Bundesverfassungsgericht

BVerfG, Beschluss vom 28. 10. 2010 – 2 BvR 591/06 (lexetius.com/2010,4116)

[1] In den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden
I. der Frau S … – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Stefan Siegel, Hohenzollernring 84, 50672 Köln – gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Dezember 2005 – I R 44/05 – 2 BvR 591/06 –,
II. der Frau G … – Bevollmächtigte: G & P Gloeckner, Fuhrmann, Nentwich Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Prinzregentenufer 3, 90489 Nürnberg – gegen den Beschluss des Finanzgerichts Nürnberg vom 15. Juni 2009 – 6 V 1769/20082 BvR 1689/09 –,
III. des Herrn K … 1. unmittelbar gegen a) den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2009 – 13 LA 182/08 –, b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 4. September 2008 – 2 A 348/07 –, 2. mittelbar gegen § 7 Abs. 5 Kirchensteuerrahmengesetz – KiStRG hinsichtlich der Regelungen zur Bemessung der Kirchensteuer bei glaubensverschiedenen Ehen im Fall der Zusammenveranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer – 2 BvR 2698/09 –,
IV. des Herrn K … 1. unmittelbar gegen a) den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2009 – 13 LA 183/08 –, b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 4. September 2008 – 2 A 184/08 –, 2. mittelbar gegen § 7 Abs. 5 Kirchensteuerrahmengesetz – KiStRG hinsichtlich der Regelungen zur Bemessung der Kirchensteuer bei glaubensverschiedenen Ehen im Fall der Zusammenveranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer – 2 BvR 2715/09 –,
V. 1. des Herrn R …, 2. der Frau R … – Bevollmächtigte zu 1.: Rechtsanwältin Heike Redeker, Clara-Zetkin-Straße 28, 07545 Gera – 1. unmittelbar gegen a) den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16. November 2009 – I B 58/09 –, b) das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 31. März 2009 – 2 K 648/08 –, c) die Kirchensteuervorauszahlungsbescheide des Finanzamts Gera für 2004 bis 2008 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2008, d) den Kirchensteuerbescheid des Finanzamts Gera für 2006 vom 23. Juni 2008, e) den Kirchensteuerbescheid des Finanzamts Gera für 2005 vom 5. Februar 2008, f) den Kirchensteuerbescheid des Finanzamts Gera für 2004 vom 29. August 2005, 2. mittelbar gegen die Regelungen im Thüringer Kirchensteuergesetz zur Berechnung der Kirchensteuer in glaubensverschiedenen Ehen bei Zusammenveranlagung, insbesondere § 5 ThürKiStG – 2 BvR 148/10 –,
VI. des Herrn N … – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Heiko Übler, Luitpoldplatz 24, 92237 Sulzbach-Rosenberg – gegen a) den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 29. Januar 2010 – I B 98/09 –, b) das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 18. Juni 2009 – 6 K 49/2008 –, c) die Einspruchsentscheidung des Evangelisch-Lutherischen Kirchensteueramts Bayreuth vom 23. März 2007 – Steuer-Nr. 201—255/60459 ws –, d) den Bescheid der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Kirchensteueramt Bayreuth, vom 7. Februar 2007 – Steuer-Nr. 201—255/60459 – 2 BvR 816/10 -
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Osterloh und die Richter Mellinghoff, Gerhardt gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 28. Oktober 2010 einstimmig beschlossen:
[2] Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
[3] Gründe: Die Beschwerdeführer leben in sogenannten glaubensverschiedenen Ehen, die sich durch den Umstand auszeichnen, dass lediglich einer der beiden Ehepartner einer steuerberechtigten Kirche angehört. Sie wenden sich gegen die Heranziehung zur Kirchensteuer beziehungsweise gegen die Heranziehung zum besonderen Kirchgeld als einer Erscheinungsform der Kirchensteuer. Diese beruht auf im Einzelnen unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen der Länder, vorliegend Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen (vgl. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 und 8 WRV), sowie zum Teil auf konkretisierenden Bestimmungen der steuerberechtigten Kirchen selbst (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV).
[4] Die Annahmevoraussetzungen für die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden liegen nicht vor. Ihnen kommt weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
[5] Die für die Entscheidung im Wesentlichen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. insb. BVerfGE 19, 268; fernerhin etwa BVerfGE 19, 206; 19, 226; 19, 253; 20, 40; 30, 415; 73, 388; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. August 2002 – 2 BvR 443/01 –, DVBl 2002, S. 1624) und durch die hieran anknüpfende Rechtsprechung der Fachgerichte verfassungsgemäß konkretisierend beantwortet. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden kann (vgl. BVerfGE 19, 268 [282]). Wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird, ist hiergegen verfassungsrechtlich nichts einzuwenden (vgl. auch BFH, Urteil vom 19. Oktober 2005 – I R 76/04 –, BStBl II 2006, S. 274 [277] m. w. N.). Danach begegnen auch die angegriffenen Entscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
[6] Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
[7] Diese Entscheidung ist unanfechtbar.