Monika Haas rechtskräftig verurteilt
BGH, Mitteilung vom 11. 2. 2000 – 10/00 (lexetius.com/2000,4054)
[1] Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Angeklagte durch Urteil vom 16. November 1998 wegen Beihilfe zum Angriff auf den Luftverkehr, zur Geiselnahme, zum erpresserischen Menschenraub und zum versuchten Mord in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
[2] Nach den Feststellungen geriet die Angeklagte etwa in der Mitte der 70er Jahre im Rhein-Main-Gebiet unter den Einfluß extremistischer Kreise, die sich um die "Rote Armee Fraktion (RAF)" gebildet hatten. Ende 1975 hielt sie sich erstmals in einem militärischen Trainingslager der "Popular Front for the Liberation of Palastine (PFLP)" im Südjemen auf. Am 5. September 1977 entführte ein Kommando der RAF den damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, um inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen. In derselben Zeit erklärte sich die PFLP bereit, die RAF durch die Entführung eines deutschen Verkehrsflugzeuges zu unterstützen. Die Aktion sollte in Palma de Mallorca beginnen und in Aden enden. Anfang Oktober 1977 erhielt die Angeklagte in Algier die Waffen für die geplante Flugzeugentführung. Dabei handelte es sich um zwei Pistolen mit dazugehöriger Munition, vier Handgranaten und etwa ein Kilogramm Plastiksprengstoff. Die Waffen brachte die Angeklagte zusammen mit dem PFLP-Angehörigen Said Slim von Algier nach Palma de Mallorca, wo sie an das Entführungskommando weitergegeben wurden. Am 13. Oktober 1977 entführten vier arabische Terroristen, unter ihnen Souhaila Andrawes, die Lufthansa-Maschine "Landshut" auf dem Flug nach Frankfurt am Main. An Bord befanden sich neben den Besatzungsmitgliedern 82 Passagiere, darunter ein drei Jahre altes Kind. Die Entführer gingen in der Folgezeit mit großer Härte vor. Unter anderem erschossen sie am 16. Oktober 1977 während einer Zwischenlandung in Aden den Flugkapitän Schumann. Die Geiseln waren während der Entführung schwersten physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Am 18. Oktober 1977 stürmte schließlich eine Sondereinheit der GSG 9 das mittlerweile in Mogadischu befindliche Flugzeug. Während der Befreiungsaktion, die alle Geiseln überlebten, gaben die Entführer in Tötungsabsicht Schüsse auf zwei Grenzschutzbeamte ab. Drei Terroristen wurden erschossen, nur Suhaila Andrawes überlebte schwerverletzt.
[3] Die Angeklagte hatte die Tat bestritten. Das Oberlandesgericht hat sie jedoch aufgrund der belastenden Angaben des Tatbeteiligten Said Slim für überführt erachtet, die durch zahlreiche andere Beweismittel, darunter auch Informationen von geheimgehaltenen Quellen des Bundeskriminalamts und des Verfassungsschutzes, bestätigt worden sind. Der Bundesgerichtshof ist zum Ergebnis gekommen, daß diese Beweiswürdigung keine Rechtsfehler aufweist. Er hat dabei bekräftigt, daß die Angaben anonymer Quellen nur mit großer Vorsicht und nicht als maßgebliche Urteilsgrundlage, sondern nur zur Bestätigung und Abrundung eines anderweitig gefundenen Beweisergebnisses herangezogen werden dürfen, zumal hier auch bei dem im Libanon im Wege der Rechtshilfe durchgeführten Vernehmungen des Tatbeteiligten Said Slim die Verfahrensbeteiligten nicht anwesend sein und ihr Fragerecht ausüben konnten. Diese rechtlichen Grenzen hat das Oberlandesgericht eingehalten und dabei auch den Anforderungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte genügt. Auch im übrigen hat das Urteil der rechtlichen Nachprüfung standgehalten. Soweit das Oberlandesgericht den Zeugen Boock auf seine Aussage vereidigt hatte, ohne sich mit dem Verteidigungsverbot nach § 60 Nr. 2 StPO wegen möglicher Tatbeteiligung auseinanderzusetzen, beruht hierauf das Urteil nicht. Der Bundesgerichtshof konnte nach Sachlage ausschließen, daß der Zeuge ohne Vereidigung anders ausgesagt oder das Tatgericht seine Aussage anders bewertet hätte.
[4] Der Bundesgerichtshof hat daher die Revision der Angeklagten als unbegründet verworfen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
BGH, Urteil vom 11. 2. 2000 – 3 StR 377/99