Europäisches Gericht
"Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Biermarkt – Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Nachweis der Zuwiderhandlung – Akteneinsicht – Geldbuße – Grundsatz der Gleichbehandlung – Angemessene Verfahrensdauer"
1. Art. 1 der Entscheidung K (2007) 1697 der Kommission vom 18. April 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/B/37. 766 – Niederländischer Biermarkt) wird für nichtig erklärt, soweit die Europäische Kommission festgestellt hat, dass sich die Heineken NV und die Heineken Nederland BV an einer Zuwiderhandlung beteiligt haben, die in der gelegentlichen Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen als der Preise für die einzelnen Kunden im Gaststättensektor in den Niederlanden bestand.
2. Der Betrag der in Art. 3 Buchst. a der Entscheidung K (2007) 1697 gegen Heineken und Heineken Nederland als Gesamtschuldner festgesetzten Geldbuße wird auf 197 985 937,50 Euro festgesetzt.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Heineken und Heineken Nederland tragen zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der Europäischen Kommission.
5. Die Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten von Heineken und Heineken Nederland.
EuG, Urteil vom 16. 6. 2011 – T-240/07 (lexetius.com/2011,2381)
[1] In der Rechtssache T-240/07 Heineken Nederland BV mit Sitz in Zoeterwoude (Niederlande), Heineken NV mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Ottervanger und M. de Jong, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Bouquet, S. Noë und A. Nijenhuis, dann durch A. Bouquet und S. Noë im Beistand von Rechtsanwalt M. Slotboom, Beklagte, betreffend einen Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K (2007) 1697 der Kommission vom 18. April 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/B/37. 766 – Niederländischer Biermarkt) und hilfsweise auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Richters V. Vadapalas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter A. Dittrich und L. Truchot, Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010 folgendes Urteil (*):
Sachverhalt
[2] 1 Die Klägerinnen, die Heineken Nederland BV und die Heineken NV, gehören zur Heineken-Gruppe (im Folgenden: Heineken), die Bier herstellt und vertreibt. Die Heineken NV steht an der Spitze der Gruppe, während Heineken Nederland für die Bierproduktion zuständig ist. Die Heineken NV hält über ihre 100 % ige Tochtergesellschaft Heineken Nederlands Beheer BV sämtliche Aktien von Heineken Nederland.
[3] 2 Heineken ist einer der vier Hauptakteure auf dem niederländischen Biermarkt. Die anderen führenden Brauereien sind erstens die InBev-Gruppe (im Folgenden: InBev) – vor 2004 unter dem Namen Interbrew bekannt –, an deren Spitze die InBev NV steht und deren Produktion bei der Tochtergesellschaft InBev Nederland NV liegt, zweitens die Grolsch-Gruppe (im Folgenden: Grolsch), an deren Spitze die Koninklijke Grolsch NV steht, und drittens die Bavaria NV.
[4] 3 Die Klägerinnen und die drei anderen führenden Brauereien auf diesem Markt verkaufen ihr Bier über zwei Vertriebskanäle an den Endverbraucher. So ist zu unterscheiden zwischen dem Vertriebsweg des Gaststättenbereichs ("horeca") einerseits, d. h. Hotels, Restaurants und Cafés, wo an Ort und Stelle konsumiert wird, und dem Vertriebsweg "Food" der Supermärkte und Wein- und Spirituosenhändler andererseits, wo Bier für den privaten Verbrauch gekauft wird. Der letztgenannte Sektor umfasst auch das Händlermarkenbier-Segment. Von den vier betroffenen Brauereien sind nur Inbev und Bavaria in diesem Segment tätig.
[5] 4 Diese vier Brauereien sind Mitglieder des Centraal Brouwerij Kantoor (im Folgenden: CBK). Dieser ist eine Dachorganisation, die nach ihrer Satzung die Interessen ihrer Mitglieder vertritt und aus einer Hauptversammlung und verschiedenen Kommissionen besteht, wie der Kommission für Gaststättenfragen und der Finanzkommission, an deren Stelle nunmehr die Versammlung des Vorstands getreten ist. Für die Versammlungen des CBK verschickt dessen Sekretariat offizielle und fortlaufend nummerierte Einladungen und Berichte, die den teilnehmenden Mitgliedern zugestellt werden.
Verwaltungsverfahren
[6] 5 Mit Schreiben vom 28. Januar 2000 sowie vom 3., 25. und 29. Februar 2000 gab InBev eine Reihe von Erklärungen ab, die sich auf Informationen über wettbewerbsbeschränkende Praktiken auf dem niederländischen Biermarkt bezogen. Diese Erklärungen erfolgten im Rahmen einer Untersuchung, die die Kommission der Europäischen Gemeinschaften u. a. im Jahr 1999 zu Kartellpraktiken und einem möglichen Missbrauch einer Monopolstellung auf dem belgischen Biermarkt durchführte. Zusammen mit diesen Erklärungen reichte InBev einen Kronzeugenantrag nach der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit) ein.
[7] 6 Am 22. und 23. März 2000 führte die Kommission auf die Erklärungen von InBev hin Nachprüfungen bei den Klägerinnen und den übrigen betroffenen Unternehmen durch. Außerdem wurden in den Jahren 2001—2005 weitere Auskunftsverlangen an die Klägerinnen und die übrigen betroffenen Unternehmen gesandt.
[8] 7 Am 30. August 2005 übersandte die Kommission den Klägerinnen und den übrigen betroffenen Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Mit Schreiben vom 24. November 2005 übermittelten die Klägerinnen ihre schriftliche Stellungnahme zu dieser Mitteilung. Keine der Beteiligten beantragte eine Anhörung.
[9] 8 Mit Schreiben vom 26. Januar und 7. März 2006 setzte die Kommission die Klägerinnen über weitere Dokumente in Kenntnis. Dabei handelte es sich u. a. um die an InBev gerichteten Auskunftsverlangen und die Antworten hierauf.
[10] 9 Am 18. April 2007 erließ die Kommission die Entscheidung K (2007) 1697 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/B/37. 766 – Niederländischer Biermarkt) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 20. Mai 2008 (ABl. 2008, C 122, S. 1) veröffentlicht ist und die den Klägerinnen mit Schreiben vom 24. April 2007 zugestellt wurde.
Angefochtene Entscheidung
In Rede stehende Zuwiderhandlung
[11] 10 Nach Art. 1 der angefochtenen Entscheidung beteiligten sich die Klägerinnen und die Gesellschaften InBev NV, InBev Nederland, Koninklijke Grolsch und Bavaria im Zeitraum vom 27. Februar 1996 bis 3. November 1999 an einer einzigen, fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG in Form eines Komplexes von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen, dessen Ziel es war, den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt zu beschränken.
[12] 11 Die Zuwiderhandlung bestand erstens in der Abstimmung von Bierpreisen und Preiserhöhungen in den Niederlanden, sowohl im Gaststätten- als auch im Privatsegment, einschließlich für Händlermarkenbier, zweitens in der gelegentlichen Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättensegment in den Niederlanden, wie etwa Darlehen an Verkaufsstellen, und drittens in der gelegentlichen Abstimmung über eine Kundenzuteilung sowohl im Gaststätten- als auch im Privatsegment in den Niederlanden (Art. 1 und Erwägungsgründe 257 und 258 der angefochtenen Entscheidung).
[13] 12 Zu den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der Brauereien kam es nach der angefochtenen Entscheidung bei regelmäßigen multilateralen, nicht offiziellen Treffen der vier größten Akteure des niederländischen Biermarkts und bei bilateralen Treffen, bei denen dieselben Brauereien in unterschiedlicher Zusammensetzung zusammenkamen. Diese Treffen hätten unter dem Siegel der Geheimhaltung, vorsätzlich und in dem Bewusstsein stattgefunden, dass es sich um rechtswidrige Vorgehensweisen gehandelt habe (Erwägungsgründe 257 bis 260 der angefochtenen Entscheidung).
[14] 13 Erstens habe zwischen dem 27. Februar 1996 und dem 3. November 1999 eine Reihe als "Catherijne overleg" (Catherijne-Beratungen) oder "agendacommissie" (Tagesordnungskommission) bezeichneter multilateraler Zusammenkünfte stattgefunden. Nach der angefochtenen Entscheidung ging es bei diesen Zusammenkünften, die sich auf den Gaststättenbereich bezogen, aber auch den Privatsektor betreffen konnten, im Wesentlichen darum, die Bierpreise und Preiserhöhungen abzustimmen, über die Beschränkung des Betrags von Preisnachlässen und die Kundenzuteilung zu beraten und bestimmte andere Geschäftsbedingungen abzustimmen. Auch über die Preise für Händlermarkenbiere sei im Rahmen dieser Zusammenkünfte gesprochen worden (Erwägungsgründe 85, 90, 98, 115 bis 127 und 247 bis 252 der angefochtenen Entscheidung).
[15] 14 Was zweitens die bilateralen Kontakte zwischen den Brauereien betrifft, hätten sich InBev und Bavaria am 12. Mai 1997 getroffen und über die Anhebung der Preise für Händlermarkenbier diskutiert (Erwägungsgrund 104 der angefochtenen Entscheidung). Zudem seien die Klägerinnen und Bavaria 1998 zusammengekommen, um über Beschränkungen in Bezug auf Verkaufsstellen im Gaststättenbereich zu sprechen (Erwägungsgrund 189 der angefochtenen Entscheidung). Am 5. Juli 1999 hätten auch bilaterale Kontakte zwischen den Klägerinnen und Grolsch stattgefunden, bei denen es um die Kompensierung gegangen sei, die Kunden im Privatsektor gewährt werde, die vorübergehende Nachlässe durchführten (Erwägungsgründe 212 und 213 der angefochtenen Entscheidung).
[16] 15 Schließlich sei es 1997 zu bilateralen Kontakten und zum Austausch von Informationen zwischen InBev und Bavaria gekommen, bei denen allgemeine Diskussionen über die Bierpreise geführt worden seien sowie Diskussionen, die mehr den Händlermarken gegolten hätten. An den bilateralen Kontakten in Form des Austauschs von Informationen, bei denen es um die Händlermarken gegangen sei, seien im Juni und im Juli 1998 auch belgische Brauereien beteiligt gewesen. Die Gespräche hätten im Beisein der Klägerinnen und von Grolsch stattgefunden (Erwägungsgründe 105, 222 bis 229 und 232 bis 236 der angefochtenen Entscheidung).
[17] 16 Die Verantwortlichkeit von Heineken NV wurde mit der Begründung bejaht, dass Heineken Nederland während des Zeitraums der Zuwiderhandlung unmittelbar oder mittelbar vollständig in ihrem Besitz gewesen sei, und dieser Umstand, der durch weitere Aktenstücke bestätigt werde, beweise, dass sie auf die Geschäftspolitik ihres Tochterunternehmens entscheidenden Einfluss genommen habe (Erwägungsgründe 400 bis 414 der angefochtenen Entscheidung).
[18] Gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße
[19] 17 In Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung wird gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldner eine Geldbuße von 219 275 000 Euro festgesetzt.
[20] 18 Bei der Berechnung dieser Geldbuße wandte die Kommission Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und die Methodik an, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), dargelegt ist (Erwägungsgründe 436 und 442 der angefochtenen Entscheidung). Gemäß dieser Methodik wurde der Betrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße anhand der Schwere und der Dauer des Verstoßes festgesetzt (Erwägungsgrund 437 der angefochtenen Entscheidung).
[21] 19 Insbesondere wurde die Zuwiderhandlung als "besonders schwer" eingestuft, da ihre wesentlichen Merkmale die regelmäßige Abstimmung von Preisen, Preiserhöhungen und weiteren Geschäftsbedingungen sowie die Kundenzuteilung seien (Erwägungsgrund 440 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat auch berücksichtigt, dass das wettbewerbswidrige Verhalten geheim und vorsätzlich gewesen sei, sowie den Umstand, dass das gesamte Gebiet der Niederlande und der gesamte Biermarkt, d. h. sowohl der Gaststätten- als auch der Privatsektor, von der Zuwiderhandlung betroffen gewesen seien (Erwägungsgründe 453 und 455 der angefochtenen Entscheidung). Die tatsächlichen Auswirkungen der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen auf den niederländischen Markt seien nicht berücksichtigt worden, da sie nicht messbar seien (Erwägungsgrund 452 der angefochtenen Entscheidung).
[22] 20 Außerdem behandelte die Kommission die Klägerinnen differenziert, um ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ihrem Gewicht bei den festgestellten rechtswidrigen Verhaltensweisen Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck stützte sie sich auf die Verkaufszahlen für Bier, die die Klägerinnen 1998, d. h. im letzten vollen Kalenderjahr der Zuwiderhandlung, in den Niederlanden erzielt hatten. Auf dieser Grundlage wurden die Klägerinnen in die erste Kategorie eingestuft, die einem Ausgangsbetrag von 65 000 000 Euro entsprach (Erwägungsgrund 462 der angefochtenen Entscheidung).
[23] 21 Um eine hinreichend abschreckende Wirkung zu gewährleisten, wurde dieser Ausgangsbetrag angesichts des bedeutenden Umsatzes von Heineken mit 2, 5 multipliziert (Erwägungsgrund 464 der angefochtenen Entscheidung).
[24] 22 Da die Klägerinnen vom 27. Februar 1996 bis 3. November 1999, d. h. über einen Zeitraum von 3 Jahren und 8 Monaten, an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, wurde dieser Ausgangsbetrag um 35 % erhöht (Erwägungsgründe 465 und 466 der angefochtenen Entscheidung). Der Grundbetrag wurde somit auf 219 375 000 Euro festgesetzt.
[25] 23 Schließlich setzte die Kommission den Betrag der Geldbuße um 100 000 Euro herab, da sie einräumte, dass das Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall unangemessen lange gedauert habe (Erwägungsgründe 495 bis 499 der angefochtenen Entscheidung).
Verfahren und Anträge der Parteien
[26] 24 Mit Klageschrift, die am 4. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.
[27] 25 Mit Entscheidung vom 10. Februar 2010 hat das Gericht die Rechtssache gemäß Art. 14 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung an die Sechste erweiterte Kammer verwiesen
[28] 26 Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen vom 12. Februar 2010 hat das Gericht der Kommission einige schriftliche Fragen gestellt, die diese innerhalb der gesetzten Frist beantwortet hat.
[29] 27 Die Parteien haben in der Sitzung vom 25. März 2010 mündlich verhandelt und die vom Gericht gestellten Fragen beantwortet.
[30] 28 Da der Berichterstatter nach Schließung der mündlichen Verhandlung an der Teilnahme am Verfahren verhindert war, ist die Rechtssache einem anderen Berichterstatter zugewiesen worden; das vorliegende Urteil ist gemäß Art. 32 der Verfahrensordnung von den drei Richtern beraten worden, deren Unterschrift es trägt.
[31] 29 Die Klägerinnen beantragen,
- die angefochtene Entscheidung ganz oder teilweise aufzuheben, soweit sie die Klägerinnen betrifft;
- die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen;
- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
[32] 30 Die Kommission beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
[33] 31 Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf elf Gründe, und zwar erstens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003 hinsichtlich der Verweigerung des Zugangs zu den Antworten anderer betroffener Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, zweitens auf einen sich aus dem Fehlen sorgfältiger und unparteiischer Ermittlungen ergebenden Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, das Sorgfaltsprinzip und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, drittens auf einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, viertens auf die Nichteinhaltung einer angemessenen Frist im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, fünftens auf die Unzulänglichkeit der Beweismittel für den Nachweis der Zuwiderhandlung, sechstens auf das Nichtvorliegen von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG, siebtens auf eine unzutreffende Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung, achtens auf einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie die Begründungspflicht in Bezug auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße, neuntens auf eine fehlerhafte Würdigung mildernder Umstände, zehntens auf die Auswirkung der Dauer des Verwaltungsverfahrens auf die Höhe der Geldbuße und elftens auf den zu geringen Umfang der Ermäßigung der Geldbuße, die die Kommission wegen der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens gewährt hat.
[34] 32 Nach Auffassung des Gerichts sind zunächst der fünfte, der sechste und der siebte Klagegrund zu prüfen, mit denen im Wesentlichen die Zuwiderhandlung bestritten wird, danach der erste, der zweite, der dritte und der vierte Klagegrund, mit denen Verfahrensfehler und Verstöße gegen die Verteidigungsrechte geltend gemacht werden, und schließlich der achte, der neunte, der zehnte und der elfte Klagegrund, die die Bestimmung des Betrags der Geldbuße betreffen.
Zum fünften und zum sechsten Klagegrund: Unzulänglichkeit der Beweismittel für den Nachweis der Zuwiderhandlung und Nichtvorliegen von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG
Vorbringen der Parteien
[35] 33 Im Rahmen des fünften Klagegrundes tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweismittel nicht ausreichten, um das Vorliegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG über jeden vernünftigen Zweifel hinaus zu beweisen. Die dahin gehende Schlussfolgerung der Kommission laufe daher der Unschuldsvermutung und der Begründungspflicht zuwider.
[36] 34 Hierfür stellen die Klägerinnen die Beweiskraft der Erklärung von InBev, die die Hauptstütze der angefochtenen Entscheidung darstelle, mit der Begründung in Frage, dass diese Erklärung sehr vage und widersprüchlich sei und sich teilweise auf von Dritten erlangte Informationen stütze. Überdies habe die Kommission nicht geprüft, ob diese Erklärung besonnen und nach reiflicher Überlegung abgegeben worden sei, und sei den darin enthaltenen entlastenden Aussagen nicht nachgegangen.
[37] 35 Da außerdem die von den Vertretern der niederländischen Brauereien bei den beanstandeten Treffen verfassten handschriftlichen Notizen fragmentarisch seien, genügten auch sie nicht, um das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise nachzuweisen.
[38] 36 Im Rahmen des sechsten Klagegrundes ziehen die Klägerinnen die Erheblichkeit und die von der Kommission vorgenommene Auslegung bestimmter urkundlicher Beweise in Zweifel, die der Schlussfolgerung zugrunde liege, dass ein Komplex von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen gegeben sei, die den Wettbewerb beschränkten.
[39] 37 Die Klägerinnen bestreiten, dass die Kontakte zwischen den Brauereien zu einer Vereinbarung geführt hätten, da es zwischen ihnen nie eine Willensübereinstimmung dahin gegeben habe, eine bestimmte Linie für das Marktverhalten festzulegen.
[40] 38 Sie bestreiten auch das Vorliegen aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen. Die verfügbaren Beweismittel deuteten nicht darauf hin, dass die Kontakte zwischen den Brauereien die Ungewissheiten hinsichtlich ihres künftigen Marktverhaltens beseitigt oder zumindest erheblich gemindert hätten. Die Klägerinnen hätten dagegen hinreichend nachgewiesen, dass das Marktverhalten der Brauereien autonom festgelegt worden sei.
[41] 39 Darüber hinaus sei mit den beanstandeten Treffen nie ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt worden. In den Diskussionen bei diesen Treffen sei es um zahlreiche legitime Themen gegangen, so dass Gespräche über die Marktsituation einschließlich der Verbraucherpreise im Privatsektor und der Angebote an einige Kunden im Gaststättensegment nur hin und wieder stattgefunden und informellen Charakter gehabt hätten.
[42] 40 Schließlich wenden sich die Klägerinnen dagegen, dass ihnen die Gespräche zwischen Interbrew und Bavaria über das Händlermarkenbier-Segment, in dem sie nicht tätig seien, zugerechnet würden.
[43] 41 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[44] 42 Mit ihrem fünften Klagegrund werfen die Klägerinnen der Kommission im Wesentlichen vor, die tatsächlichen Feststellungen, auf deren Grundlage sie auf das Vorliegen einer Zuwiderhandlung geschlossen habe, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen zu haben. Mit ihrem sechsten Klagegrund wenden sie sich gegen die Einstufung des fraglichen Verhaltens als Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Art. 81 EG. Da mit diesen beiden Klagegründen die Feststellung der Zuwiderhandlung in Frage gestellt werden soll, sind sie gemeinsam zu prüfen.
[45] 43 Nach Art. 81 Abs. 1 EG sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten.
[46] 44 Eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T-7/89, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 256, und vom 20. März 2002, HFB Holding u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Randnr. 199).
[47] 45 Vom Abschluss einer Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG kann ausgegangen werden, wenn hinsichtlich der Wettbewerbsbeschränkung als solcher ein übereinstimmender Wille vorliegt, selbst wenn die einzelnen Gesichtspunkte der beabsichtigten Beschränkung noch Gegenstand von Verhandlungen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil HFB Holding u. a./Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnrn. 151 bis 157 und 206).
[48] 46 Bei der abgestimmten Verhaltensweise handelt es sich um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 115, und Hüls/Kommission, C-199/92 P, Slg. 1999, I-4287, Randnr. 158).
[49] 47 Art. 81 Abs. 1 EG steht jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegen, durch die entweder das Marktverhalten eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbers beeinflusst oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen ist oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn diese Fühlungnahme eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnrn. 116 und 117).
[50] 48 Was den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG betrifft, hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend bewiesen wird (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58, und Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 86).
[51] 49 Daher ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise für das Vorliegen der Zuwiderhandlung vorlegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T-62/98, Slg. 2000, II-2707, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[52] 50 Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendigerweise hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, Slg. 2004, II-2501, Randnrn. 179 und 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[53] 51 In Anbetracht der Bekanntheit des Verbotes wettbewerbswidriger Vereinbarungen kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnrn. 55 bis 57).
[54] 52 Hat sich die Kommission für ihre Feststellung einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung oder Verhaltensweise auf schriftliche Beweisstücke gestützt, haben die Parteien, die diese Feststellung vor dem Gericht anfechten, nicht bloß eine plausible Alternative zur Darstellung der Kommission darzutun, sondern müssen außerdem aufzeigen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise für den Nachweis der Zuwiderhandlung nicht genügen (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 187).
[55] 53 Was den Umfang der gerichtlichen Kontrolle anbelangt, hat nach ständiger Rechtsprechung das Gericht bei einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung nach Art. 81 Abs. 1 EG generell eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen, ob die Tatbestandsmerkmale von Art. 81 Abs. 1 EG erfüllt sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000, Bayer/Kommission, T-41/96, Slg. 2000, II-3383, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[56] 54 Hat das Gericht Zweifel, so muss dies gemäß der Unschuldsvermutung, die als allgemeiner Grundsatz des Rechts der Europäischen Union insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, gilt, dem Unternehmen zugute kommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird (Urteil Hüls/Kommission, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnrn. 149 und 150, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T-44/02 OP, T-54/02 OP, T-56/02 OP, T-60/02 OP und T-61/02 OP, Slg. 2006, II-3567, Randnrn. 60 und 61).
[57] 55 Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall rechtlich hinreichend bewiesen hat, dass das Verhalten der Klägerinnen einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG begründet hat.
- Zur Erklärung von InBev
[58] 56 Die Kommission stützt sich in weitem Umfang (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 40 bis 62 der angefochtenen Entscheidung) auf die Erklärung, die InBev im Rahmen ihres Kronzeugenantrags mit Schreiben vom 28. Januar sowie vom 3., 25. und 29. Februar 2000, ergänzt durch die beigefügten Erklärungen von fünf ihrer Manager, abgegeben hat (Erwägungsgründe 34 und 40 der angefochtenen Entscheidung, im Folgenden zusammengefasst: Erklärung von InBev).
[59] 57 Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass es nach der Erklärung von InBev "auf dem niederländischen Biermarkt verschiedene Formen der Abstimmung zwischen den Brauereien [gab]" und dass in dieser Erklärung unterschieden wurde zwischen den offiziellen Treffen der Hauptversammlung des CBK, den informellen Treffen der Finanzkommission des CBK und den parallelen "anderen Treffen" mit unterschiedlicher Zusammensetzung, die als "Catherijne-Beratungen" bezeichnet wurden und zu denen InBev angibt, keine schriftlichen Unterlagen gefunden zu haben. Die "anderen Treffen" ließen sich u. a. unterteilen in "(i) Zusammenkünfte der Direktoren der vier wichtigsten Brauereien für den Gaststättensektor (Heineken, Interbrew, Grolsch und Bavaria) …, (ii) gemeinsame Zusammenkünfte der Direktoren für den Gaststätten- und den privaten Bereich (zwei im Jahr 1998) und (iii) Zusammenkünfte der Direktoren für den privaten Bereich (eine 1999 …)" (Erwägungsgründe 41 bis 46 der angefochtenen Entscheidung).
[60] 58 Nach der Erklärung von InBev hatte die Finanzkommission "eine offizielle Tagesordnung, war aber auch das Forum für die Diskussion zur Preisgestaltung im Privat- und Gaststättensektor. Zu diesen Diskussionen wurden keine Notizen angefertigt" (Erwägungsgrund 43 der angefochtenen Entscheidung).
[61] 59 Bei den "anderen Treffen" sei sowohl über den Gaststättensektor als auch den Privatsektor und das Händlermarkenbier gesprochen worden (Erwägungsgrund 47 der angefochtenen Entscheidung).
[62] 60 Erstens seien in Bezug auf den Gaststättensektor hauptsächlich zwei Themen besprochen worden: "Es gab eine grundlegende Einigung im Zusammenhang mit der Festlegung maximaler Volumenrabatte für den Gaststättensektor … Ein anderes Gesprächsthema waren Investitionen im Gaststättensektor. Es war angedacht worden, den Status quo in dem Sektor beizubehalten und Übernahmen durch Abnehmer anderer Brauereien zu verhindern" (Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung).
[63] 61 Ein Manager von InBev gibt an, den exakten Inhalt der Vereinbarung nicht zu kennen, ein anderer beschreibt ihn als eine "Vereinbarung zu Staffelungen (Nachlässen für das Gaststättensegment), die recht komplex und unklar war und an der wir nie mitgewirkt haben", und gibt an, dass "[di] e Beratungen [darin bestanden], dass die Direktoren für das Gaststättensegment alle zwei Monate zusammenkamen. Da hat man dann die bekannten Verstöße gegen die 'Regel' diskutiert (obschon diese Regel unklar war: es wurden Marktexzesse diskutiert)" (Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung).
[64] 62 Was zweitens den Privatsektor angeht, sei es in den Diskussionen sowohl um das Preisniveau im Allgemeinen als auch um das spezielle Thema Händlermarkenbier gegangen.
[65] 63 Zum Preisniveau im Allgemeinen erklärt einer der Manager von InBev, dass "es üblich [war], dass eine Brauerei den Bierpreis nicht ohne vorherige Mitteilung an andere Brauereien anhob … Die Initiative ging stets von einer der großen Brauereien aus, meist war es Heineken. Die anderen Brauereien konnten dann noch rechtzeitig ihren Standpunkt bestimmen. Allgemein gesagt, würde man in der Regel nachziehen, aber jeder verfolgte seine eigene Preispolitik und hielt daran fest" (Erwägungsgrund 51 der angefochtenen Entscheidung).
[66] 64 In Bezug auf Händlermarkenbier gibt InBev an, dass es seit 1987 zwischen den niederländischen Akteuren in diesem Bereich (Bavaria und Oranjeboom, die später von Interbrew aufgekauft wurde) Diskussionen über Preise gegeben habe. Sie fügt hinzu, dass "[n] achdem das Thema ausdiskutiert worden war, … beiden Partien klar [war], dass keine die Abnahme ihrer Private Label-Kunden akzeptieren würde, wenn damit einhergehend das Absatzvolumen sinkt" (Erwägungsgrund 52 der angefochtenen Entscheidung).
[67] 65 Hinsichtlich der Beteiligung von Heineken und Grolsch in diesem Bereich heiße es in der Erklärung von InBev: "Der niederländische Markt zeichnet sich durch eine signifikante Kluft zwischen den Preisen für Private Label-Bier ('B-Marken') und [anderen Marken ('A-Marken')] aus. Heineken, nicht aktiv im Private Label-Segment, hat stets Preisanhebungen für A-Marken abgelehnt, so lange der Preis für Private Label-Bier nicht angehoben wird. Auf diese Weise übte Heineken indirekten Druck insbesondere auf die Hersteller von Private Label-Bier aus, wie etwa Bavaria und Interbrew" (Erwägungsgrund 53 der angefochtenen Entscheidung).
[68] 66 Die Preise für Händlermarkenbier seien auch zwischen den vier Brauereien, d. h. auch mit Grolsch, diskutiert worden, und zwar im Rahmen des allgemeineren Themas der aufrechtzuerhaltenden Preisunterschiede zwischen den einzelnen Biermarken. InBev zufolge "[erhöhten] Heineken und Grolsch … über Jahre ihre Preise nicht, so dass die Preise anderer Brauereien für Marken und Private Labels ebenfalls nicht stiegen. In den letzten Jahren haben Bavaria und Interbrew ihre Preise angehoben, und Grolsch hat nachgezogen" (Erwägungsgrund 54 der angefochtenen Entscheidung). Ferner wurde ausgeführt, dass "[d] ie informelle Diskussion … vor drei bis vier Jahren in die bestehende Privatsegment-" Catherijne" -Diskussion integriert wurde, an der auch Vertreter des CBK teilnahmen. Nach einigen Treffen wurde beschlossen, sie erneut in getrennte Privatsegment- und Gaststättensegment-Treffen zu unterteilen" (Erwägungsgrund 54 der angefochtenen Entscheidung).
[69] 67 Darüber hinaus habe das Erreichen eines gewissen Marktanteils durch den belgischen Bierbrauer Martens seit 1996—1997 zu "einer Abstimmung zwischen belgischen und niederländischen Bierbrauern, die im Private Label-Markt tätig sind, geführt … Zwei Treffen fanden [in einem Hotel] in Breda im Jahre 1998 statt … Besprochen wurde, wie im Private Label-Segment die spezifischen Mengen der einzelnen Brauereien bei den Abnehmern in den Niederlanden und in Belgien durchzusetzen seien" (Erwägungsgrund 55 der angefochtenen Entscheidung).
[70] 68 Nach den Aussagen der Manager von InBev fanden die "anderen Treffen" zur wechselseitigen Beruhigung im Zusammenhang mit "begrenzter Aggressivität" am Markt statt (Erwägungsgrund 46 der angefochtenen Entscheidung).
[71] 69 In ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 19. Dezember 2001 gibt InBev an, dass "Tagesordnungen aus zurückliegenden Jahren und Gesprächsnotizen zu informellen Treffen Ende November 1998 vernichtet wurden. Um diese Zeit herum begann die Existenz von Gesprächen zwischen niederländischen Brauereien am Markt bekannt zu werden, und es entwickelte sich die Furcht vor einer Nachprüfung der niederländischen Kartellbehörde. Auch im darauffolgenden Jahr wurden noch Tagesordnungen vernichtet" (Erwägungsgrund 61 der angefochtenen Entscheidung).
[72] 70 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es keine Bestimmung und keinen allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz gibt, die es der Kommission untersagen, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer beschuldigter Unternehmen zu verwenden. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die den Art. 81 EG und 82 EG zuwiderlaufen, nicht tragbar und mit der durch den EG-Vertrag der Kommission übertragenen Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmungen zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 192).
[73] 71 Im vorliegenden Fall bestreiten die Klägerinnen die Angaben in der Erklärung von InBev nicht, wonach Treffen zwischen den Vertretern der niederländischen Bierhersteller stattgefunden haben. Sie bestreiten auch nicht, bei den meisten Treffen vertreten gewesen zu sein und dass bei diesen Treffen informell über die allgemeine Situation auf dem Biermarkt gesprochen worden sei. Im Übrigen räumen sie in der Klageschrift ein, dass bei diesen Treffen gelegentlich auch Bedenken hinsichtlich des Niveaus der Verbraucherpreise und in Bezug auf Probleme mit bestimmten Kunden geäußert worden seien.
[74] 72 Sie bestreiten dagegen, dass die Gespräche, die bei diesen Treffen geführt worden seien, zum Abschluss einer rechtswidrigen Vereinbarung oder zur Aufnahme von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen geführt hätten. Bei den Treffen sei es im Wesentlichen um legitime Themen gegangen; soweit die Situation auf dem Markt besprochen worden sei, sei dies nicht zu wettbewerbswidrigen Zwecken geschehen. Insoweit stellen sie die Glaubhaftigkeit der Erklärung von InBev in Frage und machen geltend, dass diese sehr vage und widersprüchlich sei und teilweise Feststellungen enthalte, die den Urhebern der Erklärungen nicht unmittelbar bekannt seien, somit einen "Beweis vom Hörensagen" enthielten.
[75] 73 Zur Widersprüchlichkeit der Erklärung von InBev tragen die Klägerinnen vor, dass die Erklärung eine Reihe entlastender Aussagen enthalte.
[76] 74 Zum einen handele es sich um folgende Aussagen, die in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt seien: "Die Diskussion bestand darin, über bekannte Fälle von Verstößen gegen die Staffelung (die im Übrigen sehr vage war) zu diskutieren. In der Praxis tat jeder, was er für richtig hielt"; "[u] nser Marktverhalten war in sehr aggressiver Weise auf die Erlangung neuer Kunden – auch mittels Preisnachlässen – ausgerichtet"; "[w] ir haben uns also völlig rechtmäßig verhalten"; "[InBev] hat keine Vereinbarungen abgeschlossen und sich an nichts gehalten"; "[die] [Catherijne-] Beratung führte nicht zu konkreten Ergebnissen hinsichtlich der Auswirkungen auf den Markt … Bei keinem dieser beiden Male haben wir konkret über Verhaltensweisen auf dem Markt gesprochen. Das Treffen war mehr informeller Natur"; "[e] s gab keine Vereinbarung für den Nahrungsmittelsektor"; "[i] ch habe nie festgestellt, dass das Treffen [des CBK] durch Diskussionen über für den Markt sensible Punkte fortgesetzt worden wäre. Es ist immer möglich, dass solche Treffen die Gelegenheit für informelle bilaterale Gespräche bieten, aber meines Erachtens stand nichts auf dem Spiel".
[77] 75 Zum anderen nehmen die Klägerinnen Bezug auf bestimmte Stellen von Aussagen, die in der angefochtenen Entscheidung zitiert werden: "Nach Wissen von Interbrew hatte die Abstimmung nie bedeutende Auswirkungen auf den tatsächlichen Markt und dürfte heute weniger intensiv sein … [;] die Diskussion [war] sehr allgemeiner Art" (zitiert im Erwägungsgrund 45 der angefochtenen Entscheidung). "Es wurde viel geredet, hauptsächlich, um einander den Eindruck zu vermitteln, dass wir den Markt ruhig halten. Seltenst, wenn überhaupt, wurde über Staffelungen und Verkaufsstellen gesprochen. Jeder spielte irgendwo ein Spiel mit jedem anderen. In den letzten Jahren haben diese Treffen mehr und mehr Substanz verloren und wurde die Abstimmung vager" (zitiert im Erwägungsgrund 46 der angefochtenen Entscheidung). "Es gab auch eine Vereinbarung zu Staffelungen (Nachlässen für das Gaststättensegment), die recht komplex und unklar war und an der wir nie mitgewirkt haben. Ich habe übrigens nie ein Dokument gesehen" (zitiert im Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung).
[78] 76 Abgesehen davon, dass diese Aussagen nicht konkret seien, seien sie darüber hinaus nicht vereinbar mit den Schlussfolgerungen der Kommission zum Vorliegen der fraglichen Zuwiderhandlung. Aus ihnen ergebe sich, dass die Gespräche zwischen den Brauereien sehr allgemein gewesen seien, dass keine Vereinbarungen geschlossen worden seien, dass InBev sich an keine kollusiven Übereinkünfte gehalten habe und dass die Abstimmung keinerlei Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.
[79] 77 Zunächst ist festzustellen, dass die Schlussfolgerungen, die die Klägerinnen auf der Grundlage bestimmter Teile der Erklärung von InBev gezogen haben, in denen auf die allgemeine Natur der Diskussionen, das Fehlen von Vereinbarungen für bestimmte Sektoren und die fehlenden Auswirkungen der Diskussionen auf das Marktverhalten der Brauereien hingewiesen wird, als solche die Feststellung der Kommission zum Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht in Frage stellen können.
[80] 78 Zum behaupteten allgemeinen Charakter dieser Erklärung ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission das Bestehen einer Zuwiderhandlung oft unter dafür ungünstigen Voraussetzungen nachweisen muss, da seit den Vorgängen, die die Zuwiderhandlung bilden, mehrere Jahre vergangen sein können und möglicherweise mehrere von der Untersuchung betroffene Unternehmen nicht aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet haben. Wenn die Kommission somit auch notwendig nachweisen muss, dass eine rechtswidrige Vereinbarung über die Aufteilung von Märkten geschlossen wurde, wäre es überzogen, außerdem noch zu verlangen, dass sie den spezifischen Mechanismus nachweist, mit dem dieses Ziel erreicht werden sollte. Es wäre nämlich für ein Unternehmen, das einer Zuwiderhandlung schuldig gemacht hat, zu einfach, sich jeder Sanktion zu entziehen, könnte es sich in einer Situation, in der das Bestehen einer rechtswidrigen Vereinbarung und ihr wettbewerbswidriger Zweck hinreichend bewiesen sind, darauf berufen, dass die über die Funktionsweise der Vereinbarung vorgelegten Informationen zu unbestimmt seien. Die Unternehmen können sich in einer solchen Situation insoweit sachgerecht verteidigen, als sie die Möglichkeit haben, alle von der Kommission gegen sie angeführten Beweise zu kommentieren (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 203; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C-403/04 P und C-405/04 P, Slg. 2007, I-729, Randnr. 50).
[81] 79 Was ferner die behaupteten Hinweise darauf betrifft, dass das streitige Verhalten keine Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, ergibt sich aus Art. 81 EG unmittelbar, dass Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen unabhängig von ihrer Wirkung auf den Markt verboten sind, wenn mit ihnen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird (Urteile des Gerichtshofs Hüls/Kommission, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnrn. 163 bis 166, und vom 4. Juni 2009, T-Mobile Netherlands u. a., C-8/08, Slg. 2009, I-4529, Randnr. 29).
[82] 80 Da die Kommission das Vorliegen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen festgestellt hat, mit denen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wurde, kann dieser Feststellung somit nicht entgegengehalten werden, die kollusiven Übereinkünfte seien nicht umgesetzt worden oder es sei nicht zu Auswirkungen auf den Markt gekommen.
[83] 81 Was die Hinweise auf das Fehlen einer Vereinbarung im Privatsektor und im Gaststättensektor anbelangt, die in der Erklärung von InBev enthalten sein sollen, schließen die von den Klägerinnen angeführten Stellen in ihrem Kontext betrachtet das Vorliegen einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise in den betreffenden Bereichen keineswegs aus.
[84] 82 Bezüglich des Privatsektors (Einzelhandel) folgt nämlich auf die Aussage eines der Manager von InBev, wonach "[es] keine Vereinbarung für [diesen] Sektor [gab]", eine konkrete Schilderung des von den Brauereien angewandten Preisabstimmungsmechanismus. Die relevante Passage (Erwägungsgrund 51 der angefochtenen Entscheidung) lautet:
[85] "Es gab keine Vereinbarung für den Sektor des Einzelhandels ('Food'). Im Zusammenhang mit den Bierpreisanhebungen war es üblich, dass eine Brauerei den Bierpreis nicht ohne vorherige Mitteilung an andere Brauereien anhob. Nach der Mitteilung einer der Parteien folgten zwar Diskussionen über die Auswirkungen auf den Markt, doch die Bierpreisanhebung kam auf jeden Fall. Die Initiative ging stets von einer der großen Brauereien aus, meist war es Heineken. Die anderen Brauereien konnten dann noch rechtzeitig ihren Standpunkt bestimmen. Allgemein gesagt, würde man in der Regel nachziehen, aber jeder verfolgte seine eigene Preispolitik und hielt daran fest."
[86] 83 In diesem Zusammenhang kann die bloße Tatsache, dass der Manager von InBev auf das Fehlen einer "Vereinbarung" verwiesen hat, kein stichhaltiges Argument darstellen, da es Sache der Kommission und gegebenenfalls des Gerichts ist, die in den Erklärungen der Verantwortlichen der betroffenen Unternehmen geschilderten Verhaltensweisen rechtlich zu qualifizieren.
[87] 84 Hinsichtlich der Behauptung, im Gaststättensektor habe es keine Vereinbarung gegeben bzw. eine Vereinbarung sei nicht eingehalten worden, ist festzustellen, dass die Aussage eines Managers von InBev, wonach "[InBev] keine Vereinbarungen abgeschlossen und sich an nichts gehalten [hat]", der Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorliegens einer Vereinbarung im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG nicht widerspricht. In seiner Aussage verweist dieser Manager nämlich ausdrücklich auf das Vorliegen einer "Vereinbarung zu Staffelungen (Nachlässen für das Gaststättensegment), die recht komplex und unklar war", und auf eine Vereinbarung, deren Ziel es gewesen sei, "zu vermeiden, dass zu viele Änderungen im Gaststättensegment … auftreten".
[88] 85 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass den Ausführungen der Klägerinnen in Bezug auf die Widersprüchlichkeit der Erklärung von InBev nicht gefolgt werden kann. Insoweit ist auch ihr Argument zurückzuweisen, die Kommission habe diese Erklärung selektiv verwendet, da sie die behaupteten Widersprüche nicht berücksichtigt habe.
[89] 86 Somit haben die Klägerinnen das Vorliegen von Widersprüchen, die die Glaubhaftigkeit der Erklärung von InBev schwächen könnten, nicht nachgewiesen.
[90] 87 Außerdem nehmen die Klägerinnen mit der Behauptung, die Erklärung von InBev enthalte einen "Beweis vom Hörensagen", Bezug auf folgende Passagen dieser Erklärung: "Interbrew hat nie ein Dokument mit einer Rabattvereinbarung gesehen, auf das in den Diskussionen Bezug genommen wurde, aber die allgemeine Regel schien bekannt zu sein" (zitiert im Erwägungsgrund 45 der angefochtenen Entscheidung). "Ich kannte die Vereinbarung (Staffelungen) selbst nicht und habe auch keine Unterlagen darüber gesehen." "Ich kenne den exakten Inhalt der Vereinbarung nicht … Ich habe übrigens nie ein Dokument gesehen."
[91] 88 Die von den Klägerinnen angeführten Stellen betreffen ausschließlich die Frage des Vorliegens einer Vereinbarung ("Staffelung") zu Nachlässen, die Kunden des Gaststättensektors gewährt werden. In diesem speziellen Punkt ist der Beweiswert der Erklärung von InBev gewiss durch den Umstand gemindert, dass kein unmittelbarer Beweis vorliegt. Die Glaubhaftigkeit der Angaben zum Bestehen einer "Staffelung" wird jedoch dadurch erhöht, dass sie aus zwei unterschiedlichen Quellen stammen und genaue Angaben zu einer "Staffelung" enthalten, nämlich den genauen Betrag des Maximalnachlasses (vgl. Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung). Das Bestehen einer "Staffelung" wird darüber hinaus durch zwei Beweismittel bestätigt, die unabhängig von InBev sind, nämlich die handschriftlichen Notizen eines Mitglieds des Vorstands von Bavaria zum Treffen vom 1. Mai 1997 (Erwägungsgrund 92 der angefochtenen Entscheidung) und eines Managers des Gaststättenbereichs von Bavaria bezüglich des Treffens vom 12. März 1998 (wiedergegeben im Erwägungsgrund 143 der angefochtenen Entscheidung).
[92] 89 Das Vorbringen der Klägerinnen, es lägen "Beweise vom Hörensagen" vor, kann daher die aus der Erklärung von InBev gezogenen Schlussfolgerungen nicht in Frage stellen.
[93] 90 Was schließlich die allgemeine Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Erklärung von InBev angeht, durfte die Kommission dieser Erklärung entgegen der Ansicht der Klägerinnen einen besonders hohen Beweiswert beimessen, da es sich um eine Antwort handelte, die im Namen des Unternehmens gegeben wurde und deren Glaubhaftigkeit höher ist als die eines Mitglieds ihres Personals, unabhängig von dessen persönlicher Erfahrung oder Meinung. Zudem entspricht die Erklärung von InBev dem Ergebnis einer internen Untersuchung des Unternehmens und wurde der Kommission von einem Anwalt vorgelegt, der die berufliche Pflicht hatte, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln. Er konnte daher nicht leichthin das Bestehen einer Zuwiderhandlung einräumen, ohne die Konsequenzen dieser Handlungsweise abzuwägen (Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T-23/99, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 45, und JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 206).
[94] 91 Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass – auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptteilnehmer an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da sie die Neigung haben können, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen – das Antragsbegehren, durch die Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit eine Herabsetzung der eigenen Geldbuße zu erwirken, nicht zwangsläufig einen Anreiz zur Vorlage verfälschter Beweise gegen die übrigen Beteiligten an dem inkriminierten Kartell begründet. Denn jeder Versuch einer Irreführung der Kommission ist geeignet, die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage zu stellen und damit die für ihn bestehende Möglichkeit zu gefährden, ungeschmälert in den Genuss der Mitteilung über die Zusammenarbeit zu gelangen (Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T-120/04, Slg. 2006, II-4441, Randnr. 70).
[95] 92 Allerdings ist zu beachten, dass eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einer Absprache beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden kann, wenn sie nicht durch andere Beweismittel untermauert wird (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso-Gutzeit/Kommission, T-337/94, Slg. 1998, II-1571, Randnr. 91, und JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 219).
[96] 93 Die Erklärung von InBev reicht daher für sich allein für den Nachweis einer Zuwiderhandlung nicht aus, sondern muss durch andere Beweismittel erhärtet werden.
[97] 94 Jedoch ist der erforderliche Grad der Erhärtung im vorliegenden Fall wegen der Glaubhaftigkeit der Erklärung von InBev sowohl in Bezug auf die Genauigkeit als auch in Bezug auf die Intensität geringer, als dies der Fall wäre, wenn die Erklärung nicht sonderlich glaubhaft wäre. So ist davon auszugehen, dass, falls das Gericht feststellen sollte, dass das Vorliegen und bestimmte spezifische Aspekte der in der Erklärung von InBev genannten und in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Verhaltensweisen durch ein Bündel übereinstimmender Indizien erhärtet werden, die genannte Erklärung in diesem Fall für sich allein ausreichen könnte, um weitere Aspekte der angefochtenen Entscheidung zu belegen. Soweit außerdem ein Schriftstück nicht in offenkundigem Widerspruch zu der Erklärung von InBev über das Vorliegen oder den wesentlichen Inhalt der inkriminierten Verhaltensweisen steht, kommt ihm bereits dann ein gewisser Wert als erhärtendes Beweisstück im Bündel belastender Beweise zu, wenn es signifikante Merkmale der in der Erklärung von InBev beschriebenen Verhaltensweisen belegt (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 220 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[98] 95 Im Licht dieser Erwägungen sind die Argumente der Klägerinnen bezüglich weiterer Beweismittel zu prüfen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogen hat, um die Feststellungen zu erhärten, die aus der Erklärung von InBev hergeleitet wurden.
- Zu weiteren Beweismitteln
[99] 96 In der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, die Erklärung von InBev werde durch eine Reihe interner Dokumente untermauert, die von den Klägerinnen und den drei weiteren niederländischen Brauereien stammten, nämlich handschriftlichen Notizen zu Zusammenkünften, Kostennoten und Kopien von Tagesordnungen, die auf Untersuchungen und Auskunftsverlangen hin erlangt worden seien.
[100] 97 Im Erwägungsgrund 67 der angefochtenen Entscheidung beruft sich die Kommission auf handschriftliche Notizen eines Verkaufsdirektors von Grolsch zum Treffen vom 27. Februar 1996, dessen Zweck mit "CBK cie HOR cath" bezeichnet war. Die Notizen enthielten folgenden Abschnitt: "Garantien/Finanzierung: Fin [anzierung] für … höher als Bedarf an bestimmten Stellen. Dann … Mill [ionen]".
[101] 98 Nach Auffassung der Kommission ergibt sich aus diesem Abschnitt, dass die betreffenden vier Brauereien im Rahmen eines "Catherijne" -Treffens über finanzielle Bedingungen gegenüber spezifischen Kunden im Gaststättensegment (Erwägungsgrund 72 der angefochtenen Entscheidung), insbesondere gegenüber Betrieben, die von einem Eigentümer zahlreicher Gaststättenbetriebe in den Niederlanden geführt würden, gesprochen hätten.
[102] 99 Im Erwägungsgrund 76 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf handschriftliche Notizen eines Direktors des Bereichs "Gaststätten" von Bavaria zum Treffen vom 19. Juni 1996. Die Notizen werden wie folgt wiedergegeben:
"- Preise anpassen
Privatverbrauch hoch – niedrig
Gespräche zwischen Bavaria und Interbrew
… und … -] Problem …
Martens
Schultenbrau!! 89 ct
- Fasspreis: Erhöhung allein
Argumente
nur intergral Hein + Grolsch
Friesland US Heit
Interbrew\
| zusammen nach oben
Bavaria/
-] […] auch
Unterseite weiter nach oben als Oberseite
- Luft
- Vereinbarungen
Spirituosenhändlernachlass sanieren, 7, 5 pro Fass Heineken
Vertreter für eventuelle Vereinbarungen sensibilisieren
Interbrew\
| Luft darf verwendet werden
Grolsch/"
[103] 100 Nach Ansicht der Kommission zeigen diese Notizen, dass die anwesenden Brauereivertreter sowohl die Preise für Händlermarkenbier als auch die für Fassbier ausführlich besprochen haben und dass die Preise für das von Interbrew und Bavaria hergestellte billigere Bier stärker steigen sollte als die Preise für das von Heineken und Grolsch hergestellte teurere Bier (Erwägungsgrund 85 der angefochtenen Entscheidung).
[104] 101 Im Erwägungsgrund 89 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission ein Schreiben an, das der Generaldirektor von Interbrew Nederland am 25. März 1997 an die Zentrale von InBev in Belgien richtete:
"Es besteht jetzt ein Konsensus zwischen den größten Brauereien dahin gehend, noch vor 1998 eine Preisanhebung bei Bier durchzuführen. Das wird es den Brauereien erlauben, einen Puffer für die notwendigen zusätzlichen Werbebudgets zu schaffen. Die A-Marken-Spieler versuchen, die Preisanhebung zwischen A-Marken (+ NLG 2,-/hl) und B-Marken (+ NLG 4,-/hl) zu differenzieren. Dies scheint mir sehr unrealistisch zu sein – wir müssen alle die vollen NLG 4, – nehmen. Ich würde unsere 'trinkbaren' Spezialbiere (DAS, Hoegaarden, Leffe) von der Preisanhebung ausnehmen. Die Verhandlungen haben begonnen."
[105] 102 Auf der Grundlage dieses Schreibens zog die Kommission den Schluss, dass auf die Preisverhandlungen zwischen den größten Herstellern hin geplant gewesen sei, die Preise vor 1998 zu erhöhen. Außerdem bestätige das Schreiben, dass zwischen Herstellern und Marken von teurerem und billigerem Bier unterschieden werde (Erwägungsgrund 90 der angefochtenen Entscheidung).
[106] 103 Im Erwägungsgrund 92 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf handschriftliche Notizen eines Mitglieds des Vorstands von Bavaria zum Treffen vom 1. Mai 1997. Sie zitiert folgende Passagen:
"Catherijne Club 1/5 – '97
'interne' Verschiebungen innerhalb Gruppe
muss auch 'Staffelung' beachten
… 'Den Haag'
Monster Z. H [Südholland]. Überbieten".
[107] 104 Nach Auffassung der Kommission bestätigen diese Notizen, dass die Brauer über die Anwendung einer "Staffel" auf die Geschäftsbedingungen für Verkaufsstellen sprachen, wenn diese zu einem anderen Konzern oder auch innerhalb ein- und desselben Konzerns wechselten (Erwägungsgrund 99 der angefochtenen Entscheidung).
[108] 105 Im Erwägungsgrund 100 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass die oben genannten Notizen auch die Namen "Heineken/Amstel/Brand/Grolsch" in einer ersten Zeile und in einer zweiten die Namen "Interbrew/Bavaria" enthielten; die zwei Zeilen seien mit einer Klammer verbunden, hinter der "keine Preiserhöhungen" stehe. Die Kommission folgert hieraus, dass die Unterscheidung zwischen den A-Marken, die Heineken und Grolsch gehörten, und den B-Marken, die Interbrew und Bavaria gehörten, im Kern der Diskussion zwischen den Brauereien über Erhöhungen der Bierpreise gestanden hätten (Erwägungsgrund 103 der angefochtenen Entscheidung).
[109] 106 Im Erwägungsgrund 117 der angefochtenen Entscheidung beruft sich die Kommission auf handschriftliche Notizen eines Mitglieds des Vorstands von Bavaria zum Treffen vom 17. Dezember 1997. Sie zitiert folgenden Ausschnitt:
"2) Preissituation: März/April
einstufiger Schritt/zweistufiger Schritt
a) Heineken erwartet wenig Ärger!! Heineken 18. 59
b) Bei Anhebung: sehr gut diskussionsfähig; von ganzem Herzen; es kommt Hilfe".
[110] 107 Daraus schließt die Kommission, dass die beim Treffen vom 17. Dezember 1997 anwesenden Brauereien, einschließlich Bavaria, Grolsch und Heineken, Preiserhöhungen und mögliche Reaktionen auf eine Preiserhöhung besprochen hätten (Erwägungsgrund 127 der angefochtenen Entscheidung).
[111] 108 Im Erwägungsgrund 129 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf einen Auszug aus den handschriftlichen Notizen eines Direktors des Gaststättenbereichs von Bavaria bezüglich des Treffens vom 12. März 1998:
"- Seit 1. Jan nicht viel passiert
- A-Marken keine Panik beim Preis Hein
9. 95 Preissenkung von 11. 49 hat wenig Sinn Int
9. 75 9. 36 Bavaria
2x 4. 95 4. 75}
Private Labels
Preise an der Unterseite des Marktes
… Mitte März Bavaria etwas
unter Amstel (17) Bavaria (15)
von 9. 75 bis 10. 75 wenn nichts
geschieht, dann Grolsch und Hein
erhöht Tasche Brauerei
Termin ausmachen … und Dick
es muss 'nachweisbar' sein über Nielsen,
sonst wird nichts passieren".
[112] 109 Daraus ergebe sich, dass die beim Treffen vom 12. März 1998 anwesenden Brauereien über die niederländischen Supermärkten gewährten Nachlässe gesprochen hätten (Erwägungsgrund 137 der angefochtenen Entscheidung) und dass die von Bavaria vorgenommenen Preiserhöhungen in den von AC Nielsen zusammengetragenen Supermarkt-Kassendaten sichtbar nachzuweisen gewesen seien (Erwägungsgrund 133 der angefochtenen Entscheidung).
[113] 110 Im Erwägungsgrund 138 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission eine zweiten Auszug aus den oben genannten handschriftlichen Notizen an:
"Bav Zinsen 4 %? 6 1/2
es sei denn
Werbevergütung mitgerechnet"
[114] 111 Dieser Auszug beweise, dass eine Diskussion über die Höhe der Zinsen für Darlehen an Gaststätten-Verkaufsstellen geführt worden sei (Erwägungsgrund 142 der angefochtenen Entscheidung).
[115] 112 Im Erwägungsgrund 143 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf einen dritten Auszug aus den oben genannten handschriftlichen Notizen:
"Fußballplätze, Theater, Studentenverbände
…
Grolsch
über/außerhalb der Staffel
… (125) 124, 5".
[116] 113 Daraus ergebe sich, dass die Brauereien eine spezifische Diskussion über bestimmte Kunden im Gaststättensegment in Bezug auf eine "Staffel" geführt hätten, was die Erklärung von InBev hinsichtlich des Vorliegens einer als "Staffel" bezeichneten Vereinbarung untermauere Erwägungsgrund 147 der angefochtenen Entscheidung).
[117] 114 Im Erwägungsgrund 156 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf eine Passage der handschriftlichen Notizen eines Mitglieds des Vorstands von Bavaria bezüglich des Treffens vom 3. Juli 1998:
"… Heineken angehoben
…]] Heineken cask beer".
[118] 115 Aus dieser Passage zieht die Kommission den Schluss, dass die Brauereien sowohl über die Preise gesprochen hätten, die gegenüber Kunden aus dem Privatsegment angewandt würden, als auch über die Preise, die gegenüber einem Kunden aus dem Gaststättensegment angewandt würden (Erwägungsgründe 162 bis 164 der angefochtenen Entscheidung).
[119] 116 Im Erwägungsgrund 165 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission eine weitere Passage der oben genannten handschriftlichen Notizen an:
"Café … 1800 …
… 400 …
60 pro hl
- 650. 000, – V. B. K."
[120] 117 Aus dieser Passage ergebe sich, dass die Brauereien über einen spezifischen Rabatt und/oder einen spezifischen im Voraus bezahlten Rabatt, der auf bestimmte Gaststättenverkaufsstellen angewandt worden sei oder angewandt werde, gesprochen hätten (Erwägungsgrund 171 der angefochtenen Entscheidung).
[121] 118 Im Erwägungsgrund 174 der angefochtenen Entscheidung beruft sich die Kommission auf ein Dokument vom 30. Juni 1998 und eine Preisliste von Heineken, in der die ab dem 1. Juni 1998 geltenden neuen Preise für Flaschenbier und für Schankbier (Tankbier und Fassbier) ankündigt werden, die im Büro eines Verkaufsleiters für das Privatsegment bei Grolsch gefunden wurden und den Vermerk "agenda c [ommiss] ie CBK" (Tagesordnungsk [ommiss] on CBK) enthalten. Diese Unterlagen stützten die Erklärung von InBev, nach der bei den fraglichen Treffen sowohl Preise im Privatsegment als auch der Wettbewerb im Gaststättensegment besprochen worden seien (Erwägungsgrund 175 der angefochtenen Entscheidung).
[122] 119 Im Erwägungsgrund 179 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf einen internen Vermerk von Heineken für das Geschäftsführungsteam vom 14. Oktober 1998, der wie folgt lautet: "In [den Daten von] Nielsen ist die im CBK versprochene Preiserhöhung von Bavaria nicht klar erkennbar". Dieser Vermerk stützt nach Ansicht der Kommission die Schlussfolgerung, dass Bavaria beim Treffen vom 12. März 1998 die Absicht verkündet hat, eine Preiserhöhung für das Privatsegment vorzunehmen, dass die anderen Brauereien nachziehen sollten und dass die Daten von Nielsen die Erhöhungen von Bavaria belegen mussten (Erwägungsgrund 180 der angefochtenen Entscheidung).
[123] 120 Im Erwägungsgrund 184 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission ein Schreiben an, in dem ein Manager der Bereiche Marketing und Privatgeschäft der zu Heineken gehörenden Brauerei Brand BV einem Manager der Abteilung "Gaststätten" von Heineken Nederland über sein Gespräch mit einem Mitglied des Vorstands von Bavaria berichtet:
"Beim Food Congres in Noordwijk am 9. September [1998] hat [ein Mitglied des Vorstands von Bavaria] mich im Zusammenhang mit … und der Heineken-Reaktion darauf angesprochen. Es lief kurz gesagt darauf hinaus, dass Heineken ihm zufolge sehr viel früher mit den primär Verantwortlichen des niederländischen Gaststättensegments von Heineken und Bavaria hätte reden können. Dann hätten die hl auf andere Weise kompensiert werden können. Im Übrigen hat er hinzugefügt, dass Bavaria demnächst vielleicht noch andere Prospects im Gaststättensegment im Auge hat, die darüber nachdenken, freiwillig (Betonung liegt auf freiwillig, ebenso wie seinen Angaben zufolge …) zu Bavaria zu wechseln. [Vorname des Verantwortlichen für den Gaststättenbereich von Heineken Nederland], das passt natürlich alles zur bekannten Rhetorik der Herren … Dennoch wollte ich dir das nicht vorenthalten. Viel Erfolg bei deinem Gespräch."
[124] 121 Nach Ansicht der Kommission bestätigt dieses Schreiben die Aussage von InBev, wonach die Brauereien nicht nur Beschränkungen bei Rabatten, sondern auch Beschränkungen in Bezug auf den Wechsel von Verkaufsstellen zu einer anderen Brauerei besprachen, und zwar nicht nur bei multilateralen, sondern auch bei bilateralen Treffen (Erwägungsgrund 189 der angefochtenen Entscheidung).
[125] 122 Im Erwägungsgrund 193 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf die handschriftlichen Notizen eines Generaldirektors der Grolsche Bierbrouwerij Nederland auf der Einladung zum Treffen vom 8. Januar 1999:
"- Absatz '98
- Bierpreis
- Pinolenkasten | Aktionen/Kat II
- Kästen | Unterseite
| Fass
| NMA"
[126] 123 Hieraus ergebe sich, dass sich die Gespräche über den Bierpreis auf vier Elemente konzentriert hätten, nämlich erstens auf die Sonderangebote im Privatsegment des Markts, zweitens auf den Preis für Bier billigerer Marken und Händlermarkenbier, drittens auf den Preis für Bier vom Fass, den im Gaststättensegment des niederländischen Biermarkts hauptsächlich verwendeten großen Behältern, und viertens auf die niederländische Wettbewerbsbehörde NMA (Erwägungsgrund 194 der angefochtenen Entscheidung).
[127] 124 In den Erwägungsgründen 197 bis 199 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf die Übersicht der beim Treffen vom 8. Januar 1999 zu besprechenden Themen, auf die ein Vertreter von Grolsch die Abkürzung "BP", die nach Auffassung der Kommission für "Bierpreis" (bierprijs) oder für "Grundpreis" (bodemprijs) stehen könnte, und "P [rivate] L [abel] 50 Ct. höher" notiert hatte. Die Kommission schließt aus diesen Notizen, dass die Brauereien die Preise in Bezug auf Fassbier ausführlich besprochen haben (Erwägungsgrund 203 der angefochtenen Entscheidung).
[128] 125 In den Erwägungsgründen 212 und 213 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf ein Dokument, in dem auf drei Kontaktaufnahmen auf Leitungsebene zwischen Heineken und Grolsch um den 5. Juli 1999 herum Bezug genommen wird und in dem von einem "Preiskrieg" zwischen den beiden Brauereien die Rede ist. Dem entnimmt die Kommission, dass Heineken in Bezug auf Price-offs direkten Kontakt zu Grolsch aufgenommen habe, und zwar anderthalb Monate bevor die vorübergehenden Nachlässe, die von einer Ladenkette durchgeführt worden seien, der Grolsch die Gewährung einer Kompensation verweigert habe, effektiv umgesetzt worden seien (Erwägungsgrund 213 der angefochtenen Entscheidung).
[129] 126 Im Erwägungsgrund 224 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf eine Reihe von in ihrer Verwaltungsakte enthaltenen Dokumenten, aus denen die Themen hervorgingen, die bei den bilateralen Treffen zwischen Bavaria und InBev, die am 8. März 1995, in der zweiten Märzhälfte 1997, am 12. Mai 1997, am 19. Juni 1997 und am 8. September 1997 stattgefunden hätten, besprochen worden seien. Sie zitiert folgende Auszüge aus diesen Dokumenten:
- Treffen vom 8. März 1995: "[S] owohl [Bavaria] als auch [Interbrew Nederland] sagten, sie hätten große Probleme mit … in den Niederlanden" (Fußnote 491 der angefochtenen Entscheidung);
- Treffen vom 12. Mai 1997: Themen u. a. "Preiserhöhung" und "Private Label als Damoklesschwert … moralischer Druck von Grolsch und vor allem Heineken, die Preise für Private Label-Bier zu erhöhen" (Fußnote 493 der angefochtenen Entscheidung);
- Treffen vom 19. Juni 1997: Thema u. a. "Verhalten im Private Label-Segment und, in diesem Zusammenhang, Haltung von Interbrew in Bezug auf Martens (angesehen als unerwünschter Gast im niederländischen Bierland)" (Fußnote 494 der angefochtenen Entscheidung);
- Treffen vom 8. September 1997: Themen u. a. "Status des Private Label-Markts in den Niederlanden und die Tatsache, dass Bavaria Interbrew einen Kunden weggenommen hatte …. scharfes Angebot an [Kunden] … Bavaria stört Status quo …" (Fußnote 495 der angefochtenen Entscheidung).
[130] 127 Die Kommission sieht in diesen Dokumenten den Beweis dafür, dass die bilateralen Gespräche zwischen Bavaria und InBev einen "bewaffneten Frieden" oder "Nichtangriffspakt" in Bezug auf Händlermarkenbier gewährleistet hätten (Erwägungsgrund 223 der angefochtenen Entscheidung).
[131] 128 Im Erwägungsgrund 227 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf das Schreiben eines Exportmanagers von Interbrew Nederland an einen Exportmanager der Interbrew Hauptgeschäftsstelle vom 26. September 1997, in dem es um "Bierverkäufe Deutschland/Hausmarken und Private Labels" ging:
"Kürzlich sprach ich mit unserem wichtigsten Konkurrenten in den Niederlanden in diesem Gebiet, von dem ich weiß, dass er ein Treffen mit … hatte, und zwar im Zusammenhang mit der möglichen Abwicklung des Volumens Tip-Bier für 1998. Ich habe bei ihm das Preisniveau gecheckt, mit dem er arbeiten wird, und er hat mir genau den gleichen Preis bestätigt, abzüglich eines Beitrags für …, und es wurde bestätigt, dass dort ein Volumen von etwa 200 000 hl zu dem Preis akzeptiert werden würde."
[132] 129 Daraus gehe hervor, dass Interbrew von Bavaria detaillierte Preis- und Volumeninformationen erbeten und auch bekommen habe, und zwar im Zusammenhang mit einer möglichen Lieferung von Händlermarkenbier an eine deutsche Warenhauskette durch Bavaria. Dies bestätige die Aussage von Interbrew, wonach Interbrew und Bavaria Informationen über Preisebenen bei Händlermarkenkunden ausgetauscht hätten. InBev habe dies mit Schreiben vom 21. Februar 2006 bestätigt (Erwägungsgrund 228 der angefochtenen Entscheidung).
[133] 130 Im Erwägungsgrund 234 der angefochtenen Entscheidung beruft sich die Kommission auf folgende Aussage der Brauerei Haacht bezüglich des Treffens vom 14. oder 15. Juni 1998 zwischen Bavaria, Interbrew Nederland und den belgischen Brauereien Interbrew België, Alken Maes, Haacht und Martens:
"Bei diesem Treffen ist den niederländischen Brauereien erläutert worden, woraus sich der Informationsaustausch zwischen den belgischen Teilnehmern zusammensetzte. Die niederländischen Brauereien haben zugestimmt, Daten im Zusammenhang mit Volumina, Verpackungsart, Vertragslaufzeit und eventuellen Fälligkeitstagen sowie Kunden auszutauschen. Was die Preise angeht, waren die Teilnehmer sich grundsätzlich dahin gehend einig, dass diese Daten nicht ausgetauscht werden sollten.
Die Anwesenden entschieden, dass eine neutrale Partei den Datenaustausch zu zentralisieren hätte. Diese Frage stellte sich, weil die auf dem niederländischen Markt vertretenen Parteien kein Vertrauen in die anderen Parteien hatten. Haacht wurde gebeten, die Daten zu zentralisieren, da Haacht nicht am niederländischen Markt tätig war."
[134] 131 Diese Aussage bestätige in diesem Punkt die Erklärung von InBev (Erwägungsgrund 235 der angefochtenen Entscheidung).
[135] 132 Im Erwägungsgrund 236 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission die handschriftlichen Notizen zum oben genannten Treffen vom 14. oder 15. Juni 1998 an, die im Büro der Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden von Bavaria gefunden wurden:
"Martens konkret mit Niederlanden nie etwas geworden
Unterseite – Markt – Preisbrecher
| Angebote werden gemacht
Interbrew Nederland – Martens -] Angebot gemacht bei einem großen Private Label
…
7, 68 [umkringelt]
Martens – 'Preisverfall Belgien'
jetzt NL …
Interbrew Belgien hat die Katze bei P [rivate] L [abel] aus dem Sack gelassen
nur für …
Pilsener …
/\/\
mehrfach einmalig
… – 'ist sicher' | an Interbrew
KAT I + II"
[136] 133 Diese Notizen bestätigten, dass Interbrew België die Initiative zu einem Treffen zu Händlermarkenbier ergriffen habe, bei dem beschlossen worden sei, dass der Vertrag mit einer Einkaufsorganisation von Einzelhändlern "an Interbrew Nederland gehen solle" (Erwägungsgrund 237 der angefochtenen Entscheidung).
[137] 134 Bezüglich dieses Treffens verweist die Kommission auch auf folgende Erklärung eines Managers des Privatsegments von InBev, die InBev am 21. Februar 2006 in Beantwortung eines Auskunftsverlangens einreichte (Erwägungsgrund 238 der angefochtenen Entscheidung):
"Schließlich hat Herr … von … mich mit einem geringen Preis konfrontiert, der ihm von Martens angeboten wurde. Er sagte mir, dass er einen Preis von NLG 0, 32 pro Flasche bekommen hat. Das entspricht einem Preis von NLG 7, 68 pro Kasten mit 24 Flaschen, genannt in den Notizen von Herrn … [Verantwortlicher von Bavaria]. Im Rahmen dieser Besprechungen, die von April bis Anfang Juni 1998 dauerten, habe ich ihnen vorgeschlagen, zu Kategorie II zu wechseln und dadurch einen Abgabenvorteil zu erzielen. Am Ende haben wir Anfang Juni 1998 eine Vereinbarung mit … über die Lieferung eines neuen […] Biers der Kategorie II […] getroffen. Dank des Abgabenvorteils, der sich aus dem Wechsel zu Bier der Kategorie II ergab, waren wir in der Lage, einen Nettopreis von NLG 6, 36 einschließlich Abgabenvorteil in Höhe von NLG 0, 84 anzubieten, womit wir das Angebot von Martens parieren konnten.
…
Zum Zeitpunkt des Treffens vom 14. oder 15. Juni 1998 war Interbrew mit … im Hinblick auf die Lieferung von sowohl Kategorie I als auch von Kategorie II einig geworden. Ich habe bei diesem Treffen die Besprechungen und den Vertrag mit … aus zwei Gründen aufs Tapet gebracht. Erstens wollte ich Martens mit ihrem Angebot an … konfrontieren, weil Martens stets bestritten hat, es wären bereits Angebote in den Niederlanden gemacht worden. Zweitens wollte ich den anderen Teilnehmern sagen, dass sie keine Angebote mehr … vorlegen müssen, weil eine Einigung zwischen Interbrew und … erreicht wurde. … Zeile n [des im Erwägungsgrund 236 der angefochtenen Entscheidung genannten Dokuments] reflektiert meine Mitteilung, dass der Vertrag über die Lieferung von Bier der Kategorie I und II an … an Interbrew gegangen war. Das Vorhandensein dieser Vereinbarung … ergibt sich aus dem Fax vom 24. Juni 1998."
[138] 135 Im Erwägungsgrund 240 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf folgende Erklärung der belgischen Brauerei Haacht zum zweiten belgisch-niederländischen Treffen vom 7. Juli 1998:
"Das war das letzte Treffen, das zwischen den Parteien organisiert wurde. Die zusammengetragenen Informationen über den niederländischen Markt wurden von Haacht bei diesem Treffen verteilt.
Im Übrigen wurde über einige andere, weniger wichtige Aspekte gesprochen, doch die Person, die Haacht vertreten hat, hatte nichts zu dieser Diskussion beigetragen. Auf jeden Fall wurden über diese Schritte keine Informationen von irgendeiner Bedeutung ausgetauscht. Der Eindruck war, dass die Besprechung kein konkretes Ergebnis hatte."
[139] 136 Die Aussage eines Managers des Privatsegments von Interbrew bestätige die Aussage von Haacht, dass dieses Treffen das letzte belgisch-niederländische Treffen gewesen sei. Die Entscheidung, diese Treffen zu beenden, beruhe auf einem spezifischen Motiv, nämlich der Befürchtung, dass die niederländische Wettbewerbsbehörde Durchsuchungen bei einer oder mehreren Brauereien vornehmen könnte, was durch die Erklärung von InBev bestätigt werde (Erwägungsgrund 241 der angefochtenen Entscheidung).
[140] 137 Im Erwägungsgrund 248 der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission Bezug auf eine interne Aussage von Heineken, wonach "[d] ie extrem niedrigen Preise, die die belgische Brauerei Martens nun anbietet … die Strategie [behindern], die Preise auf der Unterseite des Marktes anzuheben".
[141] 138 Schließlich beruft sich die Kommission im Erwägungsgrund 249 der angefochtenen Entscheidung auf die Erklärung, die bei ihrer Überprüfung am 23. März 2000 abgegeben und von einem Generaldirektor der Grolsche Bierbrouwerij Nederland, nunmehr Vorstandsvorsitzender von Koninklijke Grolsch, unterzeichnet wurde:
"Er nahm das Dokument …, bezeichnet als 'Preisszenarien, ausgehend von einer Nettoanhebung der Großhandelspreise um 2, 00 NLG pro Hektoliter', auf dem die Anmerkung 'CBK-Fie immer mitnehmen' steht, zu Besprechungen der Finanzkommission des CBK mit. Er verwendete das Dokument, um Interbrew und Bavaria (die Hersteller von Private Label-Bier in den Niederlanden) auf die seiner Ansicht nach unverantwortliche Preisgestaltung für Private Label-Bier hinzuweisen (weniger als 10, 00 NLG pro Kasten)."
[142] 139 Im selben Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission auch folgende Aussage eines Generaldirektors von Heineken Nederland an:
"Ich bin in der Tat einmal bei einer CBK-Besprechung dabei gewesen, bei der von den anderen die Preisgestaltung von Private Labels diskutiert wurde. Ich zog den Schluss, dass diese Bemerkungen aus Besorgnis gemacht wurden. Ich sagte nichts dazu, da Heineken im Prinzip nicht an der Herstellung von Private Label-Bier beteiligt ist."
[143] 140 Die Kommission schließt aus den in den Erwägungsgründen 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung zitierten Passagen, dass die Hersteller von Private Label-Bier (Interbrew und Bavaria) ihre Preisstrategie gegenüber Heineken und Grolsch, die nicht in diesem Bereich tätig seien, offengelegt hätten (Erwägungsgrund 248 der angefochtenen Entscheidung). Die auf die Anhebung der Preise für Private Label-Bier ausgerichteten bilateralen Gespräche zwischen Interbrew und Bavaria seien daher als Teil der von den vier Brauereien insgesamt geführten Gespräche anzusehen (Erwägungsgrund 252 der angefochtenen Entscheidung).
[144] 141 Es ist festzustellen, dass die oben aufgeführten Indizien die Erklärung von InBev stützen und die Feststellung rechtfertigen, dass Vertreter von Heineken, Grolsch, Interbrew und Bavaria regelmäßig im Rahmen einer Reihe von als "Catherijne-Beratung" oder "Tagesordnungskommission" bezeichneten Treffen mit wechselnden Teilnehmern zusammenkamen (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 45 der angefochtenen Entscheidung angeführt; weitere Beweismittel, die in den Erwägungsgründen 65 bis 222 der angefochtenen Entscheidung geprüft wurden). Die 18 in der angefochtenen Entscheidung genannten Treffen, die zu dieser Reihe von Treffen gehören, fanden am 27. Februar 1996, am 19. Juni 1996, am 8. Oktober 1996, am 8. Januar 1997, am 1. Mai 1997, am 2. September 1997, am 16. Dezember 1997, am 17. Dezember 1997, am 12. März 1998, am 9. April 1998, am 3. Juli 1998, am 15. Dezember 1998, am 8. Januar 1999, am 4. März 1999, am 10. Mai 1999, am 11. August 1999, am 19. August 1999 und am 3. November 1999 statt.
[145] 142 Was den Inhalt der im Rahmen dieser Treffen geführten Gespräche betrifft, stützen die oben genannten Indizien die Erklärung von InBev und beweisen folgende Punkte:
- hinsichtlich des Privatsektors:
- die vier Brauereien besprachen die Bierpreise (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 51 angeführt, und weitere Beweismittel, in den Erwägungsgründen 76, 129, 156, 174, 193, 212 und 213 der angefochtenen Entscheidung angeführt) und die Preiserhöhungen in den Niederlanden (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 51 angeführt, und andere Beweismittel, in den Erwägungsgründen 76, 89, 117 und 179 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- Gespräche über die Preise wurden auch im Wege bilateraler Kontakte geführt, insbesondere zwischen Grolsch und Heineken im Juli 1999 (in den Erwägungsgründen 212 und 213 der angefochtenen Entscheidung angeführtes Dokument);
- konkrete Vorschläge zu den Preisen wurden diskutiert (internes Schreiben von Interbrew, im Erwägungsgrund 89 der angefochtenen Entscheidung angeführt); die ausgetauschten Informationen waren mitunter recht detailliert (in den Erwägungsgründen 129 und 174 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente);
- in den Jahren 1997 und 1998 bestand ein Konsens zwischen den Brauereien über eine Erhöhung der Preise vor oder im Lauf des Jahres 1998 (in den Erwägungsgründen 89, 174 und 179 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente);
- die Hersteller von Bier der "A-Marken" (Heineken und Grolsch) bestanden – anders als die Hersteller von "B-Marken" (Händlermarkenbiere) (Interbrew und Bavaria), die sich dagegen wehrten – darauf, dass die Preiserhöhung "in zwei Phasen" zunächst für die B-Marken und dann für die A-Marken durchgeführt werden und die Erhöhung für A-Marken und B-Marken unterschiedlich ausfallen sollte (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 53 angeführt; weitere Beweismittel, in den Erwägungsgründen 76, 89, 100, 117 und 193 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- Bavaria kündigte (wahrscheinlich beim Treffen vom 12. März 1998) ihre Absicht an, ihre Preise zu erhöhen (in den Erwägungsgründen 129 und 179 angeführte Beweismittel und Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 51 der angefochtenen Entscheidung angeführt). Die übrigen Brauereien sollten Bavaria wahrscheinlich folgen, indem sie ihre Preise anschließend erhöhten (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 51 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- hinsichtlich des Follow-up-Mechanismus wurde vereinbart, dass die von Bavaria vorgenommenen Erhöhungen in den Zahlen der Supermärkte-Datenbank von AC Nielsen nachweisbar sein mussten (in den Erwägungsgründen 129 und 179 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente);
- es gibt keinen Beweis dafür, dass die für 1998 geplante Preiserhöhung stattgefunden hat;
- im Rahmen der Beratungen über die Preise diskutierten die Brauereien die Situation bestimmter Supermärkte (handschriftliche Notizen, in den Erwägungsgründen 76 und 156 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- bei den Gesprächen nannten die Teilnehmer konkrete Zahlen für die Preise (in den Erwägungsgründen 76, 89, 117, 129 und 174 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente);
- hinsichtlich des Händlermarkenbiers:
- von 1995 an äußerten die beiden niederländischen Hersteller von Händlermarkenbier (Interbrew und Bavaria) wiederholt ihre Besorgnis über das Vorhaben der belgischen Brauerei Martens, in den niederländischen Markt in diesem Sektor vorzudringen (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 55 angeführt; weitere Beweismittel, in den Erwägungsgründen 224, 236, 238 und 248 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- über diese Besorgnis wurde im Rahmen bilateraler Beratungen zwischen Bavaria und InBev (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 52, internes Schreiben von Interbrew angeführt, im Erwägungsgrund 227 der angefochtenen Entscheidung angeführt) und fünf bilateraler Treffen (vom 8. März 1995, in der zweiten Märzhälfte 1997, vom 12. Mai 1997, vom 19. Juni 1997 und vom 8. September 1997) diskutiert, die diesem Problem gewidmet waren (im Erwägungsgrund 224 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente);
- auch zwei "belgisch-niederländische" Treffen haben am 14. oder 15. Juni 1998 (in den Erwägungsgründen 234, 236 und 238 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente) und am 7. Juli 1998 (Aussage von Haacht, im Erwägungsgrund 240 der angefochtenen Entscheidung angeführt) zwischen Interbrew Nederland, Bavaria und den belgischen Brauereien Interbrew België, Alken-Maes, Haacht und Martens (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 55 der angefochtenen Entscheidung angeführt) in Breda stattgefunden;
- die mit Händlermarkenbier zusammenhängenden Themen wurden im Rahmen der allgemeinen Gespräche auch in Anwesenheit von Heineken und Grolsch (die nicht in diesem Segment tätig sind) besprochen (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 54 angeführt; weitere Beweismittel, auf die in den Erwägungsgründen 156, 193, 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- die Brauereien sprachen über die Preise für Händlermarkenbier (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 54 angeführt; weitere Beweismittel, auf die in den Erwägungsgründen 193, 199, 227, 236, 238 und 249 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- Heineken und Grolsch übten "moralischen Druck" auf Bavaria und Interbrew aus, um die Preise für Händlermarkenbier zu erhöhen (im Erwägungsgrund 224, in Fußnote 493 und im Erwägungsgrund 248 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente), indem sie eine Erhöhung der Preise für A-Marken ablehnten (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 53 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- sowohl auf bilateraler Ebene zwischen Interbrew Nederland und Bavaria als auch auf multilateraler Ebene zwischen den in dem Bereich tätigen niederländischen und belgischen Brauereien wurde vereinbart, dass nicht versucht werde, Kunden abzuwerben, und dass die jeweiligen Marktanteile für Händlermarkenbier in den Niederlanden und in Belgien respektiert würden; u. a. wurde beschlossen, dass der Vertrag mit einer Einkaufsorganisation von Einzelhändlern an Interbrew Nederland gehen solle (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 55 angeführt, Dokumente, auf die in den Erwägungsgründen 224, 236 und 238 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- die Brauereien tauschten Informationen über die Geschäftsbedingungen aus, die bestimmten Kunden angeboten wurden (Schreiben, auf das im Erwägungsgrund 227 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, und weitere Dokumente, auf die in den Erwägungsgründen 236 und 238 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- bei den Gesprächen nannten die Beteiligten konkrete Zahlen für die Preise (Dokumente, auf die in den Erwägungsgründen 236, 238 und 249 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- hinsichtlich des Gaststättensektors:
- die vier Brauereien besprachen die Preise (Dokumente, auf die in den Erwägungsgründen 174, 193 und 197 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird) und die Preiserhöhungen (handschriftliche Notizen, auf die im Erwägungsgrund 76 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird) im Gaststättensektor;
- zwischen den Brauereien bestand eine als "Staffelung" bezeichnete Vereinbarung, die die Höhe der den Kunden im Gaststättensegment zu gewährenden Nachlässe betraf (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 48 angeführt; handschriftliche Notizen, auf die in den Erwägungsgründen 92, 143 und 165 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird) und die die Brauereien "beachten" mussten (handschriftliche Notizen, auf die im Erwägungsgrund 92 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird); die Einhaltung dieser Vereinbarung wurde verfolgt und bekannt gewordene Verstöße waren Gegenstand der Gespräche, die im Rahmen der "Catherijne" -Treffen geführt wurden (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- die Beratungen betrafen auch die Einführung von Begrenzungen, um den Status quo in dem Sektor zu bewahren und die Übernahme von Abnehmern anderer Brauereien zu verhindern (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 48 angeführt; internes Schreiben von Heineken betreffend die Abwerbung einer Studentenvereinigung durch Bavaria, im Erwägungsgrund 184 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- die Gespräche über solche Begrenzungen wurden auch im Wege bilateraler Kontakte fortgesetzt; so sprachen Manager von Heineken und von Bavaria am 9. September 1998 über die Übernahme eines Kunden von Heineken aus dem Gaststättensegment durch Bavaria (internes Schreiben von Heineken, im Erwägungsgrund 184 der angefochtenen Entscheidung angeführt);
- die Brauereien tauschten Informationen über bestimmte Kunden und Verkaufsstellen aus (Dokumente, auf die in den Erwägungsgründen 92, 143, 156, 165 und 184 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird);
- im Rahmen der Gespräche nannten die Brauereien konkrete Zahlen bezüglich der Höhe von Nachlässen und vorausbezahlten Nachlässen (handschriftliche Notizen, auf die in den Erwägungsgründen 143 und 165 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird).
[146] 143 Unter diesen Gesichtspunkten ist die Argumentation der Klägerinnen in Bezug auf die drei Komponenten des beanstandeten Verhaltens, nämlich erstens die Abstimmung der Bierpreise und der Preiserhöhungen in den Niederlanden auch bezüglich Händlermarkenbier sowohl im Gaststätten- als auch im Privatsegment, zweitens die gelegentliche Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättensegment in den Niederlanden und drittens die gelegentliche Abstimmung über die Kundenzuteilung sowohl im Gaststätten- als auch im Privatsegment in den Niederlanden, zu prüfen (Art. 1 und Erwägungsgründe 257 und 258 der angefochtenen Entscheidung).
- Zu den tatsächlichen Feststellungen bezüglich einer Abstimmung der Bierpreise und Preiserhöhungen sowie bezüglich einer gelegentlichen Abstimmung über die Kundenzuteilung
[147] 144 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die von den Vertretern der Brauereien im Rahmen der beanstandeten Treffen verfassten handschriftlichen Notizen voreingenommen und tendenziös ausgelegt.
[148] 145 Die von Bavaria und Grolsch stammenden handschriftlichen Notizen seien für andere als ihre Verfasser schwer zu verstehen. Die Klägerinnen beschränken sich in ihren Stellungnahmen darauf, die Erheblichkeit und die Auslegung bestimmter von ihnen selbst stammenden Dokumente und anderer Dokumente, bezüglich deren ihre Reaktion gegenüber der Kommission im Text der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wurde, zu behandeln. Im Übrigen weisen sie lediglich darauf hin, dass die von der Kommission angeführten Notizen vielfältigen Auslegungen zugänglich seien und daher nicht ausreichten, um das Vorliegen einer Zuwiderhandlung über jeden vernünftigen Zweifel hinaus nachzuweisen.
[149] 146 Die Klägerinnen wenden sich insbesondere gegen die Auslegung der Beweismittel, auf die in den Erwägungsgründen 76, 89, 117, 156, 165, 174, 175, 179, 184, 199, 212, 213, 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird (vgl. Randnrn. 99, 101, 106, 114, 116, 118 bis 120, 124, 125, 137 und 138 des vorliegenden Urteils).
[150] 147 Bevor die Argumente der Klägerinnen, die sich auf die vorstehend genannten Beweismittel beziehen, geprüft werden, ist darauf hinzuweisen, dass sich die meisten der in den Randnrn. 141 und 142 des vorliegenden Urteils aufgeführten Tatsachenfeststellungen auf mehrere Beweise stützen.
[151] 148 Hinsichtlich der Notizen vom 19. Juni 1996 und 17. Dezember 1997 (in den Erwägungsgründen 76 und 117 der angefochtenen Entscheidung angeführt) ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen nicht gegen die Auslegung des Inhalts dieser Notizen durch die Kommission wenden, sondern gegen die Art und Weise, in der ihre ersten Reaktionen auf diese Dokumente in der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wurden. Keine Auswirkungen auf die tatsächlichen Feststellungen, die durch die fraglichen Dokumente gestützt werden sollen, haben im Übrigen die Ausführungen der Klägerinnen, wonach sie in ihren Antworten zum einen nicht vorgetragen hätten, dass eine "Verhandlung" stattgefunden habe, sondern lediglich, dass es in den Diskussionen beim Treffen vom 19. Juni 1996 wahrscheinlich um Händlermarkenbier gegangen sei; zum anderen hätten sie die von der Kommission vorgenommene Auslegung der Notizen vom 17. Dezember 1997 nicht mit der Begründung beanstandet, dass sich das Marktsegment, um das es gehe, nicht bestimmen lasse, sondern die Ansicht geäußert, dass diese Notizen keinen überzeugenden Beweis für eine verbotene Abstimmung erbrächten.
[152] 149 Darüber hinaus ist festzustellen, dass die in den Erwägungsgründen 76 und 117 der angefochtenen Entscheidung angeführten Notizen bezüglich jeder der Feststellungen durch mehrere andere, nicht beanstandete Beweismittel untermauert werden (vgl. Randnr. 142 des vorliegenden Urteils). Gleiches gilt für die in den Erwägungsgründen 165, 199, 212 und 213 der angefochtenen Entscheidung angeführten Dokumente. Es ist daher für die Prüfung des Sachverhalts nicht erforderlich, diese Dokumente und die auf sie bezogenen Bemerkungen der Klägerinnen einzeln zu prüfen.
[153] 150 Die handschriftlichen Notizen eines Vorstandsmitglieds von Bavaria vom 3. Juli 1998, der interne Vermerk von Heineken und die Aussagen eines Generaldirektors der Grolsche Bierbrouwerij Nederland, der nunmehr Vorstandsvorsitzender von Koninklijke Grolsch ist, und eines Generaldirektors von Heineken Nederland (in den Erwägungsgründen 156, 248 und 249 der angefochtenen Entscheidung angeführt) stellen wichtige Beweismittel für die Feststellung dar, dass die mit Händlermarkenbier zusammenhängenden Themen im Beisein von Heineken und Grolsch besprochen wurden (vgl. Randnr. 142 des vorliegenden Urteils). Die Klägerinnen bestreiten diese Feststellung allerdings nicht. Sie wenden sich jedoch gegen die Schlussfolgerung, Heineken sei an den Beratungen zwischen Bavaria und Interbrew beteiligt gewesen. Da dieses Argument die rechtliche Qualifizierung des Verhaltens der Klägerinnen betrifft, wird es im Rahmen der Prüfung des Bestehens von Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen untersucht (vgl. Randnrn. 194 bis 198 des vorliegenden Urteils).
[154] 151 Das interne Schreiben von Heineken, das die Abwerbung einer Studentenvereinigung durch Bavaria betrifft (im Erwägungsgrund 184 der angefochtenen Entscheidung angeführt), ist das einzige Beweismittel, das eine konkrete Aussage zu den Gesprächen zwischen den Brauereien (hier Heineken und Bavaria) über die Übernahme von Kunden im Gaststättensegment liefert (vgl. Randnr. 142 des vorliegenden Urteils). Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass Bavaria Heineken aus diesem Anlass vorgeschlagen hat, über das Problem zu sprechen, und sogar, es durch eine Kompensierung zu regeln. Sie behaupten jedoch, dass es nicht dazu gekommen sei und dass Heineken dies auch nicht zugelassen hätte. Die Klägerinnen bestreiten außerdem, dass es ein Kompensierungssystem zwischen den Brauereien für den Fall der Abwerbung von Kunden gegeben habe.
[155] 152 Diese Behauptungen der Klägerinnen sind nicht plausibel. Die Kommission weist in der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hin, dass sich aus den Worten "dann hätten die hl auf andere Weise kompensiert werden können" in dem betreffenden Schreiben ergibt, dass es keine Diskussion zwischen Heineken und Bavaria über die Notwendigkeit einer Kompensation gab, sondern nur hinsichtlich der Art und Weise, wie kompensiert wird (Erwägungsgrund 185 der angefochtenen Entscheidung), und dass der Hinweis auf "bekannte Rhetorik", "Betonung" und "freiwillig" bedeutet, dass Bavaria dem Verfasser zufolge, der zur Heineken-Gruppe gehört, verdächtigt wird, gegen eine Regel verstoßen zu haben, nach der Brauereien Kunden anderer Brauereien im Gaststättensegment nicht aktiv abwerben dürfen (Erwägungsgrund 188 der angefochtenen Entscheidung).
[156] 153 Das in den Erwägungsgründen 184 bis 188 der angefochtenen Entscheidung angeführte Beweismittel stützt die in der Erklärung von InBev enthaltenen, im Erwägungsgrund 48 der angefochtenen Entscheidung zitierten Aussagen hinsichtlich des Bestehens einer Übereinkunft, die die Übernahme von Kunden im Gaststättensegment verbietet.
[157] 154 Die im Büro eines Verkaufsleiters des Privatsegments der Grolsche Bierbrouwerij Nederland gefundenen Unterlagen (in den Erwägungsgründen 174 und 175 der angefochtenen Entscheidung angeführt) und der interne Vermerk von Heineken vom 14. Oktober 1998 (im Erwägungsgrund 179 der angefochtenen Entscheidung angeführt) sprechen dafür, dass 1997 und 1998 ein Konsens zwischen den Brauereien bestand, die Preise vor oder im Lauf des Jahres 1998 zu erhöhen (vgl. Randnr. 142 des vorliegenden Urteils).
[158] 155 Bezüglich des Vermerks "Tagesordnungsk [ommiss] ion CBK" auf den in den Erwägungsgründen 174 und 175 der angefochtenen Entscheidung angeführten Unterlagen machen die Klägerinnen geltend, dass ihnen die Gründe, aus denen der Manager von Grolsch diesen Vermerk angebracht habe, nicht bekannt seien und dass ein einziger persönlicher Vermerk keinen überzeugenden Beweis für das Vorliegen eines Kartells darstellen könne.
[159] 156 Die Klägerinnen stellen jedoch nicht die Schlussfolgerung der Kommission in Abrede, wonach sich aus diesen Unterlagen ergibt, dass die Preise und der Wettbewerb im Privatsektor bei den Treffen der Tagesordnungskommission des CBK behandelt worden seien, und liefern keine Erklärung dafür, dass der Manager von Grolsch im Besitz einer Preisliste von Heineken war und dass bei einem solchen Treffen über die Preiserhöhung von Bavaria informiert wurde.
[160] 157 In Bezug auf die Angabe im internen Vermerk von Heineken (im Erwägungsgrund 179 der angefochtenen Entscheidung angeführt), wonach "die im CBK versprochene Preiserhöhung von Bavaria [in den Zahlen von Nielsen] nicht klar erkennbar [ist]", führen die Klägerinnen aus, dass die Tatsache, dass das Attribut "versprochene" verwendet worden sei, um die Ankündigung einer Erhöhung der Preise von Bavaria zu bezeichnen, die auf dem Markt bereits seit Monaten bekannt gewesen sei, keinen überzeugenden Beweis für ein Kartell darstelle. Dieser Schlussfolgerung stehe zudem die Tatsache entgegen, dass Heineken sich entschieden habe, seine Preise bis Februar 2000 nicht zu erhöhen.
[161] 158 Wie die Kommission im Erwägungsgrund 182 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausführt, weicht jedoch die Auslegung des Wortes "versprechen" dahin, dass eine Preiserhöhung lediglich "erwähnt" wird, von der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes ab. Die Schlussfolgerung, dass sich Bavaria zu einer Erhöhung ihrer Preise verpflichtet hat, wird durch die Aussage, dass die Erhöhung "[in den Zahlen von Nielsen] nicht klar erkennbar [ist]", umso wahrscheinlicher. Es ist bereits festgestellt worden, dass die von AC Nielsen zusammengetragenen Supermarkt-Kassendaten als Follow-up-Instrument verwendet wurden, mit dem die Preiserhöhung von Bavaria "nachweisbar" gemacht werden sollte (Erwägungsgrund 133 der angefochtenen Entscheidung und Randnr. 142 des vorliegenden Urteils). Die Bezugnahme auf diese Daten erscheint logischer im Zusammenhang mit der Verfolgung der Umsetzung einer Verpflichtung als mit der Überprüfung einer schlichten Aussage.
[162] 159 Was das Argument betrifft, das die Klägerinnen daraus herleiten, dass Heineken die Preise bis Februar 2000 nicht erhöht habe (obwohl die Erhöhung für 1998 vorgesehen gewesen sei), genügt der Hinweis, dass die Nicht-Umsetzung einer Vereinbarung über die Preise als solche nicht bedeutet, dass die Vereinbarung selbst nie bestanden hat.
[163] 160 Schließlich ergibt sich das Bestehen eines Konsenses über die Erhöhung der Preise im Jahr 1998 sehr klar aus dem internen Schreiben von Interbrew vom 25. März 1997 (im Erwägungsgrund 89 der angefochtenen Entscheidung zitiert). Die Auslegung der Klägerinnen, wonach dieses Schreiben die Verhandlungen von Interbrew mit seinen Käufern (d. h. mit den Supermärkten) und nicht mit den anderen Brauereien betrifft, ist in Anbetracht dessen, dass die "größten Brauereien" in dem Schreiben ausdrücklich als am Konsens Beteiligte erwähnt werden, nicht überzeugend.
[164] 161 Dass die in dem Schreiben genannte Preiserhöhung "vor 1998" erfolgen sollte, während die fraglichen vorgenannten Beweismittel im Jahr 1998 erstellt wurden, vermag ebenfalls nicht die These der Klägerinnen zu bestätigen, dass keinerlei Zusammenhang zwischen diesen Dokumenten bestehe. Es ist denkbar, dass die ursprünglich für einen Zeitpunkt im Jahr 1997 vorgesehene Preiserhöhung wegen der Schwierigkeiten, die mit der Aushandlung der Modalitäten ihrer Umsetzung (insbesondere der in dem internen Schreiben von Interbrew genannten unterschiedlichen Erhöhung der Preise der A- und B-Marken) verbunden waren, zunächst auf das folgende Jahr verschoben und von den Brauereien dann aufgegeben wurde.
[165] 162 Entgegen der Ansicht der Klägerinnen wird darüber hinaus die Richtigkeit des internen Schreibens von Interbrew vom 25. März 1997, insbesondere der Aussage, die sich auf das Bestehen eines "Konsenses" bezieht, weder durch die Erklärungen der Manager von InBev (vgl. Randnrn. 82 und 83 des vorliegenden Urteils) widerlegt noch dadurch, dass Heineken seine Preise bis Februar 2000 nicht erhöht haben soll (vgl. Randnr. 159 des vorliegenden Urteils).
[166] 163 Nach alledem genügt das von der Kommission herangezogene Indizienbündel, um die Erklärung von InBev in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen zu untermauern, die die Abstimmung der Preise und Preiserhöhungen sowie die Kundenzuteilung betreffen. Die Richtigkeit dieser Feststellungen wird außerdem nicht durch die Argumente der Klägerinnen hinsichtlich der in Randnr. 146 des vorliegenden Urteils aufgeführten Beweismittel in Frage gestellt.
[167] 164 Daher ist die Argumentation der Klägerinnen zurückzuweisen, mit der eine fehlerhafte Würdigung der tatsächlichen Umstände geltend gemacht wird, die sich auf diese beiden Komponenten der fraglichen Zuwiderhandlung beziehen.
- Zu den tatsächlichen Feststellungen bezüglich einer gelegentlichen Abstimmung über andere Geschäftsbedingungen, die einzelnen Kunden im Gaststättensektor angeboten wurden
[168] 165 Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die betroffenen Unternehmen andere Geschäftsbedingungen für Kunden des Gaststättensektors als die Preise abgestimmt hätten.
[169] 166 Nach Auffassung der Kommission enthalten die handschriftlichen Notizen, auf die in den Erwägungsgründen 67 und 138 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, den Beweis dafür, dass die vier Brauereien gelegentlich bestimmte Geschäftsbedingungen wie etwa die Bedingungen für Darlehen, die einzelnen Kunden im Gaststättenbereich gewährt würden, abgestimmt hätten (Erwägungsgrund 258 der angefochtenen Entscheidung).
[170] 167 In den im Erwägungsgrund 67 der angefochtenen Entscheidung zitierten handschriftlichen Notizen heißt es: "Garantien/Finanzierung: Fin [anzierung] für … höher als Bedarf an bestimmten Stellen. Dann … Mill [ionen]".
[171] 168 Dieses Zitat bedeute, dass die Brauereien bei dem Treffen vom 27. Februar 1996 über die Garantien und Finanzierungen seitens einer oder mehrerer Brauereien zugunsten bestimmter Gaststättenbetriebsstellen gesprochen hätten (Erwägungsgrund 68 der angefochtenen Entscheidung).
[172] 169 Die Klägerinnen schlagen jedoch eine andere Auslegung der von der Kommission angeführten Passage vor und machen geltend, diese stehe im Zusammenhang mit einer Diskussion über "zweifelhafte Schuldner".
[173] 170 Im Erwägungsgrund 138 der angefochtenen Entscheidung verweist die Kommission auf die handschriftlichen Notizen eines Managers des Gaststättensegments von Bavaria, die sich auf das Treffen vom 12. März 1998 beziehen und folgende Passage enthalten: "Bav Zinsen … %? es sei denn Werbevergütung mitgerechnet". Dies belege, dass Gespräche über die Höhe der Zinsen für Darlehen an Gaststättenverkaufsstellen geführt worden seien (Erwägungsgrund 142 der angefochtenen Entscheidung).
[174] 171 Selbst wenn die Kommission diese handschriftlichen Notizen zutreffend ausgelegt hat, sind diese Notizen aufgrund ihres isolierten und gedrängten Charakters und des Fehlens jedes konkreten Hinweises auf die Beteiligung der übrigen Brauereien an einer Diskussion über die fraglichen Themen kein hinreichender Beweis für das Vorliegen einer Absprache, bei der es um eine gelegentliche Abstimmung bestimmter Geschäftsbedingungen ging.
[175] 172 In ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts trägt die Kommission vor, dass die handschriftlichen Notizen, auf die in den Erwägungsgründen 67 und 138 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werde, durch die Erklärung von InBev untermauert würden, aus der hervorgehe, dass beim "Catherijne" -Treffen vom 12. März 1998 sowohl mit dem Gaststättensektor zusammenhängende als auch mit dem Privatsektor zusammenhängende Fragen behandelt worden seien und dass sich die Teilnehmer der "Catherijne" -Treffen über Investitionen im Gaststättenbereich abgestimmt hätten, um die Übernahme von Kunden zu verhindern.
[176] 173 Es ist jedoch festzustellen, dass die beiden von der Kommission zitierten Passagen und die Bezugnahme auf den "Geist der Erklärung von InBev" keinen konkreten Hinweis auf Gespräche zwischen den Brauereien über die Abstimmung der Darlehensbedingungen liefern und daher nicht geeignet sind, die dahin gehende Schlussfolgerung der Kommission zu stützen.
[177] 174 Die Feststellung der Kommission bezüglich einer gelegentlichen Abstimmung zwischen den Brauereien über die Darlehensbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättenbereich beruht daher auf bruchstückhaften und nicht aussagekräftigen Beweisen.
[178] 175 Angesichts der isolierten und knappen Angaben in den handschriftlichen Notizen, auf die in den Erwägungsgründen 67 und 138 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, und der von den Klägerinnen vorgetragenen plausiblen Auslegung sowie des Fehlens konkreter Hinweise zu dieser Frage in der Erklärung von InBev ist festzustellen, dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend bewiesen hat, dass die fragliche Zuwiderhandlung eine "gelegentliche Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättensegment in den Niederlanden" umfasst hat.
[179] 176 Die dahin gehende Feststellung im Erwägungsgrund 258 und in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung kann somit nicht als erwiesen angesehen werden.
[180] 177 Daher ist der Argumentation der Klägerinnen, mit der eine fehlerhafte Tatsachenbeurteilung hinsichtlich der gelegentlichen Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättensegment geltend gemacht wird, zuzustimmen.
- Zum behaupteten Fehler in rechtlicher Hinsicht und in Bezug auf die Sachverhaltswürdigung
[181] 178 Die Klägerinnen tragen vor, die Feststellung des Vorliegens eines Komplexes von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Unternehmen im Sinne des Art. 81 EG durch die Kommission beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung (Erwägungsgründe 337 und 341 der angefochtenen Entscheidung).
[182] 179 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die vier Brauereien im Rahmen ihrer multilateralen Treffen und bilateralen Kontakte wiederholt sensible Marktinformationen (Preise, Höhe der Nachlässe und konkrete Angebote an bestimmte Kunden) ausgetauscht haben, die mitunter recht detailliert waren (in den Erwägungsgründen 129 und 174 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente) und konkrete Zahlen zu den Preisen (in den Erwägungsgründen 76, 89, 117, 129 und 174 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente), Nachlässen und vorausbezahlten Nachlässen (in den Erwägungsgründen 143 und 165 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente) sowie Angaben zu Kunden und Verkaufsstellen sowohl im Gaststättensektor (in den Erwägungsgründen 92, 143, 156, 165 und 184 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente) als auch im Privatsektor (in den Erwägungsgründen 76 und 156 der angefochtenen Entscheidung angeführte Dokumente) enthielten.
[183] 180 Über bestimmte konkrete Vorschläge, die das Verhalten auf dem Markt betrafen, wurde ebenfalls diskutiert, insbesondere über den Vorschlag, im Privatsektor eine Preiserhöhung in zwei Stufen vorzunehmen (im Erwägungsgrund 89 der angefochtenen Entscheidung angeführtes Dokument).
[184] 181 Außerdem weisen die Umstände, dass für die "Catherijne" -Treffen nie ein offizielles Protokoll erstellt wurde, dass der Inhalt der Gespräche nahezu niemals in einem internen Vermerk wiedergegeben wurde und dass die Tagesordnungen und Notizen zu diesen Treffen im November 1998 vernichtet wurden (Erklärung von InBev, im Erwägungsgrund 61 der angefochtenen Entscheidung angeführt), darauf hin, dass die Gespräche entgegen der Behauptung der Klägerinnen geheim waren und die Beteiligten sich der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst waren und es zu verschleiern versuchten.
[185] 182 Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen, ergibt sich aus den von der Kommission geprüften schriftlichen Beweisstücken, dass zu bestimmten Vorschlägen eine Einigung erzielt wurde, etwa zu den Vorschlägen, einen Vertrag mit einer Einkaufsorganisation von Einzelhändlern an Interbrew zu vergeben (im Erwägungsgrund 236 und in Fußnote 531 der angefochtenen Entscheidung angeführtes Dokument) und die Preise vor oder im Lauf des Jahres 1998 in abgestimmter Weise zu erhöhen (im Erwägungsgrund 89 der angefochtenen Entscheidung angeführtes Dokument).
[186] 183 Dass im letzteren Fall eine Vereinbarung im Sinne des Art. 81 EG vorliegt, wird weder durch den wahrscheinlichen Umstand in Frage gestellt, dass sich die Einigung zwischen den Brauereien nicht auf die konkreten Modalitäten der Umsetzung der Preiserhöhung erstreckt hat, noch durch die Tatsache, dass es auf dem Markt tatsächlich nie zu dieser Preiserhöhung gekommen ist.
[187] 184 Selbst wenn unterstellt wird, dass nie eine Vereinbarung über die spezifischen Einzelheiten der beabsichtigten Beschränkung zustande kam, hat nämlich die Kommission zutreffend festgestellt, dass die Brauereien ihre gemeinsame Absicht, zu einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung zu gelangen, durch die regelmäßige Fortsetzung ihrer Gespräche klar zum Ausdruck gebracht haben (Erwägungsgrund 341 der angefochtenen Entscheidung).
[188] 185 Im Übrigen hat der laufende Austausch sensibler, der Öffentlichkeit nicht zugänglicher Informationen, die den Vertretern der vier Brauereien als so zweckmäßig erschienen, dass sie sie in ihren Notizbüchern vermerkt und in ihrem internen Schriftverkehr erwähnt haben, sicherlich dazu geführt, bei jedem dieser Vertreter die Ungewissheit hinsichtlich des zu erwartenden Verhaltens seiner Konkurrenten zu verringern.
[189] 186 Insoweit ist vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises zu vermuten, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Bestimmung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn die Abstimmung während eines langen Zeitraums regelmäßig stattfindet, wie es hier der Fall war (vgl. in diesem Sinne Urteil Hüls/Kommission, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 162).
[190] 187 Die Klägerinnen meinen, diese Vermutung durch den Nachweis widerlegt zu haben, dass die vier Brauereien ihr Marktverhalten trotz der Gespräche autonom bestimmt hätten.
[191] 188 Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Zwar belegen sowohl die Erklärungen der Manager von InBev als auch der Umstand, dass Heineken seine Preise erst im Februar 2000 erhöht hat, dass während des beanstandeten Zeitraums jede Brauerei ihre eigene Marktpolitik verfolgt hat. Doch auch wenn mit dieser Feststellung dargetan werden kann, dass förmliche Verpflichtungen oder eine tatsächliche Abstimmung zwischen den Brauereien nicht bestanden, genügt sie nicht, um zu beweisen, dass die Brauereien die Informationen, die bei den beanstandeten Treffen ausgetauscht wurden, nie berücksichtigt haben, um ihr Marktverhalten – jede, wie sie es für richtig hielt – zu bestimmen.
[192] 189 Den Klägerinnen ist es folglich nicht gelungen, die Vermutung zu widerlegen, die sich aus der in Randnr. 186 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt.
[193] 190 Daher ist festzustellen, dass die Tatbestandselemente, die nach der in den Randnrn. 46 und 47 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung eine abgestimmte Verhaltensweise begründen, im vorliegenden Fall gegeben sind.
[194] 191 Unter diesen Umständen hat die Kommission die fraglichen Verhaltensweisen zu Recht als "Komplex von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen" qualifiziert, da diese Verhaltensweisen sowohl Elemente aufwiesen, die als "Vereinbarungen" anzusehen sind, als auch Elemente, die als "abgestimmte Verhaltensweisen" einzustufen sind. Angesichts eines komplexen Sachverhalts ist die von der Kommission in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene doppelte rechtliche Qualifizierung nicht so zu verstehen, dass sie für jedes einzelne Element gleichzeitig und kumulativ den Nachweis verlangt, dass sowohl die Tatbestandsmerkmale einer Vereinbarung als auch die von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen erfüllt sind. Die doppelte Qualifizierung bezieht sich vielmehr auf einen Komplex tatsächlicher Gegebenheiten, von denen einige als Vereinbarungen und andere als aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 EG anzusehen sind, der für diesen Typ einer komplexen Zuwiderhandlung keine spezifische Qualifizierung vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteil Hercules Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 264).
[195] 192 Die Klägerinnen bestreiten jedoch, dass mit den Verhaltensweisen, die ihnen zur Last gelegt werden, ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wurde. Insbesondere hätten die Treffen niemals den Zweck gehabt, sich im Geheimen über ein für den Wettbewerb sensibles Verhalten abzustimmen. Es sei gelegentlich vorgekommen, dass die Marktsituation, darunter die Verbraucherpreise im Privatsegment und die Angebote an einige Kunden im Gaststättensegment, erörtert worden sei. In diesen Diskussionen sei es jedoch um so viele für den Sektor wichtige Themen gegangen und sie seien so informell und unverbindlich gewesen, dass sie nicht als "Abstimmungen" eingestuft werden könnten.
[196] 193 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Gespräche über für den Markt sensible Informationen, selbst unter der Annahme, dass sie nur gelegentlich und gleichzeitig mit Gesprächen über nicht sensible Themen geführt wurden, eindeutig geeignet waren, eine Abstimmung auf dem Markt herbeizuführen und die Ungewissheit hinsichtlich des zu erwartenden Verhaltens der Konkurrenten zu verringern. Es ist bereits erwiesen, dass die Gespräche über die Preise und die Konditionen, die bestimmten Kunden angeboten wurden, es den Brauereien, selbst wenn die Abstimmung zwischen ihnen nicht immer sehr wirksam war, erlaubt haben, bestimmte Aspekte des Verhaltens ihrer Konkurrenten aus der Nähe zu verfolgen und ihr eigenes Verhalten an den erlangten Informationen auszurichten (vgl. Randnrn. 185 bis 189 des vorliegenden Urteils). Dass die Vertreter der Brauereien es für zweckmäßig hielten, diese Informationen in ihren Notizbüchern zu vermerken und sie im Rahmen ihres internen Schriftverkehrs zu erwähnen, ist zudem ein Hinweis auf die besondere Bedeutung, die diese Informationen für sie hatten, und bestätigt, dass die Beteiligten objektiv eine wettbewerbswidrige Wirkung der Beratungen anstrebten, auch wenn sie diese nicht immer erreichten.
[197] 194 Die Klägerinnen treten schließlich der Schlussfolgerung der Kommission entgegen, Heineken sei an den Diskussionen beteiligt gewesen, die Interbrew und Bavaria über das Händlermarkenbier-Segment geführt hätten. Sie bestreiten nicht, an den fraglichen multilateralen Treffen teilgenommen zu haben, tragen jedoch vor, dass Heineken nicht in dem betreffenden Segment tätig gewesen sei und dass ihre Beteiligung an den fraglichen Übereinkünften weder daraus hergeleitet werden könne, dass Grolsch, eine weitere nicht in dem Segment tätige Brauerei, Besorgnis über den Preis in diesem Segment geäußert habe, noch daraus, dass sich Bavaria und InBev das Ziel gesetzt hätten, das Preisniveau in diesem Segment anzuheben (Erwägungsgründe 249 bis 252 der angefochtenen Entscheidung).
[198] 195 Hat ein Unternehmen, auch ohne eine aktive Rolle zu spielen, an einem Treffen teilgenommen, bei dem eine rechtswidrige Abstimmung erörtert wurde, ist nach ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass es an dieser Abstimmung teilgenommen hat, sofern es nicht beweist, dass es sich offen von ihr distanziert oder die anderen Teilnehmer darüber informiert hat, dass es an dem fraglichen Treffen aus anderen Beweggründen teilgenommen hat als diese (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Slg. 2000, II-491, Randnr. 3199 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[199] 196 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Heineken zwar nicht im Händlermarkenbier-Segment tätig war, die Preise in diesem Segment nach der Erklärung von InBev (Erwägungsgründe 54 und 247 der angefochtenen Entscheidung) jedoch eine gemeinsame Sorge der vier großen Brauereien – einschließlich Heineken – waren.
[200] 197 Des Weiteren bestreiten die Klägerinnen nicht, dass Heineken bei den fraglichen rechtswidrigen Diskussionen über die Preise im Händlermarkenbier-Segment anwesend war; diese Tatsache wird außerdem durch verschiedene Beweismittel bestätigt, die in den Erwägungsgründen 247 bis 251 der angefochtenen Entscheidung angeführt sind. Die Klägerinnen tragen auch nicht vor, dass sich Heineken offen von diesen Diskussionen distanziert oder die anderen Brauereien darüber informiert hätte, dass sie aus anderen Beweggründen an den fraglichen Treffen teilgenommen hätte als diese. Auch als richtig unterstellt, vermag daher die bloße Tatsache, dass Heineken bei diesen Diskussionen keine aktive Rolle gespielt hat, ihre Verantwortlichkeit nicht entfallen zu lassen.
[201] 198 Schließlich ergibt sich aus den Akten, dass sich die Beteiligung von Heineken an den Gesprächen über die Preise für Händlermarkenbier nicht bloß auf eine passive Teilnahme an einigen Treffen und ihr Interesse am Ergebnis dieser Gespräche beschränkte, sondern auch darin bestand, dass sie bewusst Druck auf Interbrew und Bavaria ausübte, indem sie sich weigerte, die Preise ihrer eigenen Marken zu erhöhen, bevor nicht die Preise der Händlermarken erhöht würden. Die Ausübung eines derartigen Drucks wird im Übrigen sowohl durch die Erklärung von InBev (zitiert im Erwägungsgrund 54 der angefochtenen Entscheidung) als auch durch ein Dokument bestätigt, das den Inhalt des Treffens vom 12. Mai 1997 betrifft (angeführt im Erwägungsgrund 224 der angefochtenen Entscheidung) und dessen Auslegung von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt wird.
[202] 199 Nach alledem kann der Argumentation der Klägerinnen, mit der ein Rechtsfehler geltend gemacht wird, nicht gefolgt werden.
[203] 200 Da die Klägerinnen somit nicht nachgewiesen haben, dass in der angefochtenen Entscheidung Art. 81 Abs. 1 EG rechtsfehlerhaft angewandt wurde, ist auch ihre Argumentation zurückzuweisen, die sich im Wesentlichen auf die gleiche Prämisse stützt, nach der die Kommission diese Bestimmung fehlerhaft, unter Verstoß gegen die Unschuldsvermutung ausgelegt und somit die Feststellung der Zuwiderhandlung nicht ausreichend begründet habe.
- Ergebnis
[204] 201 Aus der vorstehenden Prüfung des fünften und des sechsten Klagegrundes ergibt sich, dass die Feststellung der Kommission hinsichtlich einer gelegentlichen Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen als der Preise für einzelne Kunden im Gaststättenbereich in den Niederlanden rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist und nicht aufrechterhalten werden kann (vgl. Randnrn. 167 bis 177 des vorliegenden Urteils).
[205] 202 Folglich ist Art. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er diese Komponente der fraglichen Zuwiderhandlung betrifft; demzufolge ist der Betrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße abzuändern. Die konkreten Folgen dieser Abänderung werden in den Randnrn. 435 und 436 des vorliegenden Urteils im Einzelnen genannt.
[206] 203 Im Übrigen sind der fünfte und der sechste Klagegrund zurückzuweisen.
Zum siebten Klagegrund: Dauer der Zuwiderhandlung
Vorbringen der Parteien
[207] 204 Die Klägerinnen wenden sich dagegen, dass der 27. Februar 1996 und der 3. November 1999 als Zeitpunkte des Beginns und der Beendigung der Zuwiderhandlung festgelegt wurden. Insbesondere gälten für den Beginn und das Ende der Zuwiderhandlungen, die unmittelbar durch Beweise belegt werden müssten, höhere Beweisanforderungen, denen im vorliegenden Fall nicht genügt worden sei, da die Kommission nicht über unmittelbare Beweise für den wettbewerbswidrigen Inhalt der bei den Treffen vom 27. Februar 1996 und vom 3. November 1999 geführten Gespräche verfüge.
[208] 205 In Bezug auf das Treffen vom 27. Februar 1996 tragen die Klägerinnen vor, dass sich die von der Kommission im Erwägungsgrund 67 der angefochtenen Entscheidung herangezogenen handschriftlichen Notizen auf eine allgemeine Diskussion über "zweifelhafte Schuldner" im Gaststättensektor bezögen, die nicht als wettbewerbsbeschränkend angesehen werden können.
[209] 206 Was das Treffen vom 3. November 1999 anbelange, stütze sich der Beweis für dessen wettbewerbswidrigen Inhalt auf eine Antwort von InBev auf ein Auskunftsverlangen der Kommission (im Erwägungsgrund 221 der angefochtenen Entscheidung zitiert). Dieser Antwort widersprächen jedoch die spezifischeren Aussagen der Manager von InBev, die persönlich an diesem Treffen teilgenommen hätten.
[210] 207 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[211] 208 Die Dauer der Zuwiderhandlung ist ein Tatbestandsmerkmal der Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG, für das hauptsächlich die Kommission beweispflichtig ist. Soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission nach der Rechtsprechung zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T-43/92, Slg. 1994, II-441, Randnr. 79, und Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 51).
[212] 209 Hier wenden sich die Klägerinnen gegen die Festlegung sowohl des Zeitpunkts des Beginns als auch des Zeitpunkts der Beendigung der Zuwiderhandlung.
- Zur Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Zuwiderhandlung
[213] 210 Die Kommission machte den 27. Februar 1996 als Zeitpunkt des Beginns der fraglichen Zuwiderhandlung aus, da es sich um das Datum des ersten "Catherijne" -Treffens handele, bezüglich dessen sie über unmittelbare Beweise für die Anwesenheit der vier Brauereien verfüge.
[214] 211 Wie in den Randnrn. 167 bis 177 des vorliegenden Urteils festgestellt, stellen die im Erwägungsgrund 67 der angefochtenen Entscheidung angeführten handschriftlichen Notizen zu diesem Treffen als solche kein Bündel von Beweisen dar, das geeignet ist, die Feststellung der Zuwiderhandlung in Bezug auf die gelegentliche Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen für einzelne Kunden im Gaststättensektor rechtlich hinreichend zu begründen.
[215] 212 Diese Erwägung steht jedoch als solche einer Verwendung der betreffenden Dokumente zur Bestimmung des Zeitpunkts des Beginns der Zuwiderhandlung insgesamt nicht entgegen.
[216] 213 Es ist nämlich festzustellen, dass das Treffen vom 27. Februar 1996 zu einer Reihe von regelmäßigen Treffen gehört, an denen dieselben Teilnehmer beteiligt waren und die unter ähnlichen Umständen abliefen. Sie wurden als "Catherijne-Beratungen" oder "Tagesordnungskommission" bezeichnet, an ihnen nahmen Vertreter der vier niederländischen Brauereien Heineken, InBev, Grolsch und Bavaria teil, sie wurden parallel zu den offiziellen Treffen des CBK veranstaltet und die Gespräche, die in ihrem Rahmen geführt wurden, wurden nie in Protokollen und nahezu niemals in internen Vermerken festgehalten. In der Erklärung von InBev wurden diese Treffen ebenfalls als Teil einer Reihe dargestellt, und eine Tabelle mit Namen, Anschriften, Daten und Orten eines großen Teils von ihnen, einschließlich des Treffens vom 27. Februar 1996, wurde der Erklärung beigefügt (Erwägungsgrund 44 der angefochtenen Entscheidung).
[217] 214 Sowohl auf der Grundlage der Erklärung von InBev als auch aufgrund zahlreicher anderer Beweismittel wurde bereits festgestellt, dass mit den Treffen, die zu dieser Reihe gehörten, ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wurde (vgl. Randnrn. 179 bis 184 des vorliegenden Urteils). Ein Bündel von Indizien, die den systematischen Charakter der Treffen und ihren wettbewerbswidrigen Inhalt belegen, und die Erklärung von InBev, der ein erheblicher Beweiswert zukommt, erlauben – vorbehaltlich des Beweises des Gegenteils – die Feststellung, dass alle Treffen, die sich in das System einfügen, mit diesem wettbewerbsbeschränkenden Zweck behaftet sind, selbst wenn für einige dieser Treffen kein entsprechender konkreter Beweis vorliegt.
[218] 215 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, diese Logik könne bei der Bestimmung der Zeitpunkte des Beginns und des Endes der Zuwiderhandlung nicht angewandt werden. Zwar dürfe grundsätzlich angenommen werden, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung stattgefunden habe; der Beginn und das Ende der Zuwiderhandlung aber, für die höhere Beweisanforderungen gälten, müssten durch Beweismittel unmittelbar nachgewiesen werden.
[219] 216 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Bestimmung des Beginns der Zuwiderhandlung nicht nur auf die Beweise bezüglich des Treffens vom 27. Februar 1996 gestützt hat.
[220] 217 In den Erwägungsgründen 466 bis 469 der angefochtenen Entscheidung führt sie nämlich aus, dass alle betroffenen Brauereien – darunter die Klägerinnen – "mindestens vom 27. Februar 1996 bis zum 3. November 1999" an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien. Im Erwägungsgrund 56 der angefochtenen Entscheidung präzisiert sie zudem, dass die Zuwiderhandlung nach der Erklärung von InBev weit vor 1996 begonnen habe, nämlich:
- "spätestens 1990" hinsichtlich der Gespräche über die Preiserhöhungen im Gaststättenbereich;
- "1993 bis 1994" in Bezug auf die Gespräche über Rabatte und Übernahmen von Verkaufsstellen des Gaststättenbereichs zwischen den Brauereien;
- "1987" hinsichtlich der Gespräche zwischen Oranjeboom-Interbrew und Bavaria über Händlermarkenbier.
[221] 218 Angesichts des erheblichen Beweiswerts der Erklärung von InBev durfte die Kommission feststellen, dass die fragliche Zuwiderhandlung spätestens zum Zeitpunkt der ersten Treffen im Jahr 1996, die in der Tabelle im Anhang der Erklärung von InBev aufgeführt sind und bei denen InBev vertreten war, nachdem sie Oranjeboom im Jahr 1995 übernommen hatte, begonnen hat.
[222] 219 Aus der Erklärung von InBev ergibt sich, dass Heineken von Beginn – im Jahr 1993 oder 1994 – an eine Rolle bei der Organisation der "Catherijne" -Treffen gespielt hat. Darüber hinaus ist zum einen erwiesen, dass Heineken beim Treffen vom 27. Februar 1996 vertreten war, und zum anderen, dass die Brauereien die wettbewerbswidrigen Diskussionen beim nächsten Treffen vom 19. Juni 1996 fortgesetzt haben (vgl. die im Erwägungsgrund 67 der angefochtenen Entscheidung und in den Randnrn. 99 und 100 des vorliegenden Urteils angeführten handschriftlichen Notizen). Obgleich die Teilnahme von Heineken an diesem Treffen nicht nachgewiesen worden ist, zeigen die Beweismittel zu diesem Treffen, dass über die Beteiligung von Heineken an einer möglichen zweistufigen Preiserhöhung diskutiert wurde.
[223] 220 Angesichts dessen hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass die Klägerinnen spätestens seit dem 27. Februar 1996 an der fraglichen Zuwiderhandlung teilgenommen haben.
[224] 221 Dass in der angefochtenen Entscheidung auf die Berücksichtigung einer vor diesem Zeitpunkt liegenden Zuwiderhandlung verzichtet wurde, stellt nämlich ein Zugeständnis an die Adressaten der angefochtenen Entscheidung dar. Insoweit hat das Gericht nicht darüber zu entscheiden, ob dieses Zugeständnis rechtmäßig oder angezeigt war (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnrn. 340 und 341).
[225] 222 Da es sich um ein Treffen handelt, das zu einem System regelmäßiger Treffen gehört, deren wettbewerbswidriger Zweck rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, kann die Bestimmung des Zeitpunkts des Beginns der Zuwiderhandlung nicht durch die Argumentation der Klägerinnen in Frage gestellt werden, der konkrete Beweis für den Inhalt des Treffens vom 27. Februar 1996 sei unzureichend.
[226] 223 Folglich ist die Rüge bezüglich der Bestimmung des Zeitpunkts des Beginns der Zuwiderhandlung zurückzuweisen.
- Zur Bestimmung des Zeitpunkts des Endes der Zuwiderhandlung
[227] 224 Die Kommission machte für alle betroffenen Brauereien den 3. November 1999 als Zeitpunkt der Beendigung der Zuwiderhandlung aus (Erwägungsgründe 466 bis 469 der angefochtenen Entscheidung); dabei handelt es sich um das Datum des letzten "Catherijne" -Treffens, für das die Kommission über unmittelbare Beweise für die Anwesenheit der vier Brauereien verfügte. Dieses Treffen ist in der chronologischen Tabelle, die der Erklärung von InBev als Anhang beigefügt ist, an letzter Stelle genannt. Nach einer Antwort von InBev auf ein Auskunftsverlangen der Kommission handelte es sich bei dem Treffen vom 3. November 1999 um ein "so genanntes Catherijne-Treffen (Gespräche Gaststättensegment/Tagesordnungskommission). Wie immer bei Catherijne-Diskussionen wurde hauptsächlich über exzessive Vereinbarungen und friedliches Nebeneinander gesprochen" (Erwägungsgrund 221 der angefochtenen Entscheidung).
[228] 225 Die Klägerinnen meinen, die genaueren Aussagen der Manager von InBev, die am Treffen vom 3. November 1999 teilgenommen hätten, widersprächen dieser Erklärung und führen folgende Passagen dieser Aussagen an:
- "Am 19. August 1999 gab es eine Zusammenkunft, an der ich teilgenommen habe. Am 3. November 1999 fand ein Treffen statt, an dem Herr … und ich teilgenommen haben. Im einen wie im anderen Fall wurde nicht konkret über Verhaltensweisen auf dem Markt gesprochen. Das Treffen war mehr informell."
- "Es gibt Treffen zwischen den vier Direktoren des Gaststättenbereichs (Heineken, Grolsch, Bavaria und Interbrew). Ich war nur bei einem dieser Treffen, am 3. November 1999 in Enschede, dabei. Herr … nahm mich dorthin mit, um mich vorzustellen. Dieses Treffen hatte nicht viel Substanz. Es handelte sich mehr um ein angenehmes Treffen ohne besondere Tagesordnung. Es wurden allgemeine Bemerkungen zu den Nachlässen gemacht. Ich hatte den Eindruck, dass bereits seit Jahren eine Art Staffelungssystem oder eine Regel für die Nachlässe bestand, aber dies wurde nie eigens angesprochen. Es wurde nur in sehr allgemeinen Worten über die Beträge der Nachlässe insgesamt gesprochen; dies war die Gelegenheit, auf gewisse Vorfälle hinzuweisen. Ich habe das Gefühl, dass die Staffelung nicht funktionierte. Jedes Unternehmen legte seine eigene Strategie fest. Es gab vielleicht einen gewissen Einschüchterungsversuch, aber jeder machte trotzdem, was er wollte."
[229] 226 Entgegen der Ansicht der Klägerinnen widersprechen diese Passagen nicht den von der Kommission herangezogenen Beweismitteln. Die Bezugnahmen auf "exzessive Vereinbarungen" und "friedliches Nebeneinander" sowie auf die "Staffelung" und die "Regel für die Nachlässe" beziehen sich eindeutig auf die Abstimmung der Höhe der den Kunden des Gaststättensektors gewährten Nachlässe. Die einzige Klarstellung, die durch die Aussagen der Manager von InBev erbracht wird, bezieht sich auf den Grad der Detailliertheit der Gespräche, die sich auf "allgemeine Bemerkungen" beschränkt haben sollen, und auf ihre fehlenden Auswirkungen auf den Markt, nämlich die Tatsache, dass die Staffelung "nicht funktionierte". Es ist jedoch bereits darauf hingewiesen worden, dass weder der allgemeine Charakter der Gespräche noch das Fehlen von Auswirkungen auf den Markt der Rechtswidrigkeit dieses Treffens entgegenstehen (vgl. Randnrn. 78 und 79 des vorliegenden Urteils).
[230] 227 Der Umstand, dass das Treffen vom 3. November 1999 zu einem System wettbewerbswidriger Treffen gehört (vgl. Randnrn. 213 und 214 des vorliegenden Urteils) und dass die behandelten Themen mit früheren wettbewerbsbeschränkenden Gesprächen im Zusammenhang standen, zeigt darüber hinaus, dass der Zweck der Einberufung des Treffens gerade darin bestand, die notwendigen Voraussetzungen für die Fortsetzung dieser Gespräche sicherzustellen.
[231] 228 Selbst wenn ein gewisser Widerspruch zwischen den von den Klägerinnen angeführten Aussagen der Angestellten von InBev und der Antwort von InBev auf das Auskunftsverlangen bestehen sollte, ist der Beweiswert dieser Antwort im Hinblick auf die Rechtsprechung, wonach die Glaubhaftigkeit einer Erklärung, die im Namen des Unternehmens gegeben wurde, höher ist als die eines Mitglieds ihres Personals, unabhängig von dessen persönlicher Erfahrung oder Meinung, jedenfalls als höher anzusehen (Urteil LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 90 angeführt, Randnr. 45).
[232] 229 Folglich ist die Rüge bezüglich der Bestimmung des Zeitpunkts des Endes der Zuwiderhandlung und somit der siebte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und gegen Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003 hinsichtlich der Verweigerung des Zugangs zu den Erwiderungen anderer betroffener Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte
Vorbringen der Parteien
[233] 230 Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, ihren Antrag auf Zugang zu den Antworten der anderen von dem Verfahren betroffenen Parteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgelehnt und damit ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt zu haben. Aus der angefochtenen Entscheidung gehe hervor, dass die Kommission diesen Antworten Beweismittel entnommen habe, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung festzustellen und den Endbetrag der Geldbuße zu rechtfertigen, und dass diese Antworten entlastendes Material enthalten hätten, von dem sie hätten profitieren können. Daher hätten sie im Licht des Grundsatzes der Waffengleichheit Gelegenheit haben müssen, dieses Material zu prüfen, um ihre Verteidigung in unabhängiger Weise aufbauen zu können.
[234] 231 Die Klägerinnen vertreten u. a. die Auffassung, dass sie Zugang zu den Antworten von Bavaria und Grolsch hätten erhalten müssen, da diese Brauereien, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebe, die Beweisstücke, die später den Klägerinnen gegenüber als belastende und entlastende Beweismittel verwendet worden seien, authentisch ausgelegt hätten. Insbesondere berufe sich die Kommission im Erwägungsgrund 75 der angefochtenen Entscheidung auf die Antworten von Bavaria auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, um zu beweisen, dass sie am Treffen vom 19. Juni 1996 teilgenommen hätten. In den Erwägungsgründen 124 bis 126 der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission zudem eine in den Antworten von Bavaria enthaltene Auslegung herangezogen, um zu beweisen, dass die Bierpreise beim Treffen vom 17. Dezember 1997 diskutiert worden seien. Schließlich führe die Kommission im Erwägungsgrund 135 der angefochtenen Entscheidung in der Antwort von Bavaria enthaltene Behauptungen als Beweismittel für bestimmte belastende Aussagen an, die sie beim Treffen vom 12. März 1998 gemacht haben sollten.
[235] 232 Es sei wichtig, Zugang zur Antwort von InBev auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erhalten, da sich die Kommission für den Erlass der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen auf die Erklärungen von InBev gestützt habe. Beispielsweise lasse sich dem Erwägungsgrund 476 der angefochtenen Entscheidung und dem Schriftwechsel zwischen der Kommission und InBev im Februar 2006 entnehmen, dass die Antworten von InBev auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte entlastendes Beweismaterial enthalten hätten.
[236] 233 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[237] 234 Nach Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 müssen "[d] ie Verteidigungsrechte der Parteien … während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden. Die Parteien haben Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse …"
[238] 235 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Recht auf Akteneinsicht Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte und bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C-199/99 P, Slg. 2003, I-11177, Randnrn. 125 bis 128, und des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T-30/91, Slg. 1995, II-1775, Randnr. 81).
[239] 236 Zu diesen Schriftstücken gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 68).
[240] 237 Bezüglich belastender Schriftstücke stellt die unterbliebene Übermittlung nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betreffende Unternehmen dartut, dass sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, auf dieses Schriftstück gestützt hat und dass dieser Vorwurf nur durch Heranziehung des fraglichen Schriftstücks belegt werden kann. Das betroffene Unternehmen muss daher dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gekommen ist, anders ausgefallen wäre, wenn dieses nicht übermittelte Schriftstück als Beweismittel ausgeschlossen werden müsste (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnrn. 71 bis 73).
[241] 238 Wurde dagegen ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (Urteil Hercules Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 81), und insbesondere nachweist, dass es Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit der im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte von der Kommission vorgenommenen Beurteilung übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die in der Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen hätten beeinflussen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 75).
[242] 239 Außerdem soll durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte der Gegenstand des gegen ein Unternehmen eingeleiteten Verfahrens eingegrenzt und die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte gewährleistet werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T-69/04, Slg. 2008, II-2567, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[243] 240 Unter diesem Blickwinkel betrachtet gelten für die Mitteilung der Beschwerdepunkte Verfahrensgarantien, mit denen der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte umgesetzt wird, darunter das Recht auf Einsicht in Schriftstücke, die sich in der Akte der Kommission befinden.
[244] 241 Die Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sind nicht Teil der eigentlichen Ermittlungsakte (vgl. in diesem Sinne Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 380).
[245] 242 Da es sich um Schriftstücke handelt, die nicht Teil der zum Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte angelegten Akte sind, ist die Kommission nur dann verpflichtet, die genannten Antworten anderen betroffenen Parteien zugänglich zu machen, wenn sich erweist, dass sie neues be- oder entlastendes Material enthalten.
[246] 243 Auch nach dem Erwägungsgrund 27 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 [EG] und 82 [EG], Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. 2005 C 325, S. 7) wird in der Regel keine Einsicht in die Antworten der übrigen von den Ermittlungen Betroffenen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt. Ein Betroffener kann diese Dokumente nur einsehen, sofern sie neues be- oder entlastendes Beweismaterial zu den gegen diesen Betroffenen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Kommission erhobenen Vorwürfen darstellen können.
[247] 244 Will sich die Kommission zum einen auf ein neues belastendes Beweismaterial, das sie einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte entnimmt, stützen, um das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, müssen nach ständiger Rechtsprechung die anderen Beteiligten dieses Verfahrens in die Lage versetzt werden, sich zu einem solchen neuen Beweismittel zu äußern (Urteile des Gerichts Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 386, und vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T-314/01, Slg. 2006, II-3085, Randnr. 50).
[248] 245 Ein Schriftstück kann nur dann als belastendes Schriftstück angesehen werden, wenn sich die Kommission bei der Feststellung einer von einem Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung darauf stützt. Als Beweis für eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte genügt es nicht, dass das fragliche Unternehmen nachweist, dass es sich im Verwaltungsverfahren nicht zu einem Schriftstück hat äußern können, das in der angefochtenen Entscheidung an irgendeiner Stelle verwendet wurde. Es muss dartun, dass die Kommission dieses Schriftstück in der angefochtenen Entscheidung als zusätzliches Beweismittel für eine Zuwiderhandlung verwendet hat, an der das Unternehmen teilgenommen haben soll (Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T-5/00 und T-6/00, Slg. 2003, II-5761, Randnr. 35).
[249] 246 Im vorliegenden Fall tragen die Klägerinnen vor, die Kommission habe die den Antworten von Bavaria und Grolsch auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte entnommenen Beweismittel als neues belastendes Beweismaterial verwendet. Sie verweisen hierzu auf die Erwägungsgründe 75, 124 bis 126 und 135 der angefochtenen Entscheidung.
[250] 247 Was zunächst den Erwägungsgrund 75 der angefochtenen Entscheidung betrifft, wird darin auf einen Ausschnitt aus der Antwort von Bavaria auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte Bezug genommen, in dem es heißt, es sei "sehr wahrscheinlich", dass Heineken beim Treffen vom 19. Juni 1996 vertreten gewesen sei. Zwar hat die Kommission dieses Zitat angeführt, sie hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Akte keine Beweise hierfür enthalte. Aus dem fraglichen Erwägungsgrund ergibt sich nicht, dass Heineken bei diesem Treffen tatsächlich vertreten war, sondern nur, dass sie jedenfalls am vorausgegangenen Treffen und an den folgenden Treffen teilgenommen hat.
[251] 248 Dass der fragliche Ausschnitt aus der Antwort von Bavaria auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zitiert wurde, kann daher nicht als Verwendung eines neuen belastenden Beweismittels angesehen werden.
[252] 249 Ferner ist zu den Erwägungsgründen 124 und 126 der angefochtenen Entscheidung, die sich auf das Treffen vom 17. Dezember 1997 beziehen, festzustellen, dass sich aus den Erwägungsgründen 117 bis 121 der angefochtenen Entscheidung klar ergibt, dass der Gegenstand dieses Treffens auf der Grundlage von Beweismaterial nachgewiesen wurde, das in der Ermittlungsakte enthalten ist.
[253] 250 Lediglich um auf das Vorbringen des betroffenen Unternehmens einzugehen, hat die Kommission insoweit in den Erwägungsgründen 124 und 126 der angefochtenen Entscheidung auf eine alternative Auslegung dieses Beweismaterials Bezug genommen, die Bavaria in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt hat. Außerdem ergibt sich aus diesen Erwägungsgründen, dass die Kommission die von Bavaria vorgetragene Auslegung nicht als plausibel angesehen hat und ihr nicht gefolgt ist.
[254] 251 Was schließlich den Erwägungsgrund 135 der angefochtenen Entscheidung betrifft, in dem eine weitere Auslegung zusammengefasst wird, die Bavaria hinsichtlich der Aktenstücke, die sich auf das Treffen vom 12. März 1998 beziehen, vorgenommen hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Auslegung im Erwägungsgrund 136 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zurückgewiesen wurde und somit nicht als zusätzliches belastendes Beweismaterial herangezogen werden konnte.
[255] 252 Unter Berücksichtigung dessen ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass die Kommission zusätzliches belastendes Beweismaterial verwendet hat, das sich aus den Antworten der anderen Beteiligten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergibt.
[256] 253 Was zum anderen ein neues entlastendes Beweismaterial betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, dieses Material von sich aus zugänglich zu machen. Hat die Kommission im Verwaltungsverfahren den Antrag eines Klägers auf Einsicht in Unterlagen, die sich nicht in der Ermittlungsakte befinden, abgelehnt, so kann eine Verletzung der Verteidigungsrechte nur dann festgestellt werden, wenn nachgewiesen ist, dass das Verwaltungsverfahren möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn der Kläger die fraglichen Unterlagen in diesem Verfahren hätte einsehen können (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 383).
[257] 254 Darüber hinaus können sich die Klägerinnen nicht auf die Erwägung berufen, die sich aus dem oben in Randnr. 51 angeführten Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission (Randnr. 126), ergibt, wonach es nicht allein Sache der Kommission sein kann, die für die Verteidigung des betroffenen Unternehmens nützlichen Schriftstücke zu bestimmen. Diese Erwägung, die sich auf Dokumente bezieht, die in den Akten der Kommission enthalten sind, kann auf Antworten anderer betroffener Parteien auf die von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte keine Anwendung finden.
[258] 255 Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann die Wahrung der Verteidigungsrechte daher grundsätzlich nicht dazu führen, dass die Kommission verpflichtet wäre, diese Antworten anderen Beteiligten zugänglich zu machen, damit diese nachprüfen können, ob es keine entlastenden Beweismittel gibt.
[259] 256 Da sich die Klägerinnen darauf berufen, dass die ihnen nicht zugänglich gemachten Antworten entlastendes Beweismaterial enthielten, liegt es bei ihnen, einen ersten Hinweis auf den Nutzen dieser Dokumente für ihre Verteidigung zu liefern.
[260] 257 Insbesondere müssen sie die etwaigen entlastenden Beweismittel benennen oder einen Hinweis liefern, der ihr Vorliegen und somit ihren Nutzen für das Verfahren glaubhaft macht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Randnrn. 351 bis 359).
[261] 258 Im vorliegenden Fall machen die Klägerinnen geltend, dem Erwägungsgrund 476 der angefochtenen Entscheidung und dem Schriftverkehr zwischen der Kommission und InBev im Anschluss an die Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte lasse sich entnehmen, dass InBev Hinweise gegeben habe, die dahin verstanden werden könnten, dass zum einen die Umsetzung der kollusiven Absprachen und zum anderen das Vorliegen oder die Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung bestritten werde.
[262] 259 Was zum einen den geltend gemachten Hinweis auf die fehlende tatsächliche Umsetzung der fraglichen kollusiven Absprachen betrifft, kann der Umstand, dass die anderen Beteiligten in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im Wesentlichen die gleichen Argumente wie die Klägerinnen vorgetragen haben, um geltend zu machen, dass das Kartell nicht durchgeführt worden sei, kein entlastendes Beweismaterial darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 353).
[263] 260 Was zum anderen den geltend gemachten Hinweis auf das Bestreiten des Vorliegens oder der Dauer der Zuwiderhandlung angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen zur Stützung dieses Arguments auf ein Schreiben des Anwalts von InBev vom 21. Februar 2006 verweisen, das als Antwort auf Fragen der Kommission übermittelt wurde und in dem ausgeführt wird, dass "[seine] Mandantinnen … keineswegs die Absicht haben, die Rolle, die sie bei den behaupteten Vorgängen gespielt haben, in irgendeiner Weise herunterzuspielen oder das Vorliegen oder die Dauer der Zuwiderhandlung inhaltlich zu bestreiten". Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen ergibt sich aus dieser Klarstellung allein noch nicht, dass die Antwort von InBev auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte möglicherweise Ausführungen enthielt, die entlastendes Beweismaterial darstellen könnten.
[264] 261 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen kein entlastendes Beweismaterial aufgezeigt haben, das sich aus den Antworten anderer betroffener Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergeben könnte, und somit keinen Hinweis auf den Nutzen dieser Antworten für ihre Verteidigung erbracht haben.
[265] 262 Folglich ist die Rüge, mit der geltend gemacht wird, die fraglichen Antworten enthielten entlastendes Beweismaterial, zurückzuweisen.
[266] 263 Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Auf dem Fehlen sorgfältiger und unparteiischer Ermittlungen beruhender Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, das Sorgfaltsprinzip und den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens
Vorbringen der Parteien
[267] 264 Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, nicht sorgfältig und unparteiisch alle im vorliegenden Fall relevanten Gesichtspunkte geprüft und die Aktenstücke selektiv verwendet zu haben, um ihre These zu untermauern, wonach ein Verstoß gegen Art. 81 EG begangen worden sei.
[268] 265 Insbesondere habe die Kommission den die Klägerinnen belastenden Beweis auf die Erklärungen gestützt, die InBev im Rahmen ihres Kronzeugenantrags abgegeben habe, obwohl diese vage und widersprüchlich seien und nicht ausschließlich auf eigenen Feststellungen beruhten und daher zum Teil einen "Beweis vom Hörensagen" enthielten.
[269] 266 Im Übrigen habe die Kommission während des Ermittlungsverfahrens gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie die Argumente der Klägerinnen übergangen und insbesondere die Beweismittel zurückgewiesen habe, die sie zum Nachweis dafür vorgelegt hätten, dass sich der niederländische Biermarkt während des fraglichen Zeitraums nicht in einer Weise entwickelt habe, die auf das Bestehen von Preisabsprachen hindeute.
[270] 267 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[271] 268 Nach ständiger Rechtsprechung gehört zu den Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C-269/90, Slg. 1991, I-5469, Randnr. 14).
[272] 269 Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der Behauptung, die Kommission habe die Beweismittel nicht sorgfältig und unparteiisch geprüft, darauf hinzuweisen, dass die Kommission – wie bereits oben als Ergebnis der Prüfung des fünften und des sechsten Klagegrundes festgestellt worden ist – ausreichende Beweise für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG vorgelegt hat, soweit es um zwei Komponenten dieser Zuwiderhandlung geht (vgl. Randnr. 163 des vorliegenden Urteils). Im Rahmen der Prüfung dieser Klagegründe hat das Gericht die Beanstandungen der Klägerinnen hinsichtlich der Würdigung der Erklärung von InBev und des im Verwaltungsverfahren zum Beweis des Gegenteils beigebrachten Beweismaterials bereits geprüft.
[273] 270 Insbesondere ist das Vorbringen der Klägerinnen, soweit es darauf abzielt, die Beweiskraft der Erklärung von InBev in Frage zu stellen, da sie vage und widersprüchlich sei und einen "Beweis vom Hörensagen" enthalte, aus den Gründen zurückzuweisen, die in den Randnrn. 70 bis 90 des vorliegenden Urteils im Rahmen der Prüfung des fünften und des sechsten Klagegrundes dargelegt worden sind.
[274] 271 Daher vermengt sich die Argumentation der Klägerinnen, die Kommission habe keine vollständige, sorgfältige und unparteiische Prüfung durchgeführt, mit den oben im Rahmen des fünften und des sechsten Klagegrundes geprüften Argumenten und erfordert keine eigenständige Prüfung.
[275] 272 Infolgedessen kann dieser Klagegrund nicht durchgreifen.
Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Unschuldsvermutung
Vorbringen der Parteien
[276] 273 Der von den Klägerinnen geltend gemachte Verstoß gegen die Unschuldsvermutung soll im Wesentlichen darauf beruhen, dass das für den Wettbewerb zuständige Kommissionsmitglied in einer niederländischen Fernsehsendung geäußert habe, dass "der Verbraucher sein Bier zu teuer bezahle", und damit der Feststellung des Bestehens eines Kartells auf dem niederländischen Biermarkt vorgegriffen habe.
[277] 274 Die Zuwiderhandlung sei daher deutlich vor Ende des Verwaltungsverfahrens und sogar bevor die Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten reagieren können als erwiesene Tatsache dargestellt worden.
[278] 275 Darüber hinaus erlaube es die öffentliche Äußerung des betreffenden Kommissionsmitglieds der Kommission nicht, die von den Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachten Argumente objektiv und mit dem nötigen Abstand zu prüfen.
[279] 276 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[280] 277 Die Argumentation der Klägerinnen bezüglich eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht relevant.
[281] 278 Ob eine Zuwiderhandlung vorliegt, beurteilt sich nämlich allein nach den von der Kommission gesammelten Beweisen. Ist am Ende des Verwaltungsverfahrens das Vorliegen einer Zuwiderhandlung erwiesen, so kann ein Beweis dafür, dass die Kommission während dieses Verfahrens verfrüht ihre Überzeugung vom Vorliegen dieser Zuwiderhandlung zum Ausdruck gebracht hat, den tatsächlichen Nachweis der Zuwiderhandlung selbst nicht entkräften (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 726).
[282] 279 Jedenfalls vermag die Äußerung eines Kommissionsmitglieds in einer niederländischen Fernsehsendung, die im Rahmen von Beispielen für ein Einschreiten der Kommission gefallen ist und wonach die niederländischen Verbraucher infolge des Verhaltens der Brauereien "ihr Bier zu teuer bezahlt haben", nicht zu beweisen, dass die Kommission sich im Voraus auf eine Entscheidung festgelegt hat, auch wenn diese Worte unglücklich gewählt sein mochten.
[283] 280 Die Kommission berät als Kollegium über einen Entscheidungsentwurf. Insofern implizierten die Äußerungen des betreffenden Kommissionsmitglieds, in denen von der Kommission ergriffene Maßnahmen erwähnt wurden, entgegen der Auffassung der Klägerinnen in keiner Weise, dass die Kommission die Schuld der Brauereien bereits als erwiesen ansah.
[284] 281 Da die Worte, die das betreffende Kommissionsmitglied gewählt hatte, keinerlei Feststellung in Bezug auf die Schuld der Klägerinnen bedeutet haben, werden diese Erwägungen nicht durch den von den Klägerinnen geltend gemachten Umstand entkräftet, dass die fragliche Äußerung gefallen sei, bevor sie auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten reagieren können. Auch dieser Umstand lässt daher nicht den Schluss zu, die Kommission habe die Antworten der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht objektiv und mit dem nötigen Abstand geprüft.
[285] 282 Im Licht dieser Erwägungen ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum vierten Klagegrund: Nichteinhaltung der angemessenen Frist
Vorbringen der Parteien
[286] 283 Die Klägerinnen tragen vor, die angefochtene Entscheidung müsse für nichtig erklärt werden, da die Gesamtdauer des Verfahrens und die Dauer jedes Verfahrensabschnitts das Maß dessen, was als angemessen angesehen werden könne, deutlich überschritten hätten. Insbesondere seien die Klägerinnen nicht in der Lage gewesen, ihre Verteidigung vorzubereiten, da in der Zeit bis zum Zugang der Mitteilung der Beschwerdepunkte der genaue Gegenstand der Ermittlungen nicht klar gewesen sei. Zudem sei die Erinnerung an die von der Kommission beanstandeten Handlungen angesichts der Jahre, die seitdem vergangen seien, verblasst.
[287] 284 Die Kommission trägt vor, dass sie die übermäßig lange Dauer des Verfahrens in den Erwägungsgründen 497 bis 500 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich eingeräumt und die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße daher ausnahmsweise herabgesetzt habe. Außerdem sei das Erfordernis der Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Abwicklung von Verwaltungsverfahren zwar nach ständiger Rechtsprechung anerkannt; die Überschreitung dieser Frist könne die Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt werde, jedoch nur begründen, wenn der Verstoß gegen diesen Grundsatz die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtige.
[288] 285 Entgegen der Behauptung der Klägerinnen habe die an sie gerichtete Nachprüfungsentscheidung vom 17. März 2000 es ihnen ermöglicht, vom größten Teil der Zuwiderhandlung sowie den Märkten und dem Zeitraum, auf die sie sich bezogen habe, Kenntnis zu erlangen. In dieser Entscheidung sei bereits auf wettbewerbswidrige Praktiken im Zusammenhang mit der Festlegung der Preise, der Aufteilung der Märkte und/oder dem Austausch von Informationen im niederländischen Biersektor sowohl für den Einzelhandels- als auch für den Gaststättenmarkt Bezug genommen worden. Das Argument der Klägerinnen könne auch wegen der Detailliertheit der Fragen, die die Kommission ab 2001 an sie gerichtet habe, nicht greifen.
Würdigung durch das Gericht
[289] 286 Die Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Abwicklung der Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen Wahrung die Unionsgerichte zu sichern haben (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Slg. 2002, I-8375, Randnrn. 167 bis 171, und vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C-113/04 P, Slg. 2006, I-8831, Randnr. 40).
[290] 287 Bei der Anwendung dieses Grundsatzes ist zwischen den beiden Abschnitten des Verwaltungsverfahrens – dem Abschnitt der Ermittlungen vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Rest des Verwaltungsverfahrens – zu unterschieden, von denen jeder einer eigenen inneren Logik folgt (Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 42).
[291] 288 Der erste Abschnitt, der sich bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, beginnt dann, wenn die Kommission in Ausübung der ihr durch den Gesetzgeber verliehenen Befugnisse Maßnahmen trifft, die mit dem Vorwurf einer Zuwiderhandlung verbunden sind und soll es ihr ermöglichen, zum weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung zu nehmen. Der zweite Abschnitt erstreckt sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung. Er soll es der Kommission ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 43).
- Zur Dauer des Verwaltungsverfahrens
[292] 289 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall im Erwägungsgrund 498 der angefochtenen Entscheidung eingeräumt hat, dass das Verwaltungsverfahren übermäßig lange gedauert habe und dass dies ihr zuzuschreiben sei.
[293] 290 In der Tat ist hinsichtlich des ersten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens – des Abschnitts, der sich von der Zustellung der Nachprüfungsentscheidung an die Klägerinnen im März 2000 bis zum Zugang der Mitteilung der Beschwerdepunkte im August 2005 erstreckte – festzustellen, dass ein Zeitraum von 65 Monaten verstrichen ist.
[294] 291 Da die Nachprüfungen im Zuge der Ermittlungen im März und im April 2000 durchgeführt wurden, lässt sich die Gesamtdauer dieses Abschnitts des Verwaltungsverfahrens nicht allein damit rechtfertigen, dass die Kommission zwischen 2001 und 2005 eine Reihe von Auskunftsverlangen an die Beteiligten gerichtet hat.
[295] 292 Daher ist die Dauer des ersten Verfahrensabschnitts in Ermangelung ergänzender Angaben oder einer ergänzenden Rechtfertigung der Kommission zu den in dieser Zeit vorgenommenen Untersuchungen als übermäßig lang anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 245 angeführt, Randnr. 77).
[296] 293 Der zweite Abschnitt des Verwaltungsverfahrens, der sich vom Zugang der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung im April 2007 erstreckte, hat 20 Monate gedauert und damit in Ermangelung einer ergänzenden Rechtfertigung den Zeitraum überschritten, der normalerweise für den Erlass der Entscheidung erforderlich ist.
[297] 294 Somit ist festzustellen, dass das fragliche Verwaltungsverfahren übermäßig lang gedauert hat und dass dies auf einer der Kommission zuzurechnenden Untätigkeit beruhte, die zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Frist geführt hat.
- Zu den Auswirkungen der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung
[298] 295 Nach ständiger Rechtsprechung kann die Feststellung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Frist nur dann zur Nichtigerklärung einer Entscheidung führen, wenn die Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens gehabt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[299] 296 Die Klägerinnen tragen erstens vor, die übermäßig lange Dauer des ersten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens habe ihre Verteidigungsrechte insofern beeinträchtigt, als sie den Gegenstand der von der Kommission geführten Ermittlungen bis zum Zugang der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht genau hätten erkennen können, was sie in ihren Möglichkeiten, Entlastungsbeweise zusammenzutragen, beeinträchtigt habe.
[300] 297 Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen zu Unrecht behaupten, sie hätten den Gegenstand der Ermittlungen bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erkennen können.
[301] 298 Zum einen war nämlich in der am 17. März 2000 an die Heineken NV und die Heineken Holding NV gerichteten Nachprüfungsentscheidung angegeben, dass sich die Ermittlungen der Kommission auf bestimmte wettbewerbswidrige Praktiken bezogen wie etwa "die Festlegung der Preise, die Aufteilung der Märkte und/oder den Austausch von Informationen im niederländischen Biersektor sowohl für den Einzelhandels- als auch für den Gaststättenmarkt". Zum anderen wurden in den im Oktober 2001 an die Heineken NV gesandten Auskunftsverlangen die Arten von Treffen, die Daten und die Orte genau bezeichnet, die Gegenstand der Ermittlungen der Kommission waren.
[302] 299 Anders als die Klägerinnen behaupten, ermöglichten es ihnen diese Mitteilungen, den Gegenstand der Ermittlungen, die Zuwiderhandlungen, die ihnen möglicherweise zur Last gelegt werden sollten, und die betroffenen Marktsegmente hinreichend genau zu erfahren, und versetzten sie somit in die Lage, etwaige Entlastungsbeweise zu erkennen und zusammenzutragen.
[303] 300 Außerdem haben sich die Klägerinnen zwar auf Schwierigkeiten berufen, bestimmte Entlastungsbeweise zusammenzutragen, da die persönlichen Erinnerungen der betroffenen Personen ungenauer geworden seien, diese Behauptung jedoch nicht mit konkreten Angaben untermauert, insbesondere die betroffenen Angestellten nicht bezeichnet und nicht angegeben, warum es unabdingbar gewesen wäre, diese Personen zu ihren Erinnerungen zu befragen, und aufgrund welcher Umstände es nicht mehr möglich war, auf anderem Wege Auskünfte zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 64).
[304] 301 Überdies hätten die Klägerinnen nach der jedem Unternehmen und jeder Unternehmensvereinigung obliegenden allgemeinen Pflicht zu umsichtigem Handeln dafür sorgen müssen, dass in ihren Büchern oder Archiven alle Unterlagen, die es ermöglichen, ihre Tätigkeit nachzuvollziehen, gut aufbewahrt werden, damit sie insbesondere für den Fall gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Maßnahmen über die nötigen Beweise verfügen. Da an die Klägerinnen Auskunftsverlangen der Kommission gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) gerichtet worden waren, hatten sie erst recht mit gesteigerter Sorgfalt zu handeln und alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die ihnen bei vernünftiger Betrachtung zur Verfügung stehenden Beweise zu bewahren (vgl. in diesem Sinne Urteil Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 245 angeführt, Randnr. 87).
[305] 302 Daher kann dem Vorbringen der Klägerinnen nicht gefolgt werden, sie seien nicht von Beginn der Ermittlungen an über deren Gegenstand und etwaige Beanstandungen der Kommission informiert gewesen, so dass sie nicht in der Lage gewesen seien, ihre Verteidigung vorzubereiten und die ihnen zur Verfügung stehenden entlastenden Beweismittel zusammenzutragen.
[306] 303 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht nachgewiesen haben, dass eine Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte vorliegt, die auf der übermäßigen Dauer des Verwaltungsverfahrens beruht.
[307] 304 Folglich ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit sowie die Begründungspflicht in Bezug auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße
Vorbringen der Parteien
[308] 305 Die Klägerinnen wenden sich gegen die Art und Weise, in der die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße berechnet hat, insbesondere gegen deren Beurteilung in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung, die differenzierte Behandlung, den zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung angewandten Multiplikationsfaktor und die Erhöhung wegen der Dauer der Zuwiderhandlung. Im Wesentlichen sind die Klägerinnen der Auffassung, dass die Zuwiderhandlung nicht als besonders schwer hätte eingestuft werden dürfen und dass die Kommission gegen ihre Begründungspflicht verstoßen habe, da sie keine ausreichenden Gründe angegeben habe, die bestimmte Schritte bei der Festsetzung des Endbetrags rechtfertigten, wie etwa die Auswirkungen auf den Markt. Darüber hinaus sei die Kommission erheblich von ihrer früheren Entscheidungspraxis abgewichen, insbesondere im Hinblick auf ihre Entscheidung 2003/569/EG vom 5. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache IV/37. 614/F3 PO – Interbrew und Alken-Maes) (ABl. 2003, L 200, S. 1). Schließlich sei der Grundbetrag herabzusetzen, da die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung nicht zutreffend bestimmt habe.
[309] 306 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[310] 307 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 durch Entscheidung Geldbußen gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verhängen kann, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 EG verstoßen. Nach dieser Bestimmung darf die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.
[311] 308 Außerdem verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung über ein weites Ermessen in Bezug auf die Methode zur Berechnung der Geldbußen. Diese in den Leitlinien beschriebene Berechnungsmethode enthält verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2003 auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler/Kommission, C-322/07 P, C-327/07 P und C-338/07 P, Slg. 2009, I-7191, Randnr. 112).
[312] 309 Darüber hinaus ist in Bereichen wie der Festsetzung der Höhe einer Geldbuße nach der Verordnung Nr. 1/2003, in denen die Kommission über dieses Ermessen verfügt, die Rechtmäßigkeitskontrolle der betreffenden Ermessensausübung auf die Prüfung beschränkt, ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T-241/01, Slg. 2005, II-2917, Randnr. 79).
[313] 310 Das Ermessen der Kommission und die diesem von ihr selbst gezogenen Grenzen greifen jedoch nicht der Ausübung der dem Unionsrichter zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung vor (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 538), die ihn ermächtigt, die von der Kommission verhängte Geldbuße aufzuheben, zu ermäßigen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C-3/06 P, Slg. 2007, I-1331, Randnrn. 60 bis 62).
[314] 311 Der vorliegende Klagegrund besteht im Wesentlichen aus vier Teilen, die erstens die Beurteilung der Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung, zweitens die differenzierte Behandlung und die Bestimmung des Ausgangsbetrags, drittens die Erhöhung des Ausgangsbetrags zur Erzielung der Abschreckungswirkung und viertens die Erhöhung wegen der Dauer der Zuwiderhandlung betreffen.
[315] 312 Allgemeiner rügen die Klägerinnen auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit im Hinblick auf die Unvorhersehbarkeit der Geldbuße, die mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängt wurde.
- Zum ersten Teil: Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung
[316] 313 Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.
[317] 314 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere einer Zuwiderhandlung anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, hinsichtlich deren die Kommission über ein Ermessen verfügt (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 241, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Randnr. 91).
[318] 315 Insbesondere sind nach Nr. 1 Teil A erster Absatz der Leitlinien bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen.
[319] 316 Im Rahmen seiner unbeschränkten Nachprüfung hat das Gericht zu beurteilen, ob die Höhe der verhängten Geldbuße im Verhältnis zu der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung steht, sowie die Schwere der Zuwiderhandlung und die von den Klägerinnen geltend gemachten Umstände gegeneinander abzuwägen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnr. 136).
[320] 317 Die Klägerinnen machen drei Rügen geltend, mit denen sie die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung durch die Kommission in Frage stellen. Erstens wenden sie sich gegen die Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer im Hinblick auf das Wesen und den Zweck der Absprache. Zweitens werfen sie der Kommission vor, die Auswirkungen des Kartells auf den Markt nicht geprüft und insoweit gegen ihre Begründungspflicht verstoßen zu haben. Drittens hätte ihrer Ansicht nach entgegen den Schlussfolgerungen der Kommission die räumliche Ausdehnung des betreffenden Marktes bei der Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung als mildernder Faktor berücksichtigt werden müssen.
[321] 318 Im Rahmen ihrer ersten Rüge machen die Klägerinnen geltend, dass die Zuwiderhandlung, da sich das beanstandete Verhalten auf einen Austausch allgemeiner Ansichten über die Marktverhältnisse beschränkt und nicht die Form der Abstimmung eines konkreten Verhaltens angenommen habe, nur als minder schwer oder schwer eingestuft werden könne. Im Übrigen habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung mehrere Gesichtspunkte der Zuwiderhandlung gegenüber der Mitteilung der Beschwerdepunkte fallen gelassen.
[322] 319 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach Nr. 1 Teil A zweiter Absatz dritter Gedankenstrich der Leitlinien bei den besonders schweren Zuwiderhandlungen im Wesentlichen um "horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle [und] Marktaufteilungsquoten" handelt.
[323] 320 Zudem gehören derartige Kartelle nach ständiger Rechtsprechung zu den schwerwiegendsten Arten der Beeinträchtigung des Wettbewerbs, da sie schlichtweg darauf abzielen, den Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen auszuschalten, und damit den grundlegenden Zielen der Union zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 316 angeführt, Randnr. 147 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[324] 321 Da die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass sich die Klägerinnen an einer Zuwiderhandlung beteiligt haben, die aus einem Komplex von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestand, mit dem bezweckt wurde, den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt insbesondere durch die Abstimmung von Preisen und Preiserhöhungen sowie die Zuteilung der Kunden zu beschränken, kann dem Argument der Klägerinnen, wonach die Zuwiderhandlung nicht als besonders schwer angesehen werden könne, nicht gefolgt werden.
[325] 322 Die Feststellung im Erwägungsgrund 442 der angefochtenen Entscheidung, wonach die vorliegende Zuwiderhandlung nach den Leitlinien naturgemäß als besonders schwer einzustufen sei, ist daher nicht fehlerhaft. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass einige Gesichtspunkte der Zuwiderhandlung, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt waren, nicht in die angefochtene Entscheidung aufgenommen wurden, da die Gesichtspunkte, die die Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer rechtfertigen, in der angefochtenen Entscheidung dargelegt sind.
[326] 323 Im Rahmen ihrer zweiten Rüge, die die Auswirkungen des Kartells auf den Markt betrifft, vertreten die Klägerinnen die Ansicht, die Kommission habe die Zuwiderhandlung zu Unrecht als besonders schwer eingestuft, da keine spürbaren Auswirkungen auf den Markt gegeben seien. Sie werfen der Kommission vor, die entsprechenden Feststellungen nicht berücksichtigt zu haben, die in einem Bericht von Wirtschaftssachverständigen enthalten seien, den sie ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegt hätten und dessen Ergebnisse außerdem durch einen weiteren Sachverständigenbericht bestätigt worden seien, den sie nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Auftrag gegeben hätten. Darüber hinaus habe die Kommission dadurch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, dass sie sich auf die Behauptung beschränkt habe, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung seien nicht messbar. Zudem gelangten die Erwägungsgründe 453 und 457 der angefochtenen Entscheidung zum gegenteiligen Ergebnis.
[327] 324 Es ist darauf hinzuweisen, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zwar ein Faktor sind, der bei der Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, doch handelt es sich um ein Kriterium neben anderen, wie der Art der Zuwiderhandlung und dem Umfang des räumlichen Marktes. Zudem sind diese konkreten Auswirkungen nach Nr. 1 Teil A erster Absatz der Leitlinien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie messbar sind.
[328] 325 Zudem können horizontale Preisabsprachen oder Marktaufteilungen wie die hier in Rede stehende Zuwiderhandlung allein aufgrund ihrer Art als besonders schwere Verstöße angesehen werden, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste. Die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung sind nur ein Kriterium neben anderen, das der Kommission, wenn sie messbar sind, erlauben kann, den Ausgangsbetrag der Geldbuße über den voraussichtlichen Mindestbetrag von 20 Millionen Euro zu erhöhen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C-534/07 P, Slg. 2009, I-7415, Randnr. 74 und 75).
[329] 326 Im vorliegenden Fall stellt die Kommission im Erwägungsgrund 452 der angefochtenen Entscheidung fest:
"Da es in diesem Verfahren nicht möglich ist, die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung in Form von Absprachen und Vereinbarungen auf den niederländischen Markt zu messen, verweist die Kommission nicht auf konkrete Auswirkungen und steht damit im Einklang mit den Leitlinien, denen zufolge die tatsächliche Wirkung berücksichtigt wird, sofern sie messbar ist … Daher findet die Wirkung auf den Markt bei der Festsetzung der Geldbußen in dieser Sache keine Berücksichtigung."
[330] 327 Im Erwägungsgrund 455 der angefochtenen Entscheidung, der ihre Schlussfolgerung hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung enthält, führt die Kommission ferner aus:
"Angesichts der Art der Zuwiderhandlung und ihrer Ausdehnung über das gesamte Gebiet der Niederlande wird festgestellt, dass die Unternehmen, an die diese Entscheidung gerichtet ist, einen 'besonders schweren Verstoß' gegen Artikel 81 [EG] begangen haben."
[331] 328 Aus diesen Passagen ergibt sich, dass die Kommission bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung nicht auf deren Auswirkungen auf den Markt, sondern auf die Art der Zuwiderhandlung und auf die räumliche Ausdehnung des betreffenden Markts abgestellt hat.
[332] 329 Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission angesichts der Art der festgestellten Zuwiderhandlung, die u. a. eine Abstimmung der Preise und Preiserhöhungen sowie eine gelegentliche Abstimmung über die Zuteilung der Kunden umfasste, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nicht zu berücksichtigen brauchte.
[333] 330 Unter diesen Umständen können die Klägerinnen der Kommission auch nicht vorwerfen, den Sachverständigenbericht nicht berücksichtigt zu haben, den sie ihr zur Stützung ihres Vorbringens, dass die Zuwiderhandlung keine Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, im Verwaltungsverfahren vorgelegt hätten.
[334] 331 Da es sich außerdem um einen fakultativen Gesichtspunkt im Rahmen der Bestimmung der Höhe der Geldbuße handelt, der im vorliegenden Fall auch nicht berücksichtigt wurde, können die Klägerinnen der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen, sie habe die Gründe für ihre Feststellung hinsichtlich der fehlenden Messbarkeit der konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht ausdrücklich dargelegt.
[335] 332 Darüber hinaus machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, aus den Erwägungsgründen 453 und 457 der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass die Kommission die Auswirkungen auf den Markt im Rahmen der Bestimmung der Höhe der Geldbuße in Wirklichkeit berücksichtigt habe.
[336] 333 Aus dem Erwägungsgrund 452 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich klar hervor, dass die Kommission die fraglichen Auswirkungen nicht berücksichtigt hat. Dieser Feststellung stehen die in den Erwägungsgründen 453 und 457 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Gründe, auf die sich die Klägerinnen berufen, in keiner Weise entgegen. So hat sich die Kommission im Erwägungsgrund 453 der angefochtenen Entscheidung darauf beschränkt, die Größe des betreffenden Marktes zu ermitteln, ohne die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu beurteilen. Im Erwägungsgrund 457 der angefochtenen Entscheidung hat sie lediglich auf das Erfordernis hingewiesen, die Ausgangsbeträge im Rahmen der differenzierten Behandlung im Hinblick auf das jeweilige Gewicht des Verhaltens jedes betroffenen Unternehmens zu individualisieren.
[337] 334 Daher ist die zweite Rüge der Klägerinnen unbegründet.
[338] 335 Mit ihrer dritten Rüge, die die Größe des betreffenden räumlichen Marktes betrifft, weisen die Klägerinnen auf die kleine Fläche der Niederlande und die geringe Bedeutung des Biermarkts für die Gesamtwirtschaft der Niederlande hin. Die bloße Tatsache, dass der Gesamtmarktanteil der betroffenen Brauereien über 90 % des niederländischen Marktes betrage, schließe – insbesondere im Licht früherer Entscheidungen der Kommission – eine Einstufung der Zuwiderhandlung als minder schwer oder schwer nicht aus.
[339] 336 Im Erwägungsgrund 453 hat die Kommission bei der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt, dass "[d] er gesamte Marktanteil der betreffenden Unternehmen am niederländischen Markt … über 90 % [betrug]". Sie stellte zudem fest, dass der Verstoß sowohl das Gaststätten- als auch das Privatsegment betraf. Daher seien "90 % des gesamten niederländischen Biermarkts Gegenstand von Kartellabsprachen" gewesen.
[340] 337 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Markts darstellt (Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnr. 28).
[341] 338 Da die Kommission festgestellt hat, dass die Zuwiderhandlung 90 % des niederländischen Biermarkts betraf und jeden der wichtigsten Vermarktungssektoren auf diesem Markt erfasste, durfte sie die Größe des fraglichen räumlichen Marktes berücksichtigen, um die Zuwiderhandlung als besonders schwer einzustufen.
[342] 339 Überdies lassen sich Zuwiderhandlungen wie Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die insbesondere auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Kunden abzielen, nach der Rechtsprechung bereits aufgrund ihres Wesens als besonders schwer einstufen, ohne dass es erforderlich wäre, dass solche Verhaltensweisen durch einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sind.
[343] 340 Diese Schlussfolgerung wird dadurch bestätigt, dass zwar in der als Hinweis dienenden Beschreibung der schweren Verstöße in den Leitlinien ausgeführt wird, dass es "sich in den meisten Fällen um horizontale oder vertikale Beschränkungen [handelt], die jedoch entschlossener angewandt werden, deren Auswirkungen auf den Markt umfassender sind und die in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen können", in der Beschreibung der besonders schweren Verstöße dagegen kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder des Hervorrufens von Wirkungen in einem besonderen räumlichen Bereich erwähnt wird (Urteil vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 316 angeführt, Randnr. 150).
[344] 341 Daraus ergibt sich, dass es der Einstufung der im vorliegenden Fall begangenen Zuwiderhandlung als besonders schwer jedenfalls nicht entgegensteht, dass der fragliche räumliche Markt nationale Dimensionen hat.
[345] 342 Dieses Ergebnis gilt erst recht hinsichtlich der behaupteten geringen Bedeutung des Biermarkts für die niederländische Wirtschaft, da die Größe des betreffenden Produktmarkts bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Festsetzung der Geldbuße grundsätzlich kein Gesichtspunkt ist, der zwingend zu berücksichtigen wäre, sondern nur ein relevanter Gesichtspunkt unter anderen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C-407/04 P, Slg. 2007, I-829, Randnr. 132).
[346] 343 Nach alledem können die dritte Rüge und der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes insgesamt nicht durchgreifen.
- Zum zweiten Teil: Ermittlung des Ausgangsbetrags und Anwendung der differenzierten Behandlung
[347] 344 Die Klägerinnen beanstanden den Ausgangsbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße in erster Linie damit, dass sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Hinblick auf die Entscheidungspraxis der Kommission und insbesondere auf die Geldbußen, die in der Entscheidung 2003/569/EG gegen die belgischen Brauereien verhängt wurden, geltend machen. Einen Verstoß gegen diesen Grundsatz begründen sie außerdem mit dem Hinweis auf bestimmte Entscheidungen der Kommission zum Markt eines einzigen Mitgliedstaats, in denen die Zuwiderhandlung als "schwer" eingestuft worden sei oder niedrigere Ausgangsbeträge festgesetzt worden seien als im vorliegenden Fall.
[348] 345 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T-203/01, Slg. 2003, II-4071, Randnr. 292) und dass die Kommission im Rahmen der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Randnr. 216), und das Niveau der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 314 angeführt, Randnr. 169).
[349] 346 Im vorliegenden Fall wurde die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 unter Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung festgesetzt. Insoweit können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg allein darauf berufen, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis ähnliche Verhaltensweisen mit niedrigeren Geldbußen als der im vorliegenden Fall gegen sie verhängten geahndet hat.
[350] 347 Daher können sich die Klägerinnen auch nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen. Der Gerichtshof hat nämlich wiederholt entschieden, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet und Entscheidungen in anderen Fällen lediglich Hinweischarakter in Bezug auf das mögliche Vorliegen einer Diskriminierung haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die Umstände dieser anderen Fälle, etwa die betroffenen Märkte, Produkte, Unternehmen und Zeiträume, die gleichen sind (vgl. Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 314 angeführt, Randnr. 233 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[351] 348 Insoweit ist hinsichtlich der Argumentation der Klägerinnen in Bezug auf die Einstufung der Zuwiderhandlung und die Höhe der Geldbußen, die durch Entscheidungen, die bestimmte, auf den Markt eines Mitgliedstaats beschränkte Zuwiderhandlungen betrafen, verhängt wurden, darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen – abgesehen von der Beschränkung auf den Markt eines Mitgliedstaats – nicht geltend machen, dass diese Zuwiderhandlungen insbesondere hinsichtlich der Produkte, der Unternehmen und der betroffenen Zeiträume, identisch seien. Dieses Vorbringen genügt daher nicht, um die behauptete Diskriminierung nachzuweisen.
[352] 349 In Bezug auf die Entscheidung 2003/569/EG machen die Klägerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend und stützen sich hierbei darauf, dass die gegen die beteiligten belgischen Brauereien verhängten Geldbußen deutlich niedriger gewesen seien als die mit der angefochtenen Entscheidung verhängten, obwohl weder die Art der Zuwiderhandlungen noch die Bedingungen auf den betroffenen Märkten Unterschiede aufwiesen, die diese Abweichung rechtfertigten.
[353] 350 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Schwere von Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten beurteilt, die nicht aus einer zwingenden oder abschließenden Liste zu berücksichtigender Kriterien hervorgehen, und dass sie ferner nicht verpflichtet ist, sei es hinsichtlich der Gesamthöhe der festgesetzten Geldbuße, sei es bei ihrer Aufteilung in verschiedene Bestandteile, eine bestimmte mathematische Formel anzuwenden (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, JCB Service/Kommission, T-67/01, Slg. 2004, II-49, Randnr. 187 und 188 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[354] 351 Daher birgt der direkte Vergleich von Geldbußen, die gegen Adressaten zweier Entscheidungen verhängt wurden, die sich auf unterschiedliche Zuwiderhandlungen beziehen, die Gefahr, dass die spezifischen Funktionen, die die verschiedenen Stufen der Berechnung einer Geldbuße erfüllen, verfälscht werden. Die Endbeträge der Geldbußen spiegeln nämlich die besonderen Umstände jedes Kartells sowie die einzelfallbezogenen Beurteilungen wider.
[355] 352 Nach alledem ist die Situation der Klägerinnen hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldbußen nicht mit der Situation der Unternehmen vergleichbar, die von den angeführten früheren Entscheidungen betroffen sind.
[356] 353 Angesichts dieser Erwägungen ist die Rüge zurückzuweisen, wonach im Hinblick auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege.
[357] 354 Zweitens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission sei bei der differenzierten Behandlung von unzutreffenden Prämissen ausgegangen und habe gegen die Grundsätze der "Angemessenheit", der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen und ihre Entscheidung in dieser Hinsicht nicht ausreichend begründet.
[358] 355 Insoweit machen die Klägerinnen zum einen zu Unrecht geltend, die Kommission habe die differenzierte Behandlung auf der Grundlage der tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt vorgenommen, entgegen der Schlussfolgerung im Erwägungsgrund 452 der angefochtenen Entscheidung, wonach diese Auswirkungen nicht berücksichtigt wurden.
[359] 356 Das Argument der Klägerinnen beruht nämlich auf einem falschen Verständnis des Erwägungsgrundes 457 der angefochtenen Entscheidung, in dem lediglich auf die in Nr. 1 Teil A sechster Absatz der Leitlinien zum Ausdruck gebrachte Erwägung hingewiesen wird, wonach bei einem Verstoß von bestimmter Schwere in den Fällen, in denen – wie bei Kartellen – mehrere Unternehmen beteiligt sind, der allgemeine Ausgangsbetrag gewichtet werden sollte, um einen spezifischen Ausgangsbetrag zu ermitteln, der das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb berücksichtigt, vor allem, wenn an einem Verstoß der selben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren.
[360] 357 Anders als die Klägerinnen meinen, bezieht sich die Berücksichtigung des "jeweilige [n] Gewicht [s] und damit [der] tatsächliche [n] Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb" auf die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Kategorien anhand der Größe, die sie in einem Referenzzeitraum auf dem Markt hatten, und verlangt nicht die Berücksichtigung der Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung insgesamt auf den Markt hatte.
[361] 358 Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen erfordert die differenzierte Behandlung auf der Grundlage dieser Bestimmung nicht die Berücksichtigung tatsächlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt und setzt damit nicht voraus, dass die Kommission feststellt, dass die fragliche Zuwiderhandlung solche Auswirkungen gehabt hat.
[362] 359 Zum anderen tragen die Klägerinnen, indem sie im Hinblick darauf, dass InBev die Geldbuße erlassen wurde, einen Verstoß gegen die Grundsätze der "Angemessenheit" und der Gleichbehandlung geltend machen, lediglich die in den Randnrn. 70 bis 90 des vorliegenden Urteils bereits zurückgewiesene Argumentation vor, wonach die Erklärung von InBev unbestimmt und widersprüchlich sei.
[363] 360 Hinsichtlich der behaupteten Unzulänglichkeit der Begründung in Bezug auf die differenzierte Behandlung ist darauf hinzuweisen, dass die Anforderungen an das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Pflicht zur Begründung der Methode für die Berechnung der Geldbuße handelt, nach ständiger Rechtsprechung erfüllt sind, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln (vgl. Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 463 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[364] 361 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 458 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission bei der Ermittlung des auf die Klägerinnen entfallenden spezifischen Ausgangsbetrags auf die Verkaufszahlen für Bier in den Niederlanden abgestellt hat, die im letzten vollen Kalenderjahr der Zuwiderhandlung, nämlich 1998, erzielt wurden. Die Klägerinnen wurden entsprechend ihrer relativen Bedeutung auf dem Markt in die erste Kategorie eingeteilt, da die von ihnen erzielten Verkaufszahlen für Bier weit über denen der anderen Brauereien lagen.
[365] 362 Da die Kommission die von den Klägerinnen 1998 erzielten Verkaufszahlen als Grund für ihre Aufnahme in die erste Kategorie angegeben hat, kann der Behauptung der Klägerinnen, mit der ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht wird, nicht gefolgt werden. Insoweit reichen die Erwägungen, die insbesondere im Erwägungsgrund 458 der angefochtenen Entscheidung dargelegt sind, aus, um es den Klägerinnen zu ermöglichen, in dieser Beziehung die Gründe für die angefochtene Entscheidung in Erfahrung zu bringen, und dem Gericht ausreichende Angaben zu liefern, damit es seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission und Rat, C-266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 103).
[366] 363 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Vorgehensweise, die die Kommission in diesem Zusammenhang gewählt hat, mit den in den Leitlinien und der oben genannten Rechtsprechung aufgestellten Kriterien ohne Weiteres vereinbar ist, da die für einen Referenzzeitraum ermittelten Verkaufszahlen der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen einen sachdienlichen Hinweis auf deren jeweiliges Gewicht auf dem Markt darstellen. Somit kann die Festsetzung des Ausgangsbetrags nach dieser Vorgehensweise als solche nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führen.
[367] 364 Aufgrund dessen ist festzustellen, dass die Kommission bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags und bei der differenzierten Behandlung nicht gegen die von den Klägerinnen geltend gemachten Grundsätze und ihre Begründungspflicht verstoßen hat.
[368] 365 Folglich ist der zweite Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen.
- Zum dritten Teil: Erhöhung zur Erzielung der Abschreckungswirkung
[369] 366 Die Klägerinnen tragen vor, durch die Anwendung des fraglichen Multiplikationsfaktors habe die Kommission gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit verstoßen.
[370] 367 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße sicherstellen muss, dass diese abschreckende Wirkung hat (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 106, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T-329/01, Slg. 2006, II-3255, Randnr. 63).
[371] 368 Hierbei kann die Kommission u. a. die Größe und die Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 367 angeführt, Randnr. 120, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 314 angeführt, Randnr. 243).
[372] 369 Zudem sieht Nr. 1 Teil A vierter Absatz der Leitlinien vor, dass es nötig ist, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet.
[373] 370 Dementsprechend hat die Kommission im vorliegenden Fall darauf hingewiesen, dass die Geldbußen in einer Höhe zu verhängen seien, die – unter Berücksichtigung der Größe des jeweiligen Unternehmens – eine ausreichende abschreckende Wirkung gewährleiste (Erwägungsgrund 463 der angefochtenen Entscheidung).
[374] 371 Im selben Erwägungsgrund hat die Kommission ausgeführt, dass angesichts der bedeutenden Größe von Heineken, die sich aus ihren erheblichen weltweiten Umsätzen im letzten Geschäftsjahr vor der angefochtenen Entscheidung, für das Daten vorlägen, ergebe, ein Multiplikationsfaktor von 2, 5 auf den auf die Klägerinnen entfallenden Ausgangsbetrag anzuwenden sei.
[375] 372 Insoweit ist hinsichtlich des Vorbringens der Klägerinnen zu den in früheren Entscheidungen der Kommission angewandten Multiplikationsfaktoren darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten. Die Kommission ist somit dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau jederzeit anzuheben, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen und um die abschreckende Wirkung der Geldbußen zu verstärken (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T-68/04, Slg. 2008, II-2511, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[376] 373 Daraus, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis niedrigere Multiplikationsfaktoren gegenüber Unternehmen von vergleichbarer Größe wie Heineken angewandt hat, folgt daher weder, dass die fragliche Erhöhung unverhältnismäßig und diskriminierend ist, noch, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vorliegt.
[377] 374 Was den behaupteten Verstoß gegen die Begründungspflicht betrifft, ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie zum einen darauf verwiesen hat, dass es notwendig sei, die Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die eine hinreichend abschreckende Wirkung gewährleiste, und zum anderen darauf, dass Heineken eine bedeutende Größe aufweise, die sich aus ihren erheblichen weltweiten Umsätzen ergebe (Erwägungsgrund 463 der angefochtenen Entscheidung), rechtlich hinreichend dargelegt hat, welche Gesichtspunkte sie bei der Erhöhung des auf die Klägerinnen entfallenden Ausgangsbetrags zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung berücksichtigt hat, und es den Klägerinnen somit ermöglicht hat, die Begründung für diese im Hinblick auf ihre besondere Situation vorgenommene Erhöhung in Erfahrung zu bringen und ihre Rechte geltend zu machen, und dem Gericht, seine Kontrollfunktion wahrzunehmen.
[378] 375 Im Rahmen der Darlegung der Gründe, die die Höhe der Geldbuße rechtfertigen, ist die Kommission nämlich nicht verpflichtet, die Zahlen anzugeben, von denen sie sich vor allem hinsichtlich der angestrebten Abschreckungswirkung bei der Ausübung ihres Ermessens hat leiten lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C-279/98 P, Slg. 2000, I-9693, Randnrn. 39 bis 48, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Akzo Nobel/Kommission, T-330/01, Slg. 2006, II-3389, Randnr. 125).
[379] 376 In Bezug auf die Beurteilung, die zu Recht im Hinblick auf die Größe und die Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens vorgenommen wurde, machen die Klägerinnen außerdem zu Unrecht geltend, dass die Kommission bei der Ermittlung des fraglichen Multiplikationsfaktors weitere Umstände hätte berücksichtigen müssen, etwa das Wesen der Zuwiderhandlung, deren fehlende Auswirkungen auf den Markt und die Tatsache, dass die Zuwiderhandlung vor dem Beginn der Ermittlungen beendet worden sei oder dass das Verwaltungsverfahren übermäßig lange gedauert habe.
[380] 377 Angesichts dessen ist der dritte Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen.
- Zum vierten Teil: Erhöhung wegen der Dauer der Zuwiderhandlung
[381] 378 Im Erwägungsgrund 466 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass Heineken mindestens vom 27. Februar 1996 bis 3. November 1999, d. h über einen Zeitraum von 3 Jahren und 8 Monaten, an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Daher wurde der Ausgangsbetrag der Geldbuße gegenüber den Klägerinnen um 35 % erhöht, nämlich um 10 % für jedes volle Jahr der Zuwiderhandlung und um 5 % für den verbleibenden Zeitraum von sechs Monaten oder mehr.
[382] 379 Die Klägerinnen stellen diese Bewertung in Frage und widersprechen den Feststellungen der Kommission bezüglich der Anfangs- und Endzeitpunkte der fraglichen Zuwiderhandlung.
[383] 380 Wie bereits im Rahmen des siebten Klagegrundes in den Randnrn. 210 bis 229 des vorliegenden Urteils festgestellt, ist die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Zuwiderhandlung, soweit die Klägerinnen betroffen sind, über den Zeitraum vom 27. Februar 1996 bis 3. November 1999 erstreckt hat. Insoweit kann die von der Kommission vorgenommene Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße um 35 % nicht in Frage gestellt werden.
[384] 381 Daher kann der vierte Teil des Klagegrundes, der die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, keinen Erfolg haben.
- Zum geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit
[385] 382 Die Klägerinnen machen geltend, die Höhe der Geldbuße, wie sie von der Kommission festgesetzt worden sei, sei nicht einmal annähernd vorhersehbar gewesen.
[386] 383 Der Grundsatz der Rechtssicherheit stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der u. a. gebietet, dass eine Regelung, die nachteilige Folgen für Einzelne hat, klar und bestimmt und ihre Anwendung für die Einzelnen voraussehbar sein muss (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T-279/02, Slg. 2006, II-897, Randnr. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[387] 384 Mit diesem Grundsatz muss der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Straftatbestände und Strafen einhergehen, nach dem das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss (Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, oben in Randnr. 362 angeführt, Randnr. 39).
[388] 385 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission zwar ein weites Ermessen belässt, dessen Ausübung jedoch durch die Einführung objektiver Kriterien beschränkt, an die sich die Kommission halten muss. Infolgedessen hat zum einen die mögliche Geldbuße eine bezifferbare absolute Obergrenze, so dass der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße eines konkreten Unternehmens im Voraus bestimmbar ist. Zum anderen wird die Ermessensausübung auch durch die Verhaltensregeln eingeschränkt, die sich die Kommission selbst in den Leitlinien auferlegt hat, wobei die Verwaltungspraxis der Kommission außerdem der umfassenden Kontrolle durch den Unionsrichter unterliegt. Ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer kann daher – erforderlichenfalls mit Hilfe eines Rechtsbeistands – hinreichend genau die Berechnungsmethode und die Größenordnung der Geldbußen vorhersehen, die ihm bei einem bestimmten Verhalten drohen; dass dieser Wirtschaftsteilnehmer die Höhe der Geldbußen, die die Kommission in jedem Einzelfall verhängen wird, im Voraus nicht genau in Erfahrung bringen kann, stellt keine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Strafen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, oben in Randnr. 362 angeführt, Randnrn. 50 bis 55).
[389] 386 Darüber hinaus müssen sich Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, dessen bewusst sein, dass die Kommission jederzeit beschließen kann, das Niveau der Geldbußen gegenüber dem in der Vergangenheit praktizierten Niveau anzuheben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 314 angeführt, Randnrn. 229 und 230). Dass die Kommission im Rahmen der Durchführung einer anderen Wettbewerbspolitik die allgemeine Höhe der Geldbußen jederzeit ändern könnte, ist für die betroffenen Unternehmen daher hinreichend vorhersehbar (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 367 angeführt, Randnr. 48).
[390] 387 Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, da es sich um eine ihrem Wesen nach besonders schwere Zuwiderhandlung handelt, die Verhaltensweisen umfasst, deren Rechtswidrigkeit von der Kommission wiederholt bekräftigt worden ist.
[391] 388 Auch wenn daher die Klägerinnen insbesondere in Anbetracht der Erhöhung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen, die nach den die Zuwiderhandlung begründenden Handlungen erfolgt ist, nicht in der Lage waren, die Höhe der Geldbußen, die die Kommission in diesem Fall verhängen würde, genau zu kennen, ist dies kein Anzeichen für einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gesetzmäßigkeit der Strafen, da die Kommission – wie im Rahmen der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes festgestellt – ihr Ermessen unter Einhaltung sowohl des durch Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Regelungsrahmens, wie er durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts präzisiert worden ist, als auch der Verhaltensregeln ausgeübt hat, die sie sich selbst in den Leitlinien auferlegt hat.
[392] 389 Daher ist die vorliegende Rüge sowie der achte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
Zum neunten Klagegrund: Nichtberücksichtigung mildernder Umstände
Vorbringen der Parteien
[393] 390 Die Klägerinnen tragen erstens vor, die Kommission hätte die Tatsache, dass der Zeitpunkt des Endes der Zuwiderhandlung auf den 3. November 1999 festgelegt worden sei, während die von ihr durchgeführten Nachprüfungen erst am 22. und 23. März 2000 stattgefunden hätten, berücksichtigen und den Grundbetrag der Geldbuße entsprechend ermäßigen müssen.
[394] 391 Zweitens machen sie geltend, dass sie ihre Preise im Privatsektor während des Zeitraums der Zuwiderhandlung nie erhöht hätten. Die beanstandete Abstimmung sei folglich nie umgesetzt worden. Da ungefähr 62 % des Biers über den privaten Vertriebskanal verkauft werde, sei die Nichtumsetzung für den überwiegenden Teil ihrer Verkäufe erwiesen. Darüber hinaus machten die Komplexität und Undurchsichtigkeit der Struktur des Gaststättensektors die Durchführung einer wirklichen Vereinbarung oder einer wirklichen wettbewerbsbeschränkenden Abstimmung unmöglich.
[395] 392 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[396] 393 Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor, die Kommission habe gegen die Leitlinien verstoßen, soweit sie die mildernden Umstände nicht ausreichend berücksichtigt habe, die sich erstens aus der Beendigung der Verstöße vor dem ersten Eingreifen der Kommission und zweitens daraus ergäben, dass die fraglichen unzulässigen Vereinbarungen tatsächlich nicht angewandt worden seien.
[397] 394 Was erstens den erstgenannten Umstand betrifft, ist zu beachten, dass der Grundbetrag der von der Kommission festgesetzten Geldbuße nach Nr. 3 der Leitlinien u. a. verringert wird, wenn das beschuldigte Unternehmen den Verstoß nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet.
[398] 395 Die Zubilligung einer solchen Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße ist an die Umstände des Einzelfalls gebunden, die die Kommission veranlassen können, einem an einer rechtswidrigen Vereinbarung beteiligten Unternehmen diese Verringerung nicht zu gewähren. Insbesondere könnte die Zubilligung eines mildernden Umstands in Fällen, in denen ein Unternehmen an einer offensichtlich rechtswidrigen Vereinbarung beteiligt ist, von der es weiß oder wissen muss, dass sie den Tatbestand einer Zuwiderhandlung verwirklicht, einen Anreiz für die Unternehmen bieten, eine geheime Vereinbarung so lange wie möglich in der Hoffnung fortzusetzen, dass ihr Verhalten nie aufgedeckt wird, und dies in dem Bewusstsein, dass, sollte es doch aufgedeckt werden, sie eine Herabsetzung ihrer Geldbuße erreichen könnten, indem sie die Zuwiderhandlung dann noch einstellen. Eine solche Zubilligung würde der verhängten Geldbuße jede Abschreckungswirkung nehmen und die praktische Wirksamkeit von Art. 81 Abs. 1 EG beeinträchtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C-511/06 P, Slg. 2009, I-5843, Randnrn. 104 und 105).
[399] 396 Es handelt sich nämlich um einen mildernden Umstand, der im Hinblick auf die praktische Wirksamkeit des Art. 81 Abs. 1 EG eng auszulegen ist und dessen Berücksichtigung nur durch die besonderen Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sein kann (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T-59/02, Slg. 2006, II-3627, Randnrn. 337 und 338).
[400] 397 Insbesondere kann die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist (vgl. Urteil vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T-59/02, oben in Randnr. 396 angeführt, Randnr. 341 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[401] 398 Das von den Klägerinnen vorgetragene Argument a fortiori, wonach der fragliche mildernde Umstand erst recht zuzubilligen sei, wenn die Zuwiderhandlung vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet werde, beruht daher auf einer unzutreffenden Prämisse.
[402] 399 Außerdem ändert dies – selbst unter der Annahme, dass diese Erwägungen nicht im gleichen Maße gelten, wenn der Zuwiderhandelnde die Zuwiderhandlung vor dem ersten Eingreifen der Kommission von sich aus beendet hat – nichts daran, dass die Zubilligung des in Rede stehenden mildernden Umstands in Bezug auf vorsätzliche Verhaltensweisen, auf deren Rechtswidrigkeit die Kommission wiederholt hingewiesen hat, grundsätzlich nicht angemessen ist.
[403] 400 Daher hat die Kommission im Erwägungsgrund 475 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Tatsache, dass ein Unternehmen das beanstandete Verhalten vor einem Eingreifen der Kommission beendet habe, keine Berücksichtigung als mildernder Umstand verdiene, da es sich im vorliegenden Fall um eine ihrem Wesen nach besonders schwere und offensichtlich rechtswidrige Zuwiderhandlung handele.
[404] 401 Soweit die Klägerinnen geltend machen, die Kommission habe in der Vergangenheit hinsichtlich des fraglichen mildernden Umstands einen anderen Standpunkt vertreten, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung allein aus dem Umstand, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht abgeleitet werden kann, dass sie verpflichtet wäre, in einer späteren Entscheidung ebenso zu verfahren (Urteil vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 316 angeführt, Randnr. 395).
[405] 402 Angesichts dieser Erwägungen kann der Argumentation der Klägerinnen, wonach die Beendigung ihres rechtswidrigen Verhaltens vor dem ersten Eingreifen der Kommission als mildernder Umstand anzuerkennen sei, nicht gefolgt werden.
[406] 403 Was zweitens den mildernden Umstand betrifft, der sich daraus ergeben soll, dass die Vereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt worden seien, ist zu prüfen, ob die von den Klägerinnen dargelegten Umstände belegen können, dass sie sich im Zeitraum ihrer Teilnahme an den unzulässigen Vereinbarungen tatsächlich deren Durchführung entzogen haben, indem sie sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhalten haben, oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzt haben, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T-26/02, Slg. 2006, II-713, Randnr. 113).
[407] 404 Hierzu hat die Kommission im Erwägungsgrund 477 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, keiner der Beteiligten habe nachgewiesen, dass er sich der Umsetzung der fraglichen Vereinbarungen entzogen habe; die vereinzelte Nichtumsetzung habe nie in eine "vollständige Ablehnung der getroffenen Vereinbarungen" gemündet.
[408] 405 Die Klägerinnen beanstanden diese Erwägungen damit, dass Heineken ihre Preise im Privatsegment während des Zeitraums der Zuwiderhandlung nie erhöht habe und dass die Struktur des Marktes im Gaststättensektor so komplex sei, dass es unmöglich sei, zu einer wirklichen Vereinbarung zu gelangen, geschweige denn, sie umzusetzen.
[409] 406 Hierzu stützen sie sich auf die der Klageschrift beigefügten Wirtschaftsberichte, aus denen u. a. hervorgehe, dass ihre Preise im Privatsegment im Zeitraum der Zuwiderhandlung nicht gestiegen seien, dass dieser Sektor durch einen Wettbewerb zwischen den Brauereien, deutliche Verschiebungen der Marktanteile, eine hohe Kaufkraft bei den Käufern und einen Anstieg der Menge der Rabatte gekennzeichnet sei und dass ihre Preise im Gaststättensektor 1996 und 1997 nicht gestiegen seien, wobei außerdem die Preiserhöhungen in diesem Sektor während der Zuwiderhandlung insgesamt unter dem langfristigen Durchschnitt der Preiserhöhungen gelegen hätten und die Struktur des Marktes zu einem Wettbewerb um neue und "freigewordene" Gaststättenstandorte geführt habe, mit erheblichen Verschiebungen zwischen den Brauereien bei den Marktanteilen.
[410] 407 Darüber hinaus werfen sie der Kommission vor, bezüglich der Preise nicht die richtigen Angaben geprüft und insbesondere die Nichtdurchführung der Vereinbarungen nicht für jedes Unternehmen individuell beurteilt zu haben.
[411] 408 Die Kommission trägt vor, sie habe in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt, dass die in Rede stehende Absprache zu tatsächlichen Preiserhöhungen geführt habe. Dass die Beteiligung der Klägerinnen an der Abstimmung der Preise nachgewiesen worden sei, genüge, um ihr Argument zurückzuweisen, wonach die fraglichen Vereinbarungen nicht umgesetzt worden seien.
[412] 409 Diesem Argument der Kommission kann nicht gefolgt werden. Auch wenn der bloße Umstand, dass ein Unternehmen rechtswidrigen Vereinbarungen nicht gefolgt ist, dessen Verantwortung nicht entfallen lassen kann, handelt es sich dennoch um einen Umstand, der im Rahmen der Bestimmung des Betrags der Geldbuße als mildernd zu berücksichtigen ist.
[413] 410 Im vorliegenden Fall bestand die fragliche Zuwiderhandlung – wie sich aus den Erwägungsgründen 349 bis 354 der angefochtenen Entscheidung ergibt und oben im Rahmen der Prüfung des fünften und des sechsten Klagegrundes bestätigt worden ist – aus einem komplexen Kartell, das durch Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen umgesetzt wurde, die sich in einen gemeinsamen, mit dem Kartell verfolgten Plan einfügten, der über einen langen Zeitraum hinweg angewandt wurde und darin bestand, den Status quo zu erhalten und den Wettbewerb auszuschalten. Die am Kartell Beteiligten stimmten die Preise und Preiserhöhungen für Bier in den Niederlanden ab, und zwar im Gaststättensegment – durch Beschränkung von Preisnachlässen –, im Privatsegment und für Händlermarkenbier. Die Absprachen umfassten auch Abstimmungen über die Kundenaufteilung sowohl im Gaststättensegment als auch, was das Händlermarkenbier anbelangt, im Privatsegment. Die am Kartell Beteiligten stärkten ihre Stellung gegenüber ihren Kunden – den Supermärkten im Privatsegment als auch den Verkaufsstellen im Gaststättensegment –, indem sie regelmäßig ausführlich alle sensiblen Aspekte der Wettbewerbsparameter miteinander berieten und verhandelten mit dem Ziel, Preiserhöhungen oder zumindest Preisstabilität zu erreichen und die Anzahl der Kunden im Privatsegment, die die Brauerei wechseln, bzw. die Folgen solcher Wechsel so gering wie möglich zu halten.
[414] 411 Angesichts des Bestehens diese Gesamtplans, der sich im Rahmen von Treffen manifestierte, die über einen erheblichen Zeitraum hinweg im Geheimen und vorsätzlich abgehalten wurden, genügen die von den Klägerinnen vorgelegten Beweismittel, mit denen hauptsächlich das Ausbleiben tatsächlicher Preiserhöhungen nachgewiesen werden soll, nicht, um zu beweisen, dass sich die Klägerinnen der Durchführung der fraglichen Vereinbarungen insgesamt entzogen oder sich den Verpflichtungen zu deren Umsetzung zumindest so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hätten, dass dadurch sogar das Funktionieren des Kartells selbst gestört worden wäre.
[415] 412 Was die Hinweise auf das wettbewerbskonforme Verhalten in den betroffenen Sektoren angeht, die sich aus den der Klageschrift beigefügten Wirtschaftsanalysen ergeben sollen – Verschiebungen bei den Marktanteilen, Anstieg des Rabattvolumens und besondere Umstände, die die Struktur des Marktes im Gaststättensektor kennzeichnen, d. h. Schließung langfristiger Verträge –, stellen diese Tatsachen, selbst wenn sie nachgewiesen sein sollten, keine konkreten Hinweise auf ein wettbewerbskonformes Verhalten dar, das das Funktionieren der in Randnr. 410 des vorliegenden Urteils geschilderten kollusiven Vereinbarungen stören könnte, und stehen folglich als solche nicht im Widerspruch zur Umsetzung des fraglichen Kartells.
[416] 413 Soweit sich die Klägerinnen schließlich auf bestimmte, in den Aussagen einiger Manager von InBev geäußerte Hinweise auf die Nichtumsetzung der fraglichen Vereinbarungen berufen, genügt die Feststellung, dass sich diese Hinweise auf schlichte Behauptungen beschränken, die als solche nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass das Kartell nicht umgesetzt oder sein Funktionieren gestört wurde.
[417] 414 Angesichts dieser Erwägungen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen keine Umstände nachgewiesen haben, die die Zubilligung des mildernden Umstands rechtfertigen, der daraus hergeleitet wird, dass die fraglichen kollusiven Vereinbarungen nicht durchgeführt worden seien.
[418] 415 Folglich ist der neunte Klagegrund zurückzuweisen.
Zum zehnten Klagegrund: Auswirkung der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens auf die Höhe der Geldbuße
Vorbringen der Parteien
[419] 416 Die Klägerinnen machen geltend, die übermäßig lange Dauer des Verwaltungsverfahrens habe zur Festsetzung einer höheren Geldbuße geführt, die unmittelbar auf der Anhebung des Niveaus der von der Kommission verhängten Geldbußen im Vergleich zu früheren Zeiträumen beruhe. Insbesondere sei der Betrag der Geldbuße niedriger gewesen, wenn die Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist erlassen worden wäre.
[420] 417 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.
Würdigung durch das Gericht
[421] 418 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen; vielmehr verlangt die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft, dass die Kommission das Niveau der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 367 angeführt, Randnr. 109, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 314 angeführt, Randnr. 169).
[422] 419 Angesichts dieser Rechtsprechung kann ein Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass seine Sanktion weniger hoch hätte ausfallen können, wenn die Kommission das Verwaltungsverfahren früher beendet hätte, da diese das Sanktionsniveau während des Verwaltungsverfahrens generell angehoben habe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Knauf Gips/Kommission, T-52/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 486).
[423] 420 Angesichts dieser Erwägungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Dauer des Verwaltungsverfahrens, auch wenn sie übermäßig lang war, allein deshalb Auswirkungen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung gehabt hat, weil die Kommission in der Zwischenzeit das Niveau der Geldbußen angehoben hat.
[424] 421 Auch wenn die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass sie das allgemeine Niveau der Geldbußen um das Jahr 2005 herum, d. h. während des in Rede stehenden Verwaltungsverfahrens, angehoben hat, kann dies im vorliegenden Fall bei der Beurteilung der Auswirkungen des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Frist auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung daher nicht berücksichtigt werden.
[425] 422 Infolgedessen kann dem zehnten Klagegrund nicht stattgegeben werden.
Zum elften Klagegrund: Umfang der wegen der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens gewährten Ermäßigung der Geldbuße
Vorbringen der Parteien
[426] 423 Die Klägerinnen machen geltend, die Ermäßigung der Geldbuße um 100 000 Euro, die die Kommission wegen der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens gewährt habe, sei im Verhältnis zur Höhe der verhängten Geldbuße zu gering.
[427] 424 Die Kommission trägt vor, sie habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, von sich aus eine Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren; dabei handele es sich um eine ihrer Befugnisse, für die sie über einen weiten Ermessensspielraum verfüge. Die Klägerinnen hätten keine Argumente vorgebracht, die eine zusätzliche Ermäßigung rechtfertigten.
Würdigung durch das Gericht
[428] 425 Ein Verfahrensfehler kann, auch wenn er nicht zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen kann, eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteile Baustahlgewebe/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnrn. 26 bis 48, und Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 245 angeführt, Randnrn. 436 bis 438).
[429] 426 Die Überschreitung der angemessenen Frist kann die Entscheidung der Kommission begründen, den Betrag einer Geldbuße aus Billigkeitsgründen herabzusetzen, da die Kommission im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse über die Möglichkeit zu einer solchen Herabsetzung verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil Technische Unie/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnrn. 202 bis 204).
[430] 427 Im vorliegenden Fall hat die Kommission entschieden, die Geldbuße der Klägerinnen wegen der "unredlichen" Dauer des Verwaltungsverfahrens herabzusetzen (Erwägungsgründe 498 und 499 der angefochtenen Entscheidung).
[431] 428 Die Ausübung dieser Befugnis durch die Kommission hindert das Gericht nicht daran, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine zusätzliche Herabsetzung der Geldbuße zu gewähren.
[432] 429 Die von der Kommission vorgenommene pauschale Herabsetzung um 100 000 Euro berücksichtigt in keiner Weise den Betrag der im vorliegenden Fall verhängten Geldbuße, der sich vor dieser Herabsetzung auf 219 375 000 Euro belief, und ist daher nicht geeignet, den auf der Überschreitung der angemessenen Dauer des Verwaltungsverfahrens beruhenden Verstoß in angemessener Weise wiedergutzumachen.
[433] 430 Insoweit machen die Klägerinnen zu Recht geltend, dass die Kommission die Folgen des Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Frist bei der Herabsetzung der Geldbuße nicht ausreichend berücksichtigt hat.
[434] 431 Hinsichtlich der angemessenen Höhe der Herabsetzung der Sanktion ist jedoch das erstmals in der Erwiderung vorgebrachte Argument der Klägerinnen zurückzuweisen, wonach die Höhe des Schadens bei der Herabsetzung der Geldbuße zu berücksichtigen sei, da der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Frist ein schädigendes Ereignis im Hinblick auf Art. 288 Abs. 2 EG darstelle.
[435] 432 Mit der Herabsetzung der Sanktion soll im vorliegenden Fall nämlich der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Frist wiedergutgemacht werden; sie muss daher in einer Höhe vorgenommen werden, die im Verhältnis zu der gegen die Klägerinnen verhängten Sanktion angemessen ist. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen erfolgt diese Herabsetzung allerdings nach billigem Ermessen; ihr braucht keine Prüfung bezüglich der Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 288 Abs. 2 EG vorauszugehen.
[436] 433 Da die Klägerinnen weder in der Klageschrift noch in der Erwiderung einen Schadensersatzantrag gestellt haben, ist weder auf ihr Vorbringen zur Höhe des behaupteten Schadens einzugehen, mit dem sie sich auf eine hypothetische Bewertung der Höhe der Geldbuße stützen, die gegen sie verhängt worden wäre, wenn die Kommission das Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist beendet hätte, noch auf ihr Vorbringen hinsichtlich des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Frist und diesem Schaden.
[437] 434 Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles erscheint es dem Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung geboten, die fragliche Herabsetzung auf 5 % des Betrags der Geldbuße zu erhöhen, um den Klägerinnen eine angemessene Wiedergutmachung für die übermäßig lange Verfahrensdauer zu gewähren.
Ergebnis bezüglich der Geldbuße
[438] 435 Nach Prüfung der von den Klägerinnen geltend gemachten Klagegründe und in Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung ist der Betrag der gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße zum einen dahin abzuändern, dass der Ausgangsbetrag auf 61 750 000 Euro anstelle von 65 000 000 Euro festgesetzt wird, da Art. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig erklärt wurde, soweit er sich auf die Komponente der Zuwiderhandlung bezieht, die in der gelegentlichen Abstimmung anderer Geschäftsbedingungen als der Preise für die einzelnen Kunden im Gaststättensektor in den Niederlanden besteht (vgl. Randnrn. 201 und 202 des vorliegenden Urteils), und zum anderen dahin, dass die wegen der Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer vorgenommene Ermäßigung der Geldbuße erhöht wird auf 5 % des Endbetrags, anstelle von 100 000 Euro (vgl. Randnr. 434 des vorliegenden Urteils).
[439] 436 Infolge dieser Abänderung errechnet sich der Betrag der Geldbuße, indem der abgeänderte Ausgangsbetrag zur Erzielung der Abschreckungswirkung mit 2, 5 multipliziert, sodann wegen der Dauer der Zuwiderhandlung um 35 % erhöht und wegen der Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer um 5 % herabgesetzt wird. Demgemäß wird der Betrag der gegen die Klägerinnen als Gesamtschuldner festgesetzten Geldbuße auf 197 985 937,50 Euro festgesetzt.
Kosten
[440] 437 Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.
[441] 438 Da die Anträge der Klägerinnen im vorliegenden Fall teilweise für begründet erklärt worden sind, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, den Klägerinnen zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der Kommission sowie der Kommission ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten der Klägerinnen aufzugeben.
* Verfahrenssprache: Niederländisch.