Bundesgerichtshof
BGB § 249
Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind.

BGH, Urteil vom 24. 1. 2013 – III ZR 98/12 – Ausfall des Internetzugangs; LG Koblenz (lexetius.com/2013,251)

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 7. März 2012 aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Montabaur vom 7. Dezember 2010 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[1] Tatbestand: Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen, Schadensersatz, weil er seinen Internetanschluss für längere Zeit nicht nutzen konnte. Der Kläger hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden werden die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin einheitlich als Beklagte bezeichnet) einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses geschlossen, über den er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr abwickelte (Voice und Fax over IP). Zum 15. Dezember 2008 vereinbarten die Vertragsparteien einen Tarifwechsel. Ab diesem Datum war der Anschluss des Klägers jedoch unterbrochen. Nachdem es die Beklagte trotz mehrfacher Mahnungen nicht vermocht hatte, die Verbindung mit dem Internet wieder herzustellen, kündigte der Kläger den bestehenden Vertrag und wechselte zu einem anderen Diensteanbieter. Dieser nahm die Aufschaltung des Anschlusses an sein Netz am 16. Februar 2009 vor.
[2] Der Kläger verlangt von der Beklagten den Ausgleich der Mehrkosten, die infolge des Vertragsschlusses mit dem anderen Anbieter (427,50 €) und für die Nutzung eines Mobiltelefons zwischen dem 15. Dezember 2008 und dem 16. Februar 2009 (30 €) anfielen. Zudem beansprucht er Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während dieses Zeitraums für die Festnetztelefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen.
[3] Hierfür verlangt er 50 € täglich, mithin insgesamt 3.150 €.
[4] Das Amtsgericht hat dem Kläger 457 € für das höhere, bei dem anderen Diensteanbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht für ihn zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen auf Schadensersatz für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-Anschlusses gerichteten Anspruch weiter.
[5] Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es den Kläger beschwert, und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
[6] I. Das Berufungsgericht hat gemeint, eine Nutzungsentschädigung für den Ausfall seines Telekommunikationsanschlusses stehe dem Kläger nicht zu. Eine derartige Entschädigung sei dem Geschädigten nur dann zu gewähren, wenn ihm Güter, deren Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung seien, nicht zur Verfügung stünden. Dies gelte auch für vertragliche Nutzungsmöglichkeiten. Die tägliche Verfügbarkeit eines Faxgeräts sei im Privatbereich nicht als überragendes Gut für die eigenwirtschaftliche Lebensführung anzusehen, weil es nicht allzu häufig erforderlich sei. Anders könne es sich mit dem Telefonfestnetzanschluss und dem Internetzugang verhalten. Insoweit sei es durchaus diskutabel, die überragend wichtige Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung zu bejahen. Jedoch habe der Kläger ein Mobiltelefon als Ersatz für den ausgefallenen Anschluss eingesetzt und die hierdurch entstandenen Kosten als Schadensposition geltend gemacht. Ein so genanntes Handy – zumindest neuere Modelle – böten auch die Möglichkeit, das Internet zu nutzen und insbesondere E-Mails zu senden und zu empfangen.
[7] Auch wenn der Handyersatz für den Nutzer weniger komfortabel sei, sei es, ähnlich wie der Mietwagen für das beschädigte und dadurch ausgefallene Kraftfahrzeug, eine Möglichkeit, den Ausfall des Festnetzanschlusses und des Internetzugangs aufzufangen. Ein Schaden entstehe dem Kunden daher nicht, weil die erforderlichen Mehrkosten zu ersetzen seien. Unabhängig davon, dass nach diesen Erwägungen ein Ersatz schon dem Grunde nach ausscheide, sei die geltend gemachte Höhe der Forderung erheblich überzogen. Diese habe sich bei Ausfall von Festnetz- und Internetanschluss an dem Betrag der monatlich für einen solchen Anschluss aufgewandten Gebühren zu orientieren. Dies sei hier die von den Parteien vereinbarte monatliche Flat-Gebühr von 24,90 € pro Monat.
[8] II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
[9] 1. Da das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf die Schadenshöhe zugelassen hat, hat der Senat bei seiner Entscheidung ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB hat, weil die Beklagte ihre vertraglich vereinbarten Pflichten schuldhaft verletzte, indem sie die ihr obliegende Leistung im Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht erbrachte.
[10] 2. Der Auffassung der Vorinstanz, der Kläger könne für den durch die Unterbrechung des DSL-Anschlusses verursachten Fortfall der Möglichkeit, das Festnetztelefon, das Telefaxgerät und mittels seines Computers das Internet zu nutzen, keinen Schadensersatz verlangen, der über den Ersatz der Mehrkosten für den Anschluss bei dem anderen Diensteanbieter und für den Einsatz des Mobiltelefons hinausgehe, vermag der Senat nicht beizutreten.
[11] a) Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache in Betracht. Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten (z. B. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7).
[12] Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 9. Juli 1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 222 f; BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO) und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO). Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten Nutzung beimisst (BGH aaO; vgl. auch BGH, Großer Senat für Zivilsachen aaO S. 222 ff). Hierzu kann auf die Verkehrsanschauung abgehoben werden, wenn diese auch nicht darüber entscheiden kann, wo die Grenze des § 253 BGB verläuft (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. November 1983 – VI ZR 269/81, BGHZ 89, 60, 62 f mwN).
[13] Bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstandes als wirtschaftlicher Schaden gewertet werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das verlangt die in § 253 BGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung, wonach immaterieller Schaden nur ausnahmsweise, nämlich in den gesetzlich geregelten Fällen, zu ersetzen ist (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 aaO Rn. 9). Dieser restriktive Maßstab hat dazu geführt, dass der Bundesgerichtshof mehrfach für den Nutzungsausfall von Gegenständen eine Entschädigungspflicht verneint hat (vgl. Urteile vom 10. Juni 2008 aaO Rn. 10 ff – Wohnmobil; 15. November 1983 aaO S. 64 – Motorsportboot; vom 15. Dezember 1982 – VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128 – Wohnwagen; vom 28. Februar 1980 – VII ZR 183/79, BGHZ 76, 179 privates Schwimmbad und vom 12. Februar 1975 – VIII ZR 131/73, BGHZ 63, 393 – Pelzmantel). In den genannten Fällen ist die Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs für den Nutzungsverlust letztlich daran gescheitert, dass sich der zeitweise Verlust unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dargestellt hat, sondern als individuelle Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof eine Entschädigung für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit etwa von Kraftfahrzeugen (st. Rspr. z. B. Senatsurteil vom 30. September 1963 – III ZR 137/62, BGHZ 40, 345, 348 ff; BGH, Urteile vom 10. Juni 2008 aaO Rn. 6 mwN und vom 15. April 1966 – VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212, 215), Wohnhäusern (z. B. BGH, Großer Senat für Zivilsachen aaO S. 224) und Ferienwohnungen (z. B. BGH, Urteil vom 16. September 1987 – IVb ZR 27/86, BGHZ 101, 325, 334) bejaht. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wurde darüber hinaus ein Nutzungsausfallersatz zum Beispiel für Kücheneinrichtungen (LG Osnabrück, NJW-RR 1999, 349; LG Kiel NJW-RR 1996, 559), Fahrräder (KG, NJW-RR 1993, 1438) sowie Fernsehgeräte (OLG München NJW-RR 2010, 1112, 1113) zuerkannt und für einen Personal Computer und einen Laptop für möglich gehalten (OLG München, VersR 2010, 1229, 1230).
[14] b) Gemessen an den vorstehenden abstrakten Kriterien und unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist die Frage, ob dem Kläger für den zeitweisen Fortfall der in Rede stehenden Nutzungsmöglichkeiten Schadensersatz zu leisten ist, differenziert zu beantworten.
[15] aa) Keinen Ersatz kann er für die entfallene Möglichkeit, sein Telefaxgerät zu nutzen, beanspruchen. Ein solcher Apparat ist zumindest im privaten Bereich bei Anwendung des gebotenen strengen Maßstabs kein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit für den Einzelnen bei seiner eigenwirtschaftlichen Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und dessen Funktionsstörung sich als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Telefaxgerät dient der Fernübertragung von Abbildungen, zu denen insbesondere auch Texte gehören. Die Übermittlung der Bilder mittels Signalen über Telekommunikationsnetze (vgl. § 3 Nr. 24, 27 TKG) ersetzt dabei die Versendung von Ausdrucken oder Datenträgern auf dem herkömmlichen Post- oder Kurierweg. Die Telefaxtechnik weist gegenüber diesem den Vorteil auf, dass der Versand weniger aufwändig ist, da das Einlegen in Umschläge, das Adressieren, das Frankieren und der Einwurf in einen Briefkasten beziehungsweise Übergabe an einen Kurierdienst entfallen. Zudem erfolgt der Transport erheblich schneller, und durch den Ausdruck eines Sendeberichts kann sich der Absender leichter als bei Nutzung der gewöhnlichen Post vergewissern, ob die Sendung den Adressaten erreicht hat. Für den Empfänger einer Fernkopie hingegen wirkt sich lediglich der Zeitgewinn aus. Die Vorteile des Telefaxverkehrs gegenüber der Inanspruchnahme der klassischen Transportwege stellen lediglich Erleichterungen dar, die sich in einem höheren Komfort für die Versender und einer Beschleunigung der Übermittlung erschöpfen. Fällt der Fernkopierer aus, ist damit für den Nutzer lediglich ein vergleichsweise geringes Maß an Umständlichkeit verbunden, das sich nicht signifikant auf seine Lebensgestaltung auswirkt. Hinzu tritt, dass die Nutzung des Telefaxes mittlerweile an Bedeutung verliert, weil es zunehmend – und zwar auch im Rechtsverkehr beim Abschluss von (Verbraucher-) Geschäften des täglichen Lebens (vgl. § 126b BGB) – durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt wird.
[16] bb) Zumindest im Ergebnis ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, soweit er sein Festnetztelefon infolge der Unterbrechung des DSL-Anschlusses nicht nutzen konnte.
[17] Dass die Nutzungsmöglichkeit des Telefons ein Wirtschaftsgut ist, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung ist, versteht sich allerdings seit Jahrzehnten von selbst und bedarf keiner näheren Begründung (vgl. nur Erwägungsgründe Nr. 4, 7 bis 10 und insbesondere 14 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten – Universaldienstrichtlinie –, ABl. EG vom 24. April 2002, Nr. L 108/51).
[18] Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt jedoch, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kosten für dessen Anmietung ersetzt werden (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 241/06, NJW 2008, 913 Rn. 10), da es in diesem Fall an der notwendigen fühlbaren Beeinträchtigung während des maßgeblichen Zeitraums fehlt (siehe hierzu z. B. Senatsurteil vom 13. Dezember 1965 – III ZR 62/64, NJW 1966, 589, 590; BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 aaO sowie Urteile vom 28. Januar 1975 – VI ZR 143/73, NJW 1975, 922, 923 und vom 15. April 1966 – VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212, 219).
[19] Eine solche Konstellation liegt nach der von Rechts wegen nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts vor. Das vom Kläger genutzte Mobilfunkgerät konnte das ausgefallene Festnetztelefon vollständig ersetzen, soweit er selbst Verbindungen zu anderen Teilnehmern herstellte.
[20] Allerdings war die Erreichbarkeit des Klägers behindert. Er musste, da er das Mobiltelefon samt SIM-Karte nach den Feststellungen der Vorinstanzen erst aus Anlass der Unterbrechung seines Internetzugangs beschafft hatte, seinen potentiellen Anrufern nach dem 15. Dezember 2008 zunächst seine Mobilfunknummer übermitteln, um angerufen werden zu können. Dies war sicherlich mit einer nicht unerheblichen Lästigkeit verbunden, die es auch gerechtfertigt hätte, einen Telefonvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen (§ 626 Abs. 1 BGB).
[21] Bei der Beurteilung, ob ein vorhandener Ersatzgegenstand gleichwertig ist, ist jedoch eine objektivierte, typisierende Betrachtungsweise geboten. Da auch im privaten Bereich die Nutzung von Mobilfunkgeräten mittlerweile nahezu flächendeckend neben den Gebrauch des Festnetztelefons tritt und diesen teilweise sogar ersetzt, sind innerhalb des Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreises in aller Regel auch die Mobilfunknummern verbreitet. Ebenso werden sie im geschäftlichen Verkehr (auch) von Verbrauchern – sofern überhaupt die Telefonnummer abgefragt oder mitgeteilt wird – häufig zusätzlich oder alternativ zur Nummer des Festnetzanschlusses angegeben. Danach ist die telekommunikative Erreichbarkeit bei Ausfall des Festnetztelefons im Allgemeinen nur geringfügig eingeschränkt. Ein Mobilfunkgerät ist deshalb bei der erforderlichen, von den subjektiven Besonderheiten des einzelnen Geschädigten losgelösten Betrachtung ein im Wesentlichen gleichwertiger Ersatz für die Unterbrechung der Festnetztelefonverbindung.
[22] cc) Demgegenüber kann der Kläger Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit verlangen, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen.
[23] (1) Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer, jedenfalls vor dem hier maßgeblichen Jahreswechsel 2008/2009 beginnender Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt (von der unübersehbaren Vielfalt z. B. nur: Fernabsatzkäufe, Hotel-, Bahn- und Flugbuchungen, Erteilung von Überweisungsaufträgen, Abgabe von Steuererklärungen, An- und Abmeldung der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie der Müllabfuhr, Verifikation von Bescheinigungen). Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Klägers bedienen sich nahezu 70 % der Einwohner Deutschlands des Internets, wobei dreiviertel hiervon es sogar täglich nutzen. Damit hat sich das Internet zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typischerweise Auswirkungen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.
[24] (2) Das Berufungsgericht hat die grundsätzliche Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls eines Internetzugangs unterstellt, den insoweit vom Kläger erhobenen Schadensersatzanspruch jedoch mit der Begründung scheitern lassen, diesem habe mit dem Mobiltelefon ein Ersatz zur Verfügung gestanden. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[25] Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung steht und ihm die gegebenenfalls entstehenden Kosten für dessen Anmietung ersetzt werden (siehe oben Buchst. bb). Richtig ist ferner, dass mit bestimmten Mobilfunkgeräten auch eine einigermaßen komfortable Internetnutzung möglich ist (etwa mit so genannten Smartphones). Die Feststellung des Berufungsgerichts, das von dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum verwendete Mobilfunkgerät sei internetfähig gewesen und habe daher den unterbrochenen Festnetzzugang ersetzen können, beruht jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, auf einem Verfahrensfehler. Weder dem Sachvortrag des Klägers noch dem der Beklagten ist zu entnehmen, dass das vom Kläger ersatzweise verwendete Mobiltelefon über diese Funktion verfügte. Insbesondere der von der Revisionserwiderung insoweit angeführte Schriftsatz vom 31. Mai 2011 enthält keinen Vortrag zu den Funktionalitäten und insbesondere zur Internetfähigkeit des Mobilfunkgeräts.
[26] Die Zurückverweisung gibt den Parteien die Gelegenheit, ihren Sachvortrag zu diesem Punkt zu ergänzen, und dem Berufungsgericht sodann die Möglichkeit, die notwendigen Feststellungen nachzuholen.
[27] 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat hinsichtlich der Höhe des dem Kläger möglicherweise zustehenden Ersatzanspruchs auf Folgendes hin:
[28] Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann nicht ohne Weiteres der Betrag zugrunde gelegt werden, den der Eigentümer für die Anmietung einer Ersatzsache zur Überbrückung der Ausfallzeit hätte aufbringen müssen, weil es nicht um das Reparationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses richtet sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart hat, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr in Geld wert ist (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 9. Juli 1986 – BGHZ 98, 212, 225; BGH, Urteil vom 16. September 1987 – IVb ZR 27/86, BGHZ 101, 325, 335). Neben den anteiligen Vorhaltekosten, die im vorliegenden Fall allerdings wohl keinen geeigneten Maßstab darstellen dürften, können der Schadensbemessung im Ausgangspunkt gleichwohl Wertmaßstäbe des Verkehrs für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung zugrunde gelegt werden (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, aaO S. 225 f; BGH, Urteil vom 16. September 1987 aaO). Als Maßstab bei dem Entzug von Sachen ist hiernach der fiktive Mietpreis anzusetzen, der jedoch von allen auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zu bereinigen ist (BGH, Urteil vom 16. September 1987 aaO). Auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen bedeutet dies, dass der Kläger einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung für den betreffenden Zeitraum angefallen wären, abzüglich der vorgenannten Positionen (vgl. Bamberger/Roth/Schubert, BGB, 3. Aufl., § 249 Rn. 32, 38; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 79; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 249 Rn. 52). Gegenzurechnen ist das Entgelt, das der Kläger während des Ausfalls des Anschlusses der Beklagten gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu leisten brauchte. Bei der Berechnung der Differenz wird zu beachten sein, dass die Tarife für einen lediglich kurzzeitig bereit gestellten DSL-Anschluss pro Tag regelmäßig erheblich über denjenigen liegen, die bei einer langfristigen Vertragsbindung, wie sie die Parteien eingegangen sind, vereinbart werden.