Bundesverwaltungsgericht

BVerwG, Urteil vom 28. 3. 2007 – 9 A 16.06 (lexetius.com/2007,1175)

[1] In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte und Domgörgen und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger für Recht erkannt:
[2] Die Klage wird abgewiesen.
[3] Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
[4] Gründe: I Die Klägerinnen wenden sich gegen die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 18. Juni 2003, durch die die Plangenehmigung für das Bauvorhaben Schnellbahnverbindung Hannover – Berlin im Abschnitt Berlin Ruhwaldweg – Wiesendamm vom 5. Juni 1998 geändert und eine neue naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme festgesetzt wird.
[5] Die Klägerinnen sind jeweilige Eigentümerinnen der Grundstücke Am Rupenhorn 1, 1A, 3, 3A, 3B und 3C in Berlin-Charlottenburg. Westlich an die ebenfalls westlich der Straße gelegenen und jeweils mit einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücke schließt sich in Hanglage zur Havel ein mit Kiefern und Eichen bewachsenes, naturschutzrechtlich als Biotop ausgewiesenes Gebiet an, das der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich ist. Es weist im südlichen Anschluss an das hier fast bis an die Grundstücksgrenze reichende Wohnhaus Am Rupenhorn 3C eine nur wenige Meter breite Verbindung zur Straße Am Rupenhorn auf. Sie ist Teil eines selbständigen, im Grundbuch und im Liegenschaftsregister als Verkehrsfläche ausgewiesenen Grundstücks, das in ähnlicher Breite z. T. über Stufen hangabwärts zur Havel verläuft.
[6] Nachdem der Bedarf für die in der Plangenehmigung vom 5. Juni 1998 als Kompensation für vorhabenbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft festgesetzte Ersatzmaßnahme entfallen war, bestimmte die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen durch Plangenehmigung vom 18. Juni 2003 die neue Ersatzmaßnahme "Ruhlebener Schanzenwald/Am Rupenhorn". Sie betrifft die genannte Hangfläche sowie die nördlich jenseits der Heerstraße anschließenden Gebiete Pichelsberg und Schanzenwald. Das gesamte Gebiet soll als Teilstück eines "Charlottenburger Spree-Havel-Grünzuges" zur Erholungslandschaft aufgewertet und hierzu landschaftsgerecht entwickelt und behutsam für die Erholungsnutzung geöffnet werden. Im nördlichen Bereich ist vorgesehen, landschaftsbeeinträchtigende Anlagen aus militärischer Nutzung zu beseitigen, Flächen zu entsiegeln und zu renaturieren, Landschaftsschäden zu beseitigen und einen Rad- und Fußweg anzulegen. Im Bereich "Am Rupenhorn" ist geplant, einen Wanderweg zu bauen, die Aufenthaltsqualität zu verbessern, gebietsfremde Baumarten zu entfernen und Waldsäume anzulegen. In der Bilanzierung kommt die Beklagte zum Ergebnis, dass zwar die vorhabenbedingten Biovolumenverluste nicht ausgeglichen werden könnten, insgesamt aber die Eingriffe in Natur und Landschaft aufgrund des Entsiegelungsgewinns, der Schaffung potentieller Vegetationsflächen und der qualitativen Aspekte der Maßnahme, die in der erheblichen Verbesserung der Erholungsmöglichkeiten und der Freiraumnutzung zu sehen seien, kompensiert würden. Rechte Dritter würden durch die Planung nicht berührt.
[7] Gegen die ihnen nicht bekanntgegebene Plangenehmigung haben die Klägerinnen am 30. Mai 2006 beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben. Mit Beschluss vom 14. Juni 2006 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.
[8] Zur Begründung ihrer Klage führen die Klägerinnen aus: Die naturschutzrechtlichen Anforderungen an eine Ersatzmaßnahme seien nicht erfüllt. Die Maßnahme verstoße auch gegen das für Biotope geltende Veränderungsverbot. Es diene nicht der Verbesserung des Natur- und Landschaftsschutzes, wenn ein Biotop durch öffentliche Erschließung zu einem Naherholungsgebiet umgewandelt werde. Darüber hinaus leide die Plangenehmigung unter beachtlichen Abwägungsmängeln und verstoße gegen das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot, weil ihre Belange als Eigentümerinnen der benachbarten Wohngrundstücke keinerlei Berücksichtigung gefunden hätten, obwohl sie durch die Erschließung der Hanggrundstücke für die Naherholung durch Lärm und Einsichtsmöglichkeiten gravierend beeinträchtigt würden. Die aufgrund der Lage der Grundstücke ohnehin schon erhebliche Einbruchsgefahr, die sich in der Vergangenheit bereits mehrfach realisiert habe, werde durch eine öffentliche Zugangsmöglichkeit über die Rückseite der Grundstücke deutlich erhöht. Der wirtschaftliche Wert der Grundstücke werde unzumutbar reduziert. Durch die geplante Wegeführung unmittelbar am Gebäude Am Rupenhorn 3C entlang werde die Vermietbarkeit der dort gelegenen Wohnungen erheblich erschwert.
[9] Die Ersatzmaßnahme widerspreche auch Vereinbarungen aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre zwischen dem Land Berlin und den Eigentümern der Grundstücke westlich der Straße Am Rupenhorn, aufgrund derer die Eigentümer darauf hätten vertrauen können, dass ihre damals weit unter Wert an das Land verkauften Grundstücksteile, die heute Teil der Ersatzmaßnahme seien, auch künftig für Zwecke des Naturschutzes und nicht zur Naherholung genutzt würden.
[10] Die Klägerinnen beantragen, die Plangenehmigung des Beklagten vom 18. Juni 2003 aufzuheben.
[11] Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
[12] Die Beklagte hält die Klage mangels Klagebefugnis bereits für unzulässig. Jedenfalls sei sie unbegründet. Als mittelbar Betroffene könnten die Klägerinnen keine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ersatzmaßnahme verlangen. Unabhängig hiervon sei die Maßnahme naturschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Zu den Zielen des Naturschutzes gehöre es auch, die Landschaft als Lebensraum der Menschen zu sichern. Für die Kompensationsbilanz müsse die Gesamtmaßnahme in den Blick genommen werden. Der als Biotop geschützte Kiefern-Eichen-Wald werde durch Wanderwege nicht beeinträchtigt.
[13] Die Plangenehmigung sehe eine bestimmte Wegeführung nicht vor. Die in der Ausführungsplanung vorgesehene Durchwegung verletze das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht. Auf die Unabänderlichkeit der nachbarschaftlichen Situation könnten sich die Klägerinnen – auch mangels Vertrauenstatbestandes – jedenfalls nicht berufen.
[14] Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
[15] II Die Klage hat keinen Erfolg.
[16] 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist aufgrund der bindenden Verweisung durch das Verwaltungsgericht Berlin (§ 83 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 und 3 GVG), die im Übrigen auch zu Recht erfolgt ist (§ 5 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VerkPBG), zur Entscheidung über die Klage berufen. Der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts steht die in § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG enthaltene Befristung bis zum 17. Dezember 2006 nicht ent- 9 gegen, und zwar schon deshalb nicht, weil das Verfahren nach § 39 Abs. 1 Satz 2 AEG n. F. i. V. m. § 11 Abs. 2 VerkPBG nach den Vorschriften des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu Ende zu führen ist.
[17] 2. Die Klage gegen die den Klägerinnen nicht bekanntgegebene Plangenehmigung ist fristgerecht erhoben worden (vgl. hierzu Urteil vom 25. Januar 1974 – BVerwG 4 C 2.72 – BVerwGE 44, 294 [298 ff.]) und auch im Übrigen zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es den Klägerinnen nicht schon an der Klagebefugnis. Die Anforderungen an diese Sachurteilsvoraussetzung dürfen nicht überspannt werden (vgl. etwa Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 11 A 10.98 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 120 S. 56 m. w. N.). Auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerinnen, die geltend machen, als Grundstückseigentümerinnen und Nachbarinnen der festgesetzten Ersatzmaßnahme aufgrund der befürchteten Auswirkungen durch die öffentliche Nutzung in abwägungserheblichen Belangen beeinträchtigt zu sein, ist nicht davon auszugehen, dass offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerinnen verletzt sein können (vgl. zu diesem Maßstab etwa Urteil vom 28. Juni 2000 – BVerwG 11 C 13.99 – Buchholz 442. 42 § 27a LuftVO Nr. 1 S. 4 m. w. N.).
[18] 3. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angegriffene Plangenehmigung verstößt nicht gegen Vorschriften, deren Verletzung die Klägerinnen mit der Folge der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens geltend machen können.
[19] Als mittelbar von der Ersatzmaßnahme Betroffene können die Klägerinnen nur die Verletzung solcher Normen rügen, die nicht lediglich im Allgemeininteresse erlassen wurden, sondern zumindest auch ihren – privaten – Interessen zu dienen bestimmt sind. Eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerinnen, die ihnen einen umfassenden Anspruch auf Prüfung der (auch objektivrechtlichen) Rechtmäßigkeit der Plangenehmigung dadurch eröffnet, dass diese ihr Eigentum mit enteignender Vorwirkung erfasst, ist der angefochtenen Plangenehmigung nicht zu entnehmen. Die dort als Ersatzmaßnahme ausgewiesene Fläche ergibt sich aus der plangenehmigten Unterlage 11. 4. 2, die die Grundstücke der Klägerinnen erkennbar ausspart. Soweit in der Plangenehmigung demgegenüber ohne eine solche Differenzierung davon die Rede ist, die Fläche "Am Rupenhorn" erstrecke sich "südlich der Heerstraße zwischen der Havelchaussee und der Straße 'Am Rupenhorn'", handelt es sich dabei ersichtlich nur um eine grobe Lagebeschreibung, nicht jedoch um eine grundstücksgenaue Definition des Maßnahmegebietes.
[20] a) Aus der Entscheidung der Beklagten, an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung zu erteilen, können die Klägerinnen für den Erfolg ihrer Klage nichts herleiten. Denn der Einzelne kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden; er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht (Urteil vom 10. Dezember 2003 – BVerwG 9 A 73.02 – Buchholz 442. 09 § 18 AEG Nr. 58 S. 39 m. w. N.). Unabhängig hiervon ist die Wahl des Plangenehmigungsverfahrens nicht zu beanstanden. § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AEG (in der hier maßgeblichen – alten – Fassung vom 27. Juli 2001, BGBl I 1950), wonach eine Plangenehmigung nicht ergehen darf, wenn Rechte anderer beeinträchtigt werden, stand nicht entgegen, weil mit dieser Voraussetzung ein – hier nicht erfolgter – direkter Zugriff auf fremde Rechte gemeint ist, nicht aber die bei jeder Raum beanspruchenden Planung gebotene wertende Einbeziehung der Belange Dritter in die Abwägungsentscheidung (Urteil vom 10. Dezember 2003 a. a. O. m. w. N.).
[21] b) Ob die von der Beklagten angeordnete Ersatzmaßnahme mit den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 14 Abs. 5 Berliner Naturschutzgesetz – NatSchGBln – in der hier maßgeblichen – alten – Fassung vom 10. Juli 1999, GVBl S. 390) und des Biotopschutzes (§ 26a Abs. 1 Nr. 4 NatSchGBln a. F.) vereinbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn die Klägerinnen können eine Verletzung dieser Normen nicht geltend machen. Die gesetzliche Anordnung einer Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft dient ausschließlich den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege und mithin dem Allgemeininteresse. Private Interessen werden hierdurch nicht geschützt. Deswegen kann den Klägerinnen hieraus ein Abwehrrecht gegen die Planung nicht erwachsen (Urteil vom 8. Juli 1998 – BVerwG 11 A 30.97 – Buchholz 442. 09 § 20 AEG Nr. 21 S. 47). Für den Biotopschutz gilt nichts anderes.
[22] c) Die Plangenehmigung leidet auch nicht unter Abwägungsmängeln, die Rechte der Klägerinnen verletzen.
[23] Das Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a. F. (§ 18 Satz 2 AEG n. F.) fordert, dass alle abwägungserheblichen Belange bei der Planfeststellung erfasst und dabei erkennbar gewordene Konflikte planerisch bewältigt werden (Urteil vom 27. Oktober 1999 – BVerwG 11 A 31.98 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 53 S. 10). Das gilt gleichermaßen, wenn die Planungsentscheidung in Form einer Plangenehmigung ergeht (vgl. Urteil vom 27. November 1996 – BVerwG 11 A 100.95 – Buchholz 442. 09 § 18 AEG Nr. 18 S. 72). Der bereits erwähnte verfahrensrechtliche Umstand, dass die vorhabenbedingte Betroffenheit von abwägungserheblichen Belangen Dritter der Wahl des Plangenehmigungsverfahrens nicht entgegensteht (Urteil vom 10. Dezember 2003 a. a. O.), lässt nicht den Schluss zu, eine Abwägungsentscheidung sei insoweit materiellrechtlich nicht gefordert. Die Planungsbehörde hat vielmehr abwägungserheblichen Belangen Dritter im Rahmen eines Plangenehmigungsverfahren besondere Aufmerksamkeit zu schenken, weil kein Anhörungsverfahren stattfindet und deswegen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Planungsbehörde diese Belange bereits aufgrund der Initiative der Betroffenen bekannt werden. Anders als die Beklagte in der mündlichen Verhandlung offenbar andeuten wollte, gibt auch der mögliche Regelungsinhalt von hier in Frage stehenden naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen jedenfalls keinen Anlass zu der Annahme, Belange Dritter könnten von vornherein nicht betroffen sein.
[24] Aus dem Abwägungsgebot ergibt sich für Drittbetroffene ein Anspruch auf Berücksichtigung ihrer planungsrechtlich relevanten privaten Belange. Das gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um subjektive Rechtspositionen handelt (Urteil vom 27. Oktober 1999 – BVerwG 11 A 31.98 – a. a. O. S. 10 f. m. w. N.).
[25] Planungsrechtlich irrelevant und mithin nicht abwägungserheblich ist ein Belang, wenn er – objektiv – geringwertig oder – generell oder im gegebenen Zusammenhang – nicht schutzwürdig ist. Nicht schutzwürdig ist ein Belang nicht nur dann, wenn er mit der Rechtsordnung nicht in Einklang steht, sondern auch, wenn sein Träger sich vernünftigerweise auf die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Veränderungen einstellen musste und er deswegen nicht auf den Fortbestand einer bestimmten Situation vertrauen durfte (vgl. etwa Beschluss vom 9. November 1979 – BVerwG 4 N 1. 78 und 2 bis 4. 78 – BVerwGE 59, 87 [102 f.]).
[26] Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte, wie sie selbst eingeräumt hat, die von den Klägerinnen geltend gemachten Beeinträchtigungen durch die angeordnete Ersatzmaßnahme nicht in ihre Abwägungsentscheidung einbezogen hat. Die insoweit betroffenen Belange der Klägerinnen sind nicht schutzwürdig, weil sie aufgrund der konkreten Gegebenheiten mit den eintretenden Veränderungen, gegen die sie sich wenden, rechnen mussten.
[27] Auf die Unveränderlichkeit seiner Wohnumgebung kann ein Grundeigentümer ohnehin nicht vertrauen. Dem Fachplanungsrecht ist ein Gebot des Milieuschutzes nicht zu entnehmen (Beschluss vom 9. April 2003 – BVerwG 9 A 37.02NVwZ 2003, 1393 [1394]). Deswegen stellen vorhabenbedingte Veränderungen des Wohnumfeldes ebenso wie eine hieraus entstehende Grundstückswertminderung, wie sie die Klägerinnen aufgrund der veränderten Nutzung der benachbarten Hanggrundstücke befürchten, für sich allein grundsätzlich keine eigenständigen Abwägungsposten dar, die im Rahmen der Abwägung von vornherein Berücksichtigung finden müssten. Abwägungserhebliches Gewicht kann insoweit nur den konkreten Auswirkungen zukommen, die von dem geplanten Vorhaben faktisch ausgehen (Urteil vom 27. Oktober 1999 a. a. O. S. 11).
[28] Mit dem Hinweis auf die Öffnung des bisher unzugänglichen Gebietes "Am Rupenhorn" für die Öffentlichkeit und auf die damit einhergehenden Beeinträchtigungen benennen die Klägerinnen jedoch ebenfalls keine schutzwürdigen Belange. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass sie angesichts der Ausweisung dieses Gebietes als Biotop im Sinne von § 26a NatSchGBln a. F. oder aufgrund der in der ersten Hälfte der 1990er Jahre geschlossenen Vereinbarung der Eigentümer der westlich der Straße Am Rupenhorn gelegenen Grundstücke mit dem Land Berlin darauf vertrauen konnten, das mit der Ersatzmaßnahme belegte Gebiet werde ausschließlich für Zwecke des Naturschutzes verwendet, hätten sie nicht damit rechnen können, dass dieses Gebiet der Öffentlichkeit dauerhaft entzogen bleibt. Wie sich nämlich aus § 2 und § 6 NatSchGBln a. F. ergibt, stellen Naturschutz und Erholungsnutzung keine Gegensätze dar. Vielmehr zählt die Erholungsnutzung zu den Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zu den Entwicklungszielen für Natur und Landschaft. Danach sind im besiedelten Bereich Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege unter besonderem Hinblick auf die Unterversorgung der Innenbezirke mit Grün- und Erholungsanlagen durchzuführen (§ 2 Nr. 1 NatSchGBln a. F.) und bei der Gestaltung der Landschaft die Erholung in Betracht zu ziehen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NatSchGBln a. F.). Vor allem aber regelt § 2 Nr. 2 NatSchGBln a. F., dass der Zugang zur freien Landschaft und zu Landschaftsteilen, die sich nach ihrer Lage oder Art für die Erholung der Bevölkerung besonders eignen, zu gewährleisten und, soweit er nicht besteht, zu eröffnen ist. Als eine dem Naturschutz dienende und aufgrund ihrer Hanglage oberhalb der Havel für die Erholungsnutzung prädestinierte Fläche ist das Gebiet "Am Rupenhorn" mithin von vornherein mit der Obliegenheit des Landes belastet, eine Nutzung durch die Allgemeinheit zu ermöglichen. Ihre Realisierung, die im Übrigen auch unabhängig von der Anordnung einer Ersatzmaßnahme hätte erfolgen können, kann geschützte Belange der Klägerinnen deswegen grundsätzlich nicht beeinträchtigen. Daran ändert auch die Existenz der genannten Vereinbarung nichts, weil das nach Ansicht der Klägerinnen hierdurch begründete Vertrauen auf eine Verwendung der Maßnahmefläche zu Zwecken des Naturschutzes jedenfalls nicht enttäuscht wird und weitergehende Vertragsregelungen weder erkennbar sind noch von den Klägerinnen geltend gemacht werden.
[29] Dass dennoch ausnahmsweise schutzwürdige Belange der Klägerinnen aufgrund besonderer, über die Zugänglichkeit hinausgehender Auswirkungen einer Öffnung des Maßnahmegebietes beeinträchtigt sein könnten, ist nicht erkennbar. Die bloße Existenz eines Fußweges gibt keinen Anlass zu der Annahme, es könnten spürbare Lärmbeeinträchtigungen eintreten. Einrichtungen für den dauernden Aufenthalt von Personen wie Grillplätze oder Liegewiesen sieht die Plangenehmigung nicht vor. Die Behauptung der Klägerinnen, die Sicherheitslage der Wohngrundstücke verschlechtere sich durch die allgemeine Zugänglichkeit des Maßnahmegebietes, ist angesichts der bereits jetzt unstreitig bestehenden und schon realisierten Einbruchsgefahr, der fortbestehenden Einzäunung der Wohngrundstücke und der eher denkbaren Verstärkung der sozialen Kontrolle durch Nutzer des Wanderweges spekulativ und von den Klägerinnen jedenfalls nicht substantiiert dargelegt. Eine spezifische Erhöhung der Einbruchsgefahr über die gesetzlich vorgesehene Öffnung des Gebietes für die Allgemeinheit hinaus ist jedenfalls nicht erkennbar.
[30] Schutzwürdige Belange der Klägerinnen sind auch nicht ausnahmsweise deswegen betroffen, weil der in der Plangenehmigung vorgesehene Weg unmittelbar entlang den Wohngrundstücken der Klägerinnen angelegt werden soll. Soweit der Weg westlich der Grundstücke parallel zur Straße Am Rupenhorn verlaufen soll, ist wegen der Hanglage eine Einsichtsmöglichkeit und mithin eine etwaige Beeinträchtigung der Wohnhäuser nicht gegeben. Etwas anderes mag jedenfalls zum Teil für die vorgesehene Wegeverbindung auf der Südseite der Grundstücke (Am Rupenhorn 3C) gelten. Insoweit sind aber schützwürdige Belange, bei denen es sich lagebedingt ohnehin nur um solche der Klägerin zu 1 als Eigentümerin des Grundstücks Am Rupenhorn 3C handeln kann, nicht betroffen, weil die Klägerinnen nach Lage der Dinge mit der Anlage eines Weges an dieser Stelle rechnen mussten. Es drängt sich nämlich auf, eine wegemäßige Erschließung des Gebietes "Am Rupenhorn" gerade hier vorzunehmen.
[31] Aufgrund des Zuschnittes des nur wenige Meter breiten und Straße und Waldgebiet verbindenden Grundstücksstreifens und seiner Lage am Ende des Waldgebietes bietet er, wie schon bisher, worauf das auf dem von den Klägerinnen vorgelegten Foto erkennbare Tor hinweist, einen optimalen Zugang zum Waldgebiet und ist anderen Nutzungen praktisch nicht zugänglich. Diese aus den äußeren Umständen erkennbare Funktion kommt auch im Liegenschaftskataster und im Grundbuch zum Ausdruck, in denen dieser sich in ähnlicher Form und Breite hangabwärts bis zur Havelchaussee fortsetzende selbständige Grundstücksstreifen als Verkehrsfläche und nicht wie die übrigen Flächen des Maßnahmegebietes als Waldfläche ausgewiesen ist. Unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob diese Verkehrsfläche in früherer Zeit ausschließlich privat genutzt oder öffentlich gewidmet war, musste den Klägerinnen danach jedenfalls klar sein, dass im Falle einer – gesetzlich, wie dargelegt, dem Land nahe gelegten – Öffnung des Gebietes für die Allgemeinheit die wegemäßige Erschließung über dieses Grundstück vorgenommen werden würde. Schutzwürdige Belange der Klägerinnen werden unter diesen Umständen durch den Eintritt dieser Entwicklung nicht betroffen, zumal das Wohngebäude Am Rupenhorn 3C in intensiver Ausnutzung des Baugrundstücks fast an der südlichen Grundstücksgrenze und somit in unmittelbarer Nähe der Wegeparzelle errichtet wurde. Im Hinblick darauf war es weder geboten, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Aufgabe der Problembewältigung in der Plangenehmigung Regelungen über den genauen Verlauf des vorgesehenen Fußweges festlegte, noch war es erforderlich, Erwägungen hierzu in ihre Abwägungsentscheidung einzubeziehen.
[32] Dem Gebot der Rücksichtnahme, auf das sich die Klägerinnen in diesem Zusammenhang gestützt haben, kommt neben dem Abwägungsgebot keine selbständige oder gar weitergehende Bedeutung zu (Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98BVerwGE 107, 215 [219 f.]).
[33] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO.
[34] Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60 000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).