Bundesarbeitsgericht
Baugewerbe – Tiefbauarbeiten – Beweiserhebung
BAG, Urteil vom 23. 2. 2005 – 10 AZR 413/04 (lexetius.com/2005,948)
[1] 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 8. Januar 2004 – 16 Sa 2052/03 – aufgehoben.
[2] 2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[3] Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2002 tariflich vorgesehene Auskünfte erteilen und für den Fall der nicht rechtzeitigen Erteilung Entschädigung leisten muss.
[4] Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im Folgenden: ZVK) und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach Maßgabe des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
[5] Der Beklagte hat ein Gewerbe angemeldet, wonach er Bagger- und Erdarbeiten durchführt. Er besitzt einen Lastkraftwagen und einen Bagger. Im Jahr 2002 hat der Beklagte einen Arbeitnehmer vom 1. März bis Ende Dezember beschäftigt.
[6] Das Arbeitsamt Stralsund hat in einem Prüfbericht aus dem Jahre 1998 festgestellt, dass zu 100 % Kabelleitungstiefbauarbeiten durchgeführt worden seien.
[7] Die ZVK hat behauptet, der einzige Arbeitnehmer habe im Kalenderjahr 2002 zu mehr als 50 % seiner persönlichen Arbeitszeit, dh. auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs-/Baggerarbeiten) durchgeführt, nämlich Lösen, Fördern, Einbauen und Planieren von Bodenmassen einschließlich der Entwässerung des Erdkörpers und des Untergrundes [Drainage], Ausschacht- und Aushubarbeiten von Baugruben, Schächten und Gräben einschließlich des Abtransports des angefallenen Erdreiches mittels eines Lastkraftwagens, Verlegen von Drainagerohren, Verfüllen und Verdichten der Schächte, Gruben und Gräben sowie anschließende Wiederherstellung der Erdoberfläche.
[8] Zum Beweis hat sie sich auf die Vernehmung des Arbeitnehmers S berufen. Dieser habe 39 Stunden pro Woche gearbeitet.
[9] Die ZVK hat zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
[10] 1. ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Oktober bis Dezember 2002 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
[11] 2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb eine Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an sie eine Entschädigung in Höhe von 675,00 Euro zu zahlen.
[12] Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, er unterhalte ein Fuhrunternehmen. Die bis 1996 ausgeführten Lichtleitungsgrabenarbeiten würden nicht mehr durchgeführt. Er führe auch Baumfällarbeiten aus und habe zwar noch einen Bagger, benutze ihn aber zu weniger als 10 % der betrieblichen Arbeitszeit. Auch er hat sich zum Beweis auf die Vernehmung des Arbeitnehmers S bezogen.
[13] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der ZVK zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die ZVK ihre Klageanträge weiter, während der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[14] Der Beschluss, mit dem die Revision zugelassen worden ist, ist dem Prozessbevollmächtigten der ZVK am 1. Juni 2004 zugestellt worden. Innerhalb der Revisionsfrist ist keine Revision eingegangen. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2004, eingegangen beim Bundesarbeitsgericht am 30. Juli 2004, hat die ZVK eine Revisionsbegründungsschrift eingereicht. Am 11. August 2004 ist der Prozessbevollmächtigte der ZVK darauf hingewiesen worden, dass keine Revisionsschrift innerhalb der Revisionsfrist eingegangen ist. Am 13. August 2004 hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und vorsorglich nochmals Revision gegen das angegriffene Urteil eingelegt. Dieser Antrag wird damit begründet, dass die Revisionseinlegungsschrift am 28. Juni 2004 gefertigt und am selben Nachmittag ordnungsgemäß frankiert beim Postamt in N, dem Wohnort des Prozessbevollmächtigten der ZVK, in den Briefkasten eingelegt worden sei. Dieser sei an diesem Tag von einer auswärtigen Besprechung direkt nach Hause gefahren und habe den frühzeitig gefertigten Schriftsatz deshalb an seinem Wohnort unmittelbar mit der Post übersandt. Das Faxgerät in seinem häuslichen Büro sei damals nicht nutzbar gewesen. Da genügend Zeit bis zum Ablauf der Frist zur Beförderung per Post verblieben sei, habe er auch eine Übersendung per Fax für nicht erforderlich gehalten. Aus unbekannten Gründen sei der Brief nicht angekommen oder verloren gegangen. Dies habe er erst durch den Hinweis des Vorsitzenden des Senats erfahren. Die Richtigkeit dieser Angaben hat der Prozessbevollmächtigte der ZVK anwaltlich versichert.
[15] Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.
[16] I. Die Revision ist zulässig.
[17] 1. Der ZVK war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionseinlegungsfrist zu gewähren. Diese ist rechtzeitig iSv. § 234 Abs. 1 ZPO beantragt worden. Die zweiwöchige Antragsfrist hat mit der Zustellung des Hinweises des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2004 am 11. August 2004 zu laufen begonnen. Sie ist mit dem am 13. August 2004 eingegangenen Wiedereinsetzungsantrag gewahrt.
[18] 2. Der Antrag ist begründet. Der Prozessbevollmächtigte der ZVK war ohne sein Verschulden an der Fristeinhaltung verhindert (§ 233 iVm. § 85 Abs. 2 ZPO). Er hat glaubhaft gemacht, den Revisionseinlegungsschriftsatz so rechtzeitig zur Post gegeben zu haben, dass er bei normaler Postlaufzeit vor Fristablauf eingegangen wäre. Der Verlust des Briefes auf dem Postweg ist unverschuldet. Der Prozessbevollmächtigte der ZVK war auch nicht gehalten, sich bei Gericht nach dem rechtzeitigen Eingang der Rechtsmittelschrift zu erkundigen (BAG 5. Mai 1995 – 4 AZR 258/95 – AP ZPO 1977 § 233 Nr. 38 = EzA ZPO § 233 Nr. 30). Da die versäumte Prozesshandlung mit dem ordnungsgemäß begründeten Antrag nachgeholt worden ist (§ 236 Abs. 2 ZPO) ist Wiedereinsetzung zu gewähren und die ZVK so zu stellen, als hätte sie rechtzeitig Revision eingelegt.
[19] II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
[20] 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Vorbringen der ZVK sei unsubstantiiert, so dass kein Anspruch auf Auskunftserteilung bestehe. Zwar habe die ZVK zunächst schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte bauliche Tätigkeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV ausgeführt habe, jedoch sei dieser dem konkret entgegengetreten durch den Vortrag, in den Jahren 2001 und 2002 Baggerarbeiten zu weniger als 10 % der Arbeitszeit sowohl des einzigen Arbeitnehmers, als auch seiner eigenen, des Beklagten, Arbeitszeit ausgeführt zu haben. Mit diesem Vortrag habe sich die ZVK nicht substantiiert auseinandergesetzt, sondern auf ihrer Behauptung beharrt, ohne einen konkreten Bezug zur betrieblichen Realität des Beklagten herzustellen. Darüber hinaus sei die Behauptung, im Klagezeitraum hätten die Tiefbauarbeiten überwogen, erkennbar ohne greifbare Anhaltspunkte ins Blaue hinein aufgestellt oder jedenfalls aufrechterhalten worden. Die ZVK habe zwar auf Grund der Gewerbeanmeldung und des Prüfberichts des Arbeitsamtes und eines vorprozessualen Schreibens des Beklagten vom 5. August 2002, wonach Baggerarbeiten ausgeführt worden seien, Anhaltspunkte dafür angegeben, dass der Beklagte überhaupt gewisse Tiefbauarbeiten ausgeführt habe. Sie habe aber keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass dies im Klagezeitraum zu mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit geschehen sei.
[21] 2. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.
[22] a) Der Anspruch kann begründet sein aus § 21 des für allgemeinverbindlich erklärten VTV vom 20. Dezember 1999, in dessen betrieblichen Geltungsbereich der Betrieb des Beklagten fallen kann.
[23] aa) Hierzu heißt es in § 1 Abs. 2 VTV: "Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen. … Abschnitt V. Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden: … 10. Erdbewegungsarbeiten (Wegebau-, Meliorations-, Landgewinnungs-, Deichbauarbeiten, Wildbach- und Lawinenverbau, Sportanlagenbau sowie Errichtung von Schallschutzwällen und Seitenbefestigungen an Verkehrswegen); … 25. Rohrleitungsbau-, Rohrleitungstiefbau-, Kabelleitungstiefbauarbeiten und Bodendurchpressungen; … 36. Tiefbauarbeiten;"
[24] bb) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommt, ob im Anspruchszeitraum im Betrieb des Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, wobei auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers des Beklagten und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien, wie zB die Eintragung in das Handelsregister oder eine Handwerksrolle mit einem bestimmten Inhalt abzustellen ist (st. Rspr. vgl. BAG 16. Mai 2001 – 10 AZR 438/00 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Dachdecker Nr. 7 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 106). Nach § 1 Abs. 2 Abschn. VI VTV werden Betriebe als Ganzes vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst, wenn in ihnen arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen. Betriebe, in denen überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des Abschn. V genannten Tätigkeiten ausgeführt werden, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (BAG 18. Januar 1984 – 4 AZR 41/83 – BAGE 45, 11). Den baugewerblichen Tätigkeiten ebenfalls zuzuordnen sind diejenigen Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (BAG 25. Februar 1987 – 4 AZR 240/86 – BAGE 55, 78). Werden nicht für das gesamte Kalenderjahr Auskünfte oder Beiträge begehrt und war der Betrieb im gesamten Kalenderjahr tätig, ist grundsätzlich dieser Zeitraum der Beurteilung zugrunde zu legen (st. Rspr. BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 483/00 – BAGE 98, 250).
[25] Allerdings können nur solche Zeiträume tarifrechtlich relevant sein, in denen auch Arbeitnehmer beschäftigt werden, andernfalls ist nämlich der "Arbeitgeber" auch nicht zu Leistungen bezogen auf beschäftigte Arbeitnehmer verpflichtet. Die Tarifvertragsparteien knüpfen bei der Normierung der tariflichen Rechte und Pflichten im VTV stets an die Arbeitgebereigenschaft an. Es kommt daher auf die Arbeitszeit der Arbeitnehmer an. Die Tätigkeit des Betriebsinhabers oder des gesetzlichen Vertreters des Arbeitgebers spielt für die tarifrechtliche Einordnung des Betriebes zunächst keine Rolle (BAG 24. August 1994 – 10 AZR 980/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 181 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 75). Erst wenn sich ausnahmsweise keine tarifliche Zuordnung eines Mischbetriebes auf Grund der überwiegenden Arbeitszeit der Arbeitnehmer vornehmen lässt, kann etwas anderes gelten. Daher ist ein Vortrag über die betriebliche Tätigkeit schlüssig, wenn er sich auf die Zeiträume eines Kalenderjahres beschränkt, in denen Arbeitnehmer beschäftigt waren.
[26] Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Betrieb des beklagten Arbeitgebers überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet wurden, obliegt der ZVK (BAG 28. März 1990 – 4 AZR 615/89 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 130).
[27] b) Nach diesen Grundsätzen ist der Vortrag der ZVK entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts substantiiert, schlüssig und einer Beweisaufnahme zugänglich.
[28] aa) Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs dann schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die ZVK muss damit die Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, der Betrieb werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 VTV zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen.
[29] bb) Die ZVK hat vorgetragen, dass im Betrieb des Beklagten im Jahre 2002 seit dem 1. März durch den einzigen Arbeitnehmer S, bis zum Ende des Jahres zu mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit die näher beschriebenen Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs- und Baggerarbeiten wie Lösen, Fördern, Einbauen und Planieren von Bodenmassen einschließlich der Entwässerung des Erdkörpers und des Untergrundes, Ausschacht- und Aushubarbeiten von Baugruben, Schächten und Gräben einschließlich des Abtransports des angefallenen Erdreichs mittels eines Lastkraftwagens, Verlegen von Drainagerohren, Verfüllen und Verdichten der Schächte, Gruben und Gräben sowie anschließende Wiederherstellung der Erdoberfläche) ausgeführt worden seien. Diese lassen sich unter das Tätigkeitsbeispiel des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV subsumieren.
[30] Der Senat hat im Urteil vom 28. April 2004 (- 10 AZR 370/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 264, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) eingehend begründet, welche Anforderungen an die wechselseitige Darlegungs- und Beweislast zu stellen sind. Danach ist nicht erforderlich, dass die ZVK jede Einzelheit der im Kalenderjahr als geleistet behaupteten Tätigkeiten vorträgt. Auch das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die ZVK grundsätzlich das Recht habe, auch von ihr nur vermutete Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Dabei hat es angenommen, der Vortrag der ZVK, im Betrieb seien die näher bezeichneten Tiefbauarbeiten durchgeführt worden, sei zunächst noch schlüssig gewesen. Allerdings sei durch den Vortrag des Beklagten, in den Jahren 2001 und 2002 seien ganz überwiegend nur noch Transportdienstleistungen und Baumarbeiten ausgeführt worden, der Vortrag der ZVK nicht mehr hinreichend substantiiert gewesen, um einer Beweiserhebung zugänglich zu sein. Darüber hinaus sei die Behauptung der ZVK, die Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs- und Baggerarbeiten) hätten mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit in Anspruch genommen, "ins Blaue hinein" aufgestellt worden. Der entsprechende Beweisantritt sei deshalb unzulässig gewesen.
[31] cc) Beide Gesichtspunkte rechtfertigen die Klageabweisung nicht.
[32] Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht noch davon aus, dass die Behauptung der ZVK, der Beklagte führe Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs- und Baggerarbeiten) aus, die sie zudem noch im Einzelnen bezeichnet hat, im Hinblick auf die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV schlüssig ist. Bei einem Bestreiten der Ausführung dieser Arbeiten wäre der Vortrag auch substantiiert genug, um eine entsprechende Beweiserhebung zu rechtfertigen. Durch das Bestreiten wäre der Vortrag der ZVK nicht "unschlüssig" oder "unsubstantiiert" geworden. Jedoch bestreitet der Beklagte gar nicht, dass Tiefbauarbeiten in Form von Baggerarbeiten ausgeführt worden seien. Er bestreitet lediglich den von der ZVK behaupteten zeitlichen Anteil an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit von mehr als 50 %.
[33] Soweit das Landesarbeitsgericht diese Behauptung als "ins Blaue hinein" kennzeichnet, die deshalb eine Beweiserhebung nicht erfordere, trifft dies nicht zu.
[34] Auch das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass die Firmenbezeichnung, der Prüfbericht des Arbeitsamtes sowie das vorprozessuale Schreiben des Beklagten vom 5. August 2002 Anhaltspunkte dafür lieferten, dass Tiefbauarbeiten in Form von Baggerarbeiten ausgeführt werden, wie dies zwischen den Parteien auch unstreitig ist. Unter diesen Umständen ist aber die Behauptung der ZVK, die Tiefbauarbeiten nehmen die überwiegende Arbeitszeit in Anspruch, schlüssig in Bezug auf die Erfüllung des entsprechenden Tätigkeitsbeispiels in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV. Der Vortrag ist auch hinreichend substantiiert, um einer Beweisaufnahme zugänglich zu sein. Wenn der Beklagte den von der ZVK behaupteten zeitlichen Anteil bestreitet und mit 10 % einen geringeren zeitlichen Anteil behauptet, muss – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – die ZVK nicht weitere Tatsachen vortragen, die den Schluss auf die überwiegende Ausführung der Tiefbauarbeiten zulassen, um eine Beweiserhebung zu veranlassen. Ob die Erfüllung eines Tätigkeitsmerkmals zeitlich
[35] überwiegend gegeben ist, ist Anspruchsvoraussetzung in zahlreichen arbeitsrechtlichen Regelungen (Eingruppierung, Zulagen etc.). Insoweit kann vom Kläger nicht mehr verlangt werden, als dass er das arbeitszeitliche Überwiegen einer unstreitig ausgeführten Tätigkeit behauptet. Wird dieser zeitliche Anteil durch die Behauptung eines geringeren zeitlichen Anteils bestritten, so sind die vom Kläger benannten Beweismittel auszuschöpfen.
[36] 3. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb dem entsprechenden Beweisantritt der ZVK durch Vernehmung des Arbeitnehmers S nachzugehen haben. Da dieser im Anspruchszeitraum der einzige Arbeitnehmer des Beklagten war, steht mit seiner arbeitszeitlich überwiegend ausgeübten Tätigkeit auch der entsprechende Anteil der gesamtbetrieblichen Arbeitszeit fest. Im Hinblick auf einen weiteren zwischen den Parteien im Senat anhängigen Rechtsstreit wird darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt 28. Juli 2004 – 10 AZR 582/03 -) den baugewerblichen Tätigkeiten auch in zeitlicher Hinsicht diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen sind, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistung notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen.
[37] III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.