Bundesgerichtshof
BGH, Beschluss vom 7. 7. 2011 – I ZB 62/10; OLG Brandenburg (lexetius.com/2011,3517)
[1] Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler beschlossen:
[2] Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Juni 2010 wird auf Kosten des Beklagten verworfen.
[3] Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.720 € festgesetzt.
[4] Gründe: I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte hat gegen das ihm am 22. Juli 2009 zugestellte Urteil mit einem am 12. August 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit einem am 21. September 2009 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Oktober 2009 beantragt, die ihm gewährt worden ist. Seine acht Seiten umfassende Berufungsbegründung ist ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts am 23. Oktober 2009 zwischen 0: 03 und 0: 05 Uhr bei Gericht eingegangen. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen.
[5] Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
[6] II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), da gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat, nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO die Rechtsbeschwerde stattfindet. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verletzt auch keine Verfahrensgrundrechte des Beklagten.
[7] 1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes allein darauf ankommt, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 – IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 18).
[8] Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung diese Grundsätze zugrunde gelegt. Es hat die Berufung mit Recht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung ausweislich des Faxprotokolls des Berufungsgerichts erst am 23. Oktober 2009 zwischen 0: 03 und 0: 05 Uhr und damit nach Ablauf der bis zum 22. Oktober 2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist per Telefax bei Gericht eingegangen ist.
[9] 2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beschränkt die Entscheidung des Berufungsgerichts dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in verfassungswidriger Weise.
[10] Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Zugang der Berufungsbegründung im Faxprotokoll der Beklagtenvertreter oben rechts auf den 22. Oktober 2009 um 23: 58 Uhr dokumentiert sei. Das Berufungsgericht hat diese Angabe im Sendebericht berücksichtigt; es hat jedoch angenommen, sie beziehe sich auf das Ende der Sendezeit. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass diese Annahme rechtsfehlerhaft ist. Dem Sendebericht ist nicht zu entnehmen, dass die Angabe oben rechts "Zeit: 22/10/2009 23: 59" den Zugang der Sendung beim Empfänger dokumentiert. Der Beklagte hat entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass das Faxprotokoll des Senders auch die Empfangszeit beim Empfänger ordnungsgemäß angibt. Er hat lediglich zu seiner Behauptung, das Telefaxgerät des Berufungsgerichts habe nicht die tatsächliche Sendezeit angegeben, die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht mit der zutreffenden Begründung als unerheblich erachtet, dass es nicht auf die Sendezeit, sondern auf die Empfangszeit ankommt.