Bundessozialgericht
Sozialgerichtliches Verfahren – notwendige Beiladung – Sozialhilfe – Eingliederungshilfe – Übernahme der Heimkosten – Sachleistungsverschaffung – fehlende Vergütungsvereinbarung – Schuldbeitritt
BSG, Urteil vom 28. 10. 2008 – B 8 SO 22/07 R (lexetius.com/2008,3963)
[1] Tatbestand: Im Streit sind die Übernahme und Zahlung weiterer Heimkosten für die Zeit vom 28. September 2000 bis 22. Februar 2005 in Höhe der Differenz zwischen der von der Klägerin mit der "Klinikum W. GmbH" (im Weiteren: Einrichtung) vereinbarten und der von der Beklagten an die Einrichtung gezahlten geringeren Vergütung.
[2] Die 1941 geborene Klägerin leidet an einer Intelligenzminderung, einer Dysthymie und einer Alkoholabhängigkeit, verbunden mit einer erheblichen emotionalen Labilität. Sie bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sowie Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung; weitere Einkünfte hat sie nicht. Sie ist auf Grund ihrer Erkrankung auf die Unterbringung, Betreuung und Pflege in einer Spezialeinrichtung angewiesen. Am 30. August 1996 war sie deshalb im Langzeitbereich des Klinikums W. stationär aufgenommen worden.
[3] Zwischen der Klägerin und der Einrichtung ist vertraglich ein Heimentgelt in Höhe von kalendertäglich 255,74 DM für die Zeit vom 28. September 2000 bis 31. Januar 2001, 260,09 DM für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2001, 132,80 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2003 und 134,86 Euro seit dem 1. Juli 2003 vereinbart. Auf der Basis vorläufiger Vergütungsvereinbarungen zwischen der Einrichtung und dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, dem überörtlichen Sozialhilfeträger, die auf Grund einstweiliger Anordnungen zustande gekommen waren, hat die Landeshauptstadt Hannover die Kosten in geringerer Höhe durch Zahlung an das Heim übernommen, und zwar in Höhe von kalendertäglich 201,20 DM für die Zeit vom 28. September 2000 bis 18. April 2001, von 203,21 DM für die Zeit vom 19. April 2001 bis 7. März 2002, von 105,50 Euro für die Zeit vom 8. März 2002 bis 31. Dezember 2002 und von 107,26 Euro seit 1. Januar 2003 (Bescheid vom 23. Dezember 1999; Widerspruchsbescheid vom 2. August 2000); dies hat sie auch der Einrichtung durch Kostenübernahmeerklärung mitgeteilt. Die den Zeitraum vom 18. September 1996 bis 2. August 2000 erfassende Klage hat das Verwaltungsgericht (VG) Hannover abgewiesen (Urteil vom 30. Oktober 2007 – 3 A 4267/00). Höhere Heimentgelte hat auch die Klägerin selbst an die Einrichtung nicht gezahlt. Am 29. September 2004 beantragte sie (erneut) – nunmehr bei der Beklagten – die Übernahme der Unterbringungskosten nach Maßgabe der heimvertraglichen Entgeltvereinbarungen statt der vorläufigen Vergütungsvereinbarungen für die Zeit ab 28. September 2000. Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom 19. Oktober 2004; Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2005).
[4] Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts [SG] Hannover vom 22. September 2006; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Niedersachsen-Bremen vom 24. Mai 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, bei der der Klägerin gewährten Eingliederungshilfe handele es sich zwar nicht um eine Sach-, sondern um eine Geldleistung, sodass dem Anspruch nicht schon der Gesichtspunkt der tatsächlichen Bedarfsdeckung in der Einrichtung entgegengehalten werden könne. Eine Vergütungspflicht des zuständigen Sozialhilfeträgers bestehe bei Erbringung der Leistungen in stationären Einrichtungen jedoch grundsätzlich nur, soweit mit der Einrichtung die in § 93 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw § 75 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) genannten Vereinbarungen (Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung) abgeschlossen seien. Wenn diese Vereinbarungen fehlten, komme eine Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe zur Übernahme der zwischen dem Heimbewohner und der Einrichtung vertraglich vereinbarten Vergütung nicht in Betracht, solange die Beteiligten noch über entsprechende Vereinbarungen verhandelten und die Vereinbarungen für den betreffenden Zeitraum noch wirksam getroffen werden könnten, wie dies hier der Fall sei (so genannte Sperrwirkung). Einem späteren rückwirkenden Abschluss von Vereinbarungen stehe nicht der Grundsatz der Prospektivität entgegen, weil dieser lediglich den Abschluss von Vereinbarungen für zukünftige Wirtschaftsperioden gebiete, nicht aber das rückwirkende Inkrafttreten später geschlossener, zunächst nicht zustande gekommener Vereinbarungen untersage. Ein Anspruch auf Übernahme eines höheren Entgelts könne auch nicht auf die Vereinbarung der Klägerin mit der Einrichtung im Heimvertrag gestützt werden, weil die jeweiligen Entgelte nach dem Heimgesetz (HeimG) den auf Grund des BSHG bzw SGB XII getroffenen (voräufigen) Vereinbarungen zu entsprechen hätten. Die bislang nur vorläufigen Vergütungsvereinbarungen würden in entsprechender Anwendung des § 93b Abs 2 Satz 4 BSHG bzw § 77 Abs 2 Satz 4 SGB XII bis zum Inkrafttreten einer neuen Vergütungsvereinbarung weitergelten.
[5] Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 93 Abs 3 BSHG und § 75 Abs 4 SGB XII. Sie ist der Ansicht, sie habe nach Maßgabe des Bedarfsdeckungsgrundsatzes einen Anspruch auf Übernahme des von ihr mit der Einrichtung vereinbarten Heimentgelts, solange Vereinbarungen nach § 93 Abs 2 Satz 1 BSHG bzw § 75 Abs 3 Satz 1 SGB XII zwischen dem Sozialhilfeträger und der Einrichtung – wie hier – nicht existierten und die Beklagte ihr keine zumutbare Alternativeinrichtung nachweise. § 93 Abs 3 BSHG und § 75 Abs 4 SGB XII kämen schon dann zur Anwendung, wenn eine der drei im Gesetz genannten Vereinbarungen nicht getroffen sei. Es sei rechtlich ohnedies nicht möglich, eine Leistungs- oder Prüfungsvereinbarung rückwirkend zu schließen; eine rückwirkende Vereinbarung sei wegen Verstoßes gegen zwingende Rechtsvorschriften nichtig (Gebot der Prospektivität), sodass auch eine Vergütungsvereinbarung nicht mehr möglich sei. Vorläufige Vereinbarungen – wie vorliegend – würden anders als endgültige nicht entsprechend § 93b Abs 2 Satz 4 BSHG, § 77 Abs 2 Satz 4 SGB XII fortgelten. Inzwischen stehe ohnedies auf Grund von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg (Beschlüsse aus 2008) fest, dass jedenfalls für die Jahre 1999 – 2003 endgültige Vereinbarungen im Sinne der Entscheidung des LSG nicht mehr getroffen werden könnten.
[6] Die Klägerin beantragt, die Urteile des LSG sowie des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 zu verurteilen, für die Zeit vom 28. September 2000 bis 22. Februar 2005 weiteres Heimentgelt in Höhe der Differenz zwischen dem von ihr mit der "Klinikum W. GmbH" vereinbarten und der von der Beklagten gezahlten Vergütung an die "Klinikum W. GmbH" zu übernehmen und zu zahlen.
[7] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[8] Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
[9] Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Das Berufungsurteil leidet an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden wesentlichen Verfahrensmangel; das LSG hätte die Klinikum W. GmbH (Einrichtung) nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig beiladen müssen (echte notwendige Beiladung), weil das angestrebte Urteil schon wegen der beantragten Zahlung an die Einrichtung unmittelbar die Rechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis zwischen Klägerin, Beklagter und der Einrichtung betrifft.
[10] Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2005 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte für die Zeit ab 28. September 2000 Eingliederungshilfe durch Übernahme höherer Kosten für den Aufenthalt in der Einrichtung abgelehnt hat. Streitbefangen ist – wegen des zwischen den Beteiligten geschlossenen Teilvergleichs – nur der Zeitraum vom 28. September 2000 bis zum 22. Februar 2005, sodass es nicht entscheidungsrelevant ist, dass die angegriffene Entscheidung auch über den Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides hinaus Wirkung entfaltet (vgl dazu das Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 12/06 R –, SozR 4—3500 § 21 Nr 1 RdNr 8 f). Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, 56 SGG.
[11] Die Klage war zwar nicht deshalb als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zu erheben, weil die Entscheidung der Beklagten als Verwaltungsakt nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) zu ergehen hätte. Mit der angefochtenen Ablehnung höherer Leistungen hat die Beklagte vielmehr für einen objektiven Erklärungsempfänger (vgl zu diesen Voraussetzungen: BSGE 89, 90, 100 = SozR 3—2500 § 82 Nr 3 S 13) erstmalig über die Übernahme weiteren Heimentgelts in Höhe der Differenz zwischen dem von der Klägerin mit der Einrichtung vereinbarten und der von der Beklagten an die Einrichtung gezahlten Vergütung für den streitbefangenen Zeitraum befunden. Dies ist vor dem – auch von den Beteiligten so verstandenen – Hintergrund zu sehen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) – anders als nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG] (Urteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 12/06 R –, SozR 4—3500 § 21 Nr 1 RdNr 9) – der Träger der Sozialhilfe den Hilfefall jeweils nur bis zur letzten behördlichen Entscheidung regelt und der Hilfeempfänger dementsprechend einen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe grundsätzlich nur in diesem zeitlichen Umfang zum Gegenstand der (verwaltungs-) gerichtlichen Kontrolle machen konnte (BVerwGE 92, 220 ff = Buchholz 436. 0 § 69 BSHG Nr 22; BVerwG Buchholz 436. 0 § 39 BSHG Nr 5; Buchholz 436. 0 § 40 BSHG Nr 12).
[12] An diesem Ergebnis würde sich selbst dann nichts ändern, wenn man gleichwohl von der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 11. Dezember 2007 (aaO) ausgehen würde. Mit Bescheid vom 13. Juni 1997 (Widerspruchsbescheid vom 2. August 2000) hatte die Landeshauptstadt Hannover die entstehenden Kosten nur in beschränktem Umfang auf unbestimmte Zeit übernommen. Hierdurch hatte sie gleichzeitig höhere Leistungen ohne zeitliche Beschränkung auf Dauer abgelehnt, sodass dies auch über den Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheids hinaus Wirkungen entfaltet. Durch die Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Klage auf die Zeit bis 2. August 2000 wurde der Bescheid vom 13. Juni 1997 zwar mangels Anfechtung für die Folgezeit bestandskräftig. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 2004 hat die Beklagte aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerwG antragsgemäß über die Zeit ab dem 28. September 2000 eine (neue) Entscheidung in der Sache getroffen. Vor diesem Hintergrund würde es sich erkennbar nicht um eine nur wiederholende Verfügung, sondern einen sog Zweitbescheid handeln, sodass die Bestandskraft des Bescheides vom 13. Juni 1997 einer Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht entgegenstünde. Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Verpflichtungsklage ergibt sich aber daraus, dass die Klägerin nicht nur die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Oktober 2004 und die Zahlung weiterer Heimkosten an die Einrichtung, sondern außerdem die ausdrückliche Übernahme dieser Kosten durch Verwaltungsakt begehrt, durch den eine Mitschuld der Beklagten gegenüber der Einrichtung begründet werden soll (dazu später).
[13] Das LSG hätte die Einrichtung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig beiladen müssen (echte notwendige Beiladung), weil das angestrebte Urteil im vorliegenden Verfahren unmittelbar die Rechtsbeziehungen auch der Einrichtung betrifft. Die Entscheidung kann ihr gegenüber daher nur einheitlich ergehen; denn die Klägerin begehrt Zahlung an die Einrichtung. Außerdem stellt sich die beantragte Übernahme zusätzlicher Heimkosten als Schuldbeitritt einer behaupteten Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Einrichtung dar (dazu später).
[14] Die Frage der Beiladung musste das früher für das Sozialhilferecht zuständige BVerwG in Fällen vorliegender Art nicht problematisieren (vgl aber BVerwGE 97, 53 ff, in der eine Beiladung erfolgt war). Zwar hat das BVerwG in der Vergangenheit zu Recht angenommen, dass unmittelbare Ansprüche des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger im Sozialhilferecht grundsätzlich nur entstehen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist; zu Unrecht hat es jedoch daraus in einem obiter dictum den Schluss gezogen, selbst bei Vereinbarungen nach § 93 Abs 2 BSHG könnten keine Ansprüche des Leistungserbringers entstehen und es seien nur Geldleistungen zu erbringen (BVerwG, Beschluss vom 10. August 2007 – 5 B 179/06). Beiden Ansichten kann der Senat nicht folgen, wie noch auszuführen ist. Ausdrücklich hat sich das BVerwG jedenfalls, soweit ersichtlich, mit der Problematik eines Schuldbeitritts nicht befasst; es ist auch nicht überschaubar, ob es sich künftig im Rahmen seiner Zuständigkeit für Altfälle (vor dem 1. Januar 2005 eingegangene Klagen; so genannte perpetuatio fori) damit befassen muss. Der Senat sieht sich deshalb – abgesehen davon, dass die Zurückverweisung mangels Beiladung ohnedies schon auf Grund des Klageantrags der Klägerin erfolgt – nicht an einer von der Rechtsansicht des BVerwG abweichenden rechtlichen Bewertung des Verhältnisses zwischen der Klägerin, der Beklagten und der beizuladenden Einrichtung gehindert.
[15] Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen, namentlich bei der Eingliederungshilfe wie auch der Heimpflege, durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer (Einrichtungsträger) sinnbildlich darstellt. In diesem Verhältnis gehen die Aufgaben der Sozialhilfeträger weit über das reine Reagieren auf individuelle Bedürftigkeit durch Gewährung von Geldleistungen hinaus; die gesetzlichen Regelungen statuieren vielmehr ein Sachleistungsprinzip in der Gestalt einer Sachleistungsverschaffung in einem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen, der zwar nicht wie im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgestaltet ist, sich dem aber nähert.
[16] Nach § 93 Abs 1 Satz 1 BSHG (bis 31. Dezember 2004) bzw § 75 Abs 2 Satz 1 SGB XII (ab 1. Januar 2005) soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe (Gewährleistungspflicht; hier wohl: Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 39 ff BSHG bzw §§ 53 ff SGB XII) eigene Einrichtungen und Dienste (zwar) nicht neu schaffen, sondern – soweit vorhanden – auf geeignete Einrichtungen anderer (auch privater) Träger zurückgreifen. Werden die Leistungen der Eingliederungshilfe dann – wie hier – durch eine Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe nach § 93 Abs 2 BSHG bzw § 75 Abs 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung – dazu später – (grundsätzlich nur) verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine (generelle) Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (jeweils Satz 1 Nr 1, Leistungsvereinbarung), die Vergütung (jeweils Satz 1 Nr 2, Vergütungsvereinbarung) sowie die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (jeweils Satz 1 Nr 3, Prüfungsvereinbarung) besteht. Ist eine solche Vereinbarung nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung lediglich in begrenzten Einzelfällen (§ 93 Abs 3 BSHG bzw § 75 Abs 4 SGB XII) erbringen, wobei auch insoweit bestimmte individuelle Vereinbarungen ("schriftliche Verpflichtung" der Einrichtung) vorgesehen sind. Das Gesetz sieht außerdem (§ 93a BSHG, § 76 SGB XII) Regelungen über den Inhalt der drei generellen Vereinbarungen und Rahmenverträge auf Landesebene vor (§ 93d BSHG, § 79 SGB XII). Hierin kommt deutlich eine Gewährleistungspflicht zum Ausdruck, mit Trägern von Einrichtungen ohne den Anlass einer aktuellen Hilfe in Kontakt zu treten und die erforderlichen Vereinbarungen zu treffen (vgl zur Bindungswirkung dieser Verträge für andere Sozialhilfeträger seit 7. Dezember 2006 § 77 Abs 1 Satz 2 SGB XII und für die Zeit davor BVerwGE 126, 295 ff). Auf diese Weise entstehen typische Dreiecksbeziehungen zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeempfänger (Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, 1990, S 421).
[17] In diesem Dreiecksverhältnis erbringt der Sozialhilfeträger nach dem gesetzlichen Gesamtkonzept – dies entspricht im übrigen auch der Praxis – die ihm obliegende Leistung grundsätzlich nicht als Geldleistung. Er zahlt gerade nicht an den Sozialhilfeempfänger, um diesem die Zahlung des im Heimvertrag vereinbarten Heimentgelts an den Einrichtungsträger zu ermöglichen; vielmehr ist dem Gesetzeskonzept eine Zahlung ohne Umweg über den Sozialhilfeempfänger direkt an die Einrichtung zu entnehmen. Die normativen Regelungen zu den notwendigen generellen und individuellen Vereinbarungen lassen nur diesen Schluss zu. Da der Sozialhilfeträger die Leistungen also nicht selbst erbringt, sondern über die Verträge mit Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen hat, beschreibt der Begriff der Sachleistungsverschaffung die Konstellation besser (im Ergebnis ebenso: W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 75 SGB XII RdNr 11; wohl auch Roscher in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 10 RdNr 25; aA Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 75 SGB XII RdNr 50a, Stand Oktober 2007, Schoenfeld in Grube/Wahrendorf SGB XII, 2. Aufl 2008, § 75 RdNr 9, Streichsbier in Grube/Wahrendorf, aaO, § 10 RdNr 5, der bei einem vom Sozialhilfeträger selbst betriebenen Heim von einer Sachleistung, ansonsten von einer Geldleistung ausgeht, und Baur in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 75 SGB XII RdNr 42, Stand August 2008; aA wohl auch Münder in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, Vor §§ 75 ff RdNr 2, wonach bei der Übernahme von Elementen des SGB V nicht bedacht worden sei, dass die Sozialhilfe durch das Geldleistungsprinzip geprägt sei). Der Gesetzgeber hat sich dabei offensichtlich an den Regelungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) und denen des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) orientiert (Münder in Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, Teil III Kap 33 RdNr 5).
[18] Für eine Sachleistung in Form der Sachleistungsverschaffung sprechen neben der bezeichneten Regelungsdichte auch die Systematik und der Wortlaut der Vorschriften über Einrichtungen (§§ 93 ff BSHG bzw §§ 75 ff SGB XII). So betrifft die Vergütungsvereinbarung in dem Dreiecksverhältnis nur das Verhältnis zwischen der Einrichtung und dem Sozialhilfeträger. Zudem sind bei einem Streit zwischen Einrichtung und Sozialhilfeträger – typisch für das Sachleistungsprinzip – Schiedsstellen vorgesehen (§ 94 BSHG, § 80 SGB XII). § 93 Abs 2 BSHG und § 75 Abs 3 SGB XII sprechen ausdrücklich von der "Übernahme" der Vergütung (dazu später). Noch plastischer formulieren § 93 Abs 3 Satz 1 BSHG und § 75 Abs 4 Satz 1 SGB XII, dass bei fehlender Vereinbarung der Träger der Sozialhilfe Leistungen "durch" eine andere Einrichtung nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen erbringen darf. Um eine reine Sachleistung handelt es sich sogar, wenn der Sozialhilfeträger die Leistung in eigenen Einrichtungen (§ 93 Abs 1 Satz 1 BSHG, § 75 Abs 2 Satz 1 SGB XII) erbringt. Nur angemerkt sei, dass die Rechtsprechung des BVerwG zur Sperrwirkung laufender Vertragsverhandlungen und zum Vorrang der generellen Vergütungsvereinbarungen des Sozialhilfeträgers mit der Einrichtung vor individuellen Vergütungen (BVerwGE 126, 295 ff; BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2007 – 5 B 117/06; Beschluss vom 25. September 2007 – 5 B 17/07), der sich der Senat anschließt, kaum nachvollziehbar wäre vor dem Hintergrund einer reinen Geldleistungspflicht.
[19] Die Verknüpfung bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen in § 75 Abs 5 SGB XII (bzw § 93 Abs 7 BSHG) mit den Regelungen des Sozialgesetzbuches Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI), wonach sich "Art, Inhalt, Umfang und Vergütung" nach dem Achten Kapitel des Elften Buches (Pflegevergütung) richten, unterstreicht die hier vertretene Auffassung. Gerade zum Pflegeversicherungsrecht hat das BSG nämlich ausgeführt (BSGE 84, 1, 2 = SozR 3—3300 § 77 Nr 2 S 11), es handele sich um einen reinen Leistungsbeschaffungsvertrag, mit dem die Erbringung der Sachleistung "Pflege" zugunsten eines einzelnen Versicherten sichergestellt werden solle. Schließlich zielt auch § 35 SGB XII, wonach der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den "darin erbrachten Lebensunterhalt" umfasst, auf eine Sachleistung in der beschriebenen Form (ansatzweise BSG, Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 10/06 R – RdNr 12), und auch die Vorschriften über die Eingliederungshilfe sprechen mehrfach von Hilfe oder Leistungen "in einer Einrichtung" (§§ 54 Abs 2, 55, 56 SGB XII bzw §§ 40 Abs 2, 40a, 41, 43 BSHG), also gerade in den Fällen der hier wohl einschlägigen § 55 SGB XII und § 40a BSHG. Wollte man dies negieren, würde man dem Gesetzgeber einen völlig undifferenzierten Sprachgebrauch vorwerfen.
[20] Dies widerspricht nicht § 10 Abs 3 SGB XII, der zwar den Vorrang der Geldleistung vor der Sachleistung normiert, jedoch hiervon unter anderem dann eine Ausnahme macht, wenn die Sachleistung das Ziel der Sozialhilfe erheblich besser erreichen kann (vgl auch Adolph aaO). Dies wird schon deshalb ohne weiteres zu bejahen sein, weil so sichergestellt werden kann, dass die Sozialhilfeleistungen auch tatsächlich dem vorgesehenen Zweck entsprechend der Einrichtung zugeführt werden (Schmitt, aaO, S 432 f). § 10 Abs 3 Satz 1 SGB XII trägt der Gesetzesbegründung zufolge gerade der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis Rechnung (BR-Drucks 559/03, S 182 zu § 10; vgl auch Streichsbier in Grube/Wahrendorf, aaO, § 10 SGB XII, RdNr 7 und W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, aaO, § 10 SGB XII RdNr 25). Zudem ist im Sinne des § 10 Abs 3 SGB XII – wie dargelegt – ohnedies Abweichendes geregelt.
[21] Ob etwas anderes in Fällen der Budgetierung (§ 57 SGB XII) gilt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung; hier wäre die Geldleistung allerdings als Ausnahme von der Regel zu verstehen. Dem geschilderten Sachleistungsverschaffungsprinzip entsprechen nicht zuletzt die Regelungen des HeimG. § 5 Abs 6 Satz 1 HeimG sieht seit 1. Januar 2002 vor, dass in Verträgen mit Personen, denen Hilfe "in Einrichtungen" (sic!) nach dem BSHG bzw SGB XII gewährt wird, Art, Inhalt und Umfang der Leistungen sowie die jeweiligen Entgelte den auf Grund des BSHG bzw SGB XII getroffenen Vereinbarungen entsprechen müssen. Nach § 5 Abs 6 Satz 2 HeimG findet zudem § 5 Abs 5 Satz 2 HeimG entsprechende Anwendung. Danach haben sowohl der Leistungsempfänger nach dem BSHG bzw SGB XII als auch der Träger der Einrichtung einen Anspruch auf entsprechende Anpassung des Vertrags, wenn Art, Inhalt oder Umfang der Leistungen oder Entgelte nicht den auf Grund des BSHG bzw SGB XII getroffenen Vereinbarungen entsprechen. Schließlich regelt § 9 HeimG, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil der Bewohnerin oder des Bewohners von den §§ 5 bis 8 HeimG abweichen, unwirksam sind. Durch die Regelungen des HeimG bleibt es damit zwar bei der zivilrechtlichen Verpflichtung des Heimbewohners, die vereinbarte Vergütung zu zahlen; der Heimbewohner ist aber vor höheren Kosten geschützt. Das System der §§ 93 ff BSHG bzw §§ 75 ff SGB XII und ihr Zusammenspiel mit dem HeimG manifestieren mithin ebenfalls das Sachleistungsverschaffungsprinzip durch die dort vorgesehene Harmonisierung der Bestimmungen des HeimG und des Sozialhilferechts (vgl BT-Drucks 14/5399, S 22 zu Abs 6).
[22] Untrennbarer Bestandteil dieser Sachleistungsverschaffung ist – wie oben bereits ausgeführt –, die "Übernahme" der der Einrichtung zustehenden Vergütung. Dies kommt zwar unmittelbar in §§ 53, 54, 55 SGB XII bzw §§ 39, 40, 40a BSHG iVm dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) ebenso wenig wie in § 61 SGB XII bzw § 68 BSHG zum Ausdruck; die leistungsrechtlichen Vorschriften werden insoweit jedoch durch die des Leistungserbringungsrechts konkretisiert (§ 75 SGB XII, § 93 BSHG). Dort ist an mehreren Stellen geregelt, wann "Vergütungen übernommen" werden.
[23] § 75 SGB XII und § 93 BSHG greifen hier eine Formulierung auf, die nur vereinzelt im Gesetz auftaucht, wenn es um die Hilfe in Fällen anderweitiger Verpflichtungen des Hilfebedürftigen geht (vgl: §§ 29 Abs 1, 32, 33, 34, 65 Abs 1, 70 Abs 4 SGB XII, §§ 13, 14, §§ 69b Abs 1, 71 BSHG). Strukturell gleichartig ist etwa im Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) § 26 Abs 3, der seinerseits §§ 207, 207a Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) nachgebildet ist (Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 26 RdNr 38). Dort wird unter Übernahme die gesetzlich angeordnete Erlangung der belastenden Position des Schuldners verstanden (Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, § 207 RdNr 36, Stand November 2006; vgl auch BSG SozR 3—4100 § 166b Nr 1 und BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 66/05 R). Will man vor diesem normativen Befund die Augen verschließen, würde man wiederum – wie schon bei der Entscheidung über die Art der Leistung (Geldleistung oder Sachleistungsverschaffung) – dem Gesetzgeber trotz teilweise unterschiedlicher Formulierungen in derselben Norm einen – bewusst oder unbewusst – völlig unkritischen Sprachgebrauch unterstellen. Dazu besteht keine Veranlassung.
[24] "Übernahme" muss mithin etwas anderes als die Zahlung an den Hilfebedürftigen bedeuten. Für die Entscheidung ist insoweit vorliegend ohne Bedeutung, ob dem die bisherigen Bewilligungen entsprechen. Gleiches gilt für die Frage, ob es sich dabei um vorläufige Leistungen handelt. Die Klägerin macht jedenfalls einen endgültigen Anspruch geltend, der bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch zu erfüllen wäre (so auch BVerwGE 126, 295 ff). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob es sich bei der vorläufigen Hilfe nach Landesrecht wegen ungeklärter Zuständigkeit (§ 8 Nds AG BSHG) überhaupt um vorläufige Leistungen handelt.
[25] "Übernahme" der Unterbringungskosten bedeutet damit Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, allerdings in der Form eines Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme); denn das HeimG geht – wie oben ausgeführt – von einer fortbestehenden Verpflichtung des Heimbewohners aus. Der Schuldbeitritt hat dann zum einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an die Einrichtung zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Ob die daneben abgegebene in der Praxis übliche "Kostenübernahmeerklärung" des Sozialhilfeträgers gegenüber der Einrichtung, verbunden mit der Bitte, die Kosten durch monatliche Rechnungen anzufordern, so verstanden werden kann oder muss, dass der Sozialhilfeträger gegenüber der Einrichtung für die Heimkosten im Sinne eines deklaratorischen oder gar abstrakten Schuldanerkenntnisses einstehen will, bedarf keiner Entscheidung (vgl dazu etwa BVerwGE 126, 295 ff und BVerwGE 96, 71 ff; s aber auch BSGE 86, 166 ff = SozR 3—2500 § 112 Nr 1 und BSG, Urteil vom 12. Juni 2008 – B 3 KR 19/07 R – RdNr 21, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, zum Krankenhausrecht der gesetzlichen Krankenversicherung).
[26] Für einen Schuldbeitritt sprechen die Interessen aller an dem Dreiecksverhältnis Beteiligten. Der Sozialhilfeempfänger wird entlastet; der Sozialhilfeträger kann auf diese Weise sicherstellen, dass das Geld dort ankommt, wo es letztlich ankommen soll. Vor allem aber muss der Einrichtung, die sich vorrangig auf Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger verweisen lassen muss (s nur BVerwGE 126, 295 ff), ein "Gegenwert" für diese Beschränkung geboten werden: Sie erhält zumindest finanzielle Sicherheit. Im Ergebnis spiegelt diese Wertung nur die tatsächliche Praxis der Sozialhilfeträger wider (vgl auch Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, 1990, S 443 f, der allerdings zu Unrecht im Rahmen seiner Ausführungen zu Pflegeheimen auf die – seines Erachtens zivilrechtliche – Kostenübernahmeerklärung abstellt). Eine befreiende Schuldübernahme (vgl §§ 414 f Bürgerliches Gesetzbuch), mit der Folge, dass die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Heimentgelts gegenüber der Einrichtung in Höhe des übernommenen Betrags frei wird (so das BSG in seinem Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 66/05 R zur Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 207a Abs 3 SGB III) kann nicht angenommen werden, weil anders als in dem vom BSG zu § 207a Abs 3 SGB III entschiedenen Fall eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine befreiende Schuldübernahme fehlt, die für eine derart gravierende Rechtsfolge (gesetzlicher Schuldnerwechsel) verlangt werden müsste.
[27] Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, damit verlöre § 19 Abs 6 SGB XII bzw § 28 Abs 2 BSHG seine Bedeutung, wonach insbesondere Einrichtungen nach dem Tode des Sozialhilfeberechtigten, wenn sie Leistungen erbracht haben, einen unmittelbaren Anspruch gegen den Sozialhilfeträger erwerben können. Vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid – hier kommt § 19 Abs 6 SGB XII bzw § 28 Abs 2 BSHG zur Anwendung – besitzt die Einrichtung nämlich keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger (s aber die möglicherweise andere Rechtslage für eine Werkstatt für behinderte Menschen nach § 41 Abs 3 SGB IX). Einen Anspruch auf die Übernahme des Heimentgelts gegenüber dem Sozialhilfeträger besitzt auch nur der Sozialhilfebedürftige, nicht die Einrichtung selbst.
[28] Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 – B 9 VS 6/01 R –, USK 2003—90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG, vgl zuletzt BSG SozR 4—4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26. Januar 2005 – B 12 P 9/03 R –, USK 2005—3 mwN). Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden. Davon macht der Senat jedoch keinen Gebrauch; er ist hierzu nicht verpflichtet (s BSGE 93, 283 ff = SozR 4—3250 § 14 Nr 1 mwN; vgl auch BSG, Urteil vom 2. November 2000 – B 11 AL 25/00 R). Gegen eine Beiladung im Revisionsverfahren spricht, dass der Beizuladenden gerade in der Tatsacheninstanz Gelegenheit zur Wahrnehmung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör im Hinblick auf die nachfolgenden, nicht bindenden Erwägungen des Senats gegeben werden sollte und ohnedies noch weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, insbesondere im Hinblick darauf, dass durch während des Revisionsverfahrens ergangene Entscheidungen des OVG uU neue Fakten geschaffen worden sind.
[29] Unter Berücksichtigung dieser Fakten, die wohl nur die Zeit bis 2003 erfassen, wird das LSG nach Beiladung der Einrichtung erneut zu entscheiden und dabei auch die Frage nach der richtigen Beklagten und der Zuständigkeit der Beklagten für die beantragte Übernahme höherer Kosten und die Zahlung unter Berücksichtigung der landesrechtlichen Regelungen zu klären haben. Die Ausführungen des LSG sind insoweit nicht nachvollziehbar. Ggf wird zu überlegen sein, ob und wie die Stadt Hannover in das Verfahren einzubeziehen ist. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass er der Rechtsprechung des BVerwG zu folgen gedenkt, das für höhere als in der vorläufigen Vereinbarung vorgesehene Vergütungen keine Rechtsgrundlage besteht, solange eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII bzw § 93 Abs 2 BSHG oder eine Schiedsstellenentscheidung noch tatsächlich und rechtlich möglich ist (BVerwGE 126, 295 ff: Sperrwirkung). Insoweit gilt nach Ansicht des Senats die Fiktion des § 77 Abs 2 Satz 4 SGB XII bzw § 93b Abs 2 Satz 4 BSHG über die Weitergeltung von Vereinbarungen auch für vorläufige Vereinbarungen mit der Maßgabe, dass sie als vorläufige Vereinbarungen fortgelten.
[30] Der bezeichneten Rechtsprechung des BVerwG ist außerdem zu entnehmen, dass dem Abschluss rückwirkender Vereinbarungen der Grundsatz der Prospektivität nicht entgegensteht, wenn und soweit als prospektiv begonnene, also künftige Vereinbarungszeiträume betreffende Vertragsverhandlungen beendet werden; bei rückwirkender Vergütungsvereinbarung handelt es sich dann nicht um unzulässige nachträgliche Ausgleiche iS des § 77 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII bzw § 93b Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz BSHG. § 77 Abs 2 Satz 3 SGB XII und § 93b Abs 2 Satz 3 BSHG könnten insoweit möglicherweise lediglich ein Rückdatierungsverbot des Vereinbarungszeitpunktes enthalten. Sollte die Sperrwirkung mittlerweile entfallen sein, wäre durch Auslegung der vorläufigen Vereinbarungen zu ermitteln, ob ihre Wirksamkeit ex nunc oder ex tunc entfallen sollte; zu prüfen ist also, ob zwischen den Vertragsparteien wirklich ein völlig vertragsloser Zustand gewollt war. Ggf wären für die vertragslose Zeit dann jedoch die Voraussetzungen des § 75 Abs 4 SGB XII bzw § 93 Abs 3 BSHG zu prüfen (BVerwG aaO); auch insoweit könnte an eine Sperrwirkung, also daran zu denken sein, dass die Übernahme der heimvertraglich vereinbarten Entgelte erst dann denkbar ist, wenn feststeht, dass eine Einigung auf dieser individuellen Ebene nicht mehr möglich oder zulässig ist.
[31] Schließlich bliebe zu prüfen, ob die Einrichtung auf der Basis der heimvertraglichen Beziehungen nach Ende der Sperrwirkung unabhängig von dieser höheres, vereinbartes Heimentgelt von der Klägerin überhaupt verlangen kann. Nur vertraglich geschuldete Entgelte ist die Beklagte nämlich zu übernehmen verpflichtet. Besteht ein Anspruch der Einrichtung auf höheres Heimentgelt, bleibt immer noch zu entscheiden, unter welchen Umständen bzw wie lange die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung für vereinbarungslose Zeiträume, die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten übernehmen muss. Für die Vergangenheit dürfte das vorliegend nur schwerlich abzulehnen sein, weil der Klägerin wohl nicht vorgehalten werden kann, die Einrichtung nicht gewechselt zu haben. Insgesamt sind bei den rechtlichen Lösungsmodellen für vertragslose Zeiten zwei nicht deckungsgleiche Ziele zu koordinieren: Der Heimbewohner muss bei erfolglosen oder langen Vertragsverhandlungen hinreichend geschützt sein, und zwar sowohl gegenüber der Einrichtung als auch gegenüber dem Sozialhilfeträger; weder die Einrichtung noch der Sozialhilfeträger dürfen aus eigenem vorwerfbaren Verhalten profitieren.
[32] Ggf wird das LSG auch darüber, ob überhaupt die Voraussetzung der Eingliederungshilfe, ersatzweise die Hilfe zur Pflege, vorlagen, und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.