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949
[23. August 1969–28. August 1976]
1Artikel 29.
(1) [1] Das Bundesgebiet ist unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges durch Bundesgesetz neu zu gliedern. [2] Die Neugliederung soll Länder schaffen, die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können.
(2) [1] In Gebietsteilen, die bei der Neugliederung der Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert haben, kann binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes durch Volksbegehren eine bestimmte Änderung der über die Landeszugehörigkeit getroffenen Entscheidung gefordert werden. [2] Das Volksbegehren bedarf der Zustimmung eines Zehntels der zu den Landtagen wahlberechtigten Bevölkerung.
(3) [1] Ist ein Volksbegehren nach Absatz 2 zustande gekommen, so ist in dem betreffenden Gebietsteil bis zum 31. März 1975, im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg bis zum 30. Juni 1970 ein Volksentscheid über die Frage durchzuführen, ob die angestrebte Änderung vorgenommen werden oder die bisherige Landeszugehörigkeit bestehen bleiben soll. [2] Stimmt eine Mehrheit, die mindestens ein Viertel der zum Landtag wahlberechtigten Bevölkerung umfaßt, der Änderung zu, so ist die Landeszugehörigkeit des betreffenden Gebietsteiles durch Bundesgesetz innerhalb eines Jahres nach Durchführung des Volksentscheides zu regeln. [3] Wird innerhalb desselben Landes in mehreren Gebietsteilen eine Änderung der Landeszugehörigkeit verlangt, so sind die erforderlichen Regelungen in einem Gesetz zusammenzufassen.
(4) [1] Dem Bundesgesetz ist das Ergebnis des Volksentscheides zugrunde zu legen; es darf von ihm nur abweichen, soweit dies zur Erreichung der Ziele der Neugliederung nach Absatz 1 erforderlich ist. [2] Das Gesetz bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. [3] Sieht das Gesetz die Änderung der Landeszugehörigkeit eines Gebietsteiles vor, die nicht durch Volksentscheid verlangt worden ist, so bedarf es der Annahme durch Volksentscheid in dem gesamten Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll; dies gilt nicht, soweit bei Ausgliederung von Gebietsteilen aus einem bestehenden Land die verbleibenden Gebietsteile als selbständiges Land fortbestehen sollen.
(5) [1] Nach Annahme eines Bundesgesetzes über die Neugliederung des Bundesgebietes außerhalb des Verfahrens nach den Absätzen 2 bis 4 ist in jedem Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, der Teil des Gesetzes, der dieses Gebiet betrifft, zum Volksentscheide zu bringen. [2] Soweit dabei das Gesetz mindestens in einem Gebietsteil abgelehnt wird, ist es erneut bei dem Bundestage einzubringen. [3] Nach erneuter Verabschiedung bedarf es insoweit der Annahme durch Volksentscheid im gesamten Bundesgebiet.
(6) [1] Bei einem Volksentscheide entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen; Absatz 3 bleibt unberührt. [2] Das Verfahren regelt ein Bundesgesetz. [3] Die Neugliederung soll, falls sie als Folge des Beitrittes eines anderen Teiles von Deutschland notwendig wird, innerhalb von zwei Jahren nach dem Beitritt geregelt sein.
(7) Das Verfahren über jede sonstige Änderung des Gebietsbestandes der Länder regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf.
Anmerkungen:
1. 23. August 1969: Artt. I, II des Gesetzes vom 19. August 1969.

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