§ 94 KAGB. Stimmrechtsausübung

Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom 4. Juli 2013
[22. Juli 2013–26. November 2015]
1§ 94. Stimmrechtsausübung; Verordnungsermächtigung.
(1) [1] Die Kapitalverwaltungsgesellschaft bedarf zur Ausübung des Stimmrechts aus den zu einem Sondervermögen gehörenden Aktien keiner schriftlichen Vollmacht der Anleger. [2] § 129 Absatz 3 des Aktiengesetzes ist entsprechend anzuwenden. [3] Die Kapitalverwaltungsgesellschaft soll das Stimmrecht aus Aktien von Gesellschaften, die ihren Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, im Regelfall selbst ausüben. [4] Das Stimmrecht kann für den Einzelfall durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden; dabei sollen ihm Weisungen für die Ausübung erteilt werden. [5] Ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter kann auf Dauer und ohne Weisungen für die Stimmrechtsausübungen bevollmächtigt werden.
(2) [1] Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist hinsichtlich der von ihr verwalteten Sondervermögen kein Tochterunternehmen im Sinne des § 22 Absatz 3 des Wertpapierhandelsgesetzes und des § 2 Absatz 6 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und keine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 135 Absatz 3 Satz 4 des Aktiengesetzes, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • 1. die Kapitalverwaltungsgesellschaft übt ihre Stimmrechte unabhängig vom Mutterunternehmen aus,
  • 2. das Sondervermögen wird nach Maßgabe der Richtlinie 2009/65/EG verwaltet,
  • 3. das Mutterunternehmen teilt der Bundesanstalt den Namen dieser Kapitalverwaltungsgesellschaft und die für deren Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen mit und
  • 4. das Mutterunternehmen erklärt gegenüber der Bundesanstalt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind.
[2] Die Kapitalverwaltungsgesellschaft gilt jedoch dann als Tochterunternehmen, wenn
  • 1. das Mutterunternehmen oder ein anderes vom Mutterunternehmen kontrolliertes Unternehmen im Sinne des § 22 Absatz 3 des Wertpapierhandelsgesetzes seinerseits Anteile an dem von dieser Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen hält und
  • 2. die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Stimmrechte, die mit diesen Beteiligungen verbunden sind, nicht nach freiem Ermessen, sondern nur auf Grund unmittelbarer oder mittelbarer Weisungen ausüben kann, die ihr vom Mutterunternehmen oder von einem anderen im Sinne des § 22 Absatz 3 des Wertpapierhandelsgesetzes kontrollierten Unternehmen des Mutterunternehmens erteilt werden.
[3] Stimmrechte aus Aktien, die zu einem von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Sondervermögen gehören, das kein Spezialsondervermögen ist und dessen Vermögensgegenstände im Miteigentum der Anleger stehen, gelten für die Anwendung des § 21 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes und des § 29 Absatz 2 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes als Stimmrechte der Kapitalverwaltungsgesellschaft; stehen die Vermögensgegenstände dieses Sondervermögens im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft, sind auf die Stimmrechte § 22 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes und § 30 Absatz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes nicht anzuwenden. [4] Für die Mitteilungspflichten nach § 25 des Wertpapierhandelsgesetzes gilt Satz 3 entsprechend.
(3) [1] Für EU-Verwaltungsgesellschaften gilt Absatz 2 Satz 1, 2 und 4 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 entsprechend. [2] Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden, wenn der Anleger regelmäßig keine Weisungen für die Ausübung der Stimmrechte erteilen kann.
(4) [1] Ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, das einer Erlaubnis nach § 20 oder § 113 bedürfte, wenn es seinen Sitz im Inland hätte, ist hinsichtlich des von ihm verwalteten Investmentvermögens kein Tochterunternehmen im Sinne des § 22 Absatz 3 des Wertpapierhandelsgesetzes und des § 2 Absatz 6 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und keine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 135 Absatz 3 Satz 4 des Aktiengesetzes, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
  • 1. das Unternehmen genügt bezüglich seiner Unabhängigkeit Anforderungen, die denen für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 5 Nummer 1 gleichwertig sind,
  • 2. das Mutterunternehmen des Unternehmens gibt eine Mitteilung entsprechend Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 ab und
  • 3. das Mutterunternehmen erklärt gegenüber der Bundesanstalt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind.
[2] Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über
  • 1. Umstände, unter denen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und 2 eine Unabhängigkeit der Kapitalverwaltungsgesellschaft vom Mutterunternehmen gegeben ist und
  • 2. die Gleichwertigkeit von Regeln eines Drittstaates zur Unabhängigkeit von Kapitalverwaltungsgesellschaften vom Mutterunternehmen.
Anmerkungen:
1. 22. Juli 2013: Artt. 1, 28 Abs. 2 des Gesetzes vom 4. Juli 2013.