Bundesfinanzhof
AO 1977 § 309 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 829 Abs. 3; InsO § 88, § 110, § 114 Abs. 3, § 139, § 140 Abs. 3
Bei der Pfändung künftiger Forderungen entsteht das Pfändungspfandrecht nicht bereits mit der Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner, sondern erst mit der (späteren) Entstehung der Forderung. Das Pfändungspfandrecht als Sicherung i. S. des § 88 InsO ist daher erst dann erlangt, wenn die Forderung entsteht. Liegt dieser Zeitpunkt im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist die Sicherung nicht insolvenzfest; sie wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ipso iure unwirksam.

BFH, Urteil vom 12. 4. 2005 – VII R 7/03; Thüringer FG (lexetius.com/2005,1128)

[1] Gründe: Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 9. November 1998 pfändete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA -) wegen Steuerrückständen der GmbH in Höhe von 52 411,53 DM alle der GmbH gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen gegen die Drittschuldnerin und ließ sich alle Beträge zur Einziehung überweisen. Diese Verfügung wurde der Drittschuldnerin am 11. November 1998 zugestellt. Am 15. Dezember 1998 und am 7. Januar 1999 schrieb die Drittschuldnerin dem Konto der GmbH insgesamt 10 451,91 DM gut.
[2] Am 14. Januar 1999 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das am 1. Februar 1999 auch eröffnet wurde. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bestellt. Er beantragte beim FA die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung sowie die Freigabe des Bankguthabens zur Masse, weil das Pfändungspfandrecht des FA ab Mitte Dezember 1998 gemäß § 88 der Insolvenzordnung (InsO) unwirksam geworden sei. Das FA lehnte den Antrag ab; der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
[3] Die Klage des Klägers vor dem Finanzgericht (FG) führte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1143 wiedergegebenen Gründen zur Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit Wirkung ab 14. Dezember 1998.
[4] Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Es rügt die Verletzung des § 309 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. § 88 InsO. Es ist der Auffassung, der Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung (11. November 1998) sei nach § 309 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 der maßgebliche Zeitpunkt, da die Schuldnerin ab diesem Zeitpunkt über die erst zukünftig entstehenden Forderungen nicht mehr frei habe verfügen können. Ab diesem Zeitpunkt sei das wenn auch erst später entstandene Pfändungspfandrecht auch nicht mehr durch zwischenzeitliche Pfändungen anderer Gläubiger zu beeinträchtigen gewesen. Die Sicherung am Vermögen der Schuldnerin sei daher vor Beginn der Monatsfrist erlangt worden, so dass die Rückschlagsperre des § 88 InsO im Streitfall nicht eingreife.
[5] Die Richtigkeit dieser Auffassung werde durch die Regelung des § 114 Abs. 3 InsO bestätigt. Die Pfändung der künftigen Bezüge aus einem Dienstverhältnis könne, da nach Satz 3 dieser Vorschrift § 88 InsO ausdrücklich unberührt bleibe, niemals bis zum Monat der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirken. Da nach der vom FG vertretenen Auslegung des § 88 InsO das Pfändungspfandrecht immer ab einem Monat vor Verfahrenseröffnung unwirksam wäre, liefen § 114 Abs. 3 Satz 1 und 2 InsO ins Leere. Bei der Erlangung der Sicherung i. S. des § 88 InsO könne es demnach bei der Pfändung künftiger Forderungen aus einem Dienstverhältnis nicht auf den jeweiligen Zeitpunkt der Entstehung der Forderung, sondern nur auf den Zeitpunkt ankommen, ab dem das Pfändungspfandrecht nicht mehr durch zwischenzeitliche anderweitige Verfügungen beeinträchtigt werden könne, mithin auf den Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung (§ 309 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Entsprechendes gelte für die Pfändung künftiger Miet- und Pachtforderungen gemäß § 110 Abs. 1 und 2 InsO.
[6] Der Kläger hält die Auffassung des FG für zutreffend und verweist zur Unterstützung dieser Auffassung auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. März 2003 IX ZR 166/02 (Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 2003, 2171). Die Bezugnahme des FA auf § 114 Abs. 3 InsO verfange nicht. Diese Vorschrift enthalte eine zum Teil über § 88 InsO hinausgehende Regelung, was die Wirksamkeit einer Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. nach diesem Antrag anbelange. Die Regelung des § 110 InsO sei für den Streitfall als Sonderregelung für Miet- und Pachtzinsforderungen unerheblich.
[7] Die Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO -). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das vom FA erworbene Pfändungspfandrecht an den der GmbH gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen gegen die Drittschuldnerin auf Grund der Rückschlagsperre des § 88 InsO nicht insolvenzfest ist.
[8] 1. Nach § 88 InsO wird eine Sicherung, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung an dem zur (späteren) Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt hat, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. Die Vorschrift erklärt durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherungen für unwirksam, wenn sie in einer kritischen Periode vor der Verfahrenseröffnung begründet worden sind. Sie lehnt sich an die so genannte Rückschlagsperre der Vergleichsordnung (VerglO) an (§§ 28, 87, 104 VerglO), lässt aber die Unwirksamkeit schon bei Beginn des Verfahrens und unabhängig von dessen Ausgang eintreten. Die Unwirksamkeit tritt als verfahrensrechtliche Erleichterung ipso iure ein, so dass es einer Insolvenzanfechtung nicht bedarf (vgl. die Begründung zu § 99 des Regierungsentwurfs, der unverändert als § 88 InsO übernommen worden ist, BRDrucks 1/92, S. 137, zitiert nach Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, 1994, S. 399). Die Norm ist Bestandteil des Schutzsystems zur Erhaltung oder Wiederherstellung der insbesondere in der kritischen Phase bereits verminderten oder auch nur durch erlangte Sicherheiten ausgehöhlten Insolvenzmasse und soll einen Schutz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung wie auch eine Chance zur Erhaltung bestehender Sanierungsmöglichkeiten gewährleisten (Braun/Kroth, Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2004, § 88 Rz. 1).
[9] Ein – wie im Streitfall – durch eine Pfändungsverfügung erlangtes Pfändungspfandrecht an einer Forderung, die zu dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners zählt, stellt eine solche durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung dar (Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Bd. I, 3. Aufl. 2002, Vor §§ 803, 804 Rz. 19). Die Monatsfrist wird nach § 139 InsO berechnet. Hiernach beginnt die Schutzfrist mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist (§ 139 Abs. 1 Satz 1 InsO). Nach den Feststellungen des FG ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH am 14. Januar 1999 gestellt worden. Folglich werden von der Rückschlagsperre des § 88 InsO alle Sicherungen erfasst, die ab dem 14. Dezember 1998 erlangt worden sind.
[10] Streitentscheidend ist mithin die Frage, wann das FA das Pfändungspfandrecht an den Forderungen erlangt hat. Eine Sicherung ist dann erlangt, wenn die Vollstreckungsmaßnahme beendet ist. Maßgeblich hierfür sind die für die betreffende Vollstreckungsmaßnahme geltenden Verfahrensvorschriften (vgl. Braun/Kroth, a. a. O., § 88 Rz. 5). Bei der Pfändung einer Forderung durch die Finanzbehörde ist die Pfändung bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt ist (§ 309 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Entsprechendes gilt nach § 829 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) für die Pfändung einer Forderung außerhalb der Verwaltungsvollstreckung. Hiernach entsteht das Pfändungspfandrecht grundsätzlich mit der Zustellung der Verfügung an den Drittschuldner. Dies scheint im Streitfall zunächst dem FA Recht zu geben, da die Pfändungsverfügung der Drittschuldnerin bereits am 11. November 1998, also vor Beginn der Monatsfrist des § 88 InsO zugestellt worden ist. Diese Lösung ließe jedoch außer Acht, dass das FA eine künftige Forderung gepfändet hat, die am Tag der Zustellung der Pfändungsverfügung noch gar nicht entstanden war. Dies lässt zwar die Wirksamkeit des Pfändungsakts unberührt; ein Pfändungspfandrecht kann hieraus aber erst in dem Zeitpunkt wirksam werden, in dem die gepfändete Forderung tatsächlich entstanden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt geht die Pfändung ins Leere (vgl. Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 20. August 1991 VII R 86/90, BFHE 165, 165, BStBl II 1991, 869). Im Streitfall ist das Pfändungspfandrecht am 15. Dezember 1998 bzw. am 7. Januar 1999 entstanden, als die Drittschuldnerin dem Konto der GmbH jeweils Beträge gutgeschrieben hat, wodurch die GmbH Forderungen gegen die Drittschuldnerin aus dem Giroverhältnis erworben hat. An diesen beiden Tagen hat das FA die Sicherung i. S. des § 88 InsO erlangt. Dem Tag der Zustellung der Pfändungsverfügung kommt jedoch insofern noch Bedeutung zu, als Verfügungen des Vollstreckungsschuldners über die künftige Forderung ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger unwirksam sind (vgl. Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 8. Aufl. 2003, § 309 Rz. 27) und das später mit der Entstehung der Forderung erworbene Pfandrecht solchen Pfändungen im Rang vorgeht, bei denen die Zustellung der Pfändungsverfügung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist, denn bei mehrfacher Pfändung eines künftigen Rechts erhalten die Pfandrechte unterschiedlichen Rang nach der Reihenfolge der Pfändungsakte, obwohl die Pfandrechte alle im gleichen Zeitpunkt entstehen (vgl. Brehm in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2004, § 829 Rz. 5). Da die beiden genannten Zeitpunkte (15. Dezember 1998 und 7. Januar 1999) innerhalb der Monatsfrist des § 88 InsO liegen, bewirkt die Rückschlagsperre dieser Vorschrift, dass die jeweils erlangte Sicherung mit der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Februar 1999 ipso iure unwirksam geworden ist. Ab diesem Zeitpunkt (und nicht, wie das FG annimmt, ab 14. Dezember 1999 – gemeint ist 1998 -) berühmt sich das FA des Pfändungspfandrechts zu Unrecht. Folglich war die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA unter Abänderung des vorinstanzlichen Urteils mit Wirkung ab 1. Februar 1999 aufzuheben, damit der Kläger nach Aufhebung der öffentlich-rechtlichen Verstrickung die betroffenen Beträge zur Masse ziehen kann.
[11] 2. Es entspricht der herrschenden Auffassung, dass bei Pfändung künftiger Forderungen die Entstehung des Pfandrechts die Entstehung der Forderung voraussetzt (vgl. Braun/Kroth, a. a. O., § 88 Rz. 5; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2003, 10. 26; Stöber, Forderungspfändung, 11. Aufl. 1996, Rn. 30; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 63. Aufl. 2005, § 829 Rz. 53; Klein/Brockmeyer, a. a. O., § 309 Rz. 27; Brehm in Stein/Jonas, a. a. O., § 829 Rz. 3 f.; Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 309 AO 1977 Rz. 49). Entsteht die Forderung nicht, geht die Pfändung ins Leere (BFH-Urteil in BFHE 165, 165, BStBl II 1991, 869). Eine entsprechende Regelung gilt für die Abtretung künftiger Forderungen; auch sie ist erst mit der Entstehung der Forderung bewirkt (vgl. die Begründung zu § 102 des Regierungsentwurfs = § 91 InsO, BRDrucks 1/92, S. 138 f., zitiert nach Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, 1994, S. 404; Christiansen, Bedingungen und Befristungen im Recht der Insolvenzanfechtung, Zeitschrift für Insolvenzrecht 2003, 353, 360; Häsemeyer, a. a. O., 10. 26).
[12] Mit dieser Auffassung sieht sich der Senat auch in Übereinstimmung mit der zivilgerichtlichen Rechtsprechung. Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Forderungspfändung zwar grundsätzlich zu dem Zeitpunkt vorgenommen ist, in dem der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wird, weil damit ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 829 Abs. 3 ZPO, § 309 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Soweit sich die Pfändung jedoch auf eine künftige Forderung beziehe, werde das Pfandrecht erst mit deren Entstehung begründet, so dass auch anfechtungsrechtlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen sei (BGH-Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, NJW 2004, 1444 = BFH/NV Beilage 2004, 329, m. w. N.). Die Parallele zu der insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit der Pfändung eines künftigen Bankguthabens liegt auf der Hand. Denn die anfechtungsrechtlich entscheidende Gläubigerbenachteiligung kann sich nur und erst dann äußern, wenn die Forderung entstanden ist, über die der Schuldner rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsvollstreckung vorausverfügt hat (vgl. BGH-Urteil in NJW 2003, 2171). Im Anwendungsbereich des § 88 InsO, der ein Vorstadium der insolvenzrechtlichen Anfechtung darstellt, kann nichts anderes gelten. Bei einer Pfändung von künftigen Ansprüchen ist eine Sicherung im Sinne dieser Vorschrift daher erst dann erlangt, wenn die Forderung und damit auch das Pfändungspfandrecht entsteht (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 22. Januar 2003 17 U 69/02, juris Nr. KORE574822003). Aus § 140 Abs. 3 InsO, wonach bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung für die Bestimmung des Zeitpunkts der Vornahme dieser Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht bleibt, kann nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Denn die Pfändung einer künftigen Forderung ist "bedingungslos"; die Entstehung der im Voraus gepfändeten Forderung ist keine geschäftliche Bedingung i. S. der §§ 158 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs und insolvenzrechtlich nicht in gleicher Weise wie die in § 140 Abs. 3 InsO geregelten Fälle schutzwürdig (BGH-Urteil in NJW 2003, 2171).
[13] Demgegenüber greifen die Einwendungen des FA nicht durch. Aus der Erwähnung des § 88 InsO in § 114 Abs. 3 Satz 3 InsO können die vom FA gezogenen Schlüsse nicht gezogen werden. § 114 InsO regelt die Wirksamkeit von Verfügungen (Abtretungen oder Verpfändungen) des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über Forderungen "für die spätere Zeit auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge". Darunter sind nicht zwangsläufig allein künftige Forderungen zu verstehen, sondern auch bereits bestehende Ansprüche, deren Fälligkeit noch nicht eingetreten ist. Denn das Gesetz fasst, wie auch an anderer Stelle (vgl. § 832 ZPO), Ansprüche auf fortlaufende Bezüge als ein Ganzes auf, das nur bezüglich der Erfüllung in einzelne Raten zerfällt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich rechtlich um künftige Fälligkeiten eines schon bestehenden Anspruchs (z. B. durch den Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts betagte Forderungen oder – wie gerade bei Lohn- und Gehaltsforderungen – durch die erst zu leistende Arbeit bedingte Forderungen) oder um künftige Forderungen handelt, sofern nur deren Grundlage eine bereits bestehende einheitliche Rechtsbeziehung ist (Brehm in Stein/Jonas, a. a. O., § 832 Rz. 1). So erfasst das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, auch die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge (§ 832 ZPO, § 313 Abs. 1 AO 1977), und wie gesagt unabhängig davon, ob es sich bei der betreffenden Forderung je nach ihrer rechtlichen Konstruktion im Einzelfall um eine betagte, bedingte oder um eine "nur künftige" Forderung handelt. Entsprechend verhält es sich im Rahmen des § 114 InsO. Es macht daher wegen der bereits erörterten Regelung des § 140 Abs. 3 InsO, wonach bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins für die Beurteilung der Vornahme der Handlung und damit ihrer rechtlichen Wirksamkeit außer Betracht bleibt, und angesichts der Vielfältigkeit der möglichen Fallgestaltungen durchaus Sinn, dass der Gesetzgeber in § 114 Abs. 3 InsO differenzierte Regelungen hinsichtlich der Wirksamkeit von vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffenen Pfändungsmaßnahmen über "die Bezüge für die spätere Zeit" getroffen und dabei auch ausdrücklich angeordnet hat, dass § 88 InsO unberührt bleibt.
[14] Ähnliches gilt für den vom FA ebenfalls angesprochenen § 110 InsO, der eine Spezialregelung für Verfügungen des Schuldners als Vermieter oder Verpächter über "die Miet- oder Pachtforderung für die spätere Zeit" vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens enthält. Auch aus dieser Vorschrift lassen sich die vom FA gewünschten Schlussfolgerungen für die Auslegung des § 88 InsO nicht ziehen.