Bundesgerichtshof
ZPO §§ 116 Satz 1 Nr. 1, 127 Abs. 2, 568 Abs. 2
Zur Frage "greifbarer Gesetzwidrigkeit" der Verweigerung von Prozeßkostenhilfe für den Konkursverwalter wegen zumutbarer Kostenaufbringung durch wirtschaftlich beteiligte Insolvenzgläubiger.

BGH, Beschluss vom 8. 2. 1999 – II ZB 24/98; OLG Celle; LG Lüneburg (lexetius.com/1999,694)

[1] Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Februar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h. c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer beschlossen:
[2] Die (weitere) Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juni 1998 wird als unzulässig verworfen.
[3] Gründe: I. Der Antragsteller begehrt als Konkursverwalter über das Vermögen der Firma A. GmbH (Gemeinschuldnerin) Prozeßkostenhilfe für eine Klage, mit der er die Antragsgegner gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 203.237,60 DM wegen angeblicher gemeinschaftlicher Konkursverschleppung infolge verzögerter Bilanzaufstellung (hilfsweise – hinsichtlich des Antragsgegners zu 1 – auch wegen Firmenfortführung gemäß § 25 HGB), ferner auf Feststellung ihrer Ersatzpflicht für weiteren, sich aus dem Konkurs ergebenden Schaden sowie den Antragsgegner allein auf Zahlung angeblich noch ausstehender Einlagen in Höhe von 100. 000, – DM in Anspruch nehmen will. Das Landgericht hat das Gesuch wegen nicht hinreichender Darlegung der Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO abgelehnt; das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde aus denselben Gründen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der außerordentlichen Beschwerde.
[4] II. Die (weitere) außerordentliche Beschwerde des Antragstellers ist unzulässig. Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte über die Beschwerde im Prozeßkostenhilfeverfahren gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist eine weitere Beschwerdemöglichkeit an den Bundesgerichtshof von Gesetzes wegen nicht eröffnet (§ 568 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ausnahmsweise eine im Gesetz nicht vorgesehene "außerordentliche Beschwerde" zuläßt, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Hierzu müßte die angefochtene Entscheidung "greifbar gesetzwidrig", d. h. mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sein, weil sie jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. Sen. Beschl. v. 16. März 1998 – II ZB 19/97, ZIP 1998, 792 f. m. w. N.). Dafür fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Die Auslegung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO durch die Vorinstanzen, wonach es keine generelle Freistellung des Steuerfiskus von der Kostenaufbringung als wirtschaftlich Beteiligter ergibt, steht im Einklang nicht nur mit zahlreichen Stimmen in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung, sondern insbesondere mit der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Beschl. v. 24. März 1998 – XI ZR 4/98, ZIP 1998, 789 ff. mit eingehender Begründung und umfangreichen Nachweisen; hierzu auch Sen. Beschl. v. 16. November 1998 – II ZB 15/98). Folgerichtig haben die Vorinstanzen daher angenommen, daß ausweislich der vom Antragsteller erstellten Gläubigerliste sowohl der Steuerfiskus als auch weitere – nicht bevorrechtigte – "Großgläubiger" als wirtschaftlich Beteiligte in Betracht kommen, denen eine anteilige Aufbringung der Verfahrenskosten – jeweils in Relation zu der zu erwartenden Quotenverbesserung – zuzumuten sei (vgl. hierzu Sen. Beschl. v. 7. Juli 1997 – II ZB 7/97, ZIP 1997, 1553, 1554).