Bundesgerichtshof bestätigt Strafbarkeit täuschender Anzeigenofferten

BGH, Mitteilung vom 26. 4. 2001 – 32/01 (lexetius.com/2001,2553)

[1] Das Landgericht Bielefeld hat den – einschlägig vorbestraften – Angeklagten wegen Betruges zu drei Jahren drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat seine Revision verworfen.
[2] Der Angeklagte gründete 1999 mit Sitz in Palma de Mallorca eine Firma, "die sich mit der Veröffentlichung von Geschäfts- Familien- und Todesanzeigen im Internet beschäftigen sollte". Nach dem "Konzept" des Angeklagten wurden auf seine Veranlassung aus insgesamt 240 abonnierten deutschen Tageszeitungen dort veröffentlichte Eintragungen und Anzeigen, insbesondere auch Todesanzeigen, ausgewählt. Im Falle von Todesanzeigen wurde dem dort an erster Stelle genannten Angehörigen der verstorbenen Person nur zwei bis drei Tage nach dem Erscheinen der Anzeige unverlangt ein als "Insertionsofferte" bezeichnetes Schreiben jeweils zusammen mit einem teilweise vorausgefüllten Überweisungsträger zugesandt. Die Schreiben wiesen eine Vielzahl von Merkmalen auf, die bei Rechnungen für bereits erbrachte Leistungen typisch sind. Von Ende April 1999 bis zum 21. September 1999 wurden auf diese Weise mindestens 12. 500 Todesanzeigen betreffende Schreiben verschickt. Wie vom Angeklagten gewollt, hielt der ganz überwiegende Teil der Empfänger die übersandten Schreiben für eine Rechnung über die zuvor in der Tageszeitung erschienene Todesanzeige. Erst bei "genauem Hinsehen" erschloß sich, daß die Schreiben ein Angebot für eine Veröffentlichung der Todesanzeigen im Internet enthielten. Ein Interesse an einer solchen Veröffentlichung bestand – was auf der Hand lag – bei den Empfängern der Schreiben nicht.
[3] In den Fällen, die Gegenstand des Verfahrens sind, überwiesen die angeschriebenen Personen insgesamt 22.596,40 DM. Soweit diese Beträge der Firma des Angeklagten zur Verfügung standen, wurde der Inhalt der entsprechenden Todesanzeigen aus den Tageszeitungen tatsächlich im Internet eingestellt.
[4] Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Landgerichts, das Verhalten des Angeklagten sei als Betrug strafbar, bestätigt. Danach begeht derjenige, der bei unaufgeforderter Versendung von Formularschreiben planmäßig typische Rechnungsmerkmale – insbesondere das Fehlen von Anrede und Grußformel, Hervorhebung einer individuellen Registernummer, Fehlen einer näheren Darstellung der angebotenen Leistung, Aufschlüsselung des zu zahlenden Betrages nach Netto- und Bruttosumme, Hervorhebung einer Zahlungsfrist, Beifügung eines ausgefüllten Überweisungsträgers – einsetzt, die den Gesamteindruck so sehr prägen, daß demgegenüber die – kleingedruckten – Hinweise auf den Angebotscharakter ("Insertionsofferte") völlig in den Hintergrund treten, gegenüber den Adressaten eine vom Betrugstatbestand erfaßte Täuschungshandlung; denn er spiegelt durch diese Gestaltung der Schreiben vor, daß eine Zahlungspflicht besteht. Durch die erfolgte Zahlung erlitten die Empfänger einen Vermögensschaden, da sie lediglich eine für sie unbrauchbare Leistung (Erscheinen der Anzeige im Internet) erhielten.
BGH, Urteil vom 26. 4. 2001 – 4 StR 439/00