Europäischer Gerichtshof
1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
2. Radio Telefis Eireann (RTE) und Independent Television Publications Ltd (ITP) tragen jeweils die Kosten des von ihnen eingelegten Rechtsmittels.
3. Die Intellectual Property Owners Inc. (IPO) trägt ihre eigenen Kosten und die durch ihre Streithilfe entstandenen Kosten der Kommission.

EuGH, Urteil vom 6. 4. 1995 – C-241/91 P (lexetius.com/1995,336)

[1] 1. Die Radio Telefis Eireann (RTE), der das Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1991 in der Rechtssache T-69/89 (Slg. 1991, II-485; im folgenden: RTE-Urteil) am selben Tag zugestellt wurde, hat mit Rechtsmittelschrift, die am 19. September 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil mit der Begründung eingelegt, es sei unter Verletzung des Gemeinschaftsrechts erlassen worden.
[2] 2. Die Independent Television Publications Ltd (ITP), der das Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1991 in der Rechtssache T-76/89 (Slg. 1991, II-575; im folgenden: ITP-Urteil) am 12. Juli 1991 zugestellt wurde, hat mit Rechtsmittelschrift, die am 19. September 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil mit der Begründung eingelegt, es sei unter Verletzung des Gemeinschaftsrechts erlassen worden.
[3] 3. Die Intellectual Property Owners Inc. (IPO) hat mit zwei Schriftsätzen, die am 6. Januar 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführerinnen beantragt. Der Gerichtshof hat die IPO durch zwei Beschlüsse vom 25. März 1992 als Streithelferin zugelassen.
[4] 4. Die Rechtssachen C-241/91 P und C-242/91 P sind durch Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. April 1993 zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden worden.
[5] 5. Da die beiden Rechtssachen miteinander in Zusammenhang stehen, sind sie gemäß Artikel 43 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.
[6] 6. Aus den Urteilen des Gerichts ergibt sich, daß die meisten Haushalte in Irland und 30 % bis 40 % der Haushalte in Nordirland die Fernsehsendungen von RTE, ITV und BBC empfangen können.
[7] 7. In der entscheidungserheblichen Zeit gab es in Irland und Nordirland keinen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer. Jede Fernsehanstalt ließ einen Fernsehprogrammführer veröffentlichen, der ausschließlich ihre eigenen Programme enthielt, und widersetzte sich ihrer Wiedergabe durch Dritte unter Berufung auf den urheberrechtlichen Schutz ihrer wöchentlichen Programmvorschauen nach irischem Recht und nach dem Recht des Vereinigten Königreichs.
[8] 8. RTE veröffentlichte ihren wöchentlichen Fernsehprogrammführer selbst, während ITV ihren Fernsehprogrammführer durch die zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft ITP veröffentlichen ließ.
[9] 9. ITP, RTE und BBC praktizierten folgende Politik hinsichtlich der Verbreitung der Programmvorschauen: Sie verteilten die Programme ihrer Sendungen auf Anfrage kostenlos an Tageszeitungen oder Zeitschriften; gleichzeitig erteilten sie dabei eine unentgeltliche Lizenz, in der die Bedingungen festgesetzt waren, unter denen diese Informationen abgedruckt werden durften. Die Presse konnte so unter Beachtung bestimmter, das Format dieser Veröffentlichung betreffender Bedingungen die Programme des jeweiligen Tages sowie am Vorabend von Feiertagen die Programme von zwei Tagen veröffentlichen. Darüber hinaus wurde es gestattet, die "Höhepunkte" der Woche zu veröffentlichen. ITP, RTE und BBC wachten über die strenge Einhaltung der in der Lizenz genannten Bedingungen und gingen gegen Veröffentlichungen, die diese Bedingungen nicht erfüllten, gegebenenfalls gerichtlich vor.
[10] 10. Die Magill TV Guide Ltd (im folgenden: Firma Magill) versuchte, einen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer herauszugeben, wurde daran aber von den Rechtsmittelführerinnen und der BBC gehindert, die einstweilige Anordnungen erwirkten, durch die die Veröffentlichung der wöchentlichen Programmvorschauen untersagt wurde.
[11] 11. Die Firma Magill reichte am 4. April 1986 bei der Kommission eine Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ein, um feststellen zu lassen, daß die Rechtsmittelführerinnen und die BBC ihre beherrschende Stellung mißbrauchten, indem sie es ablehnten, Lizenzen für die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu erteilen. Die Kommission beschloß, das Verfahren einzuleiten, nach dessen Abschluß sie die Entscheidung 89/205/EWG vom 21. Dezember 1988 über ein Verfahren nach Artikel 86 EWG-Vertrag (IV/31. 851 – Magill TV Guide/ITP, BBC und RTE) (ABl. 1989, L 78, S. 43; im folgenden: Entscheidung) erließ, die Gegenstand der Klage vor dem Gericht war.
[12] 12. In dieser Entscheidung stellte die Kommission die Zuwiderhandlung gegen Artikel 86 EWG-Vertrag fest und wies die drei Gesellschaften an, diese Zuwiderhandlung namentlich dadurch abzustellen, daß sie "Dritten auf Anfrage ihre jeweiligen wöchentlichen Programmvorschauen auf nichtdiskriminierender Basis zur Verfügung stellen und die Wiedergabe durch Dritte gestatten". Weiter hieß es dort, wenn die drei Gesellschaften sich dafür entschieden, Lizenzen für die Wiedergabe zu erteilen, so müssten die eventüllen Lizenzgebühren angemessen sein.
[13] 13. Der Präsident des Gerichtshofes hat durch Beschluß vom 11. Mai 1989 in den Rechtssachen 76/89 R, 77/89 R und 91/89 R (RTE u. a./Kommission, Slg. 1989, 1141) auf Antrag der Rechtsmittelführerinnen den "Vollzug von Artikel 2 der Entscheidung … ausgesetzt, soweit diese Bestimmung die Antragstellerinnen verpflichtet, unverzueglich die von der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, indem sie sich gegenseitig und Dritten auf Anfrage und auf einer nichtdiskriminierenden Basis ihre jeweiligen vorausschauenden wöchentlichen Programmlisten zur Verfügung stellen und die Veröffentlichung durch diese gestatten".
[14] 14. In der ersten Instanz haben die beiden Rechtsmittelführerinnen beantragt, die Entscheidung der Kommission für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
[15] 15. Das Gericht hat die Klagen der Rechtsmittelführerinnen abgewiesen und diesen die Kosten auferlegt.
[16] 16. RTE beantragt, 1) das Urteil des Gerichts erster Instanz aufzuheben, 2) die Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 1988 aufzuheben, 3) der Kommission und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
[17] 17. ITP beantragt, 1) das Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1991 in der Rechtssache T-76/89 (ITP/Kommission) aufzuheben und den Rechtsstreit selbst endgültig zu entscheiden, 2) die Entscheidung IV/31. 851 der Kommission vom 21. Dezember 1988 (Magill TV Guide/ITP, BBC und RTE) für nichtig zu erklären und 3) die Kommission und/oder die Streithelferin zur Tragung der Kosten zu verurteilen, die ITP vor dem Gericht entstanden sind, und die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen, die ITP vor dem Gerichtshof entstanden sind.
[18] 18. Die Kommission beantragt, die Rechtsmittel zurückzuweisen, jeder Rechtsmittelführerin die Kosten des sie betreffenden Verfahrens aufzuerlegen und der IPO die Kosten aufzuerlegen, die der Kommission durch ihre Streithilfe entstanden sind.
[19] 19. Hilfsweise spricht sich die Kommission für den Fall, daß der Gerichtshof im Gegensatz zur Kommission der Auffassung sein sollte, daß die Urteile des Gerichts in dem einen oder anderen Punkt aufzuheben seien, dafür aus, daß der Gerichtshof entsprechend dem Urteil vom 9. Juni 1992 in der Rechtssache C-30/91 P (Lestelle/Kommission, Slg. 1992, I-3755) die Urteilsformel der Urteile des Gerichts mit anderer Begründung bestätigen sollte. Die Urteilsformel der Urteile, durch die die Entscheidung bestätigt worden sei, sei nicht zu beanstanden, da das im vorliegenden Fall gerügte Verhalten offensichtlich mißbräuchlich gewesen sei, den Interessen der Verbraucher geschadet habe, den von der Firma Magill angebotenen Fernsehführer für viele Sender vom Markt verdrängt habe, den Handel zwischen Mitgliedstaaten eingeschränkt habe und (zumindest nach der Absicht zweier der drei Klägerinnen) bezweckt habe, diesen Handel einzuschränken.
[20] 20. IPO beantragt, die beiden Urteile des Gerichts und die Entscheidung der Kommission aufzuheben und dieser die Kosten der IPO vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.
[21] 21. RTE stützt ihr Rechtsmittel auf drei Gründe: erstens unrichtige Auslegung des Begriffs des Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 des Vertrages durch das Gericht, zweitens unrichtige Auslegung des Begriffs der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten durch das Gericht und drittens Nichtberücksichtigung der Berner Übereinkunft von 1886 durch das Gericht.
[22] 22. ITP stützt ihr Rechtsmittel ausser auf den ersten von RTE geltend gemachten Grund noch auf zwei weitere Gründe: erstens Verletzung des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 durch das Gericht dadurch, daß es die Befugnis der Kommission bejaht habe, einem Inhaber von Urheberrechten die Verpflichtung zur Erteilung von Zwangslizenzen aufzuerlegen, und zweitens Verletzung des Artikels 190 EWG-Vertrag dadurch, daß das Gericht für Recht erkannt habe, daß die Begründung der Entscheidung die Voraussetzungen der Wahrung der Rechte der Verteidigung erfülle.
[23] 23. IPO hat in den beiden Streithilfeschriftsätzen, die sie eingereicht hat, besonders den gemeinsamen Rechtsmittelgrund von ITP und RTE – unrichtige Auslegung des Begriffs des Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 des Vertrages durch das Gericht – untermauert.
Zum Vorliegen eines Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung
[24] 24. Das Gericht hat hinsichtlich des Vorliegens einer beherrschenden Stellung ausgeführt, daß ITP "aufgrund des Urheberrechts an den Programmvorschauen für die Sender ITV und Channel 4, das ihr von den diese Sender beschickenden Fernsehgesellschaften abgetreten worden war, das ausschließliche Recht hatte, diese Vorschauen zu vervielfältigen und auf den Markt zu bringen. Dies ermöglichte es ihr, sich in der entscheidungserheblichen Zeit das Monopol für die Veröffentlichung dieser wöchentlichen Programmvorschauen in einer auf die Programme von ITV und Channel 4 spezialisierten Zeitschrift, der TV Times, zu sichern. Daraus folgt, daß die Klägerin im fraglichen Zeitraum sowohl auf dem Markt ihrer wöchentlichen Programmvorschauen als auch auf dem Markt der Zeitschriften, in denen diese in Irland und Nordirland veröffentlicht wurden, offensichtlich eine beherrschende Stellung einnahm. Dritte wie die Firma Magill, die eine umfassende Fernsehzeitschrift herausgeben wollten, befanden sich in einer Stellung wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Klägerin, die auf diese Weise die Möglichkeit hatte, sich jeglichem wirksamen Wettbewerb auf dem Markt der Information über ihre wöchentlichen Programme zu widersetzen" (ITP-Urteil, Randnr. 49). Für RTE hat das Gericht in fast gleicher Formulierung die gleiche Feststellung getroffen (RTE-Urteil, Randnr. 63).
[25] 25. Zum Vorliegen eines Mißbrauchs dieser beherrschenden Stellung hat das Gericht die Auffassung vertreten, Artikel 86 sei im Zusammenhang mit dem Urheberrecht an den Programmvorschauen auszulegen. Es hat darauf hingewiesen, daß mangels einer Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften oder einer Vereinheitlichung im Rahmen der Gemeinschaft die Festsetzung der Voraussetzungen und der Modalitäten des Urheberrechtsschutzes Sache der Mitgliedstaaten sei (ITP-Urteil, Randnrn. 50 und 51). Der Zusammenhang zwischen den nationalen Rechtsvorschriften über das geistige Eigentum und den allgemeinen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts sei ausdrücklich in Artikel 36 EWG-Vertrag geregelt, der die Möglichkeit vorsehe, unter den in Artikel 36 Satz 2 aufgeführten Vorbehalten zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums von den Vorschriften über den freien Warenverkehr abzuweichen. Auf diese Weise unterstreiche Artikel 36, daß die Erfordernisse des freien Warenverkehrs und die den Immaterialgüterrechten gebührende Achtung so aufeinander abgestimmt werden müssten, daß die rechtmässige Ausübung dieser Rechte, die allein im Sinne dieses Artikels gerechtfertigt sei, geschützt und jede mißbräuchliche Ausübung, die geeignet sei, den Markt künstlich abzuschotten oder die Wettbewerbsordnung in der Gemeinschaft zu beeinträchtigen, ausgeschlossen sei. Die Ausübung der durch das nationale Recht eingeräumten Immaterialgüterrechte sei daher so weit einzuschränken, wie die genannte Abstimmung es erfordere (ITP-Urteil, Randnr. 52).
[26] 26. Das Gericht hat unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes ausgeführt, aus Artikel 36 des Vertrages folge, daß nur diejenigen Beschränkungen des freien Wettbewerbs, Warenverkehrs oder Dienstleistungsverkehrs gemeinschaftsrechtlich zulässig seien, die sich aus dem Schutz der eigentlichen Substanz des Immaterialgüterrechts ergäben. Es stützt sich namentlich auf das Urteil vom 8. Juni 1971 in der Rechtssache 78/70 (Deutsche Grammophon, Slg. 1971, 487, Randnr. 11), in dem der Gerichtshof entschieden habe, daß Artikel 36 zwar Verbote oder Beschränkungen des freien Wettbewerbs zulasse, die zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt seien, aber solche Beschränkungen der Freiheit des Handels nur erlaube, soweit sie zur Wahrung der Rechte berechtigt seien, die den spezifischen Gegenstand dieses Eigentums ausmachten (ITP-Urteil, Randnr. 54).
[27] 27. Das Gericht hat sodann bemerkt, daß der Schutz des spezifischen Gegenstands des Urheberrechts dessen Inhaber grundsätzlich das Recht verleihe, sich die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung des geschützten Werkes vorzubehalten (ITP-Urteil, Randnr. 55).
[28] 28. Das Gericht hat jedoch die Ansicht vertreten, wenn auch die Ausübung des ausschließlichen Rechts der Vervielfältigung des geschützten Werkes als solche nicht mißbräuchlich sei, so gelte dies doch dann nicht, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergebe, daß mit den Bedingungen und Modalitäten der Ausübung dieses Rechts in Wirklichkeit ein Ziel verfolgt werde, das in offensichtlichem Widerspruch zu den Zwecken des Artikels 86 stehe. In einem solchen Fall entspreche die Ausübung des Urheberrechts nicht mehr der wesentlichen Funktion dieses Rechts im Sinne des Artikels 36 EWG-Vertrag, die darin bestehe, den Schutz der Rechte an dem geistigen Werk und die Vergütung der schöpferischen Tätigkeit unter Beachtung der Zwecke insbesondere des Artikels 86 sicherzustellen. Das Gericht leitet daraus her, daß der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, insbesondere bei so grundlegenden Prinzipien wie denjenigen des freien Warenverkehrs und des freien Wettbewerbs, in diesem Fall bewirke, daß dieses einer den genannten Prinzipien zuwiderlaufenden Inanspruchnahme einer nationalen Vorschrift über das geistige Eigentum vorgehe (ITP-Urteil, Randnr. 56).
[29] 29. Im vorliegenden Fall hätten die Rechtsmittelführerinnen dadurch, daß sie sich die ausschließliche Befugnis zur Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Fernsehprogrammvorschauen vorbehalten hätten, verhindert, daß ein neues Erzeugnis, nämlich eine umfassende Fernsehzeitschrift, die mit ihrer eigenen Zeitschrift in Wettbewerb hätte treten können, auf den Markt komme. Sie hätten ihr Urheberrecht an den Programmvorschauen, die im Rahmen der Sendetätigkeit erstellt worden seien, auf diese Weise ausgeuebt, um sich ein Monopol auf dem abgeleiteten Markt der wöchentlichen Fernsehprogrammführer in Irland und Nordirland zu sichern. Das Gericht hat es im übrigen für bedeutsam gehalten, daß die Rechtsmittelführerinnen die Veröffentlichung ihrer täglichen Programmvorschauen und die Berichterstattung über die Höhepunkte ihrer wöchentlichen Programme in der Presse Irlands und des Vereinigten Königreichs unentgeltlich gestattet hätten.
[30] 30. Es hat deshalb entschieden, daß ein derartiges Verhalten – das darin bestehe, daß die Rechtsmittelführerinnen mit dem alleinigen Ziel, ihre jeweiligen Monopole aufrechtzuerhalten, die Herstellung und den Vertrieb eines neuen Erzeugnisses, nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher bestehe, auf dem abgeleiteten Markt der Fernsehprogrammführer verhinderten und dadurch jeden Wettbewerb auf diesem Markt ausschlössen – offensichtlich über das hinausgehe, was zur Verwirklichung der wesentlichen Funktion des Urheberrechts, wie sie im Gemeinschaftsrecht anerkannt sei, unerläßlich sei. Die Weigerung der Rechtsmittelführerinnen, Dritten die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, sei im vorliegenden Fall willkürlich gewesen, da sie nicht durch die besonderen Erfordernisse der Herausgabe von Fernsehzeitschriften gerechtfertigt gewesen sei. Die Rechtsmittelführerinnen hätten somit die Möglichkeit gehabt, sich den Bedingungen eines Marktes für Fernsehzeitschriften, der dem Wettbewerb offenstehe, anzupassen, um die wirtschaftliche Lebensfähigkeit ihrer Wochenzeitschrift sicherzustellen. Unter diesen Umständen könnten die beanstandeten Handlungen im Gemeinschaftsrecht nicht durch den aus dem Urheberrecht an den Programmvorschauen resultierenden Schutz gedeckt sein (ITP-Urteil, Randnr. 58).
[31] 31. Das Gericht hat aufgrund dieser Erwägungen festgestellt, daß das beanstandete Verhalten, obwohl die Programmvorschauen in der entscheidungserheblichen Zeit durch das Urheberrecht geschützt gewesen seien, wie es in dem für die Ausgestaltung dieses Schutzes weiterhin maßgeblichen nationalen Recht niedergelegt sei, im Rahmen der notwendigen Abstimmung der Immaterialgüterrechte und der im EWG-Vertrag verankerten grundlegenden Prinzipien des freien Warenverkehrs und des freien Wettbewerbs nicht unter diesen Schutz habe fallen können. Denn mit diesem Verhalten seien Ziele verfolgt worden, die zu denen des Artikels 86 in einem offensichtlichen Widerspruch stünden (ITP-Urteil, Randnr. 60).
[32] 32. Das Gericht hat deshalb den Klagegrund der Verletzung des Artikels 86 zurückgewiesen.
[33] 33. RTE macht, unterstützt von IPO, unter Berufung auf das Urteil vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 238/87 (Volvo, Slg. 1988, 6211) geltend, die Ausübung des ausschließlichen Rechts durch einen Inhaber von Urheberrechten, insbesondere seine Weigerung, eine Lizenz zu erteilen, könnten als solche nicht als mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung angesehen werden.
[34] 34. Eines der wesentlichen Vorrechte des Inhabers des Urheberrechts, ohne das dieses Recht bedeutungslos wäre, ist nämlich nach dem Vorbringen von RTE, ITP und IPO das ausschließliche Recht der Vervielfältigung. Dieses Recht, das durch die Vorschriften des Vertrages nicht in Frage gestellt worden sei, ermögliche es seinem Inhaber, durch den ausschließlichen Verkauf der Erzeugnisse, die das geschützte Werk verkörperten, eine Vergütung zu erzielen und sich dem Wettbewerb eines Dritten im Hinblick auf die gleichen Erzeugnisse zu widersetzen.
[35] 35. ITP bestreitet, daß die Ausübung des ausschließlichen Rechts der Vervielfältigung als solche deshalb mißbräuchlich sei, weil sie ein Ziel verfolge, das in offensichtlichem Widerspruch zu den Zwecken des Artikels 86 stehe (ITP-Urteil, Randnr. 56), denn es sei üblich und normal, daß die Inhaber von Urheberrechten ihre Rechte ausübten, um die Konkurrenz einzuschränken, die ihren eigenen Erzeugnissen mit anderen aus dem geschützten Material hergestellten Erzeugnissen – auch auf einem abgeleiteten Markt – gemacht werde. Darin bestehe das Wesen des Urheberrechts.
[36] 36. IPO trägt vor, das Urheberrecht sei seiner Natur nach wettbewerbsfreundlich, und weist darauf hin, daß nur an dem besonderen Ausdruck einer Idee oder eines Konzepts, nicht jedoch an diesem Konzept oder an dieser Idee ausschließliche Eigentumsrechte bestehen könnten.
[37] 37. RTE und IPO führen aus, mangels einer Harmonisierung könne der Anwendungsbereich der verschiedenen nationalen Regelungen auf dem Gebiet des Urheberrechts nur vom Gesetzgeber des jeweiligen Mitgliedstaats bestimmt werden. Die Bestimmung dieses Anwendungsbereichs könne nicht durch eine Durchführungsvorschrift zu Artikel 86 des Vertrages, sondern nur durch besondere Gemeinschaftsvorschriften geändert werden.
[38] 38. RTE trägt weiter vor, aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergebe sich, daß das Recht zum erstmaligen Inverkehrbringen als spezifischer Gegenstand aller Rechte des gewerblichen Eigentums angesehen worden sei.
[39] 39. RTE macht geltend, der Inhaber eines Immaterialgüterrechts brauche entgegen der Ansicht des Gerichts die Weigerung, eine Lizenz zu erteilen, nicht zu begründen. ITP fügt hinzu, diese Auffassung des Gerichts finde keine Stütze in der Rechtsprechung des Gerichtshofes und beeinträchtige die Rechtssicherheit der Inhaber von Urheberrechten durch die Ungenauigkeit der angewandten Kriterien.
[40] 40. RTE und IPO führen aus, die Weigerung des Inhabers des Rechts, eine Lizenz zu erteilen, gehöre zum spezifischen Gegenstand des Ausschließlichkeitsrechts. RTE vertritt die Auffassung, daß diese Weigerung nur unter ganz besonderen Umständen mißbräuchlich sei, und IPO fügt hinzu, daß die Ausübung eines Immaterialgüterrechts gerechtfertigt sei, wenn sie zum spezifischen Gegenstand dieses Rechts gehöre.
[41] 41. IPO und RTE beanstanden die Auffassung des Gerichts und der Kommission in dieser Rechtssache, die darin bestehe, das Urheberrecht auf eine blosse Kombination des Rechts auf die Zuerkennung der Urhebereigenschaft und des Rechts, im Fall der Nutzung eine Vergütung zu erhalten, zu beschränken. IPO steht auf dem Standpunkt, daß diese Auffassung nicht nur zum Recht der verschiedenen Mitgliedstaaten, sondern auch zu der Berner Übereinkunft im Widerspruch stehe und zu einer bedeutenden Verminderung des vom Urheberrecht gewährten Schutzes führe. ITP fügt hinzu, diese Auffassung lasse das ausschließliche Recht der Vervielfältigung unberücksichtigt und trenne den Schutz des immateriellen Rechts von dem des Vermögensrechts, was zur Folge habe, daß die Zessionare des Schöpfers des Werkes – wie die ITP – sich nicht auf ein solches immateriales Recht, das nicht übertragbar sei, stützen und somit das Recht der ausschließlichen Vervielfältigung nicht ausüben könnten.
[42] 42. RTE trägt vor, die Nachfrage seitens der Verbraucher könne die Anwendung des Artikels 86 des Vertrages im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen, und allein der nationale Gesetzgeber könne hier Abhilfe schaffen, wie dies im übrigen im Vereinigten Königreich geschehen sei. ITP fügt hinzu, es sei gang und gäbe, daß der Inhaber eines Urheberrechts sein eigenes, aus dem geschützten Material hergestelltes Erzeugnis verkaufe und es so den Verbrauchern unmöglich mache, es woanders zu erhalten.
[43] 43. Weiterhin besteht nach Meinung der IPO keine Vermutung dahin gehend, daß der Inhaber eines Immaterialgüterrechts eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 86 hat (Urteile vom 18. Februar 1971 in der Rechtssache 40/70, Sirena, Slg. 1971, 69, und in der Rechtssache Deutsche Grammophon, a. a. O.). IPO vertritt, indem sie sich namentlich auf das Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81 (Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461) beruft, den Standpunkt, daß die beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung voraussetze, und beanstandet deshalb, daß das Gericht ohne jede Prüfung der wirtschaftlichen Macht der Rechtsmittelführerinnen auf dem Markt zu dem Ergebnis gekommen sei, diese hätten allein deshalb eine beherrschende Stellung, weil sie Inhaber von Urheberrechten seien.
[44] 44. IPO wirft der Kommission vor, auch sie habe nicht das Kriterium der auf einer wirtschaftlichen Machtstellung beruhenden beherrschenden Stellung angewandt, sondern sei davon ausgegangen, daß die Rechtsmittelführerinnen und die BBC ein faktisches Monopol hätten. So glaube sie, daß ein solches Monopol immer dann auftreten könne, wenn es einen primären Markt und einen sekundären Markt gebe und ein Dritter sich die Erzeugnisse oder die Dienstleistungen des primären Marktes verschaffen wolle, um eine kaufmännische Tätigkeit auf dem sekundären Markt auszuüben. Die Kommission meine, daß eine derartige Absicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit schaffe, die für die beherrschende Stellung kennzeichnend sei.
[45] 45. IPO kritisiert diese Auffassung mit der Begründung, sie knüpfe die wirtschaftliche Abhängigkeit künstlich an die Absicht eines Dritten, der immer die Möglichkeit habe, eine andere wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen. IPO sieht in dem Begriff "faktisches Monopol" eine künstliche Konstruktion der Kommission, mit der diese die Anwendung des Wettbewerbsrechts mit dem Ziel, den spezifischen Gegenstand des Urheberrechts zu ändern, rechtfertigen wolle.
a) Zur beherrschenden Stellung
[46] 46. Was die beherrschende Stellung betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Eigenschaft als Inhaber eines Immaterialgüterrechts allein keine beherrschende Stellung begründen kann.
[47] 47. Die Grundinformationen über den Sendekanal, den Tag, die Uhrzeit und den Titel der Sendungen sind jedoch die notwendige Folge der Programmplanung der Fernsehanstalten, die damit für Unternehmen wie die Firma Magill, die diese Informationen zusammen mit Kommentaren oder Bildern veröffentlichen möchten, die einzige Informationsquelle sind. Zwangsläufig haben RTE und ITP als Rechtsnachfolgerin der ITV zusammen mit der BBC ein faktisches Monopol an den Informationen, die zur Zusammenstellung der Vorschauen der Fernsehprogramme dienen, die von den meisten Haushalten in Irland und von 30 % bis 40 % der Haushalte in Nordirland empfangen werden können. Die Rechtsmittelführerinnen haben damit die Möglichkeit, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Fernsehwochenzeitschriften zu verhindern. Das Gericht hat somit die Beurteilung der Kommission, die zu der Auffassung gekommen war, daß die Rechtsmittelführerinnen eine beherrschende Stellung einnehmen, zu Recht bestätigt (Urteil Michelin/Kommission, a. a. O., Randnr. 30).
b) Zum Mißbrauch
[48] 48. Zum Mißbrauch ist festzustellen, daß die Ausführungen der Rechtsmittelführerinnen und der IPO auf der unrichtigen Annahme beruhen, daß das Verhalten eines Unternehmens mit beherrschender Stellung jeder Beurteilung anhand des Artikels 86 des Vertrages entzogen ist, sobald es Teil der Ausübung eines Rechts ist, das vom nationalen Recht als "Urheberrecht" qualifiziert wird.
[49] 49. Zwar trifft es zu, daß sich die Voraussetzungen und die Modalitäten des Schutzes eines Immaterialgüterrechts mangels einer Rechtsvereinheitlichung oder -angleichung innerhalb der Gemeinschaft nach nationalem Recht bestimmen und daß das ausschließliche Recht der Vervielfältigung zu den Vorrechten des Urhebers gehört, so daß die Verweigerung einer Lizenz als solche keinen Mißbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, selbst wenn sie von einem Unternehmen in beherrschender Stellung ausgehen sollte (Urteil Volvo, a. a. O., Randnrn. 7 und 8).
[50] 50. Die Ausübung des ausschließlichen Rechts durch den Inhaber kann jedoch, wie sich aus demselben Urteil (Randnr. 9) ergibt, unter aussergewöhnlichen Umständen ein mißbräuchliches Verhalten darstellen.
[51] 51. Hier besteht das den Rechtsmittelführerinnen vorgeworfene Verhalten darin, daß sie sich auf das vom nationalen Recht verliehene Urheberrecht berufen, um die Firma Magill – oder jedes andere Unternehmen, das das gleiche Projekt verfolgt – daran zu hindern, wöchentlich Informationen (über Fernsehkanal, Tag, Uhrzeit und Titel der Sendungen) zusammen mit Kommentaren und Bildern zu veröffentlichen, die sie ohne Zutun der Rechtsmittelführerinnen erhalten haben.
[52] 52. Unter den Umständen, auf die das Gericht seine Ansicht, daß dieses Verhalten mißbräuchlich sei, gestützt hat, ist in erster Linie der hervorzuheben, daß es nach den Feststellungen des Gerichts keinen tatsächlichen oder potentiellen Ersatz für einen wöchentlichen Fernsehprogrammführer gab, der Informationen über die Programme der folgenden Woche enthielt. Das Gericht hat insoweit die Feststellung der Kommission bestätigt, daß die in bestimmten Tages- und Sonntagszeitungen veröffentlichten vollständigen Programmvorschauen für einen Zeitraum von 24 Stunden oder von 48 Stunden am Wochenende oder am Vortag von Feiertagen sowie die Fernsehrubriken bestimmter Zeitschriften, die zusätzlich über die Höhepunkte der wöchentlichen Programme berichteten, eine vorherige Information der Fernsehzuschauer über alle wöchentlichen Programme kaum ersetzen könnten. Nur ein wöchentlicher Fernsehprogrammführer, der eine vollständige Information über die Programme der kommenden Woche enthalte, gestatte es den Verbrauchern, im voraus zu entscheiden, welche Sendungen sie ansehen wollten, und gegebenenfalls ihre Freizeitaktivitäten der Woche dementsprechend zu planen. Das Gericht hat ferner festgestellt, daß insoweit eine besondere, ständige und regelmässige potentielle Nachfrage der Verbraucher bestehe (RTE-Urteil, Randnr. 62, ITP-Urteil, Randnr. 48).
[53] 53. Auf diese Weise ließen die Rechtsmittelführerinnen – die zwangsläufig die einzige Quelle für die Grundinformationen über die Programmplanung waren, die das unentbehrliche Ausgangsmaterial für die Herstellung eines wöchentlichen Fernsehprogrammführers bildeten – den Fernsehzuschauern, die sich über die Programmangebote für die kommende Woche informieren wollten, keine andere Möglichkeit, als sich die wöchentlichen Programmführer für jeden Sender zu kaufen und daraus selbst die Angaben zu entnehmen, die sie benötigten, um Vergleiche anzustellen.
[54] 54. Die auf nationale urheberrechtliche Vorschriften gestützte Weigerung der Rechtsmittelführerinnen, die Grundinformationen zur Verfügung zu stellen, hat somit das Auftreten eines neuen Erzeugnisses, nämlich eines umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführers, den sie selbst nicht anboten und nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher bestand, verhindert, was einen Mißbrauch gemäß Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrages darstellt.
[55] 55. Zweitens war diese Weigerung weder durch die Tätigkeit der Ausstrahlung von Fernsehsendungen noch durch die der Herausgabe von Fernsehzeitschriften gerechtfertigt (RTE-Urteil, Randnr. 73, ITP-Urteil, Randnr. 58).
[56] 56. Schließlich und drittens behielten sich die Rechtsmittelführerinnen, wie auch das Gericht festgestellt hat, durch ihr Verhalten einen abgeleiteten Markt – den der wöchentlichen Fernsehprogrammführer – vor, indem sie jeden Wettbewerb auf diesem Markt ausschlossen (Urteil vom 6. März 1974 in den Rechtssachen 6/73 und 7/73, Commercial Solvents/Kommission, Slg. 1974, 223, Randnr. 25), da sie den Zugang zu den Grundinformationen – dem unentbehrlichen Ausgangsmaterial für die Herstellung eines solchen Programmführers – verweigerten.
[57] 57. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände hat das Gericht keinen Rechtsirrtum begangen, als es das Verhalten der Rechtsmittelführerinnen als Mißbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 des Vertrages qualifiziert hat.
[58] 58. Folglich ist der Rechtsmittelgrund, das Gericht habe den Begriff des Mißbrauchs einer beherrschenden Stellung falsch ausgelegt, als nicht stichhaltig zurückzuweisen, ohne daß die Begründung der angefochtenen Urteile, soweit sie auf Artikel 36 des Vertrages gestützt ist, geprüft zu werden braucht.
Zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (zweiter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-241/91 P)
[59] 59. Hinsichtlich der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten hat das Gericht nach einem Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (RTE-Urteil, Randnr. 76) festgestellt (Randnr. 77), daß "das beanstandete Verhalten die Struktur des Wettbewerbs auf dem Markt der Fernsehprogrammführer in Irland und Nordirland verändert und so die potentiellen Handelsströme zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich beeinträchtigt hat".
[60] 60. Das Gericht hat dieses Ergebnis mit den Auswirkungen der Weigerung der Rechtsmittelführerin, Dritten die Veröffentlichung ihrer Programmvorschauen zu gestatten, auf die Struktur des Wettbewerbs im Gebiet von Irland und Nordirland begründet. Die Rechtsmittelführerin habe dadurch jeden potentiellen Wettbewerb auf diesem Markt ausgeschlossen; "dies hatte zur Folge, daß die Abschottung der beiden Märkte … Irland … und Nordirland … aufrechterhalten blieb." Das Gericht hat ausgeführt, daß die spürbare Auswirkung der beanstandeten Politik auf die potentiellen Handelsströme zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich durch den Umstand bewiesen werde, daß eine spezifische Nachfrage nach einer umfassenden Fernsehzeitschrift bestehe, und hinzugefügt: "… das relevante geographische Gebiet, in dem ein einheitlicher Markt für Fernsehdienstleistungen schon verwirklicht ist, stellt in Korrelation dazu einen einheitlichen Markt der Information über die Fernsehprogramme dar, zumal der Handel durch die gemeinsame Sprache sehr erleichtert wird" (Randnr. 77).
[61] 61. RTE macht geltend, das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft habe nicht zum Ziel, rein interne Situationen eines Mitgliedstaats zu regeln, und wendet sich gegen die Behauptung des Gerichts, sie habe tatsächlich "die Abschottung der beiden Märkte, von denen Irland den einen und Nordirland den anderen bildete", aufrechterhalten. Sie habe eine einheitliche Politik der Weitergabe der wöchentlichen Programmvorschauen und der Erteilung von Lizenzen ohne Berücksichtigung des Ortes der Niederlassung der betreffenden Unternehmen betrieben. Sie habe niemals die Ausfuhren und die Einfuhren von Fernsehprogrammführern behindert.
[62] 62. RTE weist ausserdem auf folgende Gegebenheiten hin, die durch die Feststellungen der Kommission und des Gerichts bestätigt würden: a) Ihre Programme könnten ausserhalb Irlands nur in einem Teil Nordirlands empfangen werden, der weniger als 1, 6 % des Fernsehmarktes im Vereinigten Königreich und weniger als 0, 3 % des Gemeinschaftsmarktes ausmache. b) Ihr Signal werde nach den Feststellungen des irischen High Court von 30 % bis 40 % der Bevölkerung Nordirlands empfangen. c) Die Verkaufszahlen für ihre Fernsehprogrammführer im Vereinigten Königreich machten weniger als 5 % der Verkaufszahlen in Irland aus.
[63] 63. Sie fügt hinzu, sie produziere keine Programme und keine Werbung, die für Nordirland bestimmt seien oder dorthin ausgestrahlt würden. Wenn ihre Programme in Nordirland von ungefähr 100 000 Haushalten empfangen werden könnten, so nur infolge eines "Overspill"; sie verkaufe dort 5 000 Exemplare ihres Fernsehprogrammführers.
[64] 64. Diese Gegebenheiten zeigten die geringfügige Bedeutung der Verkäufe der wöchentlichen Programmführer mit ihren Programmen jenseits der Grenzen.
[65] 65. Im übrigen habe aufgrund der von ihr verfolgten neuen Lizenzpolitik folgendes festgestellt werden können: a) Die in Irland getätigten Verkäufe von Radio Times und TV Times, die aus dem Vereinigten Königreich kämen, seien zurückgegangen. b) Die in Nordirland getätigten Verkäufe des RTE-Guide, der aus Irland komme, hätten nicht zugenommen; allgemein habe die Aufnahme ihrer Programmvorschauen in einen umfassenden Programmführer keinen Einfluß auf die Verkäufe eines solchen Programmführers in Nordirland. c) Kein anderer Verlag habe die neue Möglichkeit genutzt, umfassende wöchentliche Fernsehprogrammführer, die auch ihre Programme enthielten, zu veröffentlichen und jenseits der Grenze zu verkaufen.
[66] 66. RTE leitet daraus ab, daß ihre von der Kommission verurteilte Lizenzpolitik keine oder nur unbedeutende Auswirkungen auf den Handel zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich habe. Es sei jedoch Sache der Kommission, zu beweisen, daß der Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt werde (Urteil vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207), was das Gericht aber nicht beachtet habe. RTE stellt fest, daß das Vorbringen der Kommission zu diesem Punkt sich nur auf die Verkäufe in Großbritannien, d. h. auf ITP und auf BBC, beziehe.
[67] 67. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß ein Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes gemäß Artikel 168a des Vertrages und Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofes nur auf Gründe gestützt werden kann, die sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften beziehen und jede Tatsachenwürdigung ausschließen (Urteil vom 2. März 1994 in der Rechtssache C-53/92 P, Hilti/Kommission, Slg. 1994, I-667, Randnr. 10). Das Vorbringen von RTE ist deshalb insoweit zurückzuweisen, als damit die vom Gericht vorgenommene Tatsachenwürdigung in Frage gestellt werden soll.
[68] 68. Die Voraussetzung der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ist jedoch eine Rechtsfrage, die als solche der Nachprüfung durch den Gerichtshof unterliegt.
[69] 69. Die Voraussetzung der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ist nicht erst dann erfüllt, wenn das beanstandete Verhalten den Handel tatsächlich spürbar beeinträchtigt hat. Es genügt der Nachweis, daß dieses Verhalten geeignet ist, eine derartige Wirkung zu entfalten (Urteil Michelin/Kommission, a. a. O., Randnr. 104, und Urteil vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 32).
[70] 70. Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, daß die Klägerin jeden potentiellen Konkurrenten auf dem geographischen Markt, der aus einem Mitgliedstaat und einem Teil eines anderen Mitgliedstaats, nämlich aus Irland und Nordirland, bestehe, ausgeschlossen und dadurch die Struktur des Wettbewerbs auf diesem Markt verändert habe, wodurch die potentiellen Handelsströme zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich beeinträchtigt worden seien. Das Gericht hat daraus zu Recht abgeleitet, daß die Voraussetzung der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten erfüllt war.
[71] 71. Der Rechtsmittelgrund, das Gericht habe den Begriff der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten falsch ausgelegt, ist deshalb zurückzuweisen.
Zur Berner Übereinkunft (dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-241/91 P)
[72] 72. Was die Berner Übereinkunft (im folgenden: Übereinkunft) betrifft, hatte RTE vor dem Gericht ausgeführt, in Artikel 9 Absatz 1 der Übereinkunft sei das ausschließliche Recht der Vervielfältigung niedergelegt, und Artikel 9 Absatz 2 ermächtige die Unterzeichnerstaaten, die Vervielfältigung nur in gewissen Sonderfällen unter der Voraussetzung zu gestatten, daß eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung des Werkes beeinträchtige noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletze. RTE leitete daraus ab, daß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung mit der Übereinkunft unvereinbar sei, da er die normale Auswertung ihres Urheberrechts beeinträchtige und ihre berechtigten Interessen erheblich verletze (RTE-Urteil, Randnr. 100).
[73] 73. In Beantwortung dieses Vorbringens hat das Gericht die Frage der Anwendbarkeit der Übereinkunft geprüft. Es hat zunächst festgestellt, daß die Gemeinschaft nicht Partei der Übereinkunft sei. Nach einem Hinweis auf Artikel 234 EWG-Vertrag und die Rechtsprechung des Gerichtshofes (RTE-Urteil, Randnr. 102) hat das Gericht ausgeführt: "Im vorliegenden Fall, der Irland und das Vereinigte Königreich betrifft, ist Artikel 234 EWG-Vertrag gemäß Artikel 5 der Beitrittsakte auf die Übereinkünfte anwendbar, die … vor dem 1. Januar 1973 … geschlossen wurden." Es hat daraus gefolgert, daß "die Vertragsvorschriften in den innergemeinschaftlichen Beziehungen durch die Berner Übereinkunft, die von Irland und dem Vereinigten Königreich vor dem 1. Januar 1973 ratifiziert wurde, nicht berührt werden können … Das Vorbringen, Artikel 2 der Entscheidung widerspreche Artikel 9 Absatz 1 der Berner Übereinkunft, ist deshalb zurückzuweisen, ohne daß es in materiell-rechtlicher Hinsicht geprüft zu werden brauchte." Zu Artikel 9 Absatz 2 hat das Gericht ausgeführt, "daß dieser durch die Pariser Fassung von 1971 eingefügt wurde, deren Partei das Vereinigte Königreich seit dem 2. Januar 1990 ist und die Irland nicht ratifiziert hat". Das Gericht hat sodann ausgeführt, daß eine Übereinkunft, die nach dem Beitritt ohne Beachtung der Formen des Artikels 236 EWG-Vertrag abgeschlossen worden sei, die Vorschriften des EWG-Vertrags nicht berühren könne (RTE-Urteil, Randnr. 103).
[74] 74. Das Gericht hat deshalb den Rechtsmittelgrund der Verletzung der Berner Übereinkunft zurückgewiesen (RTE-Urteil, Randnr. 104).
[75] 75. RTE macht geltend, Artikel 9 Absatz 2 der Übereinkunft in der Pariser Fassung von 1971 erlaube Eingriffe in das ausschließliche Recht der Vervielfältigung nur im Wege der Gesetzgebung in Sonderfällen, wenn eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung des Werkes beeinträchtige noch die berechtigten Interessen des Urheber unzumutbar verletze.
[76] 76. Die Übereinkunft enthalte keine Definition ihres Schutzobjekts und schließe nur "vermischte Nachrichten, die einfache Zeitungsmitteilungen darstellen", aus (Artikel 2 Absatz 8); diese Ausnahme sei eng auszulegen. Somit sei es Sache des Gesetzgebers und der nationalen Gerichte, den Anwendungsbereich der Übereinkunft auf nationaler Ebene festzulegen.
[77] 77. Die ihr durch die Entscheidung der Kommission auferlegte Verpflichtung sei nicht in einer Gesetzgebung vorgesehen, deren Wortlaut die Umstände und die Voraussetzungen, unter denen die Vervielfältigung erlaubt sei, hinreichend klar angebe. Die Entscheidung selbst könne nicht als "Gesetzgebung" angesehen werden. Die Anwendung des Wettbewerbsrechts erfülle nicht die Voraussetzungen des Artikels 9 Absatz 2. Der Inhaber des Urheberrechts müsse aus einer ausdrücklichen Gesetzgebung entnehmen können, ob er zur Erteilung von Zwangslizenzen verpflichtet werden könne oder nicht. Eine Vorschrift wie Artikel 86 des Vertrages, die lediglich eine allgemeine Verpflichtung vorsehe und von Fall zu Fall konkretisiert und angepasst werden müsse, erfülle nicht die Voraussetzungen des Artikels 9 Absatz 2 der Übereinkunft. Nur Gemeinschaftsvorschriften könnten eine geeignete Rechtsgrundlage darstellen.
[78] 78. RTE vertritt die Auffassung, daß die Übereinkunft zu den bei der Durchführung des Vertrages anzuwendenden Rechtsnormen im Sinne des Artikels 173 EWG-Vertrag gehöre. Sie stützt diese These auf zahlreiche Erklärungen der Kommission, aus denen sich ergebe, daß die Übereinkunft weltweit grosse Zustimmung finde (siehe die Präambel zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über den Beitritt der Mitgliedstaaten zur Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst in der Fassung der Revision von Paris vom 24. Juli 1971 und zum Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961, ABl. 1991, C 24, S. 5). RTE trägt vor, die Kommission sei schon immer der Auffassung gewesen, daß diese Übereinkunft einen Mindestschutz darstelle. Sie verweist auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. 1989, C 91, S. 4, insbesondere Seiten 8 und 10) und auf die Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. 1991, L 122, S. 42). Artikel 1a des Geänderten Vorschlags für einen Beschluß des Rates über den Beitritt der Mitgliedstaaten zur Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst in der Pariser Fassung vom 24. Juli 1971 und zum Internationalen Abkommen von Rom über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961 (ABl. 1992, C 57, S. 13) sei von der Kommission wie folgt formuliert worden: "In Ausübung ihrer Zuständigkeit für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte richtet sich die Gemeinschaft nach den Grundsätzen und Bestimmungen der Berner Übereinkunft …" Der am 29. Januar 1992 verabschiedete Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den rechtlichen Schutz von Datenbanken stelle eine gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung zur Erteilung von Zwangslizenzen dar. RTE stellt fest, daß die Gemeinschaft die Übereinkunft in allen anderen Bereichen als dem des Wettbewerbsrechts einhalte.
[79] 79. RTE vertritt deshalb die Auffassung, obwohl die Gemeinschaft nicht Partei der Übereinkunft sei, müssten ihre Regeln im Rahmen des Gemeinschaftsrechts berücksichtigt werden (Urteile vom 14. Mai 1974 in der Rechtssache 4/73, Nold/Kommission, Slg. 1974, 491, und vom 21. September 1989 in den Rechtssachen 46/87 und 227/88, Höchst/Kommission, Slg. 1989, 2859).
[80] 80. RTE macht geltend, die Kommission könne nicht einerseits die Mitgliedstaaten verpflichten, der Übereinkunft beizutreten und ihr nachzukommen, und andererseits Maßnahmen erlassen, die nicht mit ihr in Einklang stünden.
[81] 81. Sie trägt abschließend vor, die Prüfung der Tragweite der Artikel 234 und 236 sei nur erheblich, wenn feststünde, daß Verpflichtungen, die sich aus der Übereinkunft ergäben, im Widerspruch zu bestimmten Vorschriften des EWG-Vertrags stünden.
[82] 82. IPO teilt diese Auffassung und führt aus, eine Harmonisierung des nationalen Immaterialgüterrechts könne nur durch gesetzgeberische Maßnahmen vorgenommen werden, nämlich durch einen Rechtsakt des Rates, der gemäß dem in Artikel 100a oder in Artikel 235 EWG-Vertrag vorgesehenen Verfahren erlassen werde. Eine auf das Wettbewerbsrecht gestützte Einzelfallentscheidung der Kommission sei kein geeignetes Mittel, um dieses Problem zu lösen.
[83] 83. Zunächst ist mit dem Gericht darauf hinzuweisen, daß die Gemeinschaft nicht Partei der Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst ist.
[84] 84. Weiter ist im Hinblick auf das Vereinigte Königreich und Irland zu bemerken, daß sie zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Gemeinschaft bereits Parteien der Übereinkunft waren und Artikel 234 des Vertrages somit gemäß Artikel 5 der Beitrittsakte auf diese Übereinkunft anwendbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung können jedoch die Bestimmungen eines vor Inkrafttreten des Vertrages oder, je nachdem, vor dem Beitritt eines Mitgliedstaats geschlossenen Übereinkommens in den innergemeinschaftlichen Beziehungen nicht geltend gemacht werden, wenn wie im vorliegenden Fall die Rechte dritter Länder nicht berührt sind (siehe insbesondere Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 286/86, Deserbais, Slg. 1988, 4907, Randnr. 18).
[85] 85. Schließlich ist die Pariser Akte, durch die Artikel 9 Absätze 1 und 2 dieser Übereinkunft, die Vorschrift, auf die sich RTE berufen hat, geändert worden ist, vom Vereinigten Königreich erst nach dessen Beitritt zur Gemeinschaft und von Irland noch nicht ratifiziert worden.
[86] 86. Das Gericht hat somit zu Recht entschieden, daß diese Vorschrift nicht herangezogen werden kann, um die im EWG-Vertrag festgelegten Befugnisse der Gemeinschaft zu begrenzen, da dieser nur nach dem Verfahren des Artikels 236 geändert werden kann.
[87] 87. Der Rechtsmittelgrund der Verletzung der Berner Übereinkunft durch das Gericht ist deshalb als nicht stichhaltig zurückzuweisen.
Zu den der Kommission durch Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnissen (zweiter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-242/91 P)
[88] 88. Mit dem ersten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes macht ITP geltend, das Gericht habe Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 dadurch verletzt, daß es entschieden habe, daß die Kommission aufgrund dieser Vorschrift die Erteilung von Zwangslizenzen an durch das Recht der Mitgliedstaaten gewährten Urheberrechten unter von ihr genehmigten Bedingungen vorschreiben könne. ITP macht unter Berufung auf das Urteil vom 14. September 1982 in der Rechtssache 144/81 (Keurkoop, Slg. 1982, 2853) geltend, allein die Parlamente Irlands und des Vereinigten Königreichs könnten das von ihnen gewährte Urheberrecht aufheben oder ersetzen.
[89] 89. Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wird die Verletzung des Verhältnismässigkeitgrundsatzes gerügt, da das Gericht entschieden habe, daß die Entscheidung der Kommission diesen Grundsatz nicht verletzt habe (ITP-Urteil, Randnrn. 78 bis 81). ITP vertritt die Auffassung, daß das Gericht folgende Erwägungen hätte berücksichtigen müssen: Die Entscheidung habe ihr ausschließliches Recht der Vervielfältigung, aber auch ihr Recht zum ersten Inverkehrbringen beseitigt, das im vorliegenden Fall besonders wichtig sei, da die Nutzungsdauer des Erzeugnisses zehn Tage betrage. Zwischen ihr und den Konkurrenten (mit Ausnahme von BBC und RTE), denen sie Lizenzen zu erteilen verpflichtet worden sei, bestehe keine Gegenseitigkeit. Zahlreiche Konkurrenten, insbesondere die auf nationaler Ebene vertriebenen Zeitungen, erzielten sehr viel höhere Umsätze und Gewinne als sie selbst; sie besässen auch wertvolle Urheberrechte, durch die sie gegen Vervielfältigungen geschützt würden.
[90] 90. Dazu ist zu bemerken, daß die Anwendung des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 der Natur der festgestellten Zuwiderhandlung angepasst sein muß und deshalb sowohl die Anordnung zur Vornahme bestimmter Tätigkeiten oder Leistungen, die unrechtmässig unterblieben sind, als auch das Verbot, bestimmte Tätigkeiten, Praktiken oder Zustände, die dem Vertrag widersprechen, fortzuführen oder fortdauern zu lassen, beinhalten kann (Urteil Commercial Solvents/Kommission, a. a. O., Randnr. 45).
[91] 91. Im vorliegenden Fall konnte die Kommission, nachdem sie festgestellt hatte, daß die Weigerung, Unternehmen wie der Firma Magill die in den Fernsehprogrammvorschauen enthaltenen Grundinformationen zur Verfügung zu stellen, einen Mißbrauch einer beherrschenden Stellung darstellte, aufgrund dieses Artikels zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit ihrer Entscheidung die Rechtsmittelführerinnen verpflichten, die fraglichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Wie das Gericht nämlich zu Recht hervorgehoben hat, stellt die Auferlegung dieser Verpflichtung – die im übrigen mit der Möglichkeit einherging, die Veröffentlichung nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa der Zahlung einer Vergütung, zu gestatten – das einzige Mittel zur Abstellung der Zuwiderhandlung dar.
[92] 92. Das Gericht hat ebenfalls zu Recht aufgrund derselben Tatsachenfeststellungen das Vorliegen eines Verstosses gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz verneint.
[93] 93. Wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat, bedeutet der Verhältnismässigkeitsgrundsatz im Rahmen der Anwendung des Artikels 3, daß die Belastungen, die den Unternehmen auferlegt werden, damit sie eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht abstellen, nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels, der Wiederherstellung der Legalität im Hinblick auf die verletzten Vorschriften, angemessen und erforderlich ist (ITP-Urteil, Randnr. 80).
[94] 94. Das Gericht hat keinen Rechtsirrtum begangen, als es in Randnummer 81 desselben Urteils ausgeführt hat, daß aufgrund der vorgenannten Feststellungen die an die Klägerin gerichtete Anordnung eine angemessene und erforderliche Maßnahme zur Abstellung der Zuwiderhandlung darstelle.
Zur Begründung (dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C-242/91 P)
[95] 95. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht ITP geltend, das Gericht habe Artikel 190 des Vertrages falsch angewandt, als es entschieden habe, daß die Entscheidung ausreichend begründet gewesen sei (ITP-Urteil, Randnrn. 64 und 65), obwohl die Kommission lediglich vorgetragen habe, daß die Ausübung des Urheberrechts ausserhalb des Anwendungsbereichs des spezifischen Gegenstands dieses Rechts liege, und daraus abgeleitet habe, daß die Ausübung des Urheberrechts, die ausschließlich in der Verweigerung einer Lizenz für die Vervielfältigung bestanden habe, als Mißbrauch einer beherrschenden Stellung anzusehen sei.
[96] 96. ITP trägt vor, die entscheidende Frage, ob eine blosse Verweigerung der Lizenzerteilung einen Mißbrauch darstellen könne, sei von der Kommission nur knapp behandelt worden. Es fehle an einer Untersuchung der besonderen Lage der Inhaber von Urheberrechten im Zusammenhang mit der Anwendung des Artikels 86 des Vertrages. Diese Vorgehensweise entspreche nicht den Anforderungen, die im Urteil vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90 (Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469) aufgestellt worden seien. Sie wisse immer noch nicht, was die Kommission mit ihrer Behauptung gemeint habe, die Art und Weise, wie sie ihre Urheberrechte nutze, falle nicht unter den spezifischen Gegenstand des Rechts am geistigen Eigentum.
[97] 97. Daß die Entscheidung unzureichend begründet gewesen sei, sei durch die zahlreichen Gründe belegt, die die Kommission im Verfahren vor dem Gericht vorgebracht habe. Wenn ein solches Handeln der Kommission rechtmässig sein könne, würde Artikel 190 EWG-Vertrag wirkungslos. ITP behauptet, das Gericht habe unabhängig von der Entscheidung seine eigene rechtliche Begründung entwickelt.
[98] 98. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Entscheidungen der Kommission, mit denen eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt, Anordnungen erlassen und finanzielle Sanktionen auferlegt werden können, gemäß Artikel 190 EWG-Vertrag stets mit Gründen zu versehen. Diese Vorschrift verlangt, daß die Kommission die Erwägungen darstellt, die sie zum Erlaß einer Entscheidung geführt haben, damit der Gerichtshof und das Gericht ihre Kontrolle ausüben und die Mitgliedstaaten sowie die betroffenen Staatsangehörigen erkennen können, in welcher Weise sie den Vertrag angewandt hat (Urteil vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache C-137/92 P, Kommission/BASF u. a., Slg. 1994, I-2555, Randnr. 66).
[99] 99. Im übrigen braucht die Kommission nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind (Urteil vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 246/86, Belasco u. a./Kommission, Slg. 1989, 2117, Randnr. 55).
[100] 100. Wie das Gericht namentlich in Randnummer 64 des ITP-Urteils ausgeführt hat, "legte die Kommission hinsichtlich des Begriffs des Mißbrauchs in der Entscheidung deutlich die Gründe für ihre Feststellung dar, daß die Klägerin dadurch, daß sie ihr ausschließliches Recht der Vervielfältigung der Vorschauen als Instrument einer den Zielen des Artikels 86 zuwiderlaufenden Politik benutzt habe, über das hinausgegangen sei, was erforderlich gewesen sei, um den Schutz der Substanz des Urheberrechts selbst sicherzustellen, und daß sie einen Mißbrauch im Sinne des Artikels 86 begangen habe. Deshalb reicht die Darlegung der Gründe in der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus, um es den Beteiligten zu ermöglichen, die hauptsächlichen rechtlichen und tatsächlichen Kriterien kennenzulernen, auf die die Kommission ihre Ergebnisse stützte, und dem Gericht deren Nachprüfung zu ermöglichen. Sie erfüllt deshalb die Voraussetzungen für die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wie er in ständiger Rechtsprechung definiert worden ist."
[101] 101. Aus den Beanstandungen der Rechtsmittelführerin ergibt sich nicht, daß diese Beurteilungen des Gerichts rechtsfehlerhaft wären.
[102] 102. Es ist hinzuzufügen, daß diese Beanstandungen, soweit sie dahin gehen, daß die rechtliche Prüfung der Lage, die die Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommen habe, ungenügend sei, im wesentlichen eine Wiederholung des bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes zurückgewiesenen Vorbringens darstellen, mit dem die Qualifizierung des Verhaltens der Rechtsmittelführerinnen als Mißbrauch einer beherrschenden Stellung bestritten worden ist.
[103] 103. Der Rechtsmittelgrund der Verletzung des Artikels 190 des Vertrages ist somit zurückzuweisen.
[104] 104. Die Rechtsmittel sind somit insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
[105] 105. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind jeder von ihnen die Kosten des von ihr eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die IPO, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführerinnen beigetreten ist, hat gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission, die sich aus der Streithilfe der IPO ergeben, zu tragen.